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Die Erzählungen aus den Tausendundein Nächten

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Die Erzählungen aus den Tausendundein Nächten

Insel Verlag,

15 min read
10 take-aways
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What's inside?

Die märchenhaften Geheimnisse des Orients verzaubern seit Jahrhunderten Leserinnen und Leser auf der ganzen Welt.


Literatur­klassiker

  • Erzählsammlung
  • Antike

Worum es geht

Tausendundeine Nacht, tausendundeine Erzählung

Fliegende Teppiche, Flaschengeister und bezaubernde Haremsdamen, Ali Baba, Aladin und Sindbad – selbst wer das Buch nie gelesen hat, kennt die märchenhafte Welt der Erzählungen aus den Tausendundein Nächten. Berühmt ist vor allem die Rahmengeschichte um den eifer- und rachsüchtigen König Schehrijâr, der eine Frau nach der anderen direkt nach der Hochzeitsnacht ermordet und erst von der klugen Schehrezâd überlistet wird. Sie erzählt ihm Nacht für Nacht eine Geschichte, die sie immer im Morgengrauen unterbricht, sodass der König die Fortsetzung hören will und das Mädchen am Leben lässt. Einen einzelnen Autor des fast 5000-seitigen Werks gibt es nicht, die Sammlung ist im Lauf der Jahrhunderte angewachsen und hat sich dabei immer weiter verändert. Das westliche Bild vom Orient wurde nachhaltig von ihr geprägt.

Take-aways

  • Die Erzählungen aus den Tausendundein Nächten sind eine gewaltige Sammlung von Märchen, Novellen und Anekdoten aus dem Orient.
  • Die Erzählungen werden von einer Rahmenhandlung um König Schehrijâr und die kluge Schehrezâd umklammert.
  • Inhalt: Nachdem der König von seiner Frau betrogen worden ist, heiratet er jede Nacht eine Jungfrau, schläft mit ihr und tötet sie anschließend. Die Jungfrau Schehrezâd will das Morden beenden. Sie überlebt, indem sie dem König 1001 Nacht lang Geschichten erzählt. Am Morgen unterbricht sie jeweils ihre Erzählung, sodass der König neugierig auf die Fortsetzung ist und sie am Leben lässt. Am Ende hat Schehrezâd dem König drei Kinder geboren und ihn von seinem Zorn geheilt: Er gelobt, keine Frau mehr zu töten.
  • Zu den bekanntesten Geschichten gehören Aladin und die Wunderlampe, Ali Baba und die 40 Räuber sowie Sindbad der Seefahrer.
  • Die Sammlung stammt nicht von einem einzelnen Autor, sondern ist im Lauf der Jahrhunderte zusammengetragen worden.
  • Eine Fassung des Werks war bereits im achten Jahrhundert bekannt. Ihr Ursprung liegt in Indien.
  • Der französische Orientalist Antoine Galland entdeckte um 1700 ein syrisches Manuskript, bei dem die Handlung nach der 282. Nacht abbricht.
  • Die Veröffentlichung war ein solcher Erfolg, dass Galland weitere Geschichten sammelte und hinzufügte.
  • Wie kein anderes Buch hat Tausendundeine Nacht, wie die Sammlung oft genannt wird, das märchenhaft-romantische Orientbild der Europäer geprägt.
  • Zitat: „Da dachte der König: ‚Bei Allah, ich will sie nicht töten lassen, bis ich den Schluss ihrer Geschichte höre, denn wahrlich, sie ist wunderbar.‘“

Zusammenfassung

König Schehrijâr und die kluge Schehrezâd

König Schehrijâr regiert glücklich sein Inselreich, das in der Nähe von Indien und China gelegen ist. Doch als er eines Nachts seine Frau mit einem Sklaven im Bett ertappt, rastet er aus: Er haut ihr den Kopf ab und lässt sich fortan von seinem Wesir jede Nacht eine Jungfrau bringen, die er heiratet, entjungfert und am Morgen darauf tötet. Nur auf diese Art meint Schehrijâr sicher sein zu können, dass er niemals mehr betrogen wird. Nach drei Jahren aber gehen dem Königreich die Jungfrauen aus, und der verzweifelte Wesir muss dem König seine eigene Tochter Schehrezâd überlassen. Nachdem Schehrijâr mit ihr geschlafen hat, beginnt die kluge Schehrezâd ihm Geschichten zu erzählen, die sie am Morgen an einer besonders spannenden Stelle abbricht, sodass der König die Fortsetzung hören will und ihr Leben schont. So geht das 1001 Nacht lang. Einige der schönsten und berühmtesten dieser Geschichten sind die Folgenden:

