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Kinder- und Hausmärchen

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Kinder- und Hausmärchen

Artemis & Winkler,

15 min read
12 take-aways
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What's inside?

Eines der beliebtesten und meistverkauften Werke der deutschen Literatur: die unsterblichen Märchen der Brüder Grimm.

Literatur­klassiker

  • Kinderbuch
  • Romantik

Worum es geht

Es war einmal ...

Ihr Konterfei zierte einst den 1000-Mark-Schein: die Brüder Grimm. Einen ganz anderen Reichtum haben die beiden hessischen Professoren-Brüder, die tatsächlich ein Herz und eine Seele waren, der deutschen Literatur hinterlassen: nicht nur eine Grammatik und ein Wörterbuch, sondern vor allem die Sammlungen von Sagen und Märchen, die ihren Namen in aller Munde brachte. In fast jedem Haushalt findet sich ein Sammelband der Grimm’schen Märchen, und Generationen von Kindern sind mit Dornröschen, Aschenputtel und dem Gestiefelten Kater aufgewachsen. Die Märchen sind zumeist einfach, plakativ, dem Volksglauben abgeschaut. Sie bieten eine hervorragende Projektionsfläche für Urängste und regen die kindliche, aber auch die Fantasie der reifen Menschen an. Mit Superlativen geizen sie nicht: Grimms Märchen sind eine der klassischen Märchensammlungen der Weltliteratur, das neben der Lutherbibel meistverbreitete Buch in deutscher Sprache und seit 2005 Teil des Weltdokumentenerbes der Unesco. Von den mehr als 200 Märchen wird hier eine kleine Auswahl vorgestellt.

Take-aways

  • Die Märchen der Brüder Grimm bilden eine der klassischen Märchensammlungen der Weltliteratur.
  • Jacob und Wilhelm Grimm wollten damit den hauptsächlich mündlich tradierten deutschen Märchenschatz für die Ewigkeit bewahren.
  • Die Grimms stellten mehr als 200 mündlich und schriftlich überlieferte Märchen zusammen.
  • Typische Grimm’sche Märchen sind Zauber- und Tiermärchen.
  • Zu den Zaubermärchen gehören Dornröschen, Aschenputtel, Schneewittchen oder Der Froschkönig: Verwünschungen und Magie spielen hier eine große Rolle.
  • Tiermärchen wie Der Wolf und die sieben jungen Geißlein haben eine belehrende Funktion.
  • Die „klassische“ böse Hexe hat ihren berühmtesten Auftritt in Hänsel und Gretel.
  • Alle Märchen besitzen einen ähnlichen Grundaufbau.
  • Viele Märchen funktionieren nach dem Schema: gut = schön und böse = hässlich.
  • Aufgrund ihrer Symbolhaftigkeit sind die Märchen für viele Interpretationsversuche offen. Sie gelten als wichtig für die Entwicklung der kindlichen Psyche.
  • Die Grimm’schen Märchen wurden unzählige Male bearbeitet und verfilmt.
  • Seit 2005 gehören sie zum Weltdokumentenerbe der Unesco.

Zusammenfassung

Dornröschen

Ein König und eine Königin wünschten sich verzweifelt ein Kind. Tatsächlich bekamen sie eines Tages ein wunderschönes Mädchen namens Dornröschen. Der König veranstaltete ein Fest, zu dem auch zwölf weise Frauen des Landes eingeladen wurden, die dem Kind alle Segnungen der Welt mitbrachten. Eine weitere weise Frau jedoch erschien ebenfalls auf dem Fest und rächte sich dafür, nicht eingeladen worden zu sein: Sie verwünschte das Kind; in seinem 15. Jahr sollte es sich an einer Spindel stechen und sterben. Glücklicherweise gelang es einer der guten Weisen, den Spruch abzuschwächen: kein Tod, sondern ein 100-jähriger Schlaf sollte das Kind ereilen.

