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Mathematische Grundlagen der Naturphilosophie

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Mathematische Grundlagen der Naturphilosophie

Academia Verlag,

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What's inside?

Warum fallen Dinge auf den Boden und kreisen die Planeten um die Sonne? Newtons geniale Antwort auf zwei der wichtigsten Fragen des 17. Jahrhunderts.


Literatur­klassiker

  • Naturwissenschaften
  • Renaissance

Worum es geht

Die Begründung des naturwissenschaftlichen Weltbilds

Bewegung war das Thema Nummer eins der Philosophie und Naturwissenschaft (die damals noch eins waren) im 17. Jahrhundert. Wie kommt es, dass ein geworfener Stein sich nach dem Wurf nicht immer weiterbewegt, sondern auf den Boden fällt? Und welche Kraft sorgt dafür, dass die Planeten und Kometen sich so gleichmäßig durchs All bewegen? Dass es für beide Fragen eine mathematische Antwort geben musste, galt als sicher. Und dass auf beide vielleicht sogar dieselbe Antwort gegeben werden konnte, ahnten viele. Galileo Galilei hatte anhand seiner Experimente das erste Phänomen beschrieben und es mit seinen Berechnungen erklärt. Johannes Kepler hatte gezeigt, dass es auch für das zweite Phänomen klare Gesetzmäßigkeiten gibt. Erst Isaac Newton aber gelang es, Galileis und Keplers Erkenntnisse zu einer einzigen Theorie zu vereinen und beide Phänomene auf einen Schlag zu erklären: Die Gravitation sorgt dafür, dass der Stein auf den Boden fällt und dass die Planeten auf ihrer Umlaufbahn gehalten werden. Die Durchschlagskraft von Newtons Theorie war enorm; sie wurde 200 Jahre lang als gültig betrachtet. Erst Einstein konnte sie im wahrsten Sinne des Wortes „relativieren“.

Take-aways

  • Die Mathematischen Grundlagen der Naturphilosophie sind das Hauptwerk Isaac Newtons. Es wird oft auch einfach Principia genannt.
  • Inhalt: Aufgrund der drei Bewegungsgesetze, einiger philosophischer Leitsätze und der Beobachtung der Natur lässt sich beweisen, dass es die Schwerkraft ist, die dafür sorgt, dass Dinge auf den Boden fallen und dass die Planeten um die Sonne kreisen.
  • Newton vereint in seiner Gravitationstheorie Galileis Erkenntnisse zur Bewegung und Keplers Forschungen zu den Planetenbewegungen.
  • Für ihn muss jede wissenschaftliche Hypothese durch Erfahrung oder Experimente beweisbar sein. Was den empirischen Daten widerspricht, muss verworfen werden.
  • Newtons bahnbrechende Erkenntnisse sicherten ihm schon zu Lebzeiten Weltruhm. Er gilt bis heute als einer der bedeutendsten Mathematiker und Physiker aller Zeiten.
  • Newton bekämpfte sowohl die Scholastik als auch den Rationalismus: Weder wissenschaftliche Autoritäten noch reines Denken sind Garanten der Erkenntnis.
  • Newtons Theorie war bis Anfang des 20. Jahrhunderts für die Naturwissenschaften bestimmend und wurde erst von Einsteins Relativitätstheorie abgelöst.
  • Neben der Mathematik und Physik beschäftigte sich Newton im Geheimen mit Alchemie.
  • Er hatte einen schwierigen Charakter und setzte sich mitunter auf unfeine Art gegen wissenschaftliche Konkurrenten durch.
  • Zitat: „Der Mond ist zur Erde hin schwer, und durch die Gravitationskraft wird er beständig von der geradlinigen Bewegung zurückgezogen und auf seiner Bahn zurückgehalten.“

Zusammenfassung

Definitionen

Die Menge der Materie oder die Masse eines Gegenstands ergibt sich aus dem Produkt seiner Dichte und seines Volumens. Multipliziert man die Masse eines Gegenstands mit seiner Geschwindigkeit, ergibt sich seine Bewegung. Jeder Körper wird von einer ihm innewohnenden Kraft in Ruhe oder in einer gleichförmigen Bewegung gehalten, die nur von einer äußeren, auf ihn einwirkenden Kraft verändert werden kann. Eine solche einwirkende Kraft wird, wenn sie Körper von allen Seiten zu einem Mittelpunkt hinzieht, Zentripetalkraft genannt. Zu dieser Art von Kraft zählen z. B. die magnetische Anziehungskraft oder die Schwerkraft. Und solcher Art ist auch die Kraft, die im Folgenden gefunden werden soll: jene nämlich, durch die die Planeten auf ihren Umlaufbahnen gehalten werden. Eine solche Kraft muss existieren, da sich die Planeten ohne sie wie ein geschleuderter Stein auf einer geraden Bahn durch den Weltraum bewegen würden.

