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Teamwork Flexibel zum Ziel

Klassische Organisationsformen werden unserer sich immer schneller wandelnden Wirtschaftswelt oft nicht mehr gerecht. Teaming, so der Name einer neuen Harvard-Methode, kann helfen, dieses Dilemma zu überwinden. Spitzenleistungen entstehen heute im agilen und dynamischen Zusammenspiel von Experten.
aus Harvard Business manager 6/2012
Foto: Andy Gilmore, Hemicube, 2011, digital drawing

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Wer die Olympischen Spiele 2008 in Peking verfolgt hat, wird sich an ihn erinnern: den "Water Cube", einen gigantischen, 32 000 Quadratmeter großen Stahlwürfel mit einer halb durchsichtigen, ökoeffizienten Außenhaut in blauer Wabenstruktur. In diesem architektonischen Highlight, das offiziell "Beijing National Aquatics Center" - also "Nationales Schwimmzentrum von Peking" - heißt, fanden die olympischen Wettbewerbe im Schwimmen und Turmspringen statt. Mehr als 17 000 Zuschauer passen in das mehrfach ausgezeichnete Bauwerk, das laut Schätzungen rund 10,2 Milliarden Yuan kostete (das entspricht heute in etwa 1,24 Milliarden Euro - Anm. d. Red.).

Der Water Cube war ein Gemeinschaftswerk des britischen Ingenieurbüros Arup, des australischen Architekturbüros PTW Architects, der chinesischen Bauunternehmen China State Construction Engineering Corporation (CSCEC) und China Construction Design International sowie Dutzender kleinerer Bau- und Beratungsunternehmen. Alle Beteiligten zogen bei diesem Projekt am selben Strang: Man wollte ein Gebäude mit Symbolcharakter errichten, das die chinesische Kultur widerspiegelt, das eine Einheit mit seinem Standort bildet, wenig Energie verbraucht - und das termingerecht und ohne Budgetüberschreitung fertigzustellen war. Weniger Einigkeit herrschte dagegen darüber, auf welche Weise dieses Ziel erreicht werden sollte.

Dass Tristram Carfrae, ein Bauingenieur des Ingenieurbüros Arup mit Sitz in Sydney, den Architekturwettbewerb für den Water Cube für sein Unternehmen entscheiden konnte, lag auch daran, dass er bereits vorab Dutzende von Leuten aus mehr als 20 verschiedenen Fachrichtungen und vier Ländern zusammengetrommelt hatte, um über eine geeignete Strategie für das riesige Bauprojekt nachzudenken. Herkömmliche Muster, da waren sich alle Beteiligten schnell sicher, würden bei einer derartigen Mammutaufgabe nicht ausreichen. So musste es während der gemeinsamen Entwicklungs- und Bauphase auch unter größtem Zeitdruck gelingen, eine Gruppe höchst unterschiedlicher Menschen mit verschiedensten beruflichen und nationalen Hintergründen zu einer konstruktiven und möglichst innovativen Zusammenarbeit zu bewegen. Um diese Aufgabe zu meistern, entschied man sich, auf starre Strukturen zu verzichten und diese durch flexible, sich immer wieder neu zusammenfindende Teams zu ersetzen, die sich mit aktuellen Belangen und Problemen des Bauprozesses beschäftigten.

Was den Water Cube aus heutiger Sicht einzigartig macht, ist deswegen nicht nur seine architektonische Alleinstellung, sondern auch die Projektsteuerung, die für die Errichtung des riesigen Baus notwendig war und die ich im Folgenden als "Teaming" - in Abgrenzung zum aus meiner Sicht nicht mehr zeitgemäßen, da starreren Teamwork - bezeichnen will. Der Wandel der früheren Teamarbeit zum Teaming - was man wortwörtlich mit Zusammenarbeit im fliegenden Wechsel übersetzen könnte - ist aus meiner Sicht sinnbildlich für den Beginn einer neuen Ära unternehmerischen Handelns. Stellen Sie sich zur Verdeutlichung des Begriffs ein Basketballspiel vor, bei dem zwei völlig neu und willkürlich zusammengewürfelte Mannschaften aufeinandertreffen - und nicht zwei Teams gegeneinander antreten, die bereits seit Jahren gemeinsam trainieren und perfekt aufeinander eingespielt sind.

