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Controlling Erfolg messen - aber mit den richtigen Kennzahlen!

Umsatzwachstum? Gewinn je Aktie? Viele Manager orientieren sich an den falschen Steuerungsgrößen - und gefährden die Rendite ihres Unternehmens. So finden und verwenden Sie die richtigen Kennziffern.
aus Harvard Business manager 12/2012
Foto: Bruce Peterson

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Vor etwa zwölf Jahren - damals arbeitete ich für einen großen Finanzdienstleister - wurde mir ein Projekt übertragen, mit dessen Hilfe das Topmanagement mehr über die Profitabilität des Unternehmens erfahren wollte. In der Aktienabteilung, in der ich tätig war, verdienten wir Provisionen durch Leistungen für Vermögensverwalter und versuchten, mit gutem Research, schnellem Handel und erfolgreichen IPOs unsere Erträge zu maximieren. Hunderte Kunden nutzten unsere Dienste, darunter auch unser größter Klient, ein Investmentfonds. Wir schickten unsere Research-Profis regelmäßig zu Treffen mit dessen Analysten und Portfoliomanagern, hielten Kapital bereit, damit seine Transaktionen stets reibungslos über die Bühne gehen konnten, und wir berücksichtigten die Bedeutung des Kunden auch bei der Zuteilung von Aktien aus Börsengängen. Kurz: Wir taten alles, um diesem Schwergewicht alles recht zu machen.

Meine Aufgabe bestand unter anderem darin, die Rentabilität der Abteilung nach Kunden aufzuschlüsseln. Und als wir die Kosten überschlugen, die unsere großen Klienten verursachten, stießen wir auf ein überraschendes Ergebnis: Unser größter Kunde war einer der unrentabelsten. Die Kunden im Mittelfeld, für die wir vergleichsweise wenige Ressourcen zur Verfügung stellen mussten, brachten uns mehr ein als der Riese, den wir so hofierten.

Wie ist das zu erklären? Wir machten einen Fehler, der weitverbreitet ist: Wir orientierten uns an der falschen Kennzahl. Unsere Leitgröße - der Umsatz - stand in keinem direkten Zusammenhang mit dem Gesamtziel Rentabilität. Folglich brachten uns auch unsere strategischen Entscheidungen und unsere Ressourcenallokation diesem Ziel nicht näher. Auf den folgenden Seiten wollen wir beschreiben, wie verbreitet dieser Fehler in vielen - wahrscheinlich auch in Ihrem - Unternehmen ist, warum er zu schlechten Entscheidungen und einer suboptimalen Erschließung des Gewinnpotenzials führt, und welche Kennzahlen Sie nutzen sollten, um Ihre geschäftlichen Ziele zu erreichen.

Nichts gelernt aus "Moneyball"

In seinem Bestseller "Moneyball" beschreibt Michael Lewis, wie der amerikanische Baseballverein Oakland Athletics mithilfe von Statistiken und minimalem finanziellen Aufwand eine Siegermannschaft aufbaute. Die Erkenntnisse aus dem Buch, das vor fast zehn Jahren auf den Markt kam, wurden mittlerweile vielfach analysiert. Trotzdem haben die meisten die wichtigste Lektion bis heute nicht verstanden: Unternehmen schauen auf die falschen Kennzahlen.

Bevor die Oakland Athletics die von Lewis beschriebene Methode einsetzten, hatten sie sich auf Talentscouts verlassen, die Spieler danach bewerteten, wie gut diese laufen, werfen, fangen und schlagen können. Die meisten Scouts hatten diesen Job praktisch ihr ganzes Leben lang gemacht und mit der Zeit ein intuitives Gespür für das Potenzial eines Spielers und für die richtigen Messgrößen entwickelt. Leider übersahen sie dabei häufig Sportler, die effektiv waren, aber nach außen nicht so wirkten. Dabei hat die Außenwirkung mit den wirklich wichtigen Zahlen - also mit denen, die Aufschluss über die künftige Leistung geben - oft nichts zu tun.

Baseballmanager verlassen sich traditionell vor allem auf eine Größe: den Schlagdurchschnitt (die sogenannte "Batting Average"). Doch nach einer gründlichen Analyse der Spielstatistiken fand der Verein heraus, dass die Fähigkeit, eine der Bases zu erreichen, als Indikator für das Punkterzielungspotenzial eines Spielers deutlich aussagekräftiger ist. Abzulesen ist diese Fähigkeit an einer Kennzahl, die im Vergleich zu anderen Fähigkeiten auf dem Markt für Baseballspieler unterbewertet wird: die "On-Base Percentage (OBP)". Mit dieser Erkenntnis im Hinterkopf suchten die Oakland Athletics gezielt nach Spielern mit einer hohen OBP und maßen dem Schlagdurchschnitt weniger Bedeutung bei - auch wenn das Bauchgefühl etwas anderes sagte. So gelang es ihnen, für relativ kleines Geld eine Mannschaft voller Siegertypen zusammenzustellen. Auch viele Unternehmenslenker verlassen sich bei der Auswahl der wichtigsten Kennzahlen auf ihr Bauchgefühl (siehe Kasten "Warum Intuition gefährlich ist") . Zu den sogenannten Key Performance Indicators zählen in den meisten Unternehmen finanzielle Größen wie Umsatzwachstum und Gewinn pro Aktie und nicht finanzielle Größen wie Kundentreue und Produktqualität. Doch mit echter Wertschaffung haben diese Kennzahlen wenig zu tun. Insofern gleichen die Manager also Baseballtrainern, die das Punkterzielungspotenzial am Schlagdurchschnitt ablesen wollen. Ihr Bauchgefühl sagt ihnen, welche Kennzahlen die größte Relevanz haben, aber sie übersehen, dass Intuition trügerisch sein kann und ihre Entscheidungen auf kognitiv-systematischen Fehlern basieren. Ich habe mich in meiner Arbeit als Aktienhändler, Lehrer und Forscher mit solchen kognitiven Verzerrungen beschäftigt und bin auf drei Varianten gestoßen, die in diesem Zusammenhang besonders relevant sind: übersteigertes Selbstbewusstsein, die Verfügbarkeitsheuristik und die Tendenz zum Status quo.