Die Geschichte von dem Fischer und dem Dämon

Ein armer Fischer zieht eine Flasche aus dem Meer und öffnet sie. Heraus strömt als Rauchwolke ein Dämon, der, wie er sagt, 1800 Jahre in der Flasche eingesperrt war. Aus Rache will er ausgerechnet den Fischer mit dem Tod bestrafen. Der aber fragt listig, wie denn der Dämon überhaupt in die Flasche gepasst habe? Da verwandelt sich der unterdessen fleischgewordene Geist wieder in Rauch, strömt zurück in die Flasche – und der Fischer verstopft diese rasch mit einer Bleikapsel. Jetzt jammert der Dämon: Er werde in Zukunft ausschließlich Gutes tun, wenn der Fischer ihn nur freilasse. Das tut der denn auch, erzählt dem Geist aber vorher noch die Geschichte vom undankbaren König Junân, der von einem Weisen geheilt wird, diesen erschlägt und zur Strafe selbst umkommt.

„Lob ihm, der die Geschichte der Alten zum warnenden Beispiel für die späteren Geschlechter gemacht hat!“ (Bd. I, S. 19)

Wieder in Freiheit, zeigt sich der Dämon nun tatsächlich dankbar. Er führt den Fischer an einen See, in dem rote, weiße, blaue und gelbe Fische schwimmen. Je einen Fisch jeder Farbe solle der Fischer zum Sultan bringen. Er tut wie geheißen. Als die Fische im Palast gebraten werden, teilt sich plötzlich eine Wand, und ein mit kostbarsten Edelsteinen geschmücktes Mädchen tritt heraus, wechselt rätselhafte Worte mit den Fischen und verschwindet wieder. Der Sultan will dem Wunder auf den Grund gehen und lässt sich zum See führen. Die ihm unbekannte Gegend durchwandernd, entdeckt er einen verlassenen Palast und darin einen Prinzen, der von seiner untreuen Ehefrau hüftabwärts in Stein verwandelt worden ist. Die Fische im See sind seine einstigen Untertanen: weiß die Muslime, rot die Feueranbeter, blau die Christen und gelb die Juden. Der Sultan findet die Ehefrau und bringt sie dazu, den Prinzen und seine Gefolgschaft zurückzuverwandeln. Den Fischer macht er zu einem reichen Mann.

Die Geschichte von ’Alâ ed-Dîn und der Wunderlampe

Der Schneidersohn und Halbwaise ’Alâ ed-Dîn wird von einem maurischen Derwisch zu einer unterirdischen Schatzkammer geführt, aus der er eine Wunderlampe holen soll. Am Ende der Höhle, in einem Garten voller Edelsteine, findet er sie. Auf dem Rückweg trägt ’Alâ ed-Dîn so viele Diamanten bei sich, dass er die Lampe nicht sofort aus der Höhle reichen kann. Der Derwisch, der es nur auf sie abgesehen hat, wird wütend, verschließt die Höhle und überlässt den Jungen seinem Schicksal. ’Alâ ed-Dîn kann sich aber befreien und findet heraus, dass ein Geist in der Wunderlampe steckt, der ihrem Besitzer jeden Wunsch erfüllt. Nach Hause zurückgekehrt, verliebt er sich in die Prinzessin Badr el-Budûr. Er schickt die Diamanten zum Sultan und lässt den Flaschengeist ein märchenhaftes Schloss für die Prinzessin bauen. Der Sultan ist beeindruckt und gibt ’Alâ ed-Dîn seine Tochter zur Frau.