„Gesetz I: Jeder Körper verharrt in seinem Zustand der Ruhe oder der gleichförmig-geradlinigen Bewegung, sofern er nicht durch eingedrückte Kräfte zur Änderung seines Zustands gezwungen wird.“ (S. 65)

Bezüglich der benutzten Begriffe ist festzuhalten, dass ihre mathematische Bedeutung nicht immer mit unserer landläufigen Auffassung übereinstimmt. In alltäglicher Verwendung sind die Begriffe Raum, Zeit, Ort und Bewegung relative Einheiten, relativ zur Erde oder unserem Empfinden. In der Mathematik werden sie jedoch als absolute Quantitäten verstanden. Wenn sich z. B. ein Schiff auf einem Teil der Erde, der sich mit 10 010 Geschwindigkeitseinheiten nach Osten bewegt, mit zehn Geschwindigkeitseinheiten nach Westen bewegt, während ein Seemann auf dem Schiff mit einer Geschwindigkeitseinheit nach Osten geht, so beträgt seine Geschwindigkeit absolut gesehen 10 001 Geschwindigkeitseinheiten nach Osten, relativ zur Erde gesehen aber neun Geschwindigkeitseinheiten nach Westen. Diese relativen, alltäglichen Auffassungen von Raum, Zeit oder Bewegung beruhen auf unserer Wahrnehmung und erleichtern uns das Verständnis der uns umgebenden Welt. Die mathematischen Einheiten dagegen können nicht durch Wahrnehmung erkannt werden – schließlich können wir weder den absoluten Raum noch die absolute Zeit sinnlich erfahren.

Erstes Gesetz der Bewegung

Jeder Körper verharrt im Prinzip in völliger Ruhe oder in einer gleichförmigen Bewegung. Jede Änderung dieses Zustands wird von außen verursacht. Das lässt sich anhand des Beispiels eines Geschosses erläutern: Eine Kugel, die abgefeuert wird, würde sich ohne äußere Einwirkung in einer geraden Linie immer weiter von der Erde entfernen. Allerdings wird die Bahn der Kugel auf der Erde tatsächlich durch zwei Kräfte beeinflusst, und zwar so, dass die Kugel statt einer geraden Linie eine Parabel beschreibt: Zum einen wird ihre Bewegung durch den Luftwiderstand gebremst, zum anderen zieht die Schwerkraft sie zu Boden. Anders verhält es sich bei den Kometen und Planeten: Sie bewegen sich in Räumen, in denen sie weniger stark beeinflusst werden; deshalb behalten sie ihre Bewegung für längere Zeit bei.

Zweites Gesetz der Bewegung

Eine von außen auf einen Körper einwirkende Kraft veranlasst ihn, sich auf einer geraden Linie von seinem Ursprungsort zu entfernen. Die Bewegung verhält sich dabei proportional zur einwirkenden Kraft: Ist die Kraft um das Doppelte stärker, ist die Bewegung ebenfalls um das Doppelte größer; die dreifache Kraft erzeugt die dreifache Bewegung usw. War der Körper schon vor der Einwirkung in Bewegung, können drei verschiedene Fälle eintreten: Wenn die einwirkende Kraft den Körper in dieselbe Richtung bewegt, in die er sich zuvor bewegte, ergibt sich seine neue Bewegung aus der Summe beider Bewegungen. Sind die Bewegungen entgegengesetzt, müssen sie voneinander abgezogen werden. Bilden die beiden Bewegungen einen Winkel, wird der Körper in diesem Winkel von seiner Bahn abgelenkt.

