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Führung Was ein CEO tun muss

Die Erwartungen an Vorstandschefs sind hoch, trotzdem ist unklar, was eigentlich ihre wichtigsten Aufgaben sind. Auf der Basis von Gesprächen mit dem Managementguru Peter Drucker und seiner langjährigen Erfahrung an der Spitze von Procter & Gamble hat Alan G. Lafley eine Anleitung für Konzernchefs entwickelt.
Ein Klassiker aus dem Archiv des Harvard Business managers von Alan G. Lafley
aus Harvard Business manager 7/2009
Foto: E+ via Getty Images

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Ich wurde im Juni 2000, mitten in einer Krise, CEO von Procter & Gamble. Drei Monate zuvor, am 7. März, hatte das Unternehmen bekannt gegeben, dass es die geplanten Gewinne für das dritte Quartal nicht erreichen werde. Der Aktienkurs fiel innerhalb eines Tages von 86 Dollar auf 60 Dollar, wodurch der Dow-Jones-Index einen Verlust von 374 Punkten verzeichnete.

In der Woche, in der meine Ernennung bekannt gemacht wurde, fiel der Kurs um weitere 11 Prozent. Zahlreiche Faktoren hatten zu dem Chaos beigetragen, allen voran eine allzu ehrgeizige Umstrukturierung, bei der wir versucht hatten, zu viel zu schnell zu verändern, und die uns davon ablenkte, im Alltagsgeschäft Hervorragendes zu leisten. Doch unser größtes Problem im Sommer 2000 war nicht der Verlust von 85 Milliarden Dollar Marktkapitalisierung. Es war die Vertrauenskrise. Viele P&G-Manager zogen sich in ihre Bunker zurück. Die Geschäftsbereiche gaben der Zentrale die Schuld an den schlechten Ergebnissen, die Zentrale machte die Geschäftsbereiche verantwortlich. Investoren und Analysten waren überrascht und verärgert. Mitarbeiter verlangten, dass Köpfe rollen sollten. Mitarbeiter im Ruhestand, deren an den Unternehmensgewinn gekoppelte Pensionspläne nur noch die Hälfte wert waren, reagierten sogar noch wütender.

Kompakt

Im Jahr 2004 diskutierten Alan G. Lafley, damals bereits seit vier Jahren CEO von Procter & Gamble, Peter Drucker und andere Managementexperten über die Frage, was ein CEO tun sollte. Diese Frage ist deshalb so wichtig, weil die Position des CEOs im gesamten Unternehmen einzigartig ist. Allein die Person an der Spitze hat sowohl externe als auch interne Interessen im Blick - während alle anderen Mitarbeiter weit enger gefasste Interessen und Perspektiven haben.
Die Thesen: Drucker entwickelte im Anschluss an die Debatte vier Aufgaben, die diese spezielle Position des CEOs berücksichtigen: Das für das Unternehmen relevante Umfeld definieren und interpretieren; immer die Frage stellen, in welchen Bereichen das Unternehmen tätig ist und in welchen nicht; die Balance halten zwischen ausreichenden Gewinnen in der Gegenwart und notwendigen Investitionen in die Zukunft; Werte und Standards des Unternehmens definieren.
Die Praxis: Lafley beschreibt, wie er Druckers Thesen bei Procter & Gamble in die Tat umgesetzt hat und was ihre Anwendung in der Praxis bedeutet: für Mitarbeiter, Kunden und Anteilseigner, aber auch für die Entwicklung des Unternehmens und seiner Kultur.

Die Medien verewigten das Drama durch Schlagzeilen wie "Vertrauen der Investoren in P&G zerstört" oder "Markenkonglomerat in Schwierigkeiten: Wir lieben ihre Produkte. Doch in Zeiten eines technologieverrückten Marktes hassen wir ihre Aktien." Die schmerzlichste Schlagzeile war in einer führenden Branchenzeitschrift zu finden: "Ist P&G noch von Bedeutung?"

An meinem ersten Tag als CEO stand ich um sechs Uhr abends in einem Fernsehstudio wie ein Reh im Scheinwerferlicht und wurde mit Fragen, was falsch gelaufen war und wie wir das wieder in Ordnung bringen wollten, ins Kreuzfeuer genommen. Alle Augen waren auf mich gerichtet. Doch die Wahrheit war, ich wusste noch nicht, wie P&G zurück auf Erfolgskurs gebracht werden konnte. Willkommen im Job des CEOs - einem Job, den ich nie zuvor ausgeübt hatte.

Die Arbeit des CEOs

Im Oktober 2004, als ich mit Peter Drucker und mehreren anderen Managementgelehrten und CEOs bei einem Treffen zusammensaß, um die Frage zu erörtern, "Was ist die Aufgabe des CEOs?", blickte ich zurück auf diesen ersten Tag und die noch schwierigeren Wochen, die folgten. (Die meisten Zitate in diesem Beitrag stammen aus Druckers Aufzeichnungen von den Bemerkungen, die er bei diesem Treffen machte.)

