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Das Geld

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Das Geld

Insel Verlag,

15 min read
10 take-aways
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What's inside?

Ein Finanzskandal im Frankreich des 19. Jahrhunderts, der beklemmend aktuell wirkt.

Literatur­klassiker

  • Roman
  • Naturalismus

Worum es geht

Aufstieg und Fall der Finanzmärkte

Angesichts der Geschehnisse auf den Finanzmärkten in unserer Zeit ist Zolas Roman Das Geld von erschreckender Aktualität. Er schildert den atemberaubenden Aufstieg und Fall einer französischen Bank und führt die Finanzwelt des Second Empire exemplarisch vor: den geltungssüchtigen Bankinhaber, die Makler und Spekulanten rund um die Pariser Börse, kleine Sparer und verarmte Adlige, die getäuscht werden und in der finalen Spekulation ihre Renten und die Reste ihres Vermögens verlieren, sowie eine mangelhafte Gesetzgebung, die dem skrupellosen Finanzhai zu viele Schlupflöcher für sein verbrecherisches Treiben lässt. Offensichtlich wird, wie Börse und Bank manipuliert werden und mit welchem Geschick einzelne Profiteure die Illusionen und die Gier des Publikums für ihre eigenen Zwecke missbrauchen. Der Roman ist auch ein großes Sittengemälde und ein Spiegelbild der Gesellschaft seiner Zeit. Man stellt fest, dass diese Epoche hinsichtlich des Finanzgebarens der unseren sehr ähnlich ist. Überdeutlich wird, dass Finanzkrisen nicht vom Himmel fallen, sondern durch klares Fehlverhalten herbeigeführt werden.

Take-aways

  • Das Geld ist die Geschichte eines Finanzskandals im Frankreich des 19. Jahrhunderts.
  • Inhalt: Aristide Saccard gründet eine Bank, die hauptsächlich Entwicklungsprojekte im Orient finanzieren soll. Dem genialen Blender und Spekulanten gelingt es über immer neue Kapitalerhöhungen und Börsengeschäfte, über leichtgläubige Anleger gewaltige Summen einzutreiben. In einer künstlich angeheizten Kursspekulation verlieren fast alle Anleger ihr Vermögen. Saccard wird angeklagt, doch er setzt sich ins Ausland ab.
  • Der Roman ist Teil des für den literarischen Naturalismus bahnbrechenden Romanzyklus Die Rougon-Macquart.
  • Er zeichnet ein wirklichkeitsnahes Bild der Finanzwelt und verschiedener gesellschaftlicher Milieus in Frankreich während des Zweiten Kaiserreichs.
  • Zola nahm den seinerzeit berühmten und folgenreichen Zusammenbruch einer Lyoner Bank als Vorlage für die Handlung.
  • Vorbild für Saccards Gegenspieler Gundermann war der französische Bankier James de Rothschild.
  • Die Vorgänge zeigen vor allem auf der psychologischen Ebene (Gier, Täuschung, Leichtgläubigkeit) frappierende Parallelen mit heutigen Finanzkrisen.
  • Die wirtschaftsliberale Politik unter Napoleon III. hatte derartige Börsenspekulationen überhaupt erst ermöglicht; Banken- und Firmenzusammenbrüche waren damals häufig.
  • Der Roman ist in sachlich-nüchterner Sprache geschrieben, weitgehend frei von Symbolik und völlig unromantisch.
  • Zitat: „Das Geld, das Geld war sein König, das Geld sein Gott; es stand über dem Blute, über den Tränen und wurde in seiner unbegrenzten Macht höher verehrt als alles, was die törichte Menschheit in ihren Vorurteilen hochhält.“