Drittes Gesetz der Bewegung

Wenn ein Körper auf einen anderen einwirkt, gilt immer auch die Umkehrung: Der zweite wirkt ebenso auf den ersten ein. Wenn also ein Körper einen anderen drückt oder zieht, reagiert dieser mit einer bestimmten Rückwirkung, die ebenfalls drückt oder zieht. Ein Pferd, das einen Stein aus dem Feld ziehen soll, wird auch von diesem Stein zurückgezogen. Zieht man das zweite Gesetz sowie die eingangs erwähnten Definitionen hinzu, lässt sich folgendes Beispiel konstruieren: Zunächst seien die Massen und die Geschwindigkeiten von zwei Körpern wie folgt gegeben. Die Körper A und B bewegen sich in dieselbe Richtung, wobei A dreimal so groß ist wie B. Zudem sei angenommen, dass A sich mit zwei Geschwindigkeitseinheiten bewegt, B mit zehn. Nun lassen sich die Bewegungen der beiden Körper berechnen: Es ergibt sich ein Verhältnis der Bewegungen von A zu B wie 6 : 10. Wenn nun B auf A trifft und A durch den Zusammenstoß z. B. drei Bewegungseinheiten gewinnt, wird B ebenso viele Einheiten verlieren. A setzt seinen Kurs nun also mit neun Einheiten fort, während B sich nur noch mit sieben bewegt.

„Gesetz II: Die Bewegungsänderung ist der eingedrückten Bewegungskraft proportional und geschieht in der Richtung der geraden Linie, in der jene Kraft eindrückt.“ (S. 65)

Mithilfe der geometrischen Methode lassen sich auch schwierige Fälle, in denen z. B. Körper ungleichmäßig sind oder sich auf winkligen Bahnen bewegen, genau berechnen. Zudem kann man alle erwähnten Gesetze und Verhältnisse anhand von Pendelversuchen empirisch nachweisen. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass man mit diesen Versuchen nur dann zu klaren, den theoretischen Erkenntnissen entsprechenden Ergebnissen kommt, wenn man den Luftwiderstand und die elastischen Eigenschaften der im Versuch benutzten Gegenstände berücksichtigt. Diese Eigenschaften lassen sich jedoch durch vorab durchgeführte Versuche eliminieren.

Zentripetalkraft

Wenn ein Körper auf einer kreisförmigen Bahn einen Mittelpunkt umläuft, muss es eine Zentripetalkraft geben, die ihn auf dieser Bahn hält. Diese Kraft wirkt immer entlang der Geraden, die vom Mittelpunkt zum jeweiligen Standort des Körpers gezogen werden kann. Diese Radien sowie die Umlaufzeiten und die Geschwindigkeiten der Körper sind die entscheidenden Messgrößen für die Zentripetalkraft.

Philosophische Leitsätze

Aus den dargestellten Theoremen lassen sich Erklärungen über das Gefüge der Welt herleiten. Dabei müssen vier Leitsätze des Philosophierens beachtet werden.

  1. Zur Erklärung von Naturphänomenen sollten nur als wahr erkannte und hinreichende Ursachen angenommen werden. Zusätzliche und überflüssige Ursachen gilt es zu vermeiden.
  2. Gleiche Ursachen müssen immer gleiche Wirkungen haben.
  3. Wenn eine Eigenschaft weder gesteigert noch reduziert werden kann und wir sie an allen Körpern entdecken können, die wir kennen, dann muss es sich um eine Eigenschaft handeln, die tatsächlich auf alle Körper zutrifft. Zu diesen Eigenschaften zählen Beweglichkeit, Ausgedehntheit, Härte und Undurchdringlichkeit. Zudem erkennen wir, dass alle Körper gegen die Erde schwer sind, also der Schwerkraft unterliegen. Sollte sich herausstellen, dass auch die Planeten untereinander und zur Sonne hin schwer sind, können wir folgern, dass die Schwere eine weitere Eigenschaft ist, die alle Körper besitzen.
  4. Allgemeine Lehrsätze, die auf der Beobachtung von Naturerscheinungen basieren, haben einen größeren Anspruch auf Wahrheit als bloße Hypothesen. Die Lehrsätze sollen deshalb so lange als die beste Erklärung der Naturerscheinung gelten, bis sie aufgrund neuer Beobachtungen abgeändert oder widerlegt werden müssen.