„Und da wurde die Hochzeit des Königssohns mit dem Dornröschen in aller Pracht gefeiert, und sie lebten vergnügt bis an ihr Ende.“ (Dornröschen, S. 284)

Am 15. Geburtstag des Mädchens ging die unheilvolle Prophezeiung tatsächlich in Erfüllung: In einem Turm des Schlosses traf die Königstochter eine alte Frau, die am Spinnrad saß. Kaum hatte das Mädchen die Spindel in der Hand, fiel sie in einen tiefen Schlaf – und mit ihr der ganze Hofstaat. Eine Dornenhecke überwucherte das Schloss vollständig. Viele Helden versuchten, die Hecke zu durchbrechen, um zu Dornröschen vorzudringen, aber erst nach 100 Jahren gelang es einem Prinzen tatsächlich. Er erklomm den Turm und küsste Dornröschen wach. Es folgte eine prachtvolle Hochzeitsfeier.

Der Froschkönig

Ein König hatte viele sehr ansehnliche Töchter. Die jüngste Tochter aber übertraf alle anderen an Schönheit. Eines Tages fiel ihr eine goldene Kugel in einen tiefen Brunnen vor dem Schloss. Ein hässlicher Frosch tauchte aus dem Brunnen auf und bot ihr an, die Kugel wieder ans Tageslicht zu befördern. Seine Bedingung: Sie solle ihn lieb haben und zu ihrem Spielgefährten machen. Die Königstochter stimmte zu, aber kaum hatte der Frosch seinen Teil der Abmachung erfüllt, ließ sie ihn links liegen und verschwand.

„Königstochter, jüngste, / mach mir auf, / weißt du nicht, was gestern / du zu mir gesagt / bei dem kühlen Brunnenwasser?“ (Der Froschkönig, S. 42)

Am nächsten Tag jedoch erschien der „alte Wasserpatscher“ beim königlichen Mahl und begehrte die Einlösung des Versprechens. Vom Vater gemahnt, ließ die Tochter den Frosch von ihrem Teller essen. Nachts wollte er auch in ihr Bett, doch das war ihr zu eklig: Sie warf ihn gegen die Wand – und plötzlich stand da ein prächtiger Königssohn vor ihr, der ihr erklärte, eine Hexe habe ihn verwünscht. Zum glücklichen Ende wurde Hochzeit gefeiert.

Schneewittchen

Eine Königin erträumte sich eine Tochter: mit Haut so weiß wie Schnee, Lippen so rot wie Blut und Haaren so schwarz wie Ebenholz. Ihr Wunsch ging in Erfüllung, aber sie starb bei der Geburt ihres Schneewittchens. Ihr Gemahl nahm sich eine neue Frau. Diese war aber sehr eitel und konnte es nicht ertragen, dass das Schneewittchen hübscher war als sie. Das wurde nämlich ein magischer Spiegel nicht müde zu betonen. Die Frau beauftragte einen Jäger, es zu töten. Dieser aber wurde von Mitleid gepackt und ließ Schneewittchen in den Wald entfliehen. Von den wilden Tieren unangetastet gelangte sie in ein kleines Häuschen, wo sie in einem der sieben Betten selig einschlummerte. Das Haus gehörte den sieben Zwergen, und die staunten nicht schlecht über das schöne Kind in ihrem Bett. Weil es versprach, ihnen die Hausarbeit zu machen, durfte es bleiben.

„Spieglein, Spieglein an der Wand, / wer ist die Schönste im ganzen Land?“ (Schneewittchen, S. 298)

Die böse Stiefmutter aber erfuhr von ihrem magischen Spiegel, dass Schneewittchen noch lebte: Zwei weitere Male versuchte sie das Kind zu töten, aber jedes Mal durchkreuzten die Zwerge ihre Pläne. Schließlich vergiftete die Stiefmutter einen Apfel und reichte ihn Schneewittchen. Diesmal konnten auch die Zwerge nichts mehr tun. Ein vorbeireisender Prinz erblickte den gläsernen Sarg, in dem Schneewittchen lag, und erbat sich den Leichnam des Mädchens von den Zwergen. Beim Abtransport stolperten jedoch die Träger, der vergiftete Apfel hüpfte Schneewittchen aus dem Mund, und sie begann wieder zu atmen. Eine Hochzeit mit dem Prinzen besiegelte das Glück des Paares.