Zusammenfassung

Spielkasino Börse

Aristide Saccard, ein Spross der Familie Rougon, verbringt seine Tage im Umfeld der Pariser Börse. Mit seinem Bruder Eugène Rougon, einem mächtigen Staatsminister unter Kaiser Napoleon III., ist Saccard seit seinem letzten Firmenbankrott völlig zerstritten; Rougon will durch seinen Bruder nicht kompromittiert werden. Nur über den Abgeordneten Huret, einen Gefolgsmann Rougons, hält Saccard indirekt Kontakt. Das Second Empire, das Zweite Kaiserreich Frankreichs, strebt 1864 dem Höhepunkt seines politischen Einflusses entgegen, die Weltausstellung von 1867 wird bereits vorbereitet. Schon beim Mittagessen in einem Restaurant am Börsenplatz trifft Saccard täglich all die Akteure der Börse. Er saugt Nachrichten und Stimmungen ein, beobachtet die Handlungen und Gesichter der Akteure und ihrer Kunden, der Anleger. An den Tischen im Restaurant geht es nur um Geschäfte, Kaufen oder Verkaufen; Saccard konstatiert eine Atmosphäre wie in einem Spielkasino. Als der schwerreiche jüdische Bankier Gundermann im Restaurant auftaucht und im Vorübergehen spottet, er habe gehört, Saccard wolle sich nach seinem Bankrott aus dem Geschäftsleben zurückziehen, erwidert dieser gereizt, im Gegenteil, er gedenke, eine eigene Bank zu gründen.

Spekulanten der Hölle

An diesem Tag betritt Saccard die Börse nicht, sondern besucht den Inkassoagenten Busch, um sich von dessen jüngerem Bruder Sigismund einen Geschäftsbrief aus dem Russischen übersetzen zu lassen. Busch kümmert sich mit rührender Fürsorge um seinen hochgebildeten, schwindsüchtigen Bruder. Der idealistische Sigismund, ein Briefpartner von Karl Marx, beschäftigt sich Tag und Nacht mit dem Entwurf einer Weltordnung, in der alle Menschen arbeiten und alle Güter über Bezugsscheine gleichmäßig und gerecht verteilt werden, sodass Geld und Wettbewerb abgeschafft werden können. Buschs Profession hingegen besteht darin, scheinbar wertlos gewordene Privatschuldscheine, Wechsel, Aktien und sonstige Wertpapiere für wenige Sous aufzukaufen und gnadenlos die Schulden einzutreiben. Seine Komplizin bei dem Geschäft ist die fettleibige Frau Méchain, die u. a. die Lebensverhältnisse der Schuldner auskundschaftet. Außerdem vermietet sie in einem Elendsviertel heruntergekommene Behausungen an die Ärmsten der Armen und treibt diese Mieten ebenfalls rücksichtslos ein. Während Saccards kurzem Besuch fallen Busch einige Wechsel mit der Unterschrift „Sicardot“ in die Hände. Sie stammen von einem Mann, der verschwunden ist, nachdem er bei einer Vergewaltigung ein Kind gezeugt hatte, das jetzt von der Méchain aufgezogen wird. Anhand der Ähnlichkeit dieses Kindes mit Saccard und eines Schriftvergleichs finden Busch und die Méchain heraus, dass Saccard jener verschollene Sicardot sein muss.

Spekulanten des Himmels

Seit seinem Bankrott bewohnt der praktisch mittellose Saccard zwei Stockwerke im Stadtpalais der Fürstin Orviedo in der Rue Saint-Lazare. Die schwerreiche junge Fürstin, die gar kein Interesse an einer Vermietung hatte, hat ihm die palastartigen Säle und Gemächer zu einem sehr günstigen Mietzins überlassen. Sie selbst lebt bescheiden im oberen Stockwerk, das sie sich mit zwei anderen Mietern, den Geschwistern Hamelin, teilt. Die Fürstin Orviedo ist sehr fromm und hat sich zum Ziel gesetzt, das von ihrem verstorbenen Gatten in Frankreich und Spanien ergaunerte Vermögen von 300 Millionen Franc durch eine Fülle von mildtätigen Institutionen und Stiftungen wie Krippen und Altenheimen wieder an die Armen zurückzugeben. Eine dieser Stiftungen ist das neu eröffnete, mit Marmor, Fliesen und Park geradezu prunkvoll ausgestattete „Heim der Arbeit“, eine Erziehungsanstalt für 300 bedürftige Kinder aus schauerlichsten Verhältnissen. 100 Millionen hat sie schon verbaut und verbraucht, die restlichen 200 Millionen will sie ebenfalls auf diese Weise verwenden – und nicht etwa anlegen und „verzehnfachen“, wie ihr Saccard suggeriert. Das Geld soll weg, aber nicht einfach als Almosen verteilt werden. Saccard ist enttäuscht, hat er sich doch bereits als Verwalter der Fürstin und als König der Mildtätigkeit von Paris gesehen. Geschäfte und Spekulationen sind seine Leidenschaft. Außerdem hegt er mit Judenhass gepaarte Rachegelüste gegen den äußerst vermögenden Bankier Gundermann, der von Saccards Ruin profitiert hat.

