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Ein fliehendes Pferd
Buch

Ein fliehendes Pferd

Frankfurt, 1978
Diese Ausgabe: Suhrkamp, 2004 more...

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Literatur­klassiker

  • Novelle
  • Gegenwartsliteratur

Worum es geht

Die Flucht vor dem Leben und dem Tod

Zwei Ehepaare Ende vierzig begegnen sich während ihres Urlaubs am Bodensee. Die beiden Männer sind alte Jugend- und Studienfreunde. Sie könnten gegensätzlicher kaum sein: Während der behäbige Lehrer Helmut vom Leben nichts mehr erwartet und sich nur noch in Ruhe seiner geliebten Lektüre widmen will, hetzt Klaus Buch, der dynamische Journalist, mit seiner jungen Frau Helene von einer Aktivität zur nächsten. Auf der Flucht freilich befinden sie sich alle beide: Der eine flieht vor dem Leben, der andere vor dem Tod. Dann das Unglück: Während einer stürmischen Segelpartie stürzt Klaus ins Wasser. Der Totgeglaubte taucht wenig später zwar wieder auf, doch die Wege der beiden Paare trennen sich, ohne dass man noch miteinander reden würde. Ein fliehendes Pferd ist die Geschichte der Lebenskrisen westdeutscher Mittelschichtler in den 1970er Jahren. Ganz und gar desillusioniert, suchen sie ihr Heil im Weglaufen vor der Realität. Martin Walser zeichnet seine Figuren mit distanzierter, ironischer Sympathie. In knappen, konzisen Sätzen erzählt, ist seine diagnostische Novelle ein bleibendes Lesevergnügen.

Zusammenfassung

Gestörte Urlaubsruhe

Seit elf Jahren verbringt das Ehepaar Helmut und Sabine Halm aus Stuttgart seinen Urlaub in einem Städtchen am Bodensee, immer in derselben Ferienwohnung. Am Nachmittag ihres dritten Urlaubstages setzen die beiden sich in ein Café an der Uferpromenade. Helmut fühlt sich nicht wohl, er hätte lieber einen Platz weiter entfernt von den Passanten. Mit hoffnungsloser Sehnsucht betrachtet er die leicht gekleideten und braun gebrannten Urlauber, die an ihm vorbeipromenieren. Seine eigene und Sabines Haut empfindet er nur als grotesk gerötet. Helmut sehnt sich hinter die Vergitterung der Ferienwohnung. Der Gymnasiallehrer freut sich auf seine Urlaubslektüre, die Tagebücher Kierkegaards. Tagebücher, in denen man nichts Privates über den Autor erfährt – kann es etwas Anziehenderes geben?

Helmut will nicht, dass jemand etwas über ihn weiß. Ihn stört, dass Kollegen und Schüler immer mehr über ihn in Erfahrung bringen. Wenn er sich durchschaut fühlt, will er fliehen. Der Urlaub ist seine einzige Rückzugsmöglichkeit vor den Menschen, die ihn – aufgrund ihres Wissens über ihn – beherrschen könnten. Im Urlaub kann er sich verstellen, Rollen ausprobieren...

Über den Autor

Martin Walser wird am 24. März 1927 in Wasserburg am Bodensee geboren. Seine Eltern betreiben das örtliche Bahnhofsrestaurant und eine Kohlenhandlung. Seinen Vater verliert er mit zehn, seine Schulzeit wird vom Wehrdienst unterbrochen: Mit 16 wird Walser erst als Flakhelfer eingesetzt, dann im Reichsarbeitsdienst. 1946 macht er sein Abitur, dann studiert er Literatur, Geschichte und Philosophie und promoviert mit einer Arbeit über Franz Kafka. Von 1949 bis 1957 arbeitet der junge Walser als Reporter für den Süddeutschen Rundfunk, unternimmt zahlreiche Auslandsreisen und schreibt erste Hörspiele. Er nimmt an den Tagungen der „Gruppe 47“ teil. Für seinen 1957 erschienenen ersten Roman Ehen in Philippsburg erhält er den Hermann-Hesse-Preis. 1962 wird das Drama Eiche und Angora uraufgeführt. Mit Das Einhorn (1966) und Der Sturz (1973) schließt er die 1960 mit Halbzeit begonnene „Anselm-Kristlein-Trilogie“ ab. Walser verfasst auch zahlreiche Kurztexte über die Literatur und seine Heimatregion am Bodensee. Seit 1968 lebt er in Nussdorf bei Überlingen. Wie viele andere Intellektuelle setzt er sich in den 60er Jahren für die Wahl Willy Brandts zum Kanzler ein. Auf die Novelle Ein fliehendes Pferd (1978) folgen 1980 der Roman Das Schwanenhaus sowie 1985 Brandung und Meßmers Gedanken. In der Novelle Dorle und Wolf (1987) beschäftigt sich Walser mit der deutschen Teilung, die er als schmerzlich empfindet und mit der er sich nicht abfinden will. 1998 erscheint sein autobiografisches Werk Ein springender Brunnen. Der Schriftsteller wird mit zahlreichen Preisen geehrt, darunter 1981 mit dem Georg-Büchner-Preis, dem wichtigsten deutschen Literaturpreis. Seine Dankesrede anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels führt 1998 zu einer heftigen öffentlichen Kontroverse: Walser plädiert dafür, Auschwitz nicht ständig als Moralkeule gegen die Deutschen zu verwenden. Ebenfalls für Aufruhr sorgt der Roman Tod eines Kritikers (2002): Die Titelfigur trägt unverkennbar die Züge des „Literaturpapstes“ Marcel Reich-Ranicki. Der erklärt den Autor darauf für „nicht mehr salonfähig“. Das bisher letzte Werk Walsers ist der Roman Angstblüte (2006).


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    A. S. vor 8 Jahren
    Süppppper.danke!

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