Naturwissenschaftliche Beobachtungen

Aus den Beobachtungen der Astronomen geht hervor, dass das Verhältnis der Umlaufzeiten der Planeten um die Sonne zu ihrem Abstand zum Mittelpunkt derselben eineinhalb beträgt. Aus den Bewegungsgesetzen und den anderen erarbeiteten Erkenntnissen ergibt sich, dass die Zentripetalkraft, die die Planeten auf ihren Bahnen hält, in Beziehung zur Sonne steht und sich umgekehrt proportional zu den Quadraten ihrer Abstände von deren Mittelpunkt verhält. Das Gleiche gilt auch für die Kraft, die den Mond auf seiner Umlaufbahn um die Erde hält.

„Gesetz III: Der Einwirkung ist die Rückwirkung immer entgegengesetzt und gleich, oder: Die Einwirkungen zweier Körper aufeinander sind immer gleich und wenden sich jeweils in die Gegenrichtung.“ (S. 65)

Die Beobachtungen des Mondes zeigen, dass dieser gegen die Erde schwer ist. Durch diese Schwerkraft wird er von seiner geradlinigen Bahn dauerhaft abgelenkt und auf seiner Umlaufbahn um die Erde gehalten. Aus der Erkenntnis, dass es sich bei der gesuchten Zentripetalkraft im Fall des Mondes um die Schwerkraft handelt, sowie aus den Bewegungsgesetzen und den philosophischen Leitsätzen ergibt sich, dass alle Planeten gegeneinander und gegen die Sonne schwer sind. Außerdem lässt sich folgern, dass es diese Schwerkraft ist, die die Planeten auf ihren Bahnen hält. Dass es zwischen den Himmelskörpern neben der Schwerkraft der Sonne auch wechselseitige Beeinflussungen gibt, ist eine Konsequenz des dritten Gesetzes und wird durch Beobachtungen bestätigt. So beeinflussen sich z. B. Jupiter und Saturn, sobald sie sich auf ihren Bahnen annähern. Noch viel deutlicher zeigt sich die wechselseitige Beeinflussung am Beispiel der Erde, der Sonne und des Mondes.

Schwerkraft

Wir können also festhalten, dass tatsächlich alle Körper schwer sind. Die Schwerkraft ist vom Abstand abhängig, den ein Körper zum Mittelpunkt des Planeten hat. Die Schwerkraft verhält sich proportional zur Masse des Körpers: Bei gleichem Abstand zum Mittelpunkt ist also ein Körper mit doppelt so viel Masse wie ein anderer auch doppelt so schwer.

„Und die Bewegung des entlang einer beliebigen Horizontalen geworfenen Körpers setzt sich zusammen aus derjenigen, die aus dem Wurf entsteht, und der von der Schwere herkommenden Bewegung.“ (S. 73)

Auf der Erde lässt sich beobachten, dass fallende Körper durch den Widerstand der Luft oder anderer Gase gebremst werden. Pumpt man die Luft aus einem Glaskörper heraus, stellt man fest, dass alle Körper, egal wie sie beschaffen sind, gleich schnell auf den Boden fallen. Selbst eine Feder und ein Goldklumpen fallen mit gleicher Geschwindigkeit. Da es – so kann man annehmen – im Weltraum weder Luft noch andere Gase gibt, können sich die Planeten ohne Widerstand durch das All bewegen und auf diese Weise ihre Bewegung bei gleichbleibender Geschwindigkeit sehr lange beibehalten.

Die Äthertheorie ist falsch

Die Tatsache, dass die Planeten um die Sonne kreisen, wird von einigen mithilfe der Äthertheorie erklärt: Sie besagt, das gesamte All sei mit einem sehr feinen, alles durchdringenden Stoff, dem Äther, angefüllt; dieser bilde Wirbel, auf denen er die Planeten um die Sonne trage. Die Beobachtungen der Astronomen und die soeben gefundenen Gesetze und Kausalzusammenhänge bringen die Verfechter der Theorie jedoch in Bedrängnis: Beispielsweise lässt sich mit der Äthertheorie nicht erklären, warum Kometen die Umlaufbahnen der Planeten mitunter kreuzen. Sie können ja nicht ebenfalls von Wirbeln getragen werden, weil sich dann Planeten und Kometen heftig beeinflussen müssten, was sie nicht tun. Durch die Schwerkraft können jedoch alle Phänomene in Einklang gebracht und vollständig erklärt werden. Also ist es absolut unnötig, eine weitere Ursache wie den Äther anzunehmen.