Die Geschwister Hamelin

Nach der freundlichen, aber bestimmten Abfuhr seitens der Fürstin freundet sich Saccard mit den Geschwistern Hamelin an. Georg Hamelin ist Ingenieur und hat sich den glühenden katholischen Glauben seines Elternhauses bewahrt. Karoline Hamlin ist eine sehr belesene, gebildete Frau, die gelegentlich als Erzieherin gearbeitet hat. Sie war mit einem gewalttätigen Mann verheiratet, blieb kinderlos und trennte sich mit 26 Jahren von ihm. Jahrelang begleitete sie ihren Bruder bei dessen Nahost-Aufenthalten, die teilweise mit dem Bau des Suezkanals in Zusammenhang standen. Beide waren von Syrien, Libanon, Palästina und Ägypten zutiefst beeindruckt und erkannten das wirtschaftliche Potenzial der orientalischen Provinzen, die unter osmanischer Herrschaft dahindämmerten.

„Der Drang zu kämpfen, im herben Krieg der Spekulation der Stärkste zu sein, die andern aufzufressen, um nicht selbst aufgefressen zu werden, das war nächst seinem Durst nach Prunk und Genuss der ganze, der einzige Grund seiner Leidenschaft für die Geschäfte.“ (über Saccard, S. 76 f.)

Der im Augenblick beschäftigungslose Georg Hamelin schmiedet nun großartige, geradezu strategische Pläne für eine Entwicklung des Orients. In einem ersten Schritt sollen die in sinnloser Konkurrenz schlecht operierenden Dampfschifffahrtsgesellschaften im gesamten Mittelmeerraum von Marseille über Piräus bis nach Alexandria zu einem einzigen Unternehmen zusammengeschlossen und modernisiert werden. Sodann glaubt er, bei seinen Prospektionsreisen am biblischen Berg Karmel reiche Silbervorkommen entdeckt zu haben. Der nächste Schritt wäre der Bau von Eisenbahnlinien durch Kleinasien, von Konstantinopel nach Beirut, später nach Damaskus und Bagdad – ein friedlicher Kreuzzug des Geldes mit behördlicher Genehmigung durch den türkischen Sultan. Es wäre eine Erschließung gewaltiger Ressourcen dieser von den Türken vernachlässigten, äußerst fruchtbaren Länder, eine Rückgewinnung des Paradieses. Triumphaler Schlusspunkt könnte eine Wiedergewinnung Jerusalems für das Abendland sein, eine Verlegung des Papstsitzes dorthin einschließlich der Krönung zum König von Jerusalem sowie die Gründung einer katholischen Weltbank.