„Deshalb kehrte er um und ging in sein Schloss; da fand er seine Gemahlin auf seinem Lager ruhend, wie sie einen hergelaufenen schwarzen Sklaven umschlungen hielt.“ (über Schehrijâr, Bd. I, S. 20)

Als der Derwisch feststellt, dass ’Alâ ed-Dîn nicht in der Höhle verhungert ist, gibt er sich als Händler aus und schwatzt der unwissenden Prinzessin die Wunderlampe ab. Da er nun über den Flaschengeist gebieten kann, entführt er die Prinzessin mit ihrem gesamten Schloss nach Afrika. ’Alâ ed-Dîn folgt ihnen nach und erzählt seiner Frau nun von der Macht der Lampe. Die Prinzessin macht den Derwisch glauben, sie sei in ihn verliebt, und träufelt ihm Gift in den Wein, sodass ’Alâ ed-Dîn ihn mit seinem Schwert enthaupten kann. Das Ehepaar lässt sich von dem Geist nach Hause bringen und lebt dort glücklich.

Ali Baba und die 40 Räuber

Der Holzfäller Ali Baba beobachtet im Gebirge 40 Räuber, die zu einer Höhle reiten, eine magische Tür öffnen, ihre Beuteschätze ablegen und wieder verschwinden. Sogar ihren Zauberspruch kann er erlauschen: „Sesam, öffne dein Tor!“ Ali Baba sagt die Worte, belädt seinen Esel mit so viel Gold, wie dieser tragen kann, und reitet nach Hause zu seiner Frau. Die leiht sich unvorsichtigerweise von ihrer Schwägerin ein Scheffelmaß, um das Gold zu zählen. Ein Goldstück bleibt im Maß zurück, und Ali Baba muss seinem Bruder Kâsim von der Entdeckung berichten. Nun reitet Kâsim selbst zur Schatzhöhle, geht hinein – und vergisst in seiner Gier den Zauberspruch. Die Tür fällt zu, er sitzt in der Höhle fest. Als die 40 Räuber kommen, hacken sie ihn in Stücke. Ali Baba holt am nächsten Tag die Leichenteile seines Bruders aus der Höhle und lässt sie von Mustafa, einem Schneider, zusammennähen, um den gewaltsamen Tod Kâsims zu vertuschen und das Geheimnis der Schatzhöhle zu bewahren.

„Und von nun an nahm König Schehrijâr jede Nacht eine Jungfrau zu sich; der nahm er die Mädchenschaft, und dann tötete er sie, um seiner Ehre gewiss zu sein, und so trieb er es drei Jahre lang.“ (Bd. I, S. 26)

Da Kâsims Leiche aus der Höhle verschwunden ist, wissen die Räuber, dass noch jemand ihr Versteck kennt. Einer von ihnen spricht zufällig mit dem Schneider, sodass bald die ganze Bande von Ali Baba erfährt. Der Räuberhauptmann weist seine Männer an, sich in Ölschläuchen zu verstecken, gibt sich selbst als Händler aus und lässt sich mitsamt der vermeintlichen Ware als Gast in Ali Babas Haus einladen. Nur weil der schlauen Magd Mardschâna das Öl ausgeht und sie die Schläuche genauer besieht, fliegt der Schwindel auf. Sie nimmt einen Schlauch, den der Räuberhauptmann zur Tarnung tatsächlich mit Öl gefüllt hat, bringt dieses zum Sieden und brüht damit sämtliche Räuber zu Tode. Aus Dankbarkeit gibt Ali Baba ihr seinen Sohn zum Mann, und alle leben glücklich von den Schätzen in der Höhle.

Die Geschichte vom Ebenholzpferd

König Sabûr bekommt von einem Weisen ein Pferd aus Ebenholz. Es könne fliegen, behauptet dieser. Um das Geschenk zu prüfen, besteigt der Prinz das Pferd – und wird auf und davon durch die Luft getragen. Er landet in einer fremden Stadt auf dem Dach eines Schlosses und verliebt sich in die dortige Königstochter. Um sich als Schwiegersohn würdig zu erweisen, fordert er das gesamte Heer heraus und fliegt, als die 40 000 Soldaten auf ihn zustürmen, einfach auf seinem Pferd davon. Später kehrt er in die Stadt zurück. Der fremde König will seine Tochter nicht hergeben, also entführt der Prinz sie ins Land seines Vaters. Hier lässt er sie zunächst mit dem Pferd in einem Garten zurück.

