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Nachtwachen
Buch

Nachtwachen

Penig, 1804
Diese Ausgabe: Reclam, 2010 Mehr

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Literatur­klassiker

  • Roman
  • Romantik

Worum es geht

Das Leben als wahnsinniges Marionettentheater

Der Autor der Nachtwachen hat seine Leser nachhaltig zum Narren gehalten. In erster Linie dadurch, dass er sich hinter dem durchaus gängigen Pseudonym Bonaventura versteckte. Die Frage, wer der geheimnisvolle Verfasser dieses Werks ist, spornte Literaturhistoriker fast zwei Jahrhunderte lang zu wilden Spekulationen an. Es gab kaum einen Dichter der Romantik, dem die ketzerische Satire nicht zugetraut wurde. Doch auch nachdem die Urheberschaft geklärt ist, bleibt die Freude an den Nachtwachen und ihren Mysterien bestehen. Der zynische Bericht eines brotlosen Dichters, der sich als Nachtwächter verdingt, ist voller Anspielungen auf die Themen der Frühromantik: Schein und Sein, Tod und Teufel, Maskerade und Entlarvung. Dem schreibenden Schelm ist dabei überhaupt nichts heilig. Im Totentanz des Nachtwächters werden Heuchler entlarvt, Marionetten begehren auf und die Irren sind weise und glücklich. Gerade wegen der verwirrenden Verstrickungen waren die Nachtwachen ihrer Zeit weit voraus. Bis heute bergen sie unzählige metaphorische Knacknüsse. Am Schluss bleibt nichts als das Lachen der Narren und die Erkenntnis, dass die Welt zwar ein Tollhaus sein mag, aber dass man sich darin prächtig amüsieren kann.

Zusammenfassung

Nächtliche Rundgänge

Ein Nachtwächter namens Kreuzgang macht sich fertig für seinen abendlichen Rundgang durch die Stadt. Er vermummt sich, setzt den Helm auf und nimmt das Nachthorn zur Hand. Außer ihm schlafen fast alle, nur ein einsamer Dichter hat noch Licht in seinem Dachfenster. Der Nachtwächter bläst in sein Horn, ruft ihm die Zeit zu und geht weiter. Durch ein anderes Fenster sieht er einen Sterbenden, umringt von seiner Familie. Ein Geistlicher ist auch dort. Er versucht vergebens, dem sterbenden Freigeist ein Glaubensbekenntnis zu entlocken. Schimpfend verlässt der Geistliche die verlorene Seele; auf der dunklen Gasse prallt er mit dem Nachtwächter zusammen. Dieser hält ihn einen Moment lang für den Teufel und setzt ihm die Pike auf die Brust.

In der folgenden Nacht kommt der Nachtwächter an beiden Schauplätzen wieder vorbei. Beim schlaflosen Dichter brennt kein Licht mehr, stattdessen betrachtet dieser den Nachthimmel. Der Wächter bedauert, wie vernünftig die Welt geworden ist, und erinnert sich an seine eigene Vergangenheit als Humorist und Dramatiker. Bei der Wohnung des verstorbenen Ungläubigen...

Über den Autor

Ernst August Friedrich Klingemann wird am 31. August 1777 in Braunschweig geboren. Bereits mit 18 Jahren verfasst er schriftstellerische Texte. Nach dem Schulabschluss zieht er als 21-Jähriger nach Jena, wo er Rechtswissenschaften und Philosophie studiert. Zur Zeit der literarischen Hochblüte Jenas besucht Klingemann Vorlesungen der Frühromantiker Johann Gottlieb Fichte, Friedrich Wilhelm von Schelling und August Wilhelm Schlegel. Erste Kontakte mit der Frühromantik hat er durch seinen Onkel Joachim Heinrich Campe, der gemeinsam mit Clemens Brentano eine Zeitschrift herausgibt. In Jena pflegt er selbst eine Freundschaft mit Clemens Brentano, ebenfalls ein gebürtiger Braunschweiger. 1801 bricht Klingemann sein Studium ab und geht zurück nach Braunschweig. Er schreibt u. a. für die Zeitung für die elegante Welt. 1804 erscheinen die Nachtwachen unter dem Pseudonym Bonaventura im Journal von neuen deutschen Original Romanen. Sie sind heute Klingemanns berühmtestes Werk; er wird aber erst 1987 als Autor identifiziert. Zu seinen Lebzeiten ist er jedoch ein erfolgreicher Romancier und Dramatiker. Er schreibt zahlreiche Tragödien, Lustspiele und populäre Possen, die oft gespielt werden. 1810 wird Klingemann Oberregisseur der Schauspielkompanie „Walthersche Gesellschaft“ und heiratet die Schauspielerin Elise Anschütz, ein Mitglied der Theatergruppe. 1818 wird er Direktor des Braunschweiger Nationaltheaters. Dort inszeniert er rund zehn Jahre später die Uraufführung von Goethes Faust und erzielt damit einen Riesenerfolg. Doch noch im selben Jahr wird er wegen Streitigkeiten mit dem Landesherrn, Herzog Karl II., entlassen. Nach einer kurzen Episode als Professor an seiner ehemaligen Schule kehrt er als Intendant zum Theater zurück. Klingemann stirbt am 25. Januar 1831 in seiner Heimatstadt Braunschweig.


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