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Holzfällen
Buch

Holzfällen

Eine Erregung

Frankfurt/Main, 1984
Diese Ausgabe: Suhrkamp, 2000 Mehr

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Literatur­klassiker

  • Roman
  • Gegenwartsliteratur

Worum es geht

Hauen und Stechen in der Wiener Künstlerszene

Eine große Wohnung im Wien der 80er Jahre an einem Abend im März. Ein wohlhabendes Ehepaar gibt ein Essen zu Ehren eines Burgschauspielers. Während des Wartens auf den Ehrengast sitzt der unschwer als Thomas Bernhard zu erkennende Ich-Erzähler in einem Ohrensessel. Champagner trinkend beobachtet er die anderen Anwesenden und erinnert sich an seine gemeinsame Vergangenheit mit ihnen. In einem inneren Monolog von Buchlänge rechnet der Erzähler in nahezu atemlosen Hasstiraden radikal mit ihren Schwächen, ihrer Vergangenheit und ihrer erbärmlichen Gegenwart ab. Doch die Hölle sind nicht nur die anderen: Der Erzähler nimmt auch sich selbst schonungslos auseinander. Er schwankt dabei zwischen erbarmungsloser Demontage und sentimentaler Hinwendung zu seinen Mitmenschen. Bernhard verwebt seine Themen kunstvoll miteinander und verwendet eine fast musikalische Sprache, er findet immer neue Begriffe für das menschliche Grauen. Trotzdem kein deprimierendes Buch, sondern ein guter, unterhaltsamer Einstieg für Leser, die Bernhard noch nicht kennen.

Zusammenfassung

Die Einladung

Der 52-jährige, namenlose Erzähler ist vor wenigen Monaten aus London nach Wien zurückgekehrt. Am selben Morgen, als er durch einen Anruf erfährt, dass sich seine alte Freundin Joana das Leben genommen hat, begegnet er zufällig dem Ehepaar Auersberger. Sie sprechen über den Selbstmord der gemeinsamen Freundin und laden den Erzähler zu einem Abendessen ein. Als junger Mann, vor 30 Jahren, hat der Erzähler intensiven Kontakt mit den Auersbergers gepflegt, sie dann aber 20 Jahre lang gemieden. Einst hat er sie geliebt und bewundert, nun findet er sie nur noch abstoßend und niederträchtig. Als er dann im Vorraum der Wohnung der Auersbergers in einem Ohrensessel sitzt, ärgert er sich. Er hätte doch besser seinen Pascal, Gogol oder Montaigne lesen sollen, statt in einem sentimentalen Augenblick die Einladung anzunehmen. Der Erzähler beschimpft sich dafür als charakterlosen Dummkopf. Das Abendessen zu Ehren eines Burgschauspielers, der am selben Abend in Ibsens Wildente spielt, wird nicht vor 0:30 Uhr beginnen. Vom Ohrensessel aus beobachtet der Erzähler die eintreffenden Gäste und erinnert sich an seine Vergangenheit.

Rückblick

Er war 22 Jahre alt, ...

Über den Autor

Thomas Bernhard wird am 9. Februar 1931 in den Niederlanden als unehelicher Sohn österreichischer Eltern geboren. Den Vater lernt er nie kennen. Die Mutter, eine mittellose Haushaltshilfe, gibt den Sohn zunächst in Pflege. Das Verlassensein prägt Bernhard und sein späteres Werk tief. 1932 kehrt die Mutter nach Österreich zurück, sie lebt mit dem Kind bei ihren Eltern. Bernhards Großvater Johannes Freumbichler ist ein verarmter Heimatschriftsteller, der dem Enkel bald als Vaterersatz gilt. Die Schulzeit empfindet Bernhard als Qual. 1945 misslingt ein Selbstmordversuch. Armut und schlechte Noten veranlassen ihn 1947 zur Aufgabe der Schule und zum Beginn einer Lehre. 1949 kommt er aufgrund einer Rippenfellentzündung ins Krankenhaus und entgeht nur knapp dem Tod. Dann wird Tuberkulose diagnostiziert. Bernhard verbringt knapp zwei Jahre in Krankenhäusern und Sanatorien; dort beginnt er zu schreiben und lernt auch seinen "Lebensmenschen", die 35 Jahre ältere Hedwig Stavianicek kennen. Im Anschluss arbeitet er als Journalist, später studiert er Schauspiel. 1957 veröffentlicht er seinen ersten Gedichtband Auf der Erde und in der Hölle. Doch erst der Roman Frost (1963) bringt den Durchbruch. Bernhard gilt bald als einer der wichtigsten Autoren deutscher Sprache. Auch sein zweiter Roman Verstörung (1967) wird gefeiert. 1970 inszeniert Claus Peymann Bernhards erstes langes Theaterstück Ein Fest für Boris. Damit beginnt eine fruchtbare Zusammenarbeit, denn Peymann wird etliche von Bernhards abendfüllenden Stücken auf die Bühne bringen. Bernhard setzt sich unter Schreibdruck, sei es wegen seiner Immobilienkäufe oder seiner sich verschlechternden Gesundheit. Er veröffentlicht oft mehrere Werke pro Jahr, bis ihn Mitte der 80er Jahre Atemnot und Herzschwäche langsam in die Knie zwingen. 1984 rüttelt der Roman Holzfällen die Wiener Künstlerszene auf, 1986 erscheint sein Prosa-Meisterwerk Auslöschung, und Ende 1988 erlebt Bernhard mit Heldenplatz eine letzte Skandalpremiere. Am 12. Februar 1989 stirbt Thomas Bernhard in Gmunden an Herzversagen.


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