„Da dachte der König: ‚Bei Allah, ich will sie nicht töten lassen, bis ich den Schluss ihrer Geschichte höre, denn wahrlich, sie ist wunderbar.‘“ (über Schehrijâr, Bd. I, S. 47)

König Sabûr ist derweil gar nicht erfreut über das Verschwinden seines Sohnes und hat den Weisen von seinem Hof verstoßen. Der ist erzürnt. Als er die Prinzessin mit dem Holzpferd im Garten entdeckt, entführt er sie nach Griechenland. Dort wird er aber von der Prinzessin beim griechischen König verraten, für seine Entführung ausgepeitscht und in den Kerker geworfen. Die Prinzessin soll die Frau des Königs werden, doch sie stellt sich verrückt, um diesem Schicksal zu entgehen. Nachdem der Sohn von König Sabûr sie nach langer Suche in Griechenland entdeckt hat, verkleidet er sich als Wunderarzt und erklärt, die Prinzessin könne nur geheilt werden, wenn sie mit ihm zusammen noch einmal das Holzpferd besteigen dürfe. Sein Rat wird gehört, und die beiden fliegen davon. Wieder zu Hause, heiraten sie, und König Sabûr zerstört das Pferd.

Die Geschichte von Abu el-Hasan oder dem erwachten Schläfer

Der Kalif Harûn er-Raschîd leidet unter Schlaflosigkeit, weshalb er nachts in Verkleidung und von seinen Untertanen unerkannt durch die Straßen von Bagdad streicht. In diesem Aufzug wird er eines Abends von dem trinkfreudigen Schalk Abu el-Hasan zum Essen eingeladen. Der Kalif streut seinem Gastgeber ein Schlafmittel in den Wein, lässt ihn zu sich in den Palast bringen und weist seine Bediensteten an, den Schalk zu behandeln, als wäre er der Kalif persönlich. Abu kann sein Glück zunächst kaum fassen, regiert dann aber munter drauflos: Er lässt seiner Mutter 100 Dinare bringen und seinen Nachbarn auf einem Esel aus der Stadt treiben. Harûn er-Raschîd beobachtet das Treiben heimlich und amüsiert sich köstlich. Am Abend lässt er Abu el-Hasan erneut einen Schlaftrunk reichen und er wird wieder in sein eigenes Haus zurückgebracht.

„Sein Kopf aber war wie eine Kuppel, seine Hände wie Worfschaufeln, seine Beine so lang wie Masten und sein Mund weit wie eine Höhle; seine Zähne glichen großen Steinen, seine Nasenflügel Karaffen, seine Augen zwei Lampen, und sein Blick war wild und finster.“ (über den Flaschengeist, Bd. I, S. 51 f.)

Als der Schläfer am nächsten Morgen erwacht, behauptet er, der Kalif von Bagdad zu sein – und wird für zehn Tage ins Irrenhaus gesteckt. Bald darauf fängt er wieder zu trinken an und lädt sich noch einmal den verkleideten Kalifen ins Haus. Wieder streut Harûn er-Raschîd ihm ein Schlafmittel in den Wein, wieder lässt er ihn als Kalifen in den Palast bringen. Als Abu el-Hasan von Sängerinnen und Sklavinnen umgeben erwacht, will er diesmal prüfen, ob er träumt, und lässt sich von einem Mamluken ins Ohr beißen. Der Kalif, der die Szene beobachtet, fällt vor Lachen in Ohnmacht. Er ist für die Unterhaltung so dankbar, dass er den Schalk an den Hof nimmt und ihm die Schatzmeisterin Nuzhat el-Fuât zur Frau gibt.

„Und der Fischer rief: ‚Nein, nie werde ich es dir glauben, bis ich dich mit eigenen Augen darin sehe.‘ – – – Da bemerkte Schehrezâd, dass der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten Rede an.“ (Bd. I, S. 55)

Abu el-Hasan revanchiert sich daraufhin beim Kalifen mit einem Streich. Zuerst stellt er sich tot und lässt Nuzhat bei ihrer Herrin Zubaida sein Ableben beklagen. Dann stellt sich Nuzhat tot und Abu betrauert den Verlust beim Kalifen. Am Abend treffen sich der Kalif und die Herrin und streiten heftig darüber, wer denn nun verstorben sei und wer nicht. Sie gehen sogar eine Wette ein, doch die lässt sich nicht entscheiden, denn in der Schlafkammer finden sie sowohl Abu wie auch Nuzhat vermeintlich tot auf. Wer ihm sagen könne, wer von den beiden zuerst gestorben sei, der erhalte 1000 Dinare, ruft der Kalif verzweifelt. Da erhebt sich Abu, antwortet ihm „Ich!“ und sackt das Geld ein. Auch Nuzhat erwacht wieder zum Leben und erhält von ihrer freudig überraschten Herrin denselben Betrag.

