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Leistungsbeurteilung Die Bewertung von Mitarbeitern revolutionieren

Neue Geschäftsregeln erfordern neue Methoden: Der Fokus verschiebt sich von der individuellen Leistungsmessung zum gemeinsamen Lernen.
aus Harvard Business manager 11/2016
Foto: Ben Zank

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Als Brian Jensen, damals Leiter für Global Human Resources beim Pharmaunternehmen Colorcon, bei einem Vortrag davon berichtete, dass sein Unternehmen neuerdings auf jährliche Beurteilungen der Mitarbeiter verzichtete, stieß er auf breite Ablehnung. Das war 2002. Jensen sprach an der Wharton School der University of Pennsylvania vor einer Gruppe von Personalchefs. Er erklärte, Colorcon habe einen besseren Weg gefunden, das richtige Verhalten von Mitarbeitern zu fördern und die Leistung zu steigern: das direkte Feedback von Vorgesetzten, geknüpft an persönliche Ziele der Mitarbeiter und verbunden mit wöchentlichen Bonuszahlungen an Leute, die ihre Arbeit gut machten.

Damals schien der Verzicht auf den traditionellen Beurteilungsprozess mit all seinen Begleiterscheinungen und Folgen geradezu ketzerisch. Doch heute arbeitet Schätzungen zufolge schon mehr als ein Drittel der US-amerikanischen Unternehmen auf diese Weise. Vom Silicon Valley bis New York und darüber hinaus in der ganzen Welt ersetzen Unternehmen die jährlichen Überprüfungen durch häufige, informelle Kontrollen und Gespräche zwischen Managern und Mitarbeitern. Erwartungsgemäß machten Technologieunternehmen wie Adobe, Juniper Systems, Dell, Microsoft und IBM den Anfang. Doch viele andere folgten: professionelle Dienstleistungsunternehmen wie Deloitte, Accenture und PricewaterhouseCoopers (PwC), fortschrittliche Unternehmen aus anderen Branchen (etwa Gap, Lear und Oppenheimer Funds) und sogar der Mischkonzern General Electric, das langjährige Vorbild für traditionelle Beurteilungen.

Performancemanagement steht schon seit jeher ganz oben auf der Agenda vieler Führungsteams. Was also hat den Umschwung in diese Richtung ausgelöst? Eine ganze Reihe von Faktoren spielt eine Rolle. In einem kürzlich erschienenen Artikel im HR-Magazin "People + Strategy" beschrieb ein Manager von Deloitte den Beurteilungsprozess als "einen Einsatz von 1,8 Millionen Stunden unternehmensweit, der unseren geschäftlichen Bedürfnissen nicht mehr entspricht". Ein Wirtschaftsjournalist der Tageszeitung "The Washington Post" bezeichnete den Prozess als eine Art "altertümlichen Ritus im Unternehmen", der die Kreativität einschränke, Berge von Büroarbeit mit sich bringe und keinem wirklichen Zweck diene. Andere Autoren betrachten jährliche Beurteilungen als eine Praxis des vergangenen Jahrhunderts und nennen sie als Ursache für mangelnde Zusammenarbeit und Innovation. Und auch die Arbeitgeber erkennen inzwischen, dass hier ein Prozess Kosten verursacht, den sowohl die Führungskräfte als auch deren Mitarbeiter ablehnen – ein ewiges Thema, das gerade angesichts des sich abzeichnenden Arbeitskräftemangels und der umso wichtigeren Mitarbeiterbindung angegangen werden sollte.

Der größte Nachteil jährlicher Beurteilungen, und nach unserer Beobachtung der wichtigste Grund, sie abzuschaffen, ist folgender: Weil sie so viel Wert auf Belohnung und Bestrafung legen und ganz auf das Jahresende ausgerichtet sind, bewerten sie Mitarbeiter allein im Hinblick auf ihr Verhalten in der Vergangenheit, statt die Verbesserung der Leistung und die Talentförderung in den Mittelpunkt zu stellen – zwei Dinge, die für das langfristige Überleben einer Organisation entscheidend sind. Regelmäßige Gespräche über Leistung und Weiterentwicklung dagegen lenken die Aufmerksamkeit auf die Frage, mit welcher Art von Belegschaft ein Unternehmen heute wie morgen wettbewerbsfähig bleiben kann. Wirtschaftsforscher Josh Bersin schätzt, dass sich rund 70 Prozent der multinationalen Unternehmen auf dieses Modell zubewegen, auch wenn noch ein Stück des Weges vor ihnen liegt.

Der Gegensatz zwischen den traditionellen und den neueren Ansätzen rührt von einem andauernden Streit über die Mitarbeiterführung her: Sind Mitarbeiter nun einmal gottgegeben so, wie sie sind? Sollte der Arbeitgeber sich hauptsächlich darauf konzentrieren, die leistungsstarken Leute mit Geld zu motivieren, und die schwachen loszuwerden? Oder sind Mitarbeiter im Gegenteil tatsächlich formbar? Kann man ihre Leistung durch effektives Coaching und Management sowie intrinsische Belohnungen wie persönliche Entwicklung und das Gefühl, im Job voranzukommen, steigern? Mit den traditionellen Beurteilungen schlug das Pendel einseitig in Richtung der früheren, eher transaktionalen Sichtweise von Leistung aus, doch das war angesichts niedriger Inflationsraten und kleiner Budgets für Leistungszulagen immer schwerer zu rechtfertigen. Die Befürworter der traditionellen Sichtweise mögen sich über den Trend beklagen, Verbesserung und Wachstum über Verantwortlichkeit zu stellen. Allerdings ist dieser Trend kein Strohfeuer, denn er gründet nach unserer Argumentation auf echten Notwendigkeiten des Geschäfts und nicht auf irgendwelchen Wünschen der Personalabteilung.

Lassen Sie uns aber zunächst einen Blick darauf werfen, wie wir an diesen Punkt gekommen sind und welche Ergebnisse Unternehmen mit diesen neuen Ansätzen erzielen (siehe Grafik "Eine kurze Geschichte des Talentmanagements").

Wie sind wir hier gelandet?

In der Entwicklung des Performancemanagements spielte das historische und ökonomische Umfeld jahrzehntelang eine große Rolle. In Zeiten leicht verfügbarer Arbeitskräfte ging es vor allem um die Entscheidung, welche Mitarbeiter gehen sollten, wer weiterbeschäftigt und wer sogar belohnt werden sollte. Dafür eigneten sich die traditionellen Beurteilungsmodelle (mit ihrem Schwerpunkt auf persönlicher Verantwortlichkeit) ziemlich gut. Wenn qualifizierte Mitarbeiter aber – wie das auch heute der Fall ist – knapp waren, kam es zunehmend auf ihre Weiterentwicklung an, und Unternehmen mussten neue Wege finden, diese Anforderung zu erfüllen.

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