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David Copperfield

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David Copperfield

Diogenes Verlag,

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12 take-aways
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What's inside?

Vom gedemütigten Waisenkind zum angesehenen Schriftsteller – das ist der Lebensweg des David Copperfield in Charles Dickens’ autobiografisch geprägtem Roman.


Literatur­klassiker

  • Bildungsroman
  • Viktorianische Ära

Worum es geht

Roman des Erwachsenwerdens

Wenn ein Autor eines seiner Bücher als „Lieblingskind“ bezeichnet, will das etwas heißen. Das trifft auch auf David Copperfield von Charles Dickens zu. Das 1849/50 veröffentlichte Mammutwerk des zu jener Zeit bereits meistgelesenen englischen Autors ist zweifellos sein berühmtester und beliebtester Roman. Erzählt wird die Geschichte eines Jungen, der eine harte Kindheit zu überstehen hat und sich doch zu einem respektablen Mitglied der Gesellschaft entwickelt. Der junge David Copperfield verbringt eine furchtbare Zeit im Haus seines Stiefvaters. Den Misshandlungen in der Schule und der demütigenden Kinderarbeit entflieht David zu seiner Tante nach Dover. Hier verändert sich sein Leben: Er geht in die Schule eines gütigen Lehrers, entwickelt sich zum gefeierten Journalisten und Schriftsteller und heiratet schließlich seine Jugendfreundin. Zahlreiche Nebenhandlungen zeichnen ein detailliertes Bild der Zeit: David lernt eine Vielzahl von Menschen kennen, wie den exzentrischen James Steerforth, die freundlichen Peggottys und Micawbers, aber auch intrigante Speichellecker wie Uriah Heep. Dickens’ stark autobiografisch gefärbter Roman gehört zu den großartigsten Werken des englischen Realismus.

Take-aways

  • David Copperfield ist Charles Dickens’ bekanntester und beliebtester Roman.
  • Auf eindrückliche Weise zeigt das Buch, wie ein intelligenter und sensibler Jugendlicher die harte und verlogene Welt der Erwachsenen erlebt.
  • Das Werk kombiniert Elemente des Bildungs- und des Schelmenromans.
  • Dickens’ Beschreibung von Davids Entwicklung ist stark autobiografisch geprägt.
  • David Copperfield durchlebt eine harte Kindheit: Sein Stiefvater Mr. Murdstone macht ihm das Leben zur Hölle.
  • Nach dem Tod der Mutter spannt Murdstone den jungen David in seinem Unternehmen ein und schickt ihn auf eine Schule, wo er täglich geschlagen wird.
  • David flieht zu seiner Tante Betsey, macht einige Jahre später in einer anderen, besseren Schule eine Advokatenlehre und verliebt sich in die verspielte Dora.
  • Die beiden heiraten, ihre glücklose Ehe wird durch den frühen Tod Doras beendet.
  • Erst spät wird David bewusst, dass er und seine Jugendfreundin Agnes füreinander bestimmt sind. Der inzwischen angesehene Schriftsteller heiratet sie.
  • Der Roman wird mit großem psychologischem Einfühlungsvermögen ausschließlich aus der Ich-Perspektive des Helden erzählt.
  • Charles Dickens veröffentlichte das Werk als Fortsetzungsroman in den Jahren 1849/50.
  • Die Reaktionen auf den Roman waren von der ersten Stunde an durchweg positiv; er gilt heute als Jugendbuchklassiker.