Die Geschichte von Sindbad dem Seefahrer

Nachdem der Kaufmann Sindbad fast sein gesamtes Hab und Gut verprasst hat, besteigt er ein Schiff und besegelt die Meere. Eines Tages geht ein Teil der Besatzung auf einer paradiesisch schönen Insel an Land, die sich jedoch bald als riesiger Fisch entpuppt. Als die Seeleute auf seinem bunt bewachsenen Rücken ein Feuer entzünden, erwacht der Fisch und taucht ab. Sindbad treibt in einem Holzbottich übers Meer und wird an einen Inselstrand gespült. Dort steht eine weiße Stute. Wie sich herausstellt, gehört sie einem Stallmeister, der mit dem edlen Tier einen Seehengst aus dem Meer locken und wertvolle Mischpferde züchten will. Der Stallmeister bringt Sindbad zu seinem Herrn, König Mihrdschân, in dessen Hafen bald zufällig das Schiff aus Bagdad anlegt, von dem Sindbad auf den Fisch gestiegen ist. Sindbad wird am Hof des Königs Mihrdschân für die Erzählung seiner abenteuerlichen Geschichten reich belohnt und kehrt wohlhabend nach Bagdad zurück.

„Sofort erschien der Geist vor ihm und sprach: ‚Verlange, was du wünschest; denn ich bin dein Diener, der Diener dessen, der diese Lampe in der Hand hält, ich und alle Diener der Lampe!“ (Bd. II, S. 716)

Während einer zweiten Reise wird Sindbad von seinen Kameraden auf einer unbewohnten Insel vergessen. Er entdeckt eine riesige, weiße Kuppel – bei der es sich um ein Ei eines noch viel größeren Vogels handelt. Als dieser sich zum Brüten setzt, bindet Sindbad sich mit seinem Turban an einem Fuß des Tieres fest und fliegt mit ihm auf eine andere Insel. Dort entdeckt er ein von Diamanten übersätes Tal, das allerdings von palmbaumgroßen Schlangen bewacht wird. Kaufleute werfen von einem Berg riesige Fleischbrocken in das Tal, an denen die Diamanten kleben bleiben und die anschließend von großen Adlern aus der Schlangengrube geholt und zu den Kaufleuten gebracht werden. Sindbad bindet sich an einen der Brocken fest und lässt sich – beladen mit großen Diamanten – ins Sichere fliegen.

„Er rief: ‚Gerste, öffne dein Tor!‘, aber die Tür tat sich nicht auf. Dann rief er: ‚Weizen, öffne dein Tor!‘, doch die Tür rührte sich nicht. Und weiter rief er: ‚Kichererbse, öffne dein Tor!‘, aber die Tür blieb geschlossen, wie sie war.“ (über Kâsim, Bd. II, S. 807)

Auf einer weiteren Reise landet Sindbad auf einer Insel, wo die Menschen ihre Pferde ohne Sattel reiten. Er näht einen Sattel für den König, der von dieser Erfindung so begeistert ist, dass er Sindbad zum Dank mit einer schönen Frau vermählt. Sindbad lebt glücklich auf der Insel, doch eines Tages erfährt er von einer seltsamen Sitte: Stirbt dort der eine Ehepartner, wird der andere zusammen mit der Leiche und sieben Tagesportionen Brot und Wasser in eine Gruft abgeseilt und seinem Schicksal überlassen. Es kommt, wie es kommen muss: Sindbads Frau wird krank und stirbt, und tatsächlich wird auch er in die Höhle gesperrt. Er erschlägt die Todgeweihten, die nach ihm hinabgelassen werden, und überlebt dank deren Proviant, bis ihm schließlich ein Tier den Weg aus der Höhle ins Freie weist. Erst nach seiner siebten Reise – auf der er teuflischen Vogelmenschen entkommt – entsagt Sindbad der Weltenbummlerei und lässt sich endgültig in Bagdad nieder.