Die Bank im Hause Orviedo

Saccard erkennt schlagartig ein gewaltiges Betätigungsfeld für sein finanzstrategisches und organisatorisches Genie und macht sich umgehend an die Gründung einer „Banque Universelle“ zur Finanzierung dieses gewaltigen Unterfangens. Die Säle im Erdgeschoss des Hôtel Orviedo werden zu Schalterräumen umgebaut. Die Universelle wird als Aktiengesellschaft mit 25 Millionen Franc Grundkapital gegründet. Der redliche Hamelin wird Vorsitzender des Aufsichtsrats, Saccard selbst geschäftsführender Direktor. Eine Reihe von Saccards Bekannten sowie mehr oder weniger zwielichtige Gestalten, manche mit klingenden Adelstiteln, werden in den Aufsichtsrat berufen. Größere und kleinere Anleger werden gewonnen, gezeichnete, aber nicht bezahlte Aktien werden über Strohmänner als Einlagekapital fingiert. Viele Inhaber kleiner Rentenvermögen legen ihr Geld auf Konten der Bank mit der großartigen Vision an. Saccard bearbeitet auch die Pariser Presse, kauft maßgebliche Börsenzeitungen und lässt mithilfe des gefügigen Chefredakteurs Junot die Vision der Bank verbreiten. Nachdem Georg Hamelin, ausgestattet mit üppigen Bezügen, nach Nahost gegangen ist, lebt Saccard fast eheähnlich mit Karoline im Hôtel Orviedo zusammen. Außer einer kurzen sexuellen Begegnung in einem Moment der Schwäche ist es aber eher eine häusliche Kameradschaft als ein emotionales Verhältnis.

„Wenn wir dann die Herren sein werden (...)‚dann richten wir das Palästinische Reich wieder ein und setzen den Papst an dessen Spitze ...‘“ (Hamelin, S. 110)

Zu den vielen kleineren Anlegern in Universelle-Aktien zählt auch die dem Hôtel Orviedo unmittelbar benachbarte Gräfin Beauvilliers, die aus einem völlig verarmten Adelsgeschlecht kommt. Vom Fenster ihrer Wohnung aus beobachtet Karoline Hamelin immer wieder, wie die Gräfin und ihre Tochter Alice unter größten Entbehrungen die Fassade von adligem Leben mit Stadtpalais, Diners und Kutschfahrten aufrechterhalten. Die Gräfin hat von dem als Mitgift für ihre Tochter gedachten Geld Universelle-Aktien gekauft. Später beleiht und verkauft sie auch das letzte verbliebene Landgut, aus dem sie ihre einzigen Einkünfte bezieht, weil Saccard ihr vorrechnet, wie reich sie durch die Kurssteigerungen werde.

„Eine Milliarde Eigentum, mit der man so manövriert, ist eine unüberwindliche Macht.“ (S. 134)

Saccards Erfolg nach der Schlacht von Sadowa// //Die Spekulation eines einzigen Tages bringt Saccard mehrere Millionen ein. Den Tipp bekommt er von Huret, der heimlich eine Depesche auf dem Schreibtisch von Saccards Bruder Rougon gelesen hat. Darin wurde angekündigt, dass im Anschluss an die Niederlage von Sadowa Österreich Venetien abtreten werde und dass es einen Waffenstillstand geben werde. Saccard kennt diese Information als Einziger 24 Stunden vor ihrer Veröffentlichung und kann sein gesamtes Umfeld an Abhängigen, Kommissionären, Strohmännern und dergleichen mobilisieren. Er und seine Leute setzen als Einzige auf Hausse statt auf Baisse und schätzen damit die Börsenstimmung, nachdem die Nachricht publik wird, richtig ein. Gundermann dagegen wird von schweren Verlusten getroffen, und Saccard hat endlich das Gefühl, dem Rivalen die Stirn bieten zu können. Kurz danach überschreitet der Kurs der Universelle-Aktie erstmals den Wert von 1000 Franc.