Zusammenfassung

Ein Kind kommt zur Welt

Der erwachsene David Copperfield blickt auf sein Leben zurück: An einem windigen Herbstnachmittag sitzt seine hochschwangere Mutter niedergeschlagen am Kamin, als unerwarteter Besuch energisch Einlass begehrt. Es handelt sich um Betsey Trotwood, die herrische Tante des vor sechs Monaten verstorbenen Mr. Copperfield. Betsey hasst Männer und reist darum unmittelbar nach Davids Geburt empört wieder ab, weil das Kind nicht das erhoffte Mädchen ist. In den folgenden Jahren kümmern sich seine Mutter und das Dienstmädchen Peggotty liebevoll um David. Die Beziehung zu seiner Mutter ist sehr innig, David betet sie an. Als er aber nach einer Reise zu Peggottys Verwandten, wo er sich unschuldig in die kleine Emily verliebt, nach Hause zurückkehrt, ist seine Mutter plötzlich mit dem unangenehmen Mr. Murdstone verheiratet. Doch es kommt noch schlimmer: Dessen unverheiratete Schwester Jane übernimmt das Regiment im Haus. Beide Murdstones können Kinder nicht leiden. Sie schüchtern auch die labile junge Mutter ein, und damit beginnt Davids Leidensweg: Seine Mutter, von Mr. Murdstone zum strengen Umgang mit David gezwungen, gibt sich ihm gegenüber zurückhaltend und umarmt ihn nur noch heimlich.

Schulzeit

David wird täglich von seiner Mutter unterrichtet, während im Hintergrund die Murdstones auf Fehler lauern. Vor lauter Angst stottert David bei seinen Vorträgen. Schließlich besorgt Mr. Murdstone einen Rohrstock, mit dem er David nach dem Unterricht züchtigt. David beißt ihn darauf kräftig in die Hand und wird nach fünf Tagen Hausarrest auf eine Schule bei London geschickt. Dort muss er wochenlang ein Plakat mit der Aufschrift „Achtgeben! Er beißt!“ auf dem Rücken tragen. In der Schule sorgt der grausame Direktor Mr. Creakle, ein pleitegegangener Hopfenhändler ohne jede pädagogische Qualifikation, für Angst und Schrecken. Täglich werden die Jungen mit dem Rohrstock geschlagen. Besonders David und einem anderen Knaben namens Traddles geht es an den Kragen. Immerhin gelingt es David, die Gunst eines angesehenen Jungen zu gewinnen: des egozentrischen, selbstbewussten James Steerforth. David erfährt ausgerechnet an seinem Geburtstag, dass seine Mutter und sein kleines Brüderchen gestorben sind. Er fährt zur Beerdigung, verlebt noch einmal ein paar Tage bei Peggottys Familie und bleibt dann im Hause der Murdstones wochenlang sich selbst überlassen.

Flucht zu Großtante Betsey

Schließlich beschließt Mr. Murdstone, ihn als Laufburschen in seiner Weinhandlung einzusetzen. Mit nur zehn Jahren lebt David nun allein in London. Er spürt deutlich die Kluft zwischen sich und den anderen, ungebildeten Laufjungen. Obwohl er todunglücklich ist, so tief gesunken zu sein, spricht er mit niemandem darüber. Mit seinem geringen Lohn kann er sich nur schlechte Mahlzeiten leisten. Er wohnt zur Miete bei der Schuldnerfamilie Micawber, die er rasch lieb gewinnt. Als die Micawbers London verlassen, kann David die Trennung von ihnen nicht ertragen. Es ist ihm ein Gräuel, allein zurückzubleiben, ohne einen einzigen Freund. Daher flieht er heimlich und macht sich auf den Weg zu seiner Großtante Betsey, die er nie zuvor gesehen hat. Unterwegs wird ihm sein Koffer mit all seinen Habseligkeiten gestohlen, sodass er gezwungen ist, Jacke und Weste zu versetzen, um nicht zu verhungern. Zerlumpt und mit wunden Füßen kommt er bei der Verwandten an, die nicht recht weiß, was sie mit ihm anfangen soll. Schon am nächsten Tag trifft Mr. Murdstone ein, um ihn abzuholen. Doch Betsey ahnt, wie Murdstone die Frau ihres Neffen und den Jungen gequält hat: Sie wirft ihn hinaus. David ist überglücklich, dass er bleiben darf, und geht fortan in Canterbury bei dem gütigen Mr. Strong zur Schule. Er lebt sich schnell ein und wird zur Freude der Großtante Betsey Klassenprimus.