Schluss der Geschichte von Schehrijâr und Schehrezâd

Schehrezâd hat den König Schehrijâr nun 1001 Nacht hindurch mit ihren Geschichten unterhalten. Sie hat ihm in dieser Zeit drei Kinder geboren, die sie nun zu sich kommen lässt und dem König zeigt. Er solle sie doch um der Kinder willen verschonen und ihr den Tod erlassen. Der König drückt die Kleinen an seine Brust und weint. Dann spricht er Schehrezâd frei und bedankt sich, dass sie ihn von seinem Zorn geheilt hat.

Zum Text

Aufbau und Stil

Das Buch folgt in seinem Rhythmus der Hartnäckigkeit, mit der Schehrezâd ihre Erzählung stets aufs Neue unterbricht: Mit dem immer gleichen Satz wird darauf hingewiesen, dass die Erzählerin innehält und eine weitere Nacht vergangen ist. Die einzelnen Geschichten könnten unterschiedlicher kaum sein. Es gibt Märchen und religiöse Legenden, Liebesgeschichten und historische Erzählungen, längere Novellen, aber auch kurze Anekdoten, Humoresken sowie in den Text eingewobene Gedichte. Die kürzeste Geschichte füllt nicht einmal eine Seite, während die Erzählung von Aladin und der Wunderlampe knapp 40 000 Wörter umfasst. Die Verschachtelung des Texts geht weit über das Schema „Rahmenhandlung mit Binnenerzählungen“ hinaus; oftmals werden in den Geschichten wiederum Geschichten erzählt, die sich dann durchaus noch einmal in weitere Untergeschichten verzweigen können. Die ursprünglich in Reimprosa geschriebenen Texte, eine in der persischen Literatur beliebte Form, haben auch in der Übersetzung einiges von ihrer Blumigkeit bewahrt. Märchenhafte, farbenprächtige Beschreibungen und formelhafte Allah-Anrufungen verleihen der Erzählung jenes morgenländische Kolorit, das nicht unwesentlich zu ihrem Reiz beiträgt.

Interpretationsansätze

  • Am Beispiel des Königs wird die heilende Kraft der Fantasie und des Erzählens vorgeführt. Nachdem Schehrijâr sich vom Ehebruch seiner Frau derart in seiner Männlichkeit gedemütigt fühlt, dass er fortan zum Mörder aller Frauen wird, kann Schehrezâd ihn durch ihre unerschöpfliche Fabulierkunst von seinem krankhaften Zorn befreien.
  • Inhaltlich beschäftigen sich die Erzählungen mit unterschiedlichen Themen wie Liebe und Tod, Schicksal und Glück, weltlichen und spirituellen Fragen. Auffällig ist, dass viele Figuren in einer positiven und in einer negativen Ausführung auftreten: der tyrannische und der gerechte König, der gefährliche und der hilfsbereite Dämon etc. Es geht also auch um moralische Orientierung: Die Menschen in Tausendundeiner Nacht müssen sich zurechtfinden in einer Welt, in der sowohl Gutes als auch Böses enthalten ist.
  • Ein wiederkehrendes Motiv ist die heimliche Überlegenheit der Frau. Oftmals sind die Frauen zwar als Sklavinnen und Haremsdamen den Launen ihrer Herrscher auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Doch durch innere Stärke und Cleverness gelingt es ihnen, ihrem Elend zu entfliehen oder zumindest – wie Schehrezâd ¬– ihr Leben zu retten.
  • An vielen Stellen spürt man die starke Bearbeitung des arabischen Originals durch die europäischen Übersetzer. Nicht nur sind anstößige Stellen oftmals sprachlich oder inhaltlich entschärft worden. Auch die dargestellte Gesellschaft wirkt zuweilen europäisch gefärbt. So entspricht die Hierarchie am Palast des Kalifen etwa der Ordnung am französischen Königshof.
  • Im Lauf der Jahrhunderte scheint sich das Verständnis eines guten „Cliffhangers“ verändert zu haben: Oft bricht Schehrezâd ihre Erzählung zwar an einer spannenden Stelle ab, an der es um Leben oder Tod des Helden geht; hin und wieder hält sie aber auch in einem eher langwierigen philosophischen Diskurs oder einer einfachen Beschreibung inne – wobei die Spannung des Königs, der ihr einen weiteren Tag schenkt, für den heutigen Leser kaum nachvollziehbar ist.

