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Die Ratten
Buch

Die Ratten

Berlin, 1911
Diese Ausgabe: Ullstein, 2011 more...

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Literatur­klassiker

  • Drama
  • Naturalismus

Worum es geht

Kakofonie der Großstadt

Schon lange hatte Hauptmann den Drang verspürt, über die junge Metropole Berlin zu schreiben. „Dämonen“ sah er hier am Werk, ein „Inferno“, dem er „den Spiegel vorhalten“ wollte. Seine „Berliner Tragikomödie“ lässt sich mit Fug und Recht als dieser Spiegel bezeichnen – ein Hohlspiegel, in dem sich das ganze damalige Elend der Stadt bündelt, so wie sich im realen Berlin sämtliche Tendenzen und Strömungen, Ideen und Ideologien, Krankheiten und Nöte des überlebten wilhelminischen Staatsgebäudes versammelten. Zwischen 1850 und 1900 hatte sich die Einwohnerzahl Berlins vervierfacht. Was heute schicke Altbauwohnungen in angesagten Vierteln sind, waren damals Massenunterkünfte für das recht- und mittellose Industrieproletariat. Die berüchtigten Mietskasernen waren Brutstätten für Seuchen, Ungeziefer und Kriminalität. Berlin war drauf und dran, an seinem Wachstum zugrunde zu gehen. Auch das bürgerliche Lebensmodell geriet ins Wanken. Dem schicksalhaften Strudel ökonomischer und sozialer Zwänge, in dem die einst fein säuberlich getrennten sozialen Milieus blind aneinander vorbei- und dennoch gemeinsam in den Abgrund taumelten, gab Hauptmann in Die Ratten einen literarischen Ausdruck, der wohl nie an Aktualität verlieren wird.

Zusammenfassung

Ein unmoralisches Angebot

Jette John wohnt im zweiten Stock einer heruntergekommenen Berliner Mietskaserne. Ihr Mann, der Polier Paul John, ist in Altona auf Montage. Vor drei Jahren starb ihr Sohn Adelbert, erst acht Tage alt. Seitdem leiden Frau und Herr John darunter, keine Kinder zu haben. Frau John entwickelt einen heimlichen Plan: Sie will dem Dienstmädchen Pauline Piperkarcka, die von einem treulosen Liebhaber erst geschwängert und dann verlassen wurde, ihr Kind abkaufen, sobald es geboren ist. Im Dachgeschoss des Hauses hat der ehemalige Theaterdirektor Harro Hassenreuter einen kompletten Theaterfundus untergebracht. Durch den Verleih von Kostümen, Masken und Requisiten bringt er sich nach dem unfreiwilligen Ende seines letzten Engagements über die Runden. Frau John arbeitet für Herrn Hassenreuter als Putzfrau. Sie hat sich in dessen Fundus mit Pauline verabredet, um ihr den Vorschlag zu unterbreiten. Doch Pauline sagt, lieber wolle sie ihr Kind und auch sich selbst umbringen. Frau John lässt nicht locker. 123 Mark bietet sie dem Mädchen, dazu die Gewissheit, dass ihr Kind in geordneten...

Über den Autor

Gerhart Hauptmann wird am 15. November 1862 im schlesischen Obersalzbrunn (heute Szczawno Zdrój, Polen) geboren. Nach dem Schulabschluss beginnt er eine landwirtschaftliche Ausbildung, die er jedoch nach anderthalb Jahren aus gesundheitlichen Gründen abbrechen muss. Er bereitet sich auf den Militärdienst vor, wird aber für untauglich erklärt. Daraufhin nimmt Hauptmann im Oktober 1880 ein Studium als Bildhauer in Angriff und wird wenig später wegen schlechten Betragens von der Schule geworfen, aber auf Fürsprache eines Lehrers bald wieder aufgenommen. Doch schon 1882 bricht er das Studium ab. Inzwischen hat er die Kaufmannstochter Marie Thienemann kennengelernt, mit der er sich verlobt und die ihn fortan finanziell unterstützt. So kann er 1882 ein Studium der Geschichte und Literatur aufnehmen. Doch auch das hält er nicht lange durch; bereits ein Jahr später bricht er auch dieses Studium ab und lebt als freier Bildhauer in Rom. Mit bescheidenem Erfolg: Eine Statue, an der er arbeitet, fällt in sich zusammen. Hauptmann kehrt frustriert nach Deutschland zurück und beginnt ein Zeichenstudium in Dresden, das er bereits nach einigen Wochen wieder beendet. 1885 heiratet er Marie Thienemann. In den 1880er-Jahren entstehen seine ersten literarischen Werke, unter anderem die Dramen Vor Sonnenaufgang (1889), Die Weber (1892) und Der Biberpelz (1893). 1893 geht er eine Beziehung zu Margarete Marschalk ein, doch von Marie lässt er sich erst 1904 scheiden. Noch im selben Jahr heiratet er Margarete – um schon 1905 eine Beziehung zu einer Schauspielerin zu beginnen, die jedoch bald beendet ist. Hauptmann werden zahlreiche Ehrungen zuteil, 1912 erhält er den Nobelpreis für Literatur. Im Ausland gilt der Dichter als der Repräsentant der deutschen Literatur. Mit zunehmendem Alter distanziert sich Hauptmann immer mehr von den sozialkritischen Tendenzen seiner früheren Werke. Als die Nationalsozialisten an die Macht kommen, tritt er zwar nicht aktiv für das Regime ein, distanziert sich aber auch nicht. Er stirbt am 6. Juni 1946 im schlesischen Agnetendorf.


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