Der Wolf und die sieben jungen Geißlein

Eine Geißenmutter musste ihre sieben Geißlein allein im Haus zurücklassen, um aus dem Wald Futter zu holen. Sie mahnte die Kinderchen, niemanden zur Türe hereinzulassen. Kaum war die Mutter weg, witterte der Wolf seine Chance. Wegen seiner rauen Stimme erkannten die Kleinen ihn aber, als er Einlass begehrte, sofort als Wolf und ließen ihn nicht herein. Daraufhin fraß er Kreide und versuchte es noch einmal. Diesmal war es seine schwarze Pfote, die ihn verriet. Daraufhin ließ er sich die Pfote mit Teig und Mehl einwickeln. Beim dritten Versuch glaubten ihm die Geißlein und öffneten die Tür.

„Was rumpelt und pumpelt / in meinem Bauch herum? / Ich meinte, es wären sechs Geißlein, / so sinds lauter Wackerstein.“ (Der Wolf und die sieben Geißlein, S. 65)

Sechs von ihnen verschlang er mit einem Bissen, nur das jüngste konnte in den Uhrenkasten verschwinden. Da fand es die Geißenmutter später. Vor dem Haus schlummerte der Wolf im Gras, und in seinem Bauch bewegten sich noch immer die anderen Geißlein. Die Mutter schnitt dem Wolf den Wanst auf, ließ die Jungen heraus und füllte dem schlafenden Raubtier stattdessen Wackersteine in den Bauch. Nach seinem Nickerchen trottete er zur Wasserstelle und ersoff.

Hänsel und Gretel

Es war einmal ein Holzfäller, der mit seiner Frau und seinen beiden Kindern Hänsel und Gretel im Wald wohnte. Not und Armut führten dazu, dass das tägliche Brot knapp wurde. Da verfiel die Mutter auf einen perfiden Plan: Sie wollte die Kinder im Wald allein zurücklassen, sodass wenigstens die Eltern überleben könnten. Hänsel, der alles mit anhörte, sammelte nachts Kieselsteine vor dem Haus auf und legte mit ihnen am nächsten Tag Wegmarkierungen aus. Als die Eltern die Kinder im Wald zurückließen, fanden sie mit Hilfe der im Mondlicht schimmernden Steine zurück nach Haus. Nach einiger Zeit versuchten die Eltern erneut, ihre Kinder loszuwerden. Weil Hänsel diesmal keine Kiesel sammeln konnte, verstreute er am Morgen Brotkrumen auf dem Weg, die aber von Vögeln gefressen wurden. Drei Tage irrten die Geschwister durch den Wald.

„Da rief eine feine Stimme aus der Stube heraus ,knuper, knuper, kneischen, wer knupert an meinem Häuschen?‘“ (Hänsel Gretel, S. 121)

Endlich gelangten sie an ein Häuschen, das ganz aus Brot, Kuchen und Zucker gebaut war. Eine steinalte Frau öffnete die Tür und bat sie an eine prächtig gedeckte Tafel. Doch schon am nächsten Morgen war es mit der Freundlichkeit vorbei: Die Alte entpuppte sich als Hexe und sperrte Hänsel in einen Käfig. Gretel musste für ihn kochen, damit er schnell fett wurde, denn dann würde die Hexe ihn braten und aufessen. Hänsel half sich zunächst mit einem Trick: Statt seines Fingers reichte er der kurzsichtigen Hexe einen Knochen, wenn sie kontrollierte, ob er schon Fett angesetzt hatte. Doch schließlich wollte sie ihn dennoch braten, vorher aber Gretel in den Ofen schieben. Diese jedoch überlistete die Hexe, sodass die alte Vettel selbst im Feuer landete. Gretel befreite Hänsel; gemeinsam plünderten sie die Schätze der Alten und kehrten zum Vater zurück. Die Mutter war unterdessen gestorben, und nunmehr hatte auch die Not ein Ende.