Die Frage schien seltsam, da CEOs immer schon eine enorme Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Entweder wurden sie als Unternehmensretter geehrt oder als Unternehmenszerstörer beschimpft. Doch eine Frage blieb nach wie vor offen: Verstehen wir die Rolle und die einzigartige Arbeit eines CEOs wirklich? Drucker war der Meinung, die Antwort sei Nein. Er sagte, die Menschen betrachteten CEOs fälschlicherweise als unternehmensinterne Coachs und Spieler, die bei Bedarf einspringen, um Probleme zu lösen. Er war aber der Meinung, CEOs hätten tatsächlich eigene Aufgaben, die sie erledigen müssten. Nach seinem Tod im November 2005 hinterließ Drucker eine Rohfassung seiner im Entstehen begriffenen Gedanken über die Rolle des CEO. (Das "Wall Street Journal" hatte im Januar 2005 einen Teil unter dem Titel "Der amerikanische CEO" veröffentlicht.) 2004 sagte Drucker: "Der CEO ist die Verbindung zwischen der internen Welt, also ,dem Unternehmen' und der externen Welt, also der Gesellschaft, der Wirtschaft, der Technologie, den Märkte und den Kunden. Unternehmensintern gibt es nur Kosten. Ergebnisse können dagegen nur in der externen Welt realisiert werden."

Meine Erfahrung bestätigt Druckers Beobachtungen, und meine Handlungsweise seit jenen frühen Tagen und Wochen stimmte mit ihnen überein. Ich habe mir immer wieder seine unvollendeten Entwürfe genommen und über seine zentrale Frage nachgedacht: Was sind die einzigartigen Aufgaben von CEOs, die ausschließlich von ihnen erledigt werden können und müssen? Im Laufe der Zeit habe ich die Macht erkannt, die in Druckers Worten über die Verbindung zwischen der externen und der internen Welt liegt. Nur der CEO kommt auf Unternehmensebene mit dem für das Unternehmen relevanten Umfeld in Kontakt. Und nur er ist verantwortlich dafür, das Umfeld zu verstehen, zu deuten und es so darzustellen, dass das Unternehmen auf eine Weise darauf reagieren kann, die nachhaltig den Umsatz, den Gewinn und die Aktienrendite (Total Shareholder Return) steigern kann.

Es ist ein Job, den nur CEOs übernehmen können, da jeder andere Mitarbeiter des Unternehmens einen viel engeren und in der Regel einseitigen Fokus besitzt: Vertriebsmitarbeiter haben einen externen Fokus, so gut wie alle anderen haben einen internen Blickwinkel. Die Unternehmenswelt mit der Außenwelt zu verbinden ist schwierig. Es ist viel einfacher, sich nur einem von beidem zu widmen. Der CEO kann Chancen sehen, die andere nicht sehen, und als der Einzige, dessen Chef nicht ein anderer Unternehmensmitarbeiter ist, die Einschätzungen vornehmen und die schwierigen Anrufe tätigen, die kein anderer erledigen kann. Der CEO wird allein für die Leistung und die Ergebnisse des Unternehmens zur Rechenschaft gezogen - nicht nur anhand seiner eigenen Ziele, sondern auch anhand der Kennzahlen und Standards verschiedener, oft konkurrierender externer Interessengruppen.

Und es ist ein Job, den der CEO tun muss, denn ohne die Außenwelt kann ein Unternehmen nicht existieren. Das nachhaltige Wachstum des Unternehmens ist die Verantwortung und das Vermächtnis des CEOs. Ein firmeninterner Fokus ist schädlich für das Wachstum. Bei P&G streben wir ein organisches Umsatzwachstum von 4 bis 6 Prozent und einen Zuwachs bei der Aktienrendite von mindestens 10 Prozent an. Um ein Umsatzwachstum von 4 Prozent zu erreichen, müssen wir etwas Neues schaffen, das vergleichbar ist mit dem Geschäft, das mit dem Waschmittel Tide erzielt wird (1946 eingeführt, wurde Tide ein Verkaufsschlager - Anm. d. Red.); für 6 Prozent etwas, was mit dem Lateinamerika-Geschäft vergleichbar ist. Jahr für Jahr. Ohne ein tiefes Verständnis für externe Stakeholdergruppen und ihre konkurrierenden Interessen und wie diese mit den Fähigkeiten und Grenzen unseres Unternehmens vereinbar sind, werden wir keinen Erfolg haben.

Doch wenn es die Aufgabe des CEOs ist, das Umfeld eines Unternehmens mit den internen Interessen zu verbinden, wie sieht diese Arbeit dann tatsächlich aus? Meiner Meinung nach kommt es auf vier grundlegende Aufgaben an, die aus Druckers Beobachtungen abgeleitet sind:

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