Historischer Hintergrund

Der märchenhafte Kalif von Bagdad

Eine der historisch verbürgten Figuren, die in mehreren der Erzählungen aus den Tausendundein Nächten auftaucht, ist Harûn er-Raschîd. Geboren um 763 n. Chr. in Rayy in der Nähe des heutigen Teheran, gehörte Harûn zur Dynastie der Abbasiden, die 750 die Herrschaft über die muslimische Gemeinschaft von den Umayyaden übernommen hatten. Während seiner Regierungszeit als Kalif von Bagdad (768–809) erlebte das große islamische Reich seine Blütezeit und erstreckte sich von Nordafrika über den gesamten südwestlichen Teil des asiatischen Kontinents bis an die Grenze zu China. Die florierenden Handelsbeziehungen zu Indien, China und Europa führten zu großem Wohlstand, unzählige Paläste wurden gebaut, es entstanden großartige Märkte und immer neue Wohnviertel. Unter Harûns Herrschaft wurde Bagdad zu der in den Tausendundein Nächten beschriebenen Märchenstadt: glänzend vor Prunk und Reichtum und zugleich ein Zentrum der Kultur und Wissenschaft. Selbst mit seinem Zeitgenossen Karl dem Großen im fernen Frankenreich stand Harûn er-Raschîd in Kontakt. Er tauschte mehrere Gesandtschaften mit ihm aus und schickte ihm im Jahr 801 sogar einen lebenden Elefanten nach Aachen, welcher der Legende nach schneeweiß gewesen sein soll.

Entstehung

Bereits für die arabischen Leser des achten Jahrhunderts hatte die Geschichtensammlung ein exotisches, östliches Flair: Ihr Ursprung liegt in Indien, auch wenn kein Manuskript aus jener Zeit existiert. Zuerst ins Persische, dann ins Arabische übertragen, wurde die lose Sammlung von den Übersetzern mit örtlichen Märchen ergänzt und islamisch gefärbt. Im 10. Jahrhundert erwähnt ein Buchhändler aus Bagdad erstmals ein arabisches Buch mit dem Titel Alf Laila („Tausend Nächte“). Die Zahl im Titel war zu diesem Zeitpunkt allerdings weniger wörtlich gemeint, sondern wegen des runden Klanges ausgesucht worden; sie sollte lediglich auf eine sehr große Anzahl von Märchen hinweisen. Aus dem 15. Jahrhundert stammt eine Handschrift syrischen Ursprungs, die immerhin 282 Nächte enthält und als die arabische Urfassung gilt. Dieses Manuskript wird heute in der französischen Nationalbibliothek in Paris aufbewahrt.

Als Entdecker dieser syrischen Handschrift gilt der französische Orientalist und Archäologe Antoine Galland. Seine Übersetzung des Textes war 1704 in Frankreich ein überwältigender Erfolg, woraufhin Galland den Umfang des Buches an die Zahl im Titel anzupassen versuchte und weitere Bände veröffentlichte. Seine Arbeit ging nun weit über die reine Übersetzertätigkeit hinaus; er fügte dem Ursprungstext immer weitere Märchen hinzu, die er aus mündlichen und schriftlichen Überlieferungen aus dem arabischen Raum zusammensuchte. Die Folge war eine ausgeprägte Orientmode und die aufgeregte Suche nach einem alle 1001 Nächte umfassenden Originalmanuskript. Englische Gelehrte liefen durch die Gassen der arabischen Städte, riefen „Alf laila, alf laila!“ – und trugen tatsächlich weitere Geschichten zusammen. Die Entstehung einiger der berühmtesten Erzählungen wie Aladin und Ali Baba ist bis heute ungeklärt. Gerade diese beiden Märchen wurden nie in einer arabischen Originalfassung gefunden, daher darf davon ausgegangen werden, dass diese Geschichten europäischen Ursprungs sind und vielleicht sogar von Antoine Galland selbst verfasst wurden. Die bekannteste deutschsprachige Übersetzung stammt von dem deutschen Orientalisten Enno Littmann, der Die Erzählungen aus den Tausendundein Nächten zwischen 1921 und 1928 in sechs Bänden auf fast 5000 Seiten veröffentlichte. Littmann entschärfte die stellenweise derbe Sprache der Ursprungstexte und entfernte die expliziten erotischen Szenen.