Lehrjahre in London

Später wird David von seiner Großtante bei dem Rechtsanwalt Wickfield und dessen Tochter Agnes untergebracht. Dort lernt er auch Uriah Heep kennen, den augenbrauenlosen, leichenblassen Gehilfen des Anwalts, und ist fasziniert von dessen kriecherischem Gebaren. Als Davids glückliche Schulzeit zu Ende ist, fährt er 17-jährig abermals zu Peggottys Familie. Unterwegs trifft er Freund Steerforth wieder und bleibt ein paar Tage in dessen Haus. Steerforth begleitet ihn zu den Peggottys. Die kleine Emily, Davids Kinderliebe, ist inzwischen mit ihrem Cousin Ham verlobt. Auf dem Rückweg nach London entscheidet sich David für eine Lehre als Proktor (eine Art Anwalt), die er dank der Verbindungen seiner Großtante in einer angesehenen Kanzlei in London absolvieren kann. Er bezieht sogar eine eigene Wohnung. Als er eines Abends mit Steerforth und dessen Freunden betrunken ins Theater geht, trifft er dort Agnes wieder. Sie warnt ihn vor Steerforths schlechtem Einfluss. Außerdem teilt sie ihm mit, dass Uriah Heep es durch List verstanden hat, sich zum Teilhaber ihres Vaters zu machen. Sie fürchtet, er könne ihrem Vater schaden, wenn sie nicht freundlich zu ihm ist. David wird zum Dinner bei den Wickfields eingeladen. Nach der Abendgesellschaft nimmt Heep David beiseite und teilt ihm in seiner typisch kriecherischen Art mit, dass er Agnes heiraten wolle.

Alte und neue Bekannte

Mr. Spenlow, Davids neuer Lehrherr, lädt ihn zu sich nach Hause ein. Dort lernt er dessen Tochter Dora kennen und verliebt sich sofort in sie. Zu seinem Schrecken sieht er auch Jane Murdstone wieder – in der Funktion als Doras Gouvernante! Doch weil er vor Liebe wie betäubt ist, kümmert er sich nicht weiter um sie. Umso mehr beschäftigt er sich mit seinen besten Freunden Agnes und Steerforth, die gegensätzlicher nicht sein könnten: Die tugendhafte Agnes und der egozentrische, flatterhafte Steerforth machen es David schwer, sich zu entscheiden, welche Art der Lebensführung er wählen soll. Eines Abends trifft er die Micawbers und seinen Schulfreund Traddles wieder. Letzterer will Advokat werden und lädt alle zum Dinner ein. Später taucht Steerforth mit einem Brief von Peggotty auf: Ihr Mann liege im Sterben. Nach einem zweiten Besuch in Steerforths Haus fährt David zu Peggottys Familie. Kurz darauf stirbt Peggottys Mann. Dann ein weiterer Schock: Die junge Emily brennt mit einem Liebhaber durch. Und dieser Mann ist kein anderer als Steerforth. Zurück in London nimmt David Peggotty in die Kanzlei mit, um den Nachlass zu ordnen. Dort treffen sie zu allem Überfluss auf Mr. Murdstone, der in Heiratsdingen unterwegs ist. Peggotty, noch angegriffen vom Tod ihres Mannes, macht ihm eine Szene und beschuldigt ihn, den Tod von Davids Mutter verschuldet zu haben.