Warum Intuition gefährlich ist

Ohne ein gutes Verständnis von Ursache und Wirkung werden Sie die richtigen Kennzahlen nicht finden. Zum Beispiel müssen Sie wissen, was eigentlich zu größerer Kundenzufriedenheit führt, erst dann können Sie die passenden Messgrößen für die Verbesserung der Kundenzufriedenheit auswählen. Das klingt selbstverständlich, doch überraschend viele Menschen ordnen Entwicklungen die falschen Ursachen zu. Der Grund dafür liegt darin, dass unser Gehirn beim ständigen Versuch, Ursache und Wirkung in Beziehung zu setzen, vor allem nach schnellen Erklärungen sucht - ob diese nun stimmen oder nicht.

Ein Beispiel
Unternehmensführung wird meist unterrichtet, indem man sich erfolgreiche Unternehmen sucht, sie dann auf Gemeinsamkeiten untersucht und diese gemeinsamen Praktiken dann zur Nachahmung empfiehlt. Das vielleicht bekannteste Buch, das auf dieser Methode aufbaut, ist "Der Weg zu den Besten" von Jim Collins. Der Autor hat mit seinem Team Tausende Unternehmen analysiert und elf herausgefiltert, die den Sprung zum Spitzenunternehmen geschafft haben. Anschließend ermittelten die Autoren die Verfahren und Praktiken, die sie für die Ursachen der Verbesserung hielten. Dazu gehörten Führung, Personal, ein faktenbasierter Ansatz, eine klare Ausrichtung, Disziplin und der Einsatz von Technik. Auf dieser Basis empfiehlt das Buch anderen Unternehmern, sich ähnlich zu verhalten, um hervorragende Ergebnisse zu erzielen. Dieser Ansatz ist intuitiv, beinhaltet überzeugende Geschichten und hat sich millionenfach verkauft. Bestünde eine saubere Ursache-Wirkung-Beziehung, würde der Ansatz auch funktionieren. Nur hängt das Ergebnis eines Unternehmens fast immer auch von Glück ab, sodass eine bestimmte Strategie nicht immer aufgeht. Einige Unternehmen werden damit Erfolg haben, andere nicht. Den Erfolg eines Unternehmens auf eine bestimmte Strategie zurückzuführen kann also falsch sein, wenn man von vornherein nur die erfolgreichen betrachtet. Viel wichtiger ist die Frage: Wie viele der Unternehmen, die diese Strategie angewandt haben, waren damit erfolgreich? Jerker Denrell, Professor für Strategie in Oxford, bezeichnet dies als "Unterrepräsentierung von Fehlschlägen". Da ergebnisschwache Unternehmen wahrscheinlich nicht überleben, sind sie unter den analysierten Unternehmen nicht vertreten.
Angenommen, zwei Unternehmen verfolgen dieselbe Strategie. Das eine ist erfolgreich, weil es Glück hatte, das andere scheitert. Da wir unser Untersuchungsobjekt auf Basis des Ergebnisses auswählen, betrachten wir das erfolgreiche Unternehmen und gehen davon aus, dass der Erfolg durch Kompetenz herbeigeführt wurde. Dass Glück eine entscheidende Rolle für den Erfolg dieses Unternehmens gespielt hat, entgeht uns. Und so postulieren wir eine Ursache-Wirkung-Beziehung, wo keine existiert.

Die Lektion liegt auf der Hand
Wenn Glück - wie so oft im Wirtschaftsleben - eine Rolle spielt, sollte man nicht den Erfolg analysieren, um herauszufinden, was eine gute Strategie ist, sondern vielmehr die Strategie analysieren, um festzustellen, ob sie durchgehend zum Erfolg führt. Kennziffern, die persistent und prognosefähig sind und somit zuverlässige Ursache-Wirkung-Zusammenhänge herstellen, sind dabei unerlässlich.

Übersteigertes Selbstbewusstsein

Das tiefe Vertrauen in die eigenen Entscheidungen und Fähigkeiten ist häufig nicht besonders realistisch. Fast alle Menschen halten sich für überdurchschnittlich gute Autofahrer. Und auch im Geschäftsleben ist die Tendenz zu übersteigertem Selbstbewusstsein weitverbreitet. Wie das aussehen kann, zeigt ein Fall, mit dem sich die Stanford-Professoren David Larcker und Brian Tayan befasst haben: Die Manager einer Fastfoodkette hatten erkannt, dass die Kundenzufriedenheit ein wichtiger Einflussfaktor für den Gewinn ist, und sie gingen davon aus, dass eine geringe Fluktuation in der Belegschaft für zufriedene Kunden sorgt.

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Antonia Götsch, Chefredakteurin des Harvard Business managers, teilt Wissen aus den besten Managementhochschulen der Welt und ihre eigenen Erfahrungen mit Ihnen. Einmal die Woche direkt in Ihr E-Mail-Postfach.

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