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Frost
Buch

Frost

Frankfurt am Main, 1963
Diese Ausgabe: Suhrkamp, 1972 more...

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Literatur­klassiker

  • Roman
  • Gegenwartsliteratur

Worum es geht

Schmerzzustände in Schnee und Eis

In Thomas Bernhards radikalem Romandebüt werden die österreichischen Alpen nicht als beschauliche Idylle besungen, sondern als Hölle auf Erden. Ein Student wird in ein vereistes Bergdorf geschickt, um einen Maler zu beobachten. Wie sich herausstellt, ist der Mann schwer depressiv und von einem morbiden Zorn auf die Welt getrieben: Die Bauern im Dorf hält er für vom Schwachsinn gezeichnete Schnapsnasen, Österreich nach dem Krieg für ein gespenstisches Leichenfeld, die Künstler des Landes für lächerliche Dilettanten. Der Maler leidet an der Eiseskälte seiner Gedanken, die sich in düsteren Monologen entladen und sich zu einem obsessiven Abgesang auf das eigene Leben und die Welt als Ganzes steigern. Für den Studenten, aus dessen Protokollen das Buch besteht, sind die Tiraden des Malers schließlich unerträglich. Wie in keinem seiner späteren Werke hält Bernhard in Frost seinen Humor zurück und blendet jeden Hoffnungsschimmer aus. Bei der Veröffentlichung 1963 schockierte das handlungsarme, abgründige Buch mit seinem Pessimismus, und auch heute ist der radikale Roman wohl in erster Linie für hartgesottene Bernhard-Fans verdaulich.

Zusammenfassung

Der Auftrag

Ein Student leistet in einem Krankenhaus in der österreichischen Kleinstadt Schwarzach ein Praktikum ab. Vom Chirurgen Strauch bekommt er eines Tages den Auftrag, in das Dörfchen Weng zu reisen und dort den Bruder des Arztes zu beobachten: den Maler Strauch. Der Chirurg hat seinen Bruder seit 20 Jahren nicht gesehen, trotzdem scheint er an der offenbar sonderlichen Person interessiert. Der Student soll einen genauen Bericht anfertigen und den Tagesablauf des Malers, sein Verhalten, seine Gespräche und die darin geäußerten Ansichten protokollieren.

Bei seiner Ankunft in Weng fühlt sich der Student sofort unwohl. Die Menschen scheinen ihm kleinwüchsig und versoffen, das Gebirgstal ausgesprochen düster. Das Gasthaus, in dem er absteigt, ekelt ihn. Doch weil sich der Maler Strauch dort eingemietet hat, bleibt ihm keine Wahl. Die beiden lernen sich kennen und unternehmen schon am zweiten Tag einen gemeinsamen Spaziergang. Der Maler, an seinem Stock hinter dem Studenten hergehend, entpuppt sich als redseliger, depressiver Charakter. Er ist misstrauisch und glaubt, dass die Wirtin hinter seinem Rücken schlecht über ihn redet. Überhaupt...

Über den Autor

Thomas Bernhard wird am 9. Februar 1931 in den Niederlanden als unehelicher Sohn österreichischer Eltern geboren. Den Vater lernt er nie kennen. Die Mutter, eine mittellose Haushaltshilfe, gibt den Sohn zunächst in Pflege. Das Verlassensein prägt Bernhard und sein späteres Werk tief. 1932 kehrt die Mutter nach Österreich zurück, sie lebt mit dem Kind bei ihren Eltern. Bernhards Großvater Johannes Freumbichler ist ein verarmter Heimatschriftsteller, der dem Enkel bald als Vaterersatz gilt. Die Schulzeit empfindet Bernhard als Qual. 1945 misslingt ein Selbstmordversuch. Armut und schlechte Noten veranlassen ihn 1947 zur Aufgabe der Schule und zum Beginn einer Lehre. 1949 kommt er aufgrund einer Rippenfellentzündung ins Krankenhaus und entgeht nur knapp dem Tod. Dann wird Tuberkulose diagnostiziert. Bernhard verbringt knapp zwei Jahre in Krankenhäusern und Sanatorien; dort beginnt er zu schreiben und lernt auch seinen „Lebensmenschen“, die 35 Jahre ältere Hedwig Stavianicek kennen. Im Anschluss arbeitet er als Journalist, später studiert er Schauspiel. 1957 veröffentlicht er seinen ersten Gedichtband Auf der Erde und in der Hölle. Doch erst der Roman Frost (1963) bringt den Durchbruch. Bernhard gilt bald als einer der wichtigsten Autoren deutscher Sprache. Auch sein zweiter Roman Verstörung (1967) wird gefeiert. 1970 inszeniert Claus Peymann Bernhards erstes langes Theaterstück Ein Fest für Boris. Damit beginnt eine fruchtbare Zusammenarbeit, denn Peymann wird etliche von Bernhards abendfüllenden Stücken auf die Bühne bringen. Bernhard setzt sich unter Schreibdruck, sei es wegen seiner Immobilienkäufe oder seiner sich verschlechternden Gesundheit. Er veröffentlicht oft mehrere Werke pro Jahr, bis ihn Mitte der 80er Jahre Atemnot und Herzschwäche langsam in die Knie zwingen. 1984 rüttelt der Roman Holzfällen die Wiener Künstlerszene auf, 1986 erscheint sein Prosa-Meisterwerk Auslöschung, und Ende 1988 erlebt Bernhard mit Heldenplatz eine letzte Skandalpremiere. Am 12. Februar 1989 stirbt Thomas Bernhard in Gmunden an Herzversagen.


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