Das tapfere Schneiderlein

Ein lustiger Schneider erlegte sieben lästige Fliegen, die sich an seinem Musbrot laben wollten. Über diesen Jagderfolg war der Schneider so erfreut, dass er sich einen Gürtel mit der Aufschrift „Sieben auf einen Streich“ machte und beschloss, in die Welt hinauszuziehen. Er gewann mehrere Wettkämpfe mit einem Riesen und entkam mit knapper Not dem Angriff von dessen Kumpanen. Schließlich nahm ihn ein König in seine Dienste, denn einen solchen Recken konnte er wohl in seinem Heer gebrauchen. Die anderen Soldaten fürchteten sich aber vor dem Schneider und baten den König, ihn zu entlassen.

„Die Alte hatte sich nur so freundlich angestellt, sie war aber eine böse Hexe, die den Kindern auflauerte, und hatte das Brothäuslein bloß gebaut, um sie herbeizulocken.“ (Hänsel und Gretel, S. 122)

Der Schneider hatte einen Plan: Er wollte zwei Riesen erschlagen und verlangte zum Lohn dafür die Königstochter und das halbe Reich. Mit einer List sorgte der Schneider dafür, dass sich die Riesen gegenseitig totschlugen, und gab dies als seine Heldentat aus. Auch zwei weitere Aufgaben löste er: Er fing ein Einhorn, indem er es mit seinem Horn in einen Baum laufen ließ, und ein Wildschwein, indem er es in eine Kapelle lockte und einsperrte. Der König sah ein, dass er den Schneider nicht loswurde, und gab ihm resigniert nicht nur das halbe Königreich, sondern auch die Hand seiner Tochter.

Aschenputtel

Als einem reichen Mann die Frau (und seiner schönen Tochter die Mutter) verstarb, nahm er sich eine andere Frau, die Stiefmutter, die zwei garstige Töchter mit in die Ehe brachte. Die drei Frauen machten die Tochter des Mannes zum „Aschenputtel“ und ließen sie alle niederen Aufgaben im Haus erledigen. Von seinen Reisen brachte der Vater den Stieftöchtern schöne Kleider und Perlen mit, dem Aschenputtel aber nur einen frischen Haselnussstrauch, denn den hatte es sich gewünscht. Den Zweig pflanzte sie am Grab ihrer Mutter ein und weinte dort bitterlich über ihr Unglück. Es war ihr nur erlaubt, auf einen prächtigen Ball des Königs mitzugehen, wenn es ihr gelänge, binnen zwei Stunden Unmengen von Linsen aus der Asche zu lesen. Aschenputtel rief Tauben zur Hilfe, die ihr beim Aussortieren halfen. Aber die Stiefmutter verwehrte ihr dennoch, zum Ball zu gehen, denn Aschenputtel hatte ja weder ein passendes Kleid noch Schuhe. Da ging sie an das Grab ihrer Mutter, wo ein Vögelchen auf dem Haselnussstrauch ihr ein herrliches Gewand und goldene Schuhe zuwarf. Damit ging sie unerkannt auf den Ball, und der Königssohn tanzte nur mit ihr. Doch am Abend floh Aschenputtel schnell vor dem Prinzen, damit er nicht sah, woher sie gekommen war.

„Und in der Hast schnitt sich das Schneiderlein einen Gürtel, nähte ihn und stickte mit großen Buchstaben darauf ‚siebene auf einen Streich!‘“ (Das tapfere Schneiderlein, S. 144)

Genauso trug es sich an zwei weiteren Abenden zu, am dritten Abend aber verlor sie bei ihrer Flucht einen ihrer goldenen Schuhe. Der Prinz suchte daraufhin im ganzen Reich nach dem Mädchen, dem dieser Schuh passte. Die beiden Stiefschwestern hackten sich Zehen und Fersen ab, um in den Schuh hineinzupassen, aber die weißen Täubchen riefen vom Haselstrauß: „Rucke di gu, Blut ist im Schuh!“ Schließlich musste auch Aschenputtel den Schuh anprobieren, und er passte ihr wie angegossen: Der Prinz machte sie zu seiner Gemahlin.