Der vergoldete Bankpalast

Hamelin setzt mit Tüchtigkeit und Erfolg die ersten Schritte seiner großen Pläne im Orient in die Tat um. Saccard sorgt durch seine Presse dafür, dass es bekannt wird. Auf diese guten Neuigkeiten hin strömen der Universelle immer neue Anleger zu, der Aktienkurs steigt weiter. Doch die Vorhaben verschlingen bedeutendere Summen. Saccard lässt das Grundkapital zweimal verdoppeln, erst auf 50, dann auf 100 Millionen. Innerhalb von drei, vier Jahren ist ein Börsenkurs von 2000 Franc erreicht, die Anleger freuen sich über jährlich steigende Dividenden. Zwar ist der faktische Kapitalmangel der Anfangszeit beinahe überwunden. Doch nun, kurz vor der Weltausstellung von 1867, lässt Saccard einen neuen, äußerst pompösen Bankpalast in der Rue de Londres errichten. Dadurch entfällt die häusliche Gemeinschaft zwischen Karoline Hamelin und Saccard. Bis jetzt konnte Karoline täglich ein wachsames Auge auf die Universelle haben, was nun vorbei ist. Saccard gibt sich außerdem am Abend den üblichen Vergnügungen der großen Gesellschaft im Kaiserreich hin, mit Theater, Bällen und Frauen. So unterhält er eine auf beiden Seiten gefühllose Liebschaft mit der jungen Baronin Sandorff, die wegen ihrer Spielleidenschaft und ihrer Extravaganzen zum Kreis der Börsenspieler zählt. Als Karoline von Saccards Verhältnis mit der Baronin erfährt, ist sie erstmals wirklich gekränkt. Sie hegte doch Gefühle und auch eine Art Bewunderung für Saccard. Verstärkt wird ihre Enttäuschung durch das innere Eingeständnis, dass es in der Bank nicht mit rechten Dingen zugeht und dass sie eine gewisse Mitverantwortung trägt.

Höhepunkt und Absturz

Im Jahr der Weltausstellung, zu der Kaiser und Könige nach Paris kommen, befindet sich die Stadt, ja ganz Frankreich in Hochstimmung. Saccard möchte davon profitieren: Er will durch eine nochmalige Kapitalerhöhung auf 150 Millionen sehr viel Geld einnehmen und den Kurs der Aktien, der sich gut über 2000 Franc behauptet, auf 3000 hochdrücken. Hamelin, zur Leitung der außerordentlichen Hauptversammlung aus dem Orient angereist, fügt sich trotz seiner Bedenken Saccards Spiel. Die Entwicklung der Geschäfte im Orient hat sich als erfreulich erwiesen, die Aussicht auf die Erhöhung der Stellung Frankreichs in der Mittelmeerwelt und die Vision von der Stärkung des Papsttums blenden das Publikum. Mittlerweile besitzen selbst Landpfarrer und Dienstboten Universelle-Aktien. Saccard schürt bei den Anlegern die kühnsten Träume von spielerisch zu erwerbendem Reichtum.

„In großen Zügen, mit seiner glühenden Beredsamkeit, die ein Geldgeschäft zum Dichtermärchen umgestaltete, setzte er ihm die herrlichen Unternehmungen, den sicheren und großartigen Erfolg auseinander.“ (über Saccard und Huret, S. 144)

Weil die Baronin Sandorff bei ihren Stelldicheins mit Saccard heimlich dessen Brieftasche durchstöbert und er sie einmal, als er sie dabei ertappt, ohrfeigt, verrät sie im Winter des Jahres 1867 seinem Rivalen Gundermann, wie prekär es um die Universelle bestellt ist: Praktisch alle Barmittel zur Kursstützung sind aufgebraucht. Blitzschnell organisiert Gundermann über seine Heerschar von Mittelsmännern einen massenhaften Verkauf von Universelle-Aktien. Die Börse wird geflutet, einige Eingeweihte können noch rechtzeitig verkaufen, bevor der Kurs abstürzt, aber alle Kleinanleger verlieren sämtliche Renten und Ersparnisse. Die Mittel der Bank sind aufgebraucht. Saccard hat über 200 Millionen für seine Stützungskäufe verspielt. Nun werden auch die verbotenen Eigengeschäfte und andere Unregelmäßigkeiten ruchbar. Saccard und Hamelin wird der Prozess gemacht, doch während des Appellationsverfahrens wird beiden gestattet, auszureisen, Saccard nach Belgien und Georg Hamelin nach Rom. Karoline reist ihrem Bruder nach. Vorher hört sie noch, dass Saccard sich mittlerweile in Holland in einem neuen riesenhaften Unternehmen zur Trockenlegung von Sümpfen betätigt.

