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Der Verbrecher aus verlorener Ehre
Buch

Der Verbrecher aus verlorener Ehre

Leipzig, 1786
Diese Ausgabe: Reclam, 2011 more...

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Literatur­klassiker

  • Kurzprosa
  • Weimarer Klassik

Worum es geht

Im Kopf des Täters

Verbrechen machen Menschen oft fassungslos: Was muss bloß in jemandem vorgehen, damit er zu einem kaltblütigen Mord fähig ist? Die erste Reaktion besteht meist in der Unterstellung, der Täter müsse ganz anders sein als wir. Diese Art von moralischer Überheblichkeit verurteilt Schiller scharf: In jedem steckt ein Ungeheuer, das durch äußere Bedingungen und starke Gefühlsregungen hervorgebracht werden kann. Bevor wir also vorschnell urteilen, sollten wir verstehen, wie aus gewöhnlichen Menschen Verbrecher werden. Wir müssen sie die Tat „nicht bloß vollbringen, sondern auch wollen sehen“, so Schiller. Sein Protagonist Christian Wolf gerät in eine aus seiner Sicht ausweglose Situation: Er wird für ein einfaches Vergehen viel zu hart bestraft und von der Gesellschaft verstoßen, was ihn schließlich zum Räuber und Mörder macht. Indem Schiller sachlich den Werdegang des Delinquenten und sein Schwanken zwischen Gewissensbissen und Hass, Rache und Reue begleitet, bringt er den Leser dazu, darüber nachzudenken, an welchen Wendepunkten Wolfs Leben eine andere Richtung hätte nehmen können. So schafft er ein Stück Literatur, das mit Eloquenz und moralischem Anspruch gleichermaßen überzeugt.

Zusammenfassung

Zwei Arten, über Verbrechen zu schreiben

Verbrechen geschehen in Augenblicken großer Leidenschaft und sollten genau untersucht werden. Wer sich näher mit den Hintergründen krimineller Taten beschäftigt, lernt die menschliche Psyche allgemein besser zu verstehen. Wie es im Innern des Menschen wirklich aussieht, lässt sich von außen kaum sagen.

Die Leidenschaften werden durch Gesetze und Regeln eingeschränkt. Die Beschäftigung mit dem Thema Verbrechen ist deshalb so schwierig, weil sich der Leser in einem völlig anderen Gemütszustand als sein Gegenstand befindet: Er ist ruhig, der Täter dagegen von starken Gefühlen getrieben. Diese Lücke ist nur schwer zu schließen. Meist bleibt der Täter dem Leser fremd und der Leser kann aus dem Schicksal des Täters nichts lernen. Wenn solche Geschichten also mehr leisten sollen, als nur die Neugier des Publikums zu befriedigen, muss der Autor entweder dafür sorgen, dass der Leser „wärmer“ wird, oder er muss den Held „kälter“ werden lassen. Die erste Methode wird von Dichtern genutzt – diese rufen damit Gefühle beim Leser hervor und reißen ihn mit.

Der Historiker dagegen nutzt die zweite Methode: Er stellt die Beweggründe des...

Über den Autor

Friedrich Schiller wird am 10. November 1759 in Marbach am Neckar als Sohn eines Offiziers geboren. Auf Befehl des württembergischen Landesherrn Karl Eugen wird er in dessen Eliteschule in Stuttgart aufgenommen. Schiller behagt der militärische Drill im Internat überhaupt nicht, wenngleich die Lehrkräfte und die Ausbildung hervorragend sind. Er studiert zunächst Jura und dann Medizin. Viel stärker lockt den jungen Mann aber die Schriftstellerei. Mehr oder weniger heimlich schreibt er sein erstes Drama Die Räuber, das 1782 in Mannheim uraufgeführt wird. Als er gegen den Willen Karl Eugens die Landesgrenzen überschreitet, wird er mit Haft und Schreibverbot bestraft. Schiller entzieht sich dem Zwang durch neuerliche Flucht und setzt seine schriftstellerische Arbeit fort. Die frühen Dramen erscheinen: Die Verschwörung des Fiesko zu Genua (1783) und Kabale und Liebe (1784). Unter ständiger Geldnot leidend, zieht er 1785 zu seinem Freund und Gönner Christian Gottfried Körner nach Sachsen, wo er unter anderem die durch Beethovens Vertonung bekannt gewordene Ode An die Freude sowie den Dom Karlos (1787) schreibt. Aufgrund seiner viel beachteten Studie Geschichte des Abfalls der Vereinigten Niederlande von der spanischen Regierung schlägt Goethe ihn 1788 für den Lehrstuhl für Geschichte in Jena vor. Hier verfasst Schiller seine ästhetischen und historischen Schriften und heiratet 1790 Charlotte von Lengefeld. Nach seinem Umzug nach Weimar im Jahr 1799 schließt Schiller Freundschaft mit Goethe. Daraus ergibt sich eine der fruchtbarsten Dichterbekanntschaften aller Zeiten: In der Nähe Goethes beendet Schiller sein erstes klassisches Geschichtsdrama, die Wallenstein-Trilogie. Es folgen Maria Stuart und Die Jungfrau von Orleans (beide 1801), Die Braut von Messina (1803) und Wilhelm Tell (1804), aber auch ein umfangreiches lyrisches Werk. 1802 erhält er den Adelstitel. Seine schlechte körperliche Konstitution zwingt ihn immer wieder aufs Krankenlager. Am 9. Mai 1805 stirbt Schiller in Weimar.


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