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Cartesianische Meditationen
Buch

Cartesianische Meditationen

Eine Einleitung in die Phänomenologie

Paris, 1931
Diese Ausgabe: Meiner, 1995 Mehr

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Literatur­klassiker

  • Philosophie
  • Moderne

Worum es geht

Die Konstruktion des Fremden

Die Cartesianischen Meditationen sollten Husserls Hauptwerk werden, doch unglückliche Umstände und Zeitmangel führten dazu, dass sie weit davon entfernt sind, die Phänomenologie umfassend darzustellen. Immerhin fügen sie Husserls Lebensleistung einige wichtige Puzzleteile hinzu. Der Vater der Phänomenologie war ursprünglich Naturwissenschaftler, entdeckte dann seine philosophische Seite und startete am Beginn des 20. Jahrhunderts sein Projekt, die Philosophie neu zu beleben und sie nicht mehr an den Maßstäben der Naturwissenschaften auszurichten. Den Sachen selbst, den Phänomenen, könne man nur über eine philosophische Wesensschau auf die Spur kommen, die alles, was von der Essenz der Dinge ablenke, in Klammern setze. In den Cartesianischen Meditationen versucht Husserl den gegen seine Philosophie gerichteten Vorwurf des Solipsismus („nur das Ich ist real, alles andere sind bloß Bewusstseinsinhalte des Ich“) zu entkräften: Mit den Methoden der Phänomenologie untersucht er, wie der „Fremde“ bzw. der „Andere“ in die phänomenologische Wesensschau integriert wird und wie damit die Erfahrung einer objektiven Wirklichkeit aufgebaut werden kann.

Zusammenfassung

Zurück zu Descartes

Seit sich die Menschen von der Religion zurückgezogen haben, opfern sie den Göttern auf den Altären der Wissenschaft. Die Philosophie hat Rückschritte gemacht: Die Zahl ihrer Schriften ist zwar gewachsen, aber ihr Zusammenhalt ist zerbrochen. Was wir brauchen, ist eine neue, einheitliche Philosophie. Dafür können wir beim radikalen Reformer René Descartes ansetzen, der mit seinen Meditationes de prima philosophia die Philosophie revolutionierte. Man kann da anfangen, wo auch Descartes angefangen hat: beim „ego cogito“, dem denkenden Bewusstsein. Will man die Philosophie und damit die Wissenschaft neu ordnen und neu erfinden, darf man keine der vorhandenen Wissenschaften gelten lassen und muss bei null beginnen.

Wer philosophiert, fällt Urteile. Mit Urteilen meinen wir etwas, aber wir haben niemals die Sicherheit, ob diese Meinung wirklich richtig ist. Es gibt aber auch Urteile, die kein Meinen darstellen, sondern selbst gegeben sind. Sie sind durch sich selbst eindeutig definiert und unmittelbar. Man bezeichnet sie als Evidenz. Diese Selbstgegebenheit ist eine letzte Instanz, sie ist absolut und apodiktisch (unumstößlich).

Transzendental...

Über den Autor

Edmund Husserl wird am 8. April 1859 in Proßnitz (Mähren, heute Tschechische Republik) in eine jüdische Familie geboren. Er studiert in Leipzig, Berlin und Wien Astronomie, Mathematik, Physik und Philosophie. 1886 geht Husserl nach Halle, wo er an der Universität als Privatdozent lehrt und mit der Arbeit Über den Begriff der Zahl (1887) habilitiert. Kurz vor der Hochzeit mit seiner Verlobten Malvine Steinschneider lässt er sich evangelisch taufen. 1891 erscheint die Philosophie der Arithmetik, in der er die Gültigkeit mathematischer Wahrheiten unabhängig von der menschlichen Erkenntnis behauptet. Zehn Jahre später revidiert er seine Meinung in seinem ersten Hauptwerk, den Logischen Untersuchungen (1901). Das Buch bringt ihm den Ruf an die Universität Göttingen ein, wo er ab 1901 als außerordentlicher und ab 1906 als ordentlicher Professor lehrt. Dort entsteht Husserls eigene phänomenologische Schule, die zahlreiche Studenten anzieht. In seinem einflussreichsten Werk, Ideen zu einer reinen Phänomenologie und phänomenologischen Philosophie (1913), formuliert er die Aufgabe der Phänomenologie, die Sachen so zu beschreiben, wie sie sich dem menschlichen Geist darstellten – unabhängig davon, ob die Sachen selbst überhaupt existierten. „Zu den Sachen selbst“ ist ein berühmt gewordener Ausspruch Husserls. Seine Ideen fallen auf fruchtbaren Boden, sodass er 1916 einen Ruf an die Universität von Freiburg erhält. Seine erste Assistentin ist Edith Stein, ihr Nachfolger Martin Heidegger, der seine eigenen Forschungen auf Husserls Erkenntnissen aufbauen wird. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wird Husserl zunächst beurlaubt. 1936 entzieht man ihm die Lehrerlaubnis und vertreibt ihn aus seinem Haus. Ein Angebot der University of Southern California lehnt er ab. Edmund Husserl stirbt am 27. April 1938 in Freiburg.


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