Zum Text

Aufbau und Stil

Der umfangreiche Roman gliedert sich in lediglich zwölf Kapitel. Zola schreibt vom Standpunkt eines allwissenden Erzählers aus, der Personen oder Szenen einerseits von außen beschreibt, der sich andererseits aber auch jederzeit in seine Figuren hineinversetzen kann, um ihre Gedanken und Gefühle zu schildern. Die Erzählzeit erstreckt sich über etwa vier Jahre, von 1864 bis 1868, als das Second Empire den Höhepunkt seiner Macht erreichte. Zolas Werk wird dem Naturalismus zugeordnet: Es zeichnet mit charakteristischen Strichen eine möglichst genaue Wiedergabe aller sozialen Milieus und orientiert sich stark an der Wirklichkeit, die umfassend und realitätsnah eingefangen werden soll. Daraus ergibt sich ein klarer, natürlicher Stil, der bei aller Recherche und Faktenorientierung erzählerisch-romanhaft bleibt und nicht ins Berichthafte abgleitet. Das Geld ist weitgehend frei von Romantik und Symbolik.

Interpretationsansätze

  • Die Hauptfigur des Romans, der Bankrotteur und Spekulant Aristide Saccard, ist nach landläufiger Einteilung ein „Bösewicht“. Zola stattet ihn mit den faszinierenden Zügen eines Blenders und passionierten Spielers aus. Seine Leidenschaftlichkeit beeindruckt selbst die aufrechte Karoline Hamelin, die ihn um dessentwillen liebt.
  • Karoline Hamelin ist die eindeutig positive weibliche Hauptfigur: eine warmherzige, gebildete, welterfahrene und mutige Frau, die auch zu lieben versteht, ohne dabei den Verstand zu verlieren. Sie ist von Anfang an besorgt über die Unrechtmäßigkeiten Saccards und ihres Bruders, und nach dem Börsenkrach sorgt sie sich vor allem um die zahlreichen Opfer unter den Kleinanlegern.
  • Saccards Gegenspieler ist der jüdische Bankier Gundermann, von Zola dem französischen Bankier James de Rothschild nachempfunden. Gundermann verfügt über enormes Kapital, mit dem er, kühler Logik folgend, rational operiert. Aufgrund seiner soliden Basis kann er finanzielle Verluste verkraften. Er würde sich nie in die Gefahr begeben, sein ganzes Vermögen aufs Spiel zu setzen. Er ist kalt und leidenschaftslos. Mit seinem Fleiß und seiner Hingabe für die Familie bedient die Figur aber nicht das Klischee des „Finanzjuden“; sein Gegner Saccard hingegen wird als Antisemit charakterisiert.
  • Das Motiv der von Zola in seinem Werk immer wieder thematisierten „Bestie Mensch“ spiegelt sich in etlichen Figuren des Romans, besonders in der gefühllosen Sex vollziehenden Baronin Sandorff, in Viktor, Saccards unbelehrbarem, wildem Sohn, und auch in Saccard selbst, der skrupellos das Vermögen anderer Menschen verspielt.
  • Der Roman zeichnet ein breit angelegtes Panorama aller Gesellschaftsschichten des Zweiten Kaiserreichs, von den ärmsten Mietern in den Elendsbehausungen bis zu den Spitzen der Gesellschaft beim Ball im Außenministerium, vom idealistischen Weltverbesserer bis zum korrumpierbaren Journalisten. Die zahlreichen Nebenfiguren repräsentieren eine Vielzahl verschiedener Milieus. Diese soziale Vielfalt ist Ausdruck von Zolas Bestreben, die Wirklichkeit literarisch abzubilden.
  • Zola schildert alle Milieus mit einem gleichmäßig kritischen Blick. Er verurteilt keine Figur – weder die fromme Fürstin Orviedo noch die zahlreichen Übeltäter oder die ihren Illusionen verfallenen Anleger.
  • Zum starken Wirklichkeitsbezug des Romans tragen auch die Einbeziehung konkreter historischer Ereignisse (Schlacht bei Sadowa, Weltausstellung) und die genaue Analyse und Wiedergabe der Abläufe des Börsengeschehens bei.