Wirkungsgeschichte

Auf dem europäischen Buchmarkt sind Die Erzählungen aus den Tausendundein Nächten seit ihrer erstmaligen Übertragung ins Französische ein ständiger Bestseller. Es gibt mehrbändige, in wertvolles Leder gefasste Ausgaben sowie schmale Taschenbücher, originalgetreue Gesamtausgaben und kleine Sammlungen, in denen nur die bekanntesten Märchen wie Aladin und Sindbad, nur erotische Geschichten oder eine speziell für Kinder überarbeitete Auswahl enthalten sind.

Im arabischen Raum, wo die Märchen seit Jahrhunderten Teil der Alltagskultur sind, war der künstlerische Wert der Erzählungen nicht immer unumstritten. Unter dogmatischen Gelehrten galt der Text als unmoralisch und zügellos, ein ägyptisches Gericht konfiszierte noch 1985 eine unzensierte Fassung des Buches. Der Siegeszug der faszinierenden Märchensammlung ließ sich allerdings nirgends auf der Welt aufhalten. Während der Text über Jahrhunderte das Orientbild der europäischen Leser bestimmt hat, sind umgekehrt die Hinzufügungen der westlichen Autoren später ins Arabische übersetzt und von den Menschen dort gelesen worden.

Es gibt auch mehrere Verfilmungen, darunter eine von Pier Paolo Pasolini. Außerdem existiert eine persische Märchensammlung namens Tausendundein Tag, die jedoch bei Weitem nicht so populär ist wie ihr nächtliches Pendant.

Über den Autor

Autoren aus verschiedenen Ländern und Zeiten haben zu den Erzählungen aus den Tausendundein Nächten beigetragen. Das Prinzip der Verschachtelung, bei dem Rahmenerzählung und Untergeschichten ständig aufeinander Bezug nehmen, ist typisch für die frühe indische Erzähltradition. Auch das Grundthema „Aufschub von drohendem Unheil durch Erzählen“ ist indischen Ursprungs. Für die Bevölkerung des vorislamischen Iran hatte die indische Kultur den Reiz des Exotischen, weshalb die Erzählungen ins Persische übersetzt und durch eigene Episoden erweitert wurden. Ab dem achten Jahrhundert n. Chr. wurden die Geschichten ins Arabische übertragen und islamisiert, d. h. mit islamischen Formeln und Zitaten wie etwa den beständigen Anrufungen Allahs versehen. Ungefähr zu dieser Zeit entstanden die ersten umfassenderen Handschriften, die heute zwar nicht mehr erhalten, deren Existenz jedoch belegt ist. Immer weiter wuchs und veränderte sich die Sammlung. Viele der Geschichten, die in Bagdad spielen und vom Kalifen Harûn er-Raschîd erzählen, entstanden vom zehnten bis zum zwölften Jahrhundert. Das ägyptische Material wiederum, das eher fantastische Geschichten umfasst, wurde vom 13. bis zum 16. Jahrhundert hinzugefügt. In Europa tauchten erste Teile der Sammlung ab 1400 auf, große Bekanntheit erlangte das Werk dann ab 1704 mit der französischen Übersetzung Antoine Gallands. Das Buch wurde 1706 anonym ins Englische und 1823 von August Ernst Zinserling erstmals ins Deutsche übertragen, wobei alle Übersetzer der Tradition des Textes treu blieben und ihn durch ihre Überarbeitungen und Hinzufügungen weiter veränderten, bis im 20. Jahrhundert schließlich die heute bekannte Fassung entstand. Die vorliegende Zusammenfassung beruht auf der Übersetzung des Tübinger Orientalisten Enno Littmann, die wiederum auf der in Indien gedruckten arabischen Ausgabe von 1839 fußt.

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