„Die Kräfte, durch die die inneren Planeten beständig von geradlinigen Bewegungen zurückgezogen und in ihren Kreisbahnen zurückgehalten werden, stehen in Beziehung zur Sonne und verhalten sich umgekehrt wie die Quadrate ihrer Abstände von deren Mittelpunkt.“ (S. 158)

Nachdem die Wirkungen der Schwerkraft auf der Erde und im Weltraum gefunden und erläutert wurden, fehlt nur noch die Erklärung der Schwere an sich. Die Naturerscheinungen geben aber keinen Hinweis auf die Ursache der Schwere, und nach dem vierten philosophischen Leitsatz wäre es unsinnig, nur eine Hypothese aufzustellen. Daher soll die Frage, warum es Schwerkraft gibt und warum sie die spezifischen Eigenschaften besitzt, die an ihr festgestellt wurden, bis auf Weiteres unbeantwortet bleiben.

Der göttliche Ursprung des Systems

Die Planeten werden, wie gezeigt, von der Zentripetal- oder Schwerkraft auf ihren Umlaufbahnen gehalten. Eine so durchdacht geordnete Welt kann nicht durch bloßen Zufall oder Schicksal entstanden sein. Es gibt nur eine Erklärung für die Entstehung dieser Ordnung: Die präzise Anordnung der Planeten muss von einem intelligenten, allmächtigen Wesen geschaffen worden sein. Nur Gott ist in der Lage, ein derart perfektes System zu entwerfen. Also ist Gott der wahre Herrscher der Welt. Aus dieser Einsicht folgt, dass er lebendig, allwissend, allmächtig, ewig und unendlich ist. Als ewige und unendliche Substanz ist er immer und überall, bleibt jedoch seinerseits von den Bewegungen der Körper unbeeinflusst und leistet ihnen keinen Widerstand.

Zum Text

Aufbau und Stil

Das im Original lateinische Werk ist in drei Bücher gegliedert. Dem ersten stellt Newton einige Begriffsdefinitionen und die drei Bewegungsgesetze voran, um im Folgenden seine Bewegungslehre detailliert darzustellen. Das zweite Buch behandelt vor allem das Phänomen des Widerstands und dessen Auswirkungen auf die Bewegung von Körpern. Im dritten Buch stellt Newton die Leitsätze seiner Naturphilosophie vor und beweist die Anwendbarkeit seiner theoretischen Grundlagen anhand beobachtbarer Naturerscheinungen. Während die ersten beiden Bücher zahlreiche mathematische Gleichungen und geometrische Zeichnungen enthalten, hat Newton das dritte, wie er selbst sagt, „in allgemein verständlicher Weise geschrieben, damit es von mehr Leuten gelesen werden kann“. In der Tat sind für den mathematisch und physikalisch nicht so beschlagenen Leser vor allem die Ausführungen im dritten Buch interessant, da Newton seine Erkenntnisse hier in verständlicher und anschaulicher Form anhand von Beispielen belegt. Auch aus wissenschaftshistorischer Sicht bieten die Beschreibungen der zu Newtons Zeit durchgeführten Experimente eine außerordentlich spannende Lektüre.

Interpretationsansätze

  • Newtons Gravitationstheorie zeigt, dass im Himmel dieselben Gesetze gelten wie auf der Erde. Das war revolutionär. Das Himmelreich ist seit Newton kein besonderer Ort mehr.
  • Newton setzt auf die Methode der experimentellen Philosophie bzw. des Empirismus: Aus den beobachtbaren Naturerscheinungen werden allgemeine Gesetze abgeleitet, die die Grundlage für die weitere theoretische Arbeit bilden. Newton lehnt es ab, einfach Hypothesen aufzustellen: Alle Erkenntnisse müssen anhand der Naturerscheinungen nachprüfbar sein.
  • Dies ist eine Absage an die Scholastik und den Rationalismus: Weder durch die Konsultation wissenschaftlicher Autoritäten noch durch reines Nachdenken können die Gesetze, nach denen die Welt funktioniert, gefunden werden.
  • Newtons Anliegen war die Widerlegung der kartesischen Wirbelhypothese: René Descartes hatte rund 40 Jahre zuvor versucht, die Planetenbewegungen mit einem sehr feinen Stoff, dem Äther, zu erklären, der Wirbel bilde und auf diesen die Planeten um die Sonne kreisen lasse. Newton weist dieser Theorie erhebliche Erklärungsmängel nach.
  • Newtons Werk beinhaltet – und damit ist er wieder ganz nahe bei Descartes – einen telelogischen Gottesbeweis: Aus der Tatsache, dass die Natur und der Weltraum einer perfekten Ordnung unterliegen, schließt er, dass es ein allmächtiges Wesen geben müsse, das diese Ordnung geschaffen habe.
  • Eine geschlossene Theorie der Mechanik, wie sie Newton vorlegte, gibt es heute nicht mehr. Sowohl Einsteins Relativitätstheorie wie auch die Quantentheorie nach Heisenberg lassen Newtons System nur als Spezialfall gelten. Dazu kommt, dass auch diese beiden neueren Theorien nur in Teilbereichen Gültigkeit haben und bis heute nicht vereinigt werden konnten.

