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Masse - Mensch
Buch

Masse - Mensch

Ein Stück aus der sozialen Revolution des 20. Jahrhunderts

Potsdam, 1921
Diese Ausgabe: Reclam, 2014 Mehr

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Literatur­klassiker

  • Drama
  • Neue Sachlichkeit

Worum es geht

Pazifisten haben es schwer in der Revolution

Frustrierte Arbeiter, revolutionäre Aufwiegler, geldgeile Kriegsgewinnler und angepasste Staatsdiener: Ernst Toller bringt in Masse - Mensch das ganze Chaos der Revolution auf die Bühne. Die Handlung des Dramas ist schnell erzählt: Die pazifistische Intellektuelle Sonja Irene L. wird unverhofft Anführerin eines Arbeiteraufstands, die Geschehnisse geraten jedoch außer Kontrolle. Ein Namenloser peitscht die Massen auf, statt zum Streik kommt es zur Revolution. Sonjas Eintreten für Gewaltlosigkeit ist hoffnungslos. Sie bezahlt ihre Integrität mit dem Leben: Um das Leben einer einzelnen Wache zu verschonen, lässt sie sich an die Wand stellen. In expressiv-pathetischer Manier und einer aufs Äußerste reduzierten Sprache schildert Toller das große revolutionäre Dilemma anhand eines Einzelschicksals. Dringlichkeit und Desillusionierung halten sich die Waage, eines jedoch wird klar: Die Revolution verwandelt sich in das Unrecht, das sie doch abschaffen wollte. Pazifist und zugleich Revolutionär zu sein, muss jeden in die Verzweiflung treiben.

Zusammenfassung

Erstes Bild – Revolutionäres Brodeln

Im Hinterzimmer einer Arbeiterwirtschaft sitzt Sonja Irene L. mit einer Gruppe Arbeiter zusammen. Der folgende Tag soll einen Massenaufstand bringen. Sonja ist bereit und fiebert dem Moment entgegen, da Worte endlich zu Taten werden. Die Massen befreien sich vom Diktat der wohlgenährten Bürokraten und Schreibtischtäter, sie folgen der roten Fahne des Aufbruchs in eine neue Ära. Als Sonja fragt, wer denn diese Fahne vorantragen solle, weist ein Arbeiter ihr diese Aufgabe zu, denn die Massen würden sich ihr anschließen. Sonja fürchtet Polizei und Militär, doch der Arbeiter versichert ihr, dass die Polizei der Menge unterlegen sein wird und dass sich die Soldatenregimenter sogar auf die Seite der Streikenden geschlagen haben. Als es klopft, fürchten die Arbeiter dennoch, verraten worden zu sein.

Es ist ein Mann, der zu Sonja will. Er kommt heimlich, grüßt verschämt und möchte nicht vorgestellt werden. Sie nennt ihn einen Freund und schickt die Arbeiter weg, dann erst spricht der Mann offen mit ihr. Es ist ihr Ehemann, ein Beamter. Sonjas politische Aktivitäten sind eine Gefahr: Weil...

Über den Autor

Ernst Toller wird am 1. Dezember 1893 als Sohn eines jüdischen Kaufmanns in Samotschin (heute: Szamocin, Polen) in der Provinz Posen geboren. Nach dem Gymnasium studiert er 1914 im französischen Grenoble und meldet sich im August als Kriegsfreiwilliger in München. Bereits als Kind nervös und sensibel erleidet Toller im März 1916 aufgrund seiner Kriegserlebnisse einen physischen und psychischen Zusammenbruch. Er studiert fortan Jura und Philosophie in München und Heidelberg, macht Bekanntschaft mit Autoren wie Rainer Maria Rilke, Thomas Mann und Max Weber. Als Redner beteiligt er sich an der Vorbereitung von Arbeiterstreiks und begegnet Kurt Eisner. 1918 wird er Mitglied der USPD und engagiert sich im Zentralrat der Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte. Nach Ausrufung der Räterepublik wird er einer ihrer führenden Köpfe in Bayern. Im April 1919 legt er jedoch sein Kommando nieder, wird verhaftet und des Hochverrats angeklagt. Während seiner fünfjährigen Festungshaft erscheinen seine ersten Dramen Masse - Mensch (1921), Die Maschinenstürmer (1922) und Der deutsche Hinkemann (1923). Nach seiner Entlassung aus der Haft spricht Toller auf Antikriegskundgebungen und schließt sich 1926 der Gruppe revolutionärer Pazifisten an. Er zählt zur literarischen Prominenz und unternimmt zahlreiche Vortragsreisen im In- und Ausland. Nach der Machtergreifung der Nazis hält sich Toller zunächst im Exil in der Schweiz auf, später reist er nach Paris, London und schließlich in die USA. 1933 erscheint seine Autobiografie Eine Jugend in Deutschland. 1935 heiratet Toller in London die Schauspielerin Christiane Grautoff. Er gilt als der bekannteste und erfolgreichste Dramatiker der Weimarer Republik und als einer der schärfsten Gegner der Nationalsozialisten. Der Autor unternimmt Vortragsreisen und sammelt Hilfsgelder für die hungernde spanische Bevölkerung. Am 22. September 1939 nimmt sich der an Depressionen leidende Toller, verzweifelt über die Erfolge des Faschismus, in New York das Leben.


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