Geplatzte Zukunftsträume

Die ganze Zeit verzehrt sich David in Gedanken an Dora. Endlich sieht er sie anlässlich ihres Geburtstags wieder. Ihre Freundin arrangiert ein Treffen ... und Dora verliebt sich auch in David. Überglücklich verlobt er sich heimlich mit ihr. Als David eines Tages in seine Londoner Wohnung zurückkehrt, trifft er dort auf seine Großtante Betsey, die ihm eröffnet, dass sie pleite ist. David ist todunglücklich: Plötzlich verarmt, kann er unmöglich um Doras Hand anhalten. Er versucht, die 1000 £, die seine Tante als Lehrgeld an die Kanzlei gezahlt hat, zurückzubekommen, doch Mr. Spenlow weigert sich. Agnes schlägt vor, David solle als Sekretär für Mr. Strong, den Schulleiter, arbeiten. Gesagt, getan. Auch für Agnes ist das Leben nicht leicht: Uriah Heep und dessen Mutter ziehen zu Mr. Wickfield und machen ihm das Leben zur Hölle. Bei einem Dinner erfährt David, dass Mr. Micawber plant, für Heep zu arbeiten. David rät ihm dringend ab, doch es gibt kein Zurück, da Heep bereits Micawbers Schuldenberg bezahlt hat. Dora wird hysterisch, als sie von Davids Armut erfährt. Ihr Vater kommt hinter die Verlobung und verbietet David, Dora weiterhin zu sehen. Doch er stirbt tragischerweise bei einem Kutschenunfall in derselben Nacht.

Hochzeit

Am Abend macht Uriah Heep Mr. Wickfield betrunken und verkündet, dass er Agnes heiraten wolle. Sollte Mr. Wickfield ihn nicht freundlich behandeln, werde er ein unangenehmes Geheimnis ausplaudern. David ist so empört, dass er Heep ohrfeigt, was ihm später allerdings leidtut. Mr. Micawber lebt inzwischen als Mieter in Heeps alter Wohnung. Er und David sind einander entfremdet. David versucht hart zu arbeiten, um der verwöhnten Dora später einmal den Lebensstil bieten zu können, den sie erwartet. Er ahnt noch nicht, wie naiv dieses Vorhaben ist. David trifft Dora, deren Vater ihr kaum etwas hinterlassen hat, im Haus ihrer Tanten und sieht sie an jedem Wochenende. Flüchtig bemerkt er, dass die kindliche Dora von allen wie ein Spielzeug behandelt wird und er selbst sich ihr gegenüber manchmal unabsichtlich ebenso verhält. Dora lernt Agnes kennen und ist verwundert, dass David nicht mit ihr verlobt ist. Agnes sagt ihm, dass sie niemals Uriah heiraten werde. David hingegen heiratet endlich seine Dora. Diese jedoch ist nicht gewohnt, einen Hauhalt zu führen, und verhält sich zu naiv, um es zu lernen: Prompt wird sie von den Dienstboten bestohlen. David arbeitet nun als Journalist bei einer Zeitung. Die Ehe mit Dora ist eine Enttäuschung.

Heeps Machenschaften fliegen auf

Endlich taucht Emily wieder auf. David erfährt, dass Steerforth sie nach ihrer gemeinsamen Flucht in Neapel zurückgelassen hat, weil er ihrer überdrüssig geworden war. Da Emily zu tief gefallen ist, um jemals wieder gesellschaftlich geachtet werden zu können, beschließt Mr. Peggotty, der Bruder von Davids Kindermädchen, mit Emily nach Australien auszuwandern, um einen Neuanfang zu versuchen. Davids Ehe verläuft weiterhin trostlos, denn Dora ist keine Gesprächspartnerin für ihn. Beide hoffen, dass das erwartete Kind die Ehe bereichert. Doch das Kind ist nicht lebensfähig und Dora trägt nach der Geburt eine Lähmung der Beine davon, sodass sie künftig von David getragen werden muss. David beginnt inzwischen Bücher zu schreiben, die sogar einige Beachtung finden. Mr. Micawber, der für Heep arbeitet, kommt mit interessanten Neuigkeiten: Er und Tante Betsey beschuldigen Uriah Heep, sie durch seine Machenschaften und Betrügereien in den Ruin getrieben zu haben, worauf dieser endlich seine kriecherische Haltung ablegt und alle offen beleidigt. Es stellt sich heraus, dass er Mr. Wickfields Unterschrift gefälscht und mit dem Geld der Mandanten spekuliert hat. Trotz der erdrückenden Beweislast gelingt es Heep, aus der Stadt zu fliehen.