Historischer Hintergrund

Boulevards und Bankenkräche

1852 wurde durch eine Volksabstimmung in Frankreich die Kaiserproklamation Napoleons III. bestätigt, der am Ende des Revolutionsjahrs 1848 zunächst zum Präsidenten der Zweiten Republik gewählt worden war. Er regierte autoritär, brachte Frankreich aber durch seine Beteiligung am Krimkrieg, seine Unterstützung des italienischen Risorgimento und den Umbau von Paris, durchgeführt von Baron Haussmann, zu hohem Ansehen. Damals entstand das Paris der Boulevards, wie wir es heute kennen.

An der Schlacht bei Königgrätz (französisch: Sadowa) am 3. Juli 1866 war Frankreich nicht beteiligt. An diesem Tag brachte die preußische Armee Österreich eine vernichtende Niederlage bei. Damit war Preußen die neue deutschsprachige Großmacht. Österreich war so geschwächt, dass es Venetien an Italien abtreten musste. Napoleon III. vermittelte noch eine Volksabstimmung darüber, die fast zu 100 % für Italien ausging. Der französische Kaiser hatte damit eine Art Schiedsrichterstellung auf dem Kontinent erlangt. Gleichzeitig betrachtete Frankreich das erstarkte Preußen mit großem Misstrauen. Trotz seiner Sympathien für die italienische Einigungsbewegung unterstützte Napoleon III. den Papst militärisch bei der Wiederherstellung des Kirchenstaats.

Unter Napoleon III. erlebte Frankreich einen wirtschaftlichen Boom und einen Modernisierungsschub. Eisenbahnen, Häfen und Telegrafenlinien wurden gebaut, in Paris schossen Warenhäuser aus dem Boden. Der Bankensektor wurde liberalisiert, um Geld flüssiger und große Finanzierungen leichter zu machen. Napoleon III., als geschickter Populist an die Macht gekommen, hatte durchaus ein Gespür für die sozialen Belange des Volks und der Arbeiter, doch die Profiteure des Aufschwungs blieben dennoch die sich schamlos bereichernden großbürgerlichen Schichten, deren Motto Finanzminister François Guizot ohne weitere Umschweife geprägt hatte: „Enrichissez-vous!“ („Bereichert euch!“) Genau gegen diese damals entstandene bürgerliche Klassengesellschaft hatten Karl Marx und Friedrich Engels 1848 ihr Kommunistisches Manifest formuliert. Doch die Oberschicht feierte sich auch im Second Empire unverdrossen selbst, auf Bällen und Pferderennbahnen, in Oper und Theater, im endlosen Reigen von Abendgesellschaften. Die Weltausstellung von 1867 bildete einen der Höhepunkte dieser Selbstinszenierungen.

Entstehung

Nach umfangreichen Recherchen begann Zola Mitte 1890 mit der Niederschrift von Das Geld, die nur ein gutes halbes Jahr in Anspruch nahm. Von November 1890 bis März 1891 erschien der Text in Fortsetzungen in der täglich erscheinenden literarischen Zeitschrift Gil Blas. Die Buchausgabe erschien ebenfalls 1891. Das Geld ist der 18. Roman in dem 20-bändigen Romanzyklus Die Rougon-Macquart. Der umfangreiche Romanzyklus sollte als Generationen- und Familienroman ein Epochenbild des Zweiten Kaiserreichs in Frankreich nach dem Vorbild von Honoré de Balzac sein.