Teaming findet auch dann statt, wenn sich eine Gruppe von Spezialisten für einen kurzen Zeitraum zusammenfindet, um gemeinsam an einem spezifischen Problem zu arbeiten. Nicht selten beschäftigen sie sich zu diesem Zeitpunkt womöglich zum ersten und letzten Mal überhaupt mit dieser spezifischen Fragestellung und widmen sich direkt nach dem Treffen wieder in anderen Gruppen und Konstellationen einer neuen Aufgabe. Die Notaufnahmen in vielen Kliniken funktionieren genau nach diesem Modell: Die in aller Regel eilig zusammengerufenen medizinischen Teammitglieder sehen sich meist am Patientenbett zum ersten Mal und müssen und sollen doch alles daransetzen, gemeinsam möglichst effektiv das spezifische Problem zu lösen. Direkt nach dieser Zusammenkunft müssen Notfallmediziner sich wieder mit anderen Kollegen um ganz andere Patienten kümmern - und arbeiten somit unter ganz anderen Bedingungen als ihre Kollegen aus der Chirurgie, die als Experten häufig in der immer gleichen Besetzung Tag für Tag dieselben Handgriffe ausführen.

Teaming ist immer dann sinnvoll, wenn ein Unternehmen etwas vollbringen muss, was noch nie zuvor vollbracht worden ist und vielleicht auch kein zweites Mal vollbracht werden wird. In diesen Fällen greifen herkömmliche und starre Teamstrukturen häufig zu kurz, da es in einer immer variableren Welt nahezu ein Ding der Unmöglichkeit ist, die richtigen Qualifikationen und Kenntnisse für jeden einzelnen Projektschritt im Voraus zu ermitteln. Wenn man sich das einmal verdeutlicht hat, wird einem schnell klar, warum es die wichtigste Aufgabe des Projektmanagers ist, seine Teams nicht mehr nur noch zusammenzustellen und anzuleiten, sondern die Voraussetzung und Begeisterung für Teaming zu wecken und dieses in den Köpfen der Menschen zu verankern.

Zweifellos: Ein eingespieltes Team, das im Laufe der Zeit gelernt hat, gut zusammenzuarbeiten, kann ein äußerst wirkungsvolles Instrument sein. In der heutigen Zeit, die von rasanten Veränderungen, intensivem Wettbewerb und unberechenbaren Kundenbedürfnissen geprägt ist, fehlt für den Aufbau eines solchen Teams jedoch oftmals die Zeit. Stattdessen müssen Unternehmen immer häufiger nicht nur ihre eigenen Mitarbeiter zusammenbringen (die schon für sich genommen oftmals an verstreuten Standorten und in unterschiedlichen Disziplinen und Unternehmensabteilungen arbeiten), sondern auch externe Fachleute und Interessenvertreter mit in diesen Prozess einbinden - nur um die dadurch entstehenden neu gebildeten Teams, wenn die Aufgaben erfüllt sind oder sich neue Geschäftsmöglichkeiten ergeben, wieder aufzulösen. Es gibt kaum noch einen Wirtschaftszweig oder ein Unternehmen, in dem Mitarbeiter nicht mehreren Teams angehören, die, jedes für sich genommen, unterschiedlich lange bestehen, deren Mitglieder ständig wechseln und deren Ziele sich im Projektverlauf verändern. Produktentwicklung, Krankenpflege, Strategieentwicklung, Arzneimittelforschung und Rettungsaktionen sind nur einige weitere Beispiele für Arbeitsgebiete, in denen die Fähigkeit zum Teaming für eine Organisation erfolgsentscheidend sein kann.

Diese neue Entwicklungsstufe der Teamarbeit ist jedoch auch mit großen Herausforderungen verbunden. Falsch verstanden, kann sie ins Chaos führen. Wenn es Beschäftigten und Unternehmen aber gelingt, Teaming positiv zu leben, kann es genau das adäquate Mittel zum Zweck sein. Richtig verstandenes Teaming macht es dem Einzelnen leichter, Kenntnisse und Fertigkeiten zu erwerben und sich Netzwerken anzuschließen. Und es hilft Unternehmen dabei, ihre vorhandenen Produkte und Dienstleistungen möglichst schnell und effizient zu liefern und während des gesamten Prozesses flexibel auf neue Entwicklungen reagieren zu können. Mittels Teamings können anstehende Arbeiten erledigt und im selben Schritt analysiert werden: Was muss, kann oder sollte beim nächsten Mal verbessert werden? Teaming sorgt beim Ausüben und dem daraus entstehenden Lernprozess für Gleichzeitigkeit.

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