Frau Holle

Eine Witwe hatte eine schöne, fleißige Stieftochter und eine hässliche, faule Tochter. Sie zog die eigene Tochter der anderen vor, und deshalb musste die Stieftochter den ganzen Tag am Brunnen sitzen und spinnen. Als ihr die Spule in den Brunnen fiel, befahl ihr die Stiefmutter, sie wieder herauszuholen. Voller Angst sprang das Mädchen in den Brunnen – und fand sich unversehens auf einer prächtigen Blumenwiese wieder. Hier traf sie alsbald auf einen Backofen, in dem das Brot schrie, dass es herausgeholt werden wollte, und auf einen Baum, von dem die Äpfel herabgeschüttelt werden wollten. Das Mädchen half, wo es konnte. Schließlich kam es zum Haus von Frau Holle, die sie bei sich aufnahm. Fleißig arbeitete das Mädchen im Haus und sorgte dafür, dass es auf der Welt schneite, indem es die Betten der Frau Holle tüchtig schüttelte. Als das Mädchen zurück in die Welt wollte, führte Frau Holle es durch ein Tor, das kostbares Gold auf das Mädchen regnete, als Belohnung für seinen Fleiß.

„die guten ins Töpfchen, / die schlechten ins Kröpfchen“ (Aschenputtel, S. 156)

Zu Hause witterte die Mutter großen Reichtum und hieß auch ihre leibliche Tochter in den Brunnen steigen. Ihr widerfuhren die gleichen Dinge wie der fleißigen Tochter, nur mit dem Unterschied, dass sie sich weder um das Brot noch um das Obst scherte. Im Haus von Frau Holle war sie auch nur am ersten Tag fleißig, danach aber faul und träge. Zum Dank regnete es auch kein Gold, sondern klebriges Pech auf sie, als sie durch das Tor trat.

Rotkäppchen

Eine Großmutter hatte eine Enkelin, die wegen ihrer roten Kappe Rotkäppchen genannt wurde, und die sie über alles liebte. Eines Tages wurde das Kind auf dem Weg zur Großmutter vom Wolf angesprochen, dessen fiesen Charakter es noch nicht kannte. Als der Wolf erfuhr, dass das Mädchen zur Großmutter ging, die schwach und krank im Bette lag, fasste er einen Plan. Er schickte Rotkäppchen zum Blumensammeln vom Weg ab und schlich sich zur Großmutter, verschlang sie mit einem Bissen, zog Nachtmütze und -hemd an und legte sich an ihrer Stelle ins Bett.

„Du musst nur Acht geben, dass du mein Bett gut machst und es fleißig aufschüttelst, dass die Federn fliegen, dann schneit es in der Welt; ich bin die Frau Holle.“ (Frau Holle, S. 170)

Als Rotkäppchen schließlich erschien, wunderte sie sich über das fremdartige Aussehen der Großmutter – und wurde ebenfalls verschlungen. Glücklicherweise schaute auch der Jäger vorbei und konnte den inzwischen schnarchenden Wolf aufschneiden und Großmutter und Rotkäppchen retten. Den Bauch des Tieres füllte man mit Steinen, sodass der böse Wolf tödlich stürzen musste. Rotkäppchen wich nie wieder vom rechten Weg ab.