Im Second Empire gab es viele Finanzskandale und spektakuläre Zusammenbrüche, sodass Zola über reichlich Inspiration und Anschauungsmaterial verfügte. Reales Vorbild für den Aufstieg und Fall der fiktiven Banque Universelle war insbesondere die Lyoner Bank L’Union Générale (UG), die auch nur vier Jahre lang bestand. Zola betrieb über diesen zur Zeit der Niederschrift knapp zehn Jahre zurückliegenden Krach umfangreiche Archivstudien. Auch die UG war sehr schnell sehr erfolgreich. Es handelte sich sozusagen um eine katholische Bank, denn ihr Gründer und Direktor gehörte zum Milieu aus Klerus und Monarchisten; diese bildeten auch die Mehrheit der Aktieninhaber und Sparer. Die UG wurde bewusst als Konkurrenz zu jüdischen Banken gegründet. Durch hohe Eigenkäufe von Aktien wurde der Kurs der Bank nach oben getrieben. Die Rothschilds setzten die große Baisse-Spekulation in Gang, die zum Untergang der UG führte.

Wirkungsgeschichte

Die Wirkungsgeschichte von Das Geld ist sehr eng mit der Wirkungsgeschichte des Romanzyklus Rougon-Macquart verknüpft. Innerhalb dieses Zyklus, der einer der umfangreichsten der Weltliteratur ist, nimmt Das Geld nicht so eine herausragende Rolle ein wie Der Totschläger, Germinal oder Nana. Die Gesamtauflage des Zyklus lag bei seiner Vollendung 1893 bereits bei einer halben Million Exemplaren, die Romane wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Zola erschloss die Lebenswelten der Unterschichten und sozialen Randmilieus für die Literatur und bediente sich auch der Alltagssprache bis hin zum Pariser Argot. Dieser Naturalismus, der die Wirklichkeit, vor allem auch die soziale Wirklichkeit, mit aller Direktheit und Härte literaturfähig machte, wirkte weniger auf die Romanciers als vielmehr auf Dramatiker wie Henrik Ibsen, August Strindberg und Gerhart Hauptmann, teilweise auch auf Oper und Film, etwa im Neorealismus der Regisseure Luchino Visconti und Vittorio De Sica bis hin zu Rainer Werner Fassbinder.

Über den Autor

Émile Zola wird am 2. April 1840 in Paris geboren, verbringt seine Kindheit aber in Aix-en-Provence. Dort gehört der spätere Maler Paul Cézanne zu seinen Freunden. Zolas Vater, ein italienisch-österreichischer Ingenieur, stirbt 1847. Die Mutter zieht daraufhin wieder nach Paris, wo sie sich als Putzfrau und Schneiderin durchschlägt. Zola fällt in Paris gleich zweimal durchs Abitur. Er arbeitet bei der Zollbehörde als Schreiber, später im Verlag Hachette als Lagerist, dann als Werbeleiter. 1867 gelingt ihm mit seinem Roman Thérèse Raquin der Durchbruch. Im Rahmen des Romanzyklus Les Rougon-Macquart (Die Rougon-Macquart) schreibt er binnen 24 Jahren 20 Romane. Seine größten Erfolge erzielt er mit L’Assommoir (Der Totschläger, 1877) und La débâcle (Der Zusammenbruch, 1892). Nach Germinal (1885) erscheint 1886 L’Œuvre (Das Werk), nach dessen Lektüre Cézanne empört die Freundschaft abbricht, da er sich in dem Text auf unvorteilhafte Weise porträtiert sieht. Zola mischt sich auch ins politische Zeitgeschehen ein. Berühmt wird er 1898 für seinen offenen Brief an den Staatspräsidenten Félix Faure mit dem Titel J’accuse („Ich klage an“). Darin bezieht er kritisch Stellung zur Affäre um den jüdischen Hauptmann Alfred Dreyfus, der aufgrund gefälschter Beweise als Hochverräter verurteilt wurde. Der Brief beschert Zola eine einjährige Gefängnisstrafe, der er sich jedoch durch die Flucht nach England entzieht, wo er eine deprimierende Exilzeit verlebt. Am 29. September 1902 stirbt Zola in seiner Pariser Wohnung. Als Todesursache gilt eine Rauchvergiftung. Ob es ein Mord oder ein Unfall gewesen ist, bleibt ungeklärt. 1908 werden Zolas sterbliche Überreste ins Pariser Pantheon überführt.

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