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Das Käthchen von Heilbronn
Buch

Das Käthchen von Heilbronn

oder Die Feuerprobe. Ein großes historisches Ritterschauspiel

1810, Berlin
Diese Ausgabe: Suhrkamp, 2009 more...

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Literatur­klassiker

  • Drama
  • Romantik

Worum es geht

Theater des Unbewussten

Was geht nur in dieser Frau vor: So intelligent und attraktiv, und dennoch lässt sie sich von ihrem Typen alles gefallen. Und weshalb sehen in Hollywood die 50-Jährigen aus wie eingefrorene 30-Jährige? Zwei typische Fragen unserer Zeit, oft diskutiert im Bekanntenkreis oder beim Friseur. Die Auswüchse der Schönheitsindustrie, der traurige Masochismus der besten Freundin – was haben diese Themen mit dem Käthchen von Heilbronn zu tun? Wenn man genauer hinschaut, ziemlich viel. Denn Heinrich von Kleist wagte sich schon vor 200 Jahren an Fragen heran, die erst viel später salonfähig wurden. Kleist sah den Menschen als fremdgesteuert, marionettenhaft und dem Unterbewusstsein schutzlos ausgeliefert. In dem romantischen Ritterschauspiel versteckte er diese verzweifelte Erkenntnis hinter lautem Rüstungsgeklapper und jungfräulichen Augenaufschlägen – schließlich brauchte der erfolglose Dichter nichts dringender als einen Kassenschlager. Und der ist nicht nur bis heute unterhaltsam geblieben, sondern liefert auch Antworten auf aktuelle Fragen.

Zusammenfassung

Das heimliche Gericht

Ein Waffenschmied aus Heilbronn namens Theobald Friedeborn hat den Grafen Wetter vom Strahl vor einem Femgericht angeklagt. Das heimliche Gericht tagt in einer Höhle. Richter und Häscher sind vermummt, Fackeln erleuchten die Dunkelheit. Theobald beschuldigt den Grafen nicht nur, seine 15-jährige Tochter Käthchen verzaubert und verführt zu haben, sondern auch, mit Satan verbrüdert zu sein. Der Schmied beschreibt seine Tochter als das schönste und fröhlichste Bürgermädchen ganz Schwabens. Die Hochzeit mit ihrem Vetter habe kurz bevorgestanden. Dann sei der Graf in der Werkstatt aufgetaucht, um seine Rüstung reparieren zu lassen. Käthchen sei wie vom Blitz getroffen vor ihm niedergestürzt. Als er später wegging, habe sie sich aus dem Fenster gestürzt, sei auf das Straßenpflaster geprallt und habe sich beide Lenden gebrochen. Kaum geheilt sei sie aufgestanden, habe ihr Bündel geschnürt und sei Richtung Straßburg gegangen, wo der Graf sich gerade aufhielt. Seitdem laufe sie mit nackten Füßen und spärlich bekleidet hinter ihm her.

Der Angeklagte wehrt sich: Es stimme, das Mädchen sei damals in Heilbronn...

Über den Autor

Heinrich von Kleist wird am 18. Oktober 1777 in Frankfurt an der Oder geboren, er stammt aus einer preußischen Offiziersfamilie. Als junger Gefreiter-Korporal nimmt er im ersten Koalitionskrieg gegen Napoleon an der Belagerung von Mainz und am Rheinfeldzug (1793 bis 1795) teil. Bald fühlt er sich vom Offiziersberuf abgestoßen und wendet sich der Wissenschaft zu. Durch seine Kant-Lektüre verliert er jedoch den Glauben an einen objektiven Wahrheitsbegriff und erkennt, dass er nicht zum Gelehrten geschaffen ist. Ebenso wenig fühlt sich der enthusiastische Kleist zum Staatsdiener berufen. 1801 bricht er aus seiner bürgerlichen Existenz aus, reist nach Paris und später in die Schweiz, wo er als Bauer leben will. Doch auch daraus wird nichts. Schon während seiner Zeit in Paris beginnt Kleist zu dichten. Seine Theaterstücke, die heute weltberühmt sind, bleiben zunächst erfolglos. Von 1801 bis 1811 entstehen unter anderem die Tragödien Die Familie Schroffenstein (1803), Robert Guiskard und Penthesilea (beide 1808), außerdem Das Käthchen von Heilbronn (1808), Die Hermannsschlacht (1821 postum erschienen), die Komödien Amphitryon (1807) und Der zerbrochne Krug (1808) sowie die Erzählungen Die Marquise von O.... (1808), Das Bettelweib von Locarno (1810) und Die Verlobung in St. Domingo (1811). 1810 verweigert der preußische Staat Kleist, der nach Stationen in Königsberg und Dresden wieder in Berlin lebt, eine Pension. Auch aus dem Königshaus erhält er keine Anerkennung, obwohl er der Schwägerin des Königs das patriotische Stück Prinz Friedrich von Homburg widmet. Dennoch ist es wohl weniger äußere Bedrängnis als innere Seelennot, die Kleist schließlich in den Freitod treibt. Am 21. November 1811 erschießt er zunächst seine unheilbar kranke Freundin Henriette Vogel und danach sich selbst am Kleinen Wannsee in Berlin.


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