Zum Text

Aufbau und Stil

Das Wort „Märchen“ leitet sich von dem mittelhochdeutschen Wort „mære“ ab, was so viel wie „Kunde“ oder „Bericht“ bedeutet. Die von den Brüdern Grimm gesammelten, bearbeiteten und aufgeschriebenen Märchen behandeln sehr unterschiedliche Themen. Dennoch besitzen alle einen ähnlichen Grundaufbau bzw. Strukturelemente, die sie einander ähnlich machen. Allerdings ist die Abgrenzung des Märchens zu Fabeln, Legenden oder Sagen keinesfalls klar. Besonders häufig sind in der Sammlung der Brüder Grimm Zaubermärchen (z.B. Dornröschen oder Aschenputtel), gefolgt von den Tiermärchen (z.B. Der Wolf und die sieben Geißlein), anzutreffen. Zeit und Ort spielen keine Rolle für das Märchen: Es ist überzeitlich, versammelt ein meist fantastisches Figurenpersonal (Zauberer, Hexen, sprechende Tiere) und arbeitet mit Stereotypen: Die fast schon sprichwörtliche „böse Stiefmutter“ gehört genauso dazu wie der Umstand, dass böse/faul/hässlich und gut/fleißig/schön stets Gegensatzpaare bilden. Märchen sind keinesfalls realitätsnah und die Personen keine Charaktere, sondern Typen. Seltsame, fantastische Ereignisse sind im Märchen ganz natürlich und werden nicht weiter hinterfragt. Charakteristisch ist der meist dreigeteilte Aufbau (Notlage, Aufgabe, Lösung), wobei die Zahl drei oft auch in der Märchen-Binnenstruktur eine Rolle spielt (drei Brüder, drei Aufgaben, drei Reisen usw.).

Interpretationsansätze

  • Die Brüder Grimm wollten Volksmärchen, nicht Kunstmärchen, sammeln und aufschreiben. Diese Abgrenzung geht auf einen Streit zwischen Jacob Grimm und Clemens Brentano zurück: Grimm kritisierte, dass Brentano seine Märchen (Des Knaben Wunderhorn) bewusst umformte und künstlerisch ausgestaltete. Das wollten die Grimms vermeiden und echte, volkstümliche Niederschriften besorgen. Allerdings kam es auch in ihrer Märchensammlung bei jeder neuen Auflage zu Eingriffen in die Texte.
  • Die Figuren in den Grimm’schen Märchen zeichnen sich durch Namenlosigkeit aus: Statt mit Eigennamen werden sie oft mit Kunstnamen ausgestattet, die meist Merkmale ausdrücken: Rotkäppchen, Schneewittchen, das tapfere Schneiderlein usw. Dies zeigt, dass im Märchen nicht Individuen, sondern typische Figuren die Hauptrollen spielen.
  • Aufgrund ihrer Symbolhaftigkeit sind die Grimm’schen Märchen für viele Interpretationsversuche offen. So ließe sich der verzauberte Frosch in Der Froschkönig beispielsweise als nicht standesgemäßer Bewerber um die Gunst eines Mädchens deuten, der Wolf im Rotkäppchen als gefährlicher Verführer eines blutjungen Mädchens oder der gestiefelte Kater als personifizierte Schlauheit.
  • Der Märchenforscher Max Lüthi hat verschiedene Charakteristika von Märchen untersucht. Nach seinen Vergleichsforschungen zeichnen sie sich durch Eindimensionalität (Fantastisches erscheint alltäglich), Flächenhaftigkeit (Handlung und Figuren nicht plastisch), Isoliertheit (der Held ist meist allein und beziehungslos) und Abstraktheit (Märchen sind unkonkret) aus.
  • Märchen laden insbesondere Kinder dazu ein, Ängste und Sehnsüchte zu verarbeiten, und sie spielen eine große Rolle bei der Entwicklung der Psyche, wie Studien z.B. der Psychoanalytiker C.G. Jung und Bruno Bettelheim nahe legen.