Historischer Hintergrund

Die Entstehung des naturwissenschaftlichen Weltbilds

In der Renaissance erlebte die Astronomie als Wissenschaft vom geometrischen Aufbau des Universums einen wahren Boom. Nikolaus Kopernikus stellte mit seiner Schrift Von den Umdrehungen der Himmelskreise (1543) die bis dahin gängige, auf den griechischen Gelehrten Ptolemäus zurückgehende Annahme infrage, alle Planeten würden um die Erde kreisen. Kopernikus entwickelte das nach ihm benannte kopernikanische oder heliozentrische Weltbild. Zahlreiche wissenschaftliche Neuerungen, u. a. die Erfindung des Fernrohrs, mündeten zu Beginn des 17. Jahrhunderts in die bahnbrechenden Erkenntnisse Galileo Galileis, dem es gelang, die Phasen der Jupitermonde und der Venus zu berechnen, und der in seinem Dialog über die Weltsysteme gegen die Anhänger des ptolemäischen Weltsystems polemisierte. In der Wissenschaft setzte sich das heliozentrische Weltbild relativ schnell durch, die Kirche jedoch lehnte es weiterhin ab. Die Inquisition zwang Galilei sogar, seine Aussagen zu widerrufen.

Außerhalb der kirchlichen Kreise wurden die Astronomie und das neue Weltbild zunehmend gesellschaftsfähig. Viele Fürsten beschäftigten eigene Astronomen, die oftmals gleichzeitig als Astrologen die Zukunft ihrer Herren voraussagen sollten. Mithilfe der neuen Teleskope und durch das enge Zusammenrücken der wissenschaftlichen Welt folgte ein astronomischer Durchbruch auf den anderen: 1609 veröffentlichte Johannes Kepler sein Werk Neue Astronomie, in dem er die ersten beiden keplerschen Gesetze vorstellte: 1. Die Planeten bewegen sich auf elliptischen Bahnen um die Sonne. 2. Je weiter ein Planet von der Sonne entfernt ist, desto langsamer kreist er um sie. In den 1650er Jahren erkannte Christian Huygens die Natur der Saturnringe, etwa 20 Jahre später berechnete er als Erster die Lichtgeschwindigkeit (wenn auch falsch). 1672 stellte Isaac Newton das von ihm verbesserte Spiegelteleskop vor, mit dem weitere Entdeckungen möglich wurden. 1705 berechnete Edmond Halley die Bewegung eines Kometen und sagte dessen Wiedererscheinen korrekt voraus.

Entstehung

Während seines Studiums musste sich Newton mit den antiken Denkern Euklid und Aristoteles befassen, wobei er schnell das Interesse verlor und sich lieber aktuelleren Autoren wie René Descartes und Galileo Galilei zuwandte. Beide blieben während seines ganzen wissenschaftlichen Wirkens die wichtigsten Impulsgeber. Im Fall von Descartes schloss er sich jedoch schnell den zeitgenössischen Kritikern an, die insbesondere dessen Wirbelhypothese ablehnten. Dass die Mathematischen Grundlagen der Naturphilosophie ein offener Angriff auf die Autorität Descartes’ waren, lässt sich schon am Titel erkennen: Er entstand in Anlehnung an Descartes’ Grundlagen der Philosophie.

