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Brandung
Buch

Brandung

Frankfurt am Main, 1985
Diese Ausgabe: Suhrkamp, 1997 more...

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Literatur­klassiker

  • Roman
  • Gegenwartsliteratur

Worum es geht

Begierden eines alternden Mannes

Brandung ist eines von Walsers erfolgreichsten Büchern, ein Campus- und Eheroman, der in Amerika spielt. Helmut Halm, ein Stuttgarter Lehrer Mitte 50, geht auf das Angebot eines Studienfreundes ein: Er nimmt sich vier Monate Auszeit, um als Gastdozent an einer kalifornischen Universität zu lehren. Frau und Tochter begleiten ihn. Beglückt vom kalifornischen Lebensgefühl, verliebt sich Halm in ein College-Girl. Halb beflügelt, halb bedrückt von dieser außerehelichen Gefühlsverwirrung, schwankt er zwischen Hoffnung, schlechtem Gewissen und der Angst vor einer Blamage. Vor allem aber ruft ihm die Liebe zu einer über 30 Jahre Jüngeren sein eigenes Altern und damit seine Sterblichkeit ins Bewusstsein. Lebbar ist diese Liebe nicht, mitteilbar höchstens auf dem Umweg über die Literatur. Schließlich passiert überhaupt nichts: Halm verharrt im Passiven, das große Drama bleibt aus. Damit erweist er sich vielleicht als feige, aber auch als zäh. Während sich um ihn herum Tragödien abspielen und der Tod mehrfachen Tribut fordert, bleibt der Antiheld genauso stabil wie seine Ehe. Walser gelingt mit Brandung ein meisterhaft komponierter Einblick voll milder Ironie in die Seelennöte eines Durchschnittsmannes.

Zusammenfassung

Ein verlockendes Angebot

Der 55-jährige Lehrer Helmut Halm lebt mit seiner Frau Sabine im Stuttgarter Stadtteil Sillenbuch. An höheren Ambitionen ist Halm gescheitert, sein Manuskript über Nietzsche wurde von einem Verlag per Formbrief abgelehnt. Am ersten Tag der Sommerferien erhält Halm einen Anruf von seinem alten Studienfreund Rainer Mersjohann, der ihn bittet, für vier Monate als Gastdozent an die Universität von Oakland zu kommen. Rainer, der zu Studienzeiten als Dichtergenie galt, lebt schon lange in den USA. Halm ist gleich elektrisiert von der Idee, einmal seiner gewohnten Umgebung zu entkommen. Er sagt zu, ohne Sabine gefragt zu haben, die mit ihrer sterbenden Mutter beschäftigt ist. Kurz darauf ist Halms Schwiegermutter tatsächlich tot. Bei der Beerdigung deuten sich Erbstreitigkeiten an: Die Halms wohnen im Haus von Sabines Familie, und ihr Bruder will es verkaufen.

Dort logiert unterdessen auch wieder Halms Tochter Lena. Sie hat einen Urlaub mit ihrem Mann Traugott abgebrochen, die Ehe ist am Ende. Halm konnte den Schwiegersohn noch nie leiden. Lena hat sich seinetwegen die Brüste verkleinern lassen, außerdem trägt sie...

Über den Autor

Martin Walser wird am 24. März 1927 in Wasserburg am Bodensee geboren. Seine Eltern betreiben das örtliche Bahnhofsrestaurant und eine Kohlenhandlung. Seinen Vater verliert er mit zehn, seine Schulzeit wird vom Wehrdienst unterbrochen: Mit 16 wird Walser erst als Flakhelfer eingesetzt, dann im Reichsarbeitsdienst. 1946 macht er sein Abitur, dann studiert er Literatur, Geschichte und Philosophie und promoviert mit einer Arbeit über Franz Kafka. Von 1949 bis 1957 arbeitet der junge Walser als Reporter für den Süddeutschen Rundfunk, unternimmt zahlreiche Auslandsreisen und schreibt erste Hörspiele. Er nimmt an den Tagungen der „Gruppe 47“ teil. Für seinen 1957 erschienenen ersten Roman Ehen in Philippsburg erhält er den Hermann-Hesse-Preis. 1962 wird das Drama Eiche und Angora uraufgeführt. Mit Das Einhorn (1966) und Der Sturz (1973) schließt er die 1960 mit Halbzeit begonnene „Anselm-Kristlein-Trilogie“ ab. Walser verfasst auch zahlreiche Kurztexte über die Literatur und seine Heimatregion am Bodensee. Seit 1968 lebt er in Nussdorf bei Überlingen. Wie viele andere Intellektuelle setzt er sich in den 60er Jahren für die Wahl Willy Brandts zum Kanzler ein. Auf die Novelle Ein fliehendes Pferd (1978) folgen 1980 der Roman Das Schwanenhaus sowie 1985 Brandung und Meßmers Gedanken. In der Novelle Dorle und Wolf (1987) beschäftigt sich Walser mit der deutschen Teilung, die er als schmerzlich empfindet und mit der er sich nicht abfinden will. 1998 erscheint sein autobiografisches Werk Ein springender Brunnen. Der Schriftsteller wird mit zahlreichen Preisen geehrt, darunter 1981 mit dem Georg-Büchner-Preis, dem wichtigsten deutschen Literaturpreis. Seine Dankesrede anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels führt 1998 zu einer heftigen öffentlichen Kontroverse: Walser plädiert dafür, Auschwitz nicht ständig als Moralkeule gegen die Deutschen zu verwenden. Ebenfalls für Aufruhr sorgt der Roman Tod eines Kritikers (2002): Die Titelfigur trägt unverkennbar die Züge des „Literaturpapstes“ Marcel Reich-Ranicki. Der erklärt den Autor darauf für „nicht mehr salonfähig“. Das bisher letzte Werk Walsers ist der Roman Angstblüte (2006).


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