Historischer Hintergrund

Revolution und Restauration

„Das deutsche Volk ist ein Volk von Freien, und deutscher Boden duldet keine Knechtschaft. Fremde Unfreie, die auf ihm verweilen, macht er frei“, so lautete der Vorschlag für den ersten Artikel der Grundrechte, die in der Frankfurter Nationalversammlung aus dem Jahr 1848, der so genannten Paulskirchenversammlung, beantragt wurde. Der Antragsteller war Jacob Grimm. Die Bildung des ersten gesamtdeutschen Parlaments zählte zu den politischen Höhepunkten der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und markierte zugleich das vorläufige Ende einer liberalen Entwicklung in Deutschland. Der aufblühende Liberalismus des 19. Jahrhunderts musste sich gegen massive Widerstände verteidigen. Die „Reichsgründung von unten“ gelang denn auch nicht, sondern wurde erst 1871 durch den Beitritt der süddeutschen Staaten zum Norddeutschen Bund realisiert. Die Vorgeschichte: Nach den Napoleonischen Kriegen wurde 1814/15 auf dem Wiener Kongress über die Neuordnung Europas entschieden. Preußen konnte seine alten Grenzen wahren und noch weitere Territorien hinzuerwerben. 1837 endete die Personalunion zwischen dem Königshaus Hannover und der britischen Krone. Während jenseits des Kanals Königin Victoria an die Macht kam, war es in Hannover König Ernst August, der die zuvor rechtskräftige Staatsverfassung zu seinen eigenen Gunsten aufhob und damit insbesondere das „Widerstandsrecht“ für null und nichtig erklärte. Die Brüder Grimm beteiligten sich daraufhin am Protest einiger Göttinger Professoren („Die Göttinger Sieben“) und wurden ihres Amtes enthoben. Die Unzufriedenheit mit den restaurativen Kräften und der Unterdrückung des Liberalismus entlud sich in der Julirevolution von 1848, welche schließlich zur Paulskirchenversammlung führte, an der auch einige der Göttinger Professoren teilnahmen.

Entstehung

Es war die Mitarbeit an der Volksliedsammlung Des Knaben Wunderhorn (1805–1808) von Clemens Brentano und Achim von Arnim, die in den Brüdern Grimm die Lust auf eine eigene Sammlung von Volkspoesie weckte. „Es war vielleicht gerade Zeit, diese Märchen festzuhalten, da diejenigen, die sie bewahren sollen, immer seltner werden“, schreiben die Brüder im Vorwort der ersten Buchausgabe ihrer Märchensammlung. Die Romantiker begeisterten sich für das Übernatürliche, Magische, Seltsame – und dort passten Märchen wunderbar hinein. Im Gegensatz zu den „Kunstmärchen“ anderer Autoren wollten die Brüder Grimm jedoch vor allem Vorgefundenes bewahren und nicht wild drauflos fantasieren. Für die Sammlung stützten sie sich sowohl auf mündliche als auch auf schriftliche Quellen, die sie von 1806 bis 1815 sammelten, ordneten und stilistisch überarbeiteten. Während andere Romantiker altsprachliche Texte als Inspirationsquelle nutzten, waren sie für die Gebrüder Grimm Ausgangspunkt für die quellenkritische Überprüfung und den Vergleich mit zeitgenössischen mündlichen Varianten der Märchen. Die Brüder sammelten mehr als 200 Märchen, die auf 40 verschiedene Geschichtenerzähler und zusätzlich etwa 30 schriftliche Quellen zurückgingen. Die meisten Märchen stammen aus Hessen, einige auch aus Westfalen. Manche sind allerdings nicht so „urdeutsch“, wie jedes Märchen der Sammlung eigentlich sein sollte. Der gestiefelte Kater beispielsweise stammt vermutlich aus Frankreich, sodass sich die Brüder das Beiwort „deutsch“ – wie sie es für andere Werke gebrauchten – für den Titel der Märchensammlung verkniffen. Der erste Band der Kinder- und Hausmärchen erschien 1812. Drei Jahre später erschien der zweite Band mit weiteren Märchen.