Die wichtigsten Inhalte seines Werks hat Newton wohl in den Pestjahren 1665/66 erarbeitet, die er zurückgezogen auf seinem Gut in Woolsthorpe verbrachte. Insbesondere die auf Johannes Keplers Erkenntnissen beruhenden Berechnungen zu den Umlaufzeiten der Planeten und zur Gravitation fanden hier ihren Anfang. Den wichtigsten Impuls für seine Theorie, dass die Gravitation sowohl Ursache für den Fall von Körpern auf der Erde als auch für die Planetenbewegungen sein könnte, erhielt Newton jedoch von seinem Zeitgenossen und Fachkollegen Robert Hooke, der in den 1670er Jahren ebenfalls an dem Problem arbeitete. 1687 veröffentlichte Newton sein ein Jahr zuvor fertiggestelltes Buch.

Wirkungsgeschichte

Das Werk wurde von der Fachwelt begeistert aufgenommen. Neben akademischen Ehren brachte es Newton auch gesellschaftliche Anerkennung ein und verhalf ihm zu politischen Ämtern. Seine Opposition gegen Descartes ebenso wie gegen Gottfried Wilhelm Leibniz führte in der Mitte des 18. Jahrhunderts zu einer Aufspaltung der wissenschaftlichen Welt in vier Strömungen: den Newtonianismus, den Skeptizismus, den Leibnizianismus und den Kartesianismus. Newtons Mathematische Grundlagen der Naturphilosophie waren viel mehr als eine wissenschaftliche Abhandlung – sie waren die Grundlage für ein völlig neues Weltbild. Die Überzeugungskraft der Theorie führte schon bald dazu, dass Newtons Schule weit mehr Anhänger fand als alle anderen, der Naturphilosoph selbst wurde als „Weltweiser“ verehrt. Diese Verehrung Newtons hält bis heute an – auch wenn viele seiner wissenschaftlichen Erkenntnisse längst widerlegt sind. Albert Einstein entschuldigte sich bei seinem Vorläufer („Newton, verzeih mir“), als er dessen Vorstellungen eines absoluten Raums und einer absoluten Zeit aus der physikalischen Theorie strich. Trotzdem gehören die Grundgedanken von Newtons Lehre heute zum Allgemeinwissen.

Über den Autor

Isaac Newton wird am 4. Januar 1643 in Woolsthorpe/Lincolnshire als Sohn eines Landwirts geboren. Sein Vater stirbt bereits zwei Monate vor Newtons Geburt. Der Junge bleibt bis zu seinem dritten Lebensjahr bei seiner Mutter und wird, als diese erneut heiratet, in die Obhut seiner Großmutter gegeben. Manche sehen in der lieblosen Umgebung seiner Kindheit einen Grund dafür, dass Newton zeit seines Lebens äußerst menschenscheu und neurotisch ist. Nach seinem Schulabschluss nimmt er im Sommer 1661 ein Studium am Trinity College in Cambridge auf. Die Pest, die ab 1665 das Land heimsucht, führt dazu, dass Newton sich für eineinhalb Jahre in sein Elternhaus zurückzieht. Diese Zeit gehört zu den produktivsten Phasen in Newtons wissenschaftlicher Laufbahn. 1669 übernimmt er am Trinity College den Lehrstuhl für Mathematik, den er bis 1701 innehat. Newtons unsoziale Art macht ihn als Dozent wenig beliebt – viele seiner Vorlesungen finden ohne Zuhörer statt. Neben der Mathematik, der Physik und der Optik beschäftigt er sich auch mit Alchemie, was er allerdings geheim hält. Im Anschluss an die Veröffentlichung seiner Philosophiae naturalis principia mathematica (Mathematische Grundlagen der Naturphilosophie, 1687), häufig verkürzt zitiert als Principia mathematica, kommt er zu politischen und akademischen Würden: Unter anderem wird er 1699 zum Direktor der Königlichen Münze ernannt. 1703 wird er Vorsitzender der Royal Society und 1705 schlägt Königin Anne ihn zum Ritter. Seinen wachsenden Einfluss setzt er nun rücksichtslos auch gegen seine Gegner ein, insbesondere im Plagiatsstreit mit Leibniz um das Infinitesimalkalkül: Eine von Newton beeinflusste Kommission der Royal Society spricht Leibniz fälschlicherweise schuldig. 1720 verliert Newton bei der Südsee-Spekulationsblase 20 000 £, bleibt aber trotzdem wohlhabend. Er stirbt am 31. März 1727 ledig und kinderlos in Kensington. Newton wird mit großem Pomp in der Westminster Abbey beigesetzt – dort, wo auch die englischen Könige begraben liegen.

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