Wirkungsgeschichte

Clemens Brentano kritisierte Wilhelm und Jacob Grimm dafür, dass sie nicht stärker in die Texte eingegriffen hatten, empfand er doch viele der Volksmärchen als zu grausam oder sogar obszön. 1822 veröffentlichten die Grimms einen Ergänzungsband mit Anmerkungen und Varianten – und gaben damit selbst den Startschuss zur Märchenforschung. Diese zeigte sich äußerst fruchtbar, auch wenn bis heute nicht eindeutig geklärt ist, wo der genaue Ursprung der Grimm’schen Märchen liegt. Kein Wunder, dass sich unterschiedliche wissenschaftliche Disziplinen mit ihnen beschäftigt haben: Die Märchen wurden auf Ausformungen primitiver Rituale zurückgeführt, für die Traum- und die Mythenforschung (C.G. Jung und Joseph Campbell), aber auch für die Pädagogik herangezogen. Fernab der Wissenschaft sind die Grimm’schen Märchen heute so populär wie eh und je: Jedes Kind kennt sie, es gibt unzählige Varianten in Vorlese- und Bilderbüchern. Märchen wurden und werden immer wieder verfilmt, sei es als Real- oder Trickfilme (bekannt sind vor allem die Disney-Versionen), oder auf die Bühne gebracht. Auch die Fantasyliteratur und der Fatasyfilm greifen auf Motive und Archetypen der Märchen zurück. Im Jahr 2005 wurde das Kasseler Handexemplar der Kinder- und Hausmärchen in das Weltdokumentenerbe der Unesco aufgenommen. Begründung: „Die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm sind neben der Lutherbibel das bekannteste und weltweit am meisten verbreitete Buch der deutschen Kulturgeschichte.“ Die Grimm’schen Märchen wurden in sage und schreibe 160 Sprachen übertragen.

Über den Autor

Jacob Ludwig Carl Grimm wird am 4. Januar 1785 und Wilhelm Karl Grimm am 24. Februar 1786 im hessischen Hanau geboren. Ihr Vater stirbt 1796. Zwei Jahre später schickt die Mutter die Brüder zu einer Tante nach Kassel, wo sie das örtliche Lyzeum besuchen. Nach dem Vorbild des Vaters und unter dem auf ihnen lastenden Druck, schnell in Lohn und Brot zu kommen, studieren beide Brüder Rechtswissenschaft in Marburg. 1805, kurz vor dem Abschluss, begleitet Jacob seinen Lehrer Friedrich Carl von Savigny auf eine Reise nach Paris. Ein Jahr später besteht sein Bruder Wilhelm das juristische Examen. Nach der Einnahme Kassels durch französische Truppen wird Jacob königlicher Bibliothekar in der Regierung von Jérôme Bonaparte, dem Bruder Napoleons. Die Grimms verbringen ihre Freizeit mit dem Sammeln und Bearbeiten von Märchen und Sagen, was zu den beiden Anthologien Kinder- und Hausmärchen (1812/1815) und Deutsche Sagen (1816/1818) führt. 1816 geht der Wunsch der Brüder nach einer gemeinsamen Tätigkeit in Erfüllung, denn beide werden als Bibliothekare in Kassel in Dienst genommen. Hier nimmt Jacob seine Deutsche Grammatik in Angriff, während sich Wilhelm um die Edition verschiedener mittelhochdeutscher Texte kümmert und an seinem Buch Die deutsche Heldensage (1829) arbeitet. 1829 gehen sie gemeinsam nach Göttingen, weil man ihnen in Kassel die Beförderung verweigert. Wilhelm wird erneut Bibliothekar und Jacob erhält eine Professur. 1835 erhält auch Wilhelm eine Anstellung als Professor. 1837 gehören beide zu den „Göttinger Sieben“, die gegen die Aufhebung der Landesverfassung durch den neuen König Ernst August protestieren. Beide Brüder werden aus dem Dienst entlassen, Jacob sogar des Landes verwiesen. Sie kehren zurück nach Kassel und beginnen mit ihrem Mammutwerk, dem Deutschen Wörterbuch, bei dem sie zu Lebzeiten bis zum Buchstaben „F“ vordringen. 1841 folgen sie einer Einladung des preußischen Königs nach Berlin, leben und arbeiten auch dort wieder zusammen. Wilhelm Grimm stirbt am 16. Dezember 1859 und Jacob am 20. September 1863 in Berlin.

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