Tod und Trauer

Dora wird bettlägerig und stirbt schließlich. Kurz vor ihrem Tod gesteht sie David, sie sei bei ihrer Hochzeit zu jung gewesen und sei deshalb keine gute Ehefrau geworden. Traddles kommt nach Prüfung der Geschäftsbücher von Mr. Wickfield zu dem Schluss, dass dieser sein Vermögen zurückbekommen kann. Tante Betsey plant daraufhin, den Micawbers Geld für einen Neuanfang in Australien zu geben. Agnes möchte eine Schule eröffnen, um damit den Lebensunterhalt für sich und ihren Vater zu bestreiten.

„Um mit dem Beginn meines Lebens anzufangen, bemerke ich, dass ich, wie man mir mitgeteilt hat und wie ich auch glaube, an einem Freitag um Mitternacht zur Welt kam.“ (S. 7)

Als David wieder einmal bei den Peggottys in Yarmouth eintrifft, muss er gegen einen heftigen Sturm ankämpfen. Er eilt zum Strand, wo man ein in Seenot geratenes spanisches Schiff beobachtet. Das Schiff droht bereits zu sinken. Plötzlich stürzt sich Emilys Cousin und ehemaliger Verlobter Ham in die Wellen, um den letzten lebenden Matrosen des Schiffes zu retten – und ertrinkt vor Davids Augen. Erst am nächsten Tag wird der tote Matrose angeschwemmt: Es ist Steerforth. David überbringt dessen Mutter die traurige Nachricht. Sie ist bereits krank und erholt sich von dem schweren Schock nie mehr. Die Micawbers, Mr. Peggotty, Emily und ihre Freundin reisen nach Australien ab. David selbst zieht es in die Schweiz, wo er um Dora und Steerforth trauert.

Alles wird gut

Immer öfter denkt David an Agnes und daran, wie sehr er sie eigentlich liebt. Nach drei Jahren der Trauer und des Herumreisens kehrt er nach England zurück. Seine Tante erzählt ihm, dass Agnes viele Verehrer hat. David besucht sie und ist erfreut zu sehen, dass ihr Vater sich wieder ganz erholt hat und beide in Zufriedenheit und Wohlstand leben. Er gesteht Agnes seine Liebe. Sie reagiert zunächst erstaunt.

„Wievielmal saß ich am Speisetisch stumm und verlegen da, immer mit dem Gefühl, dass ein Besteck zu viel da sei, und zwar das meine, ein Magen zu viel, nämlich der meine, ein Teller und ein Stuhl zu viel, und zwar der meine, und eine Person zu viel, nämlich ich.“ (S. 115)

David hat sich einigen Ruhm als Schriftsteller erarbeitet. Eines Tages erhält er einen Brief von seinem alten Schulleiter Mr. Creakle, der nunmehr ein Gefängnis führt. David und Traddles besuchen ihn. Im Gefängnis sehen sie niemand anderen sitzen als Uriah Heep, dessen Versuch, die Bank of England zu betrügen, gründlich misslungen ist. Er gibt sich zerknirscht und reumütig. David trifft sich oft mit Agnes und findet heraus, dass auch sie ihn liebt. Schließlich heiraten sie: Diesmal wird es eine glückliche Ehe. Durch seine Bücher erlangt David großen Ruhm und ein respektables Einkommen.

Zum Text

Aufbau und Stil

Ursprünglich erschienen die insgesamt 64 Kapitel von David Copperfield monatlich in 20 Folgen. Der Roman lässt sich in zwei Teile gliedern: Bis zu dem Zeitpunkt, an dem David nach London geht, handelt es sich um eine Art Erinnerung an Dickens’ eigene Kindheit, die weitgehend autobiografisch abgefasst ist. Danach verwandelt sich das Buch in einen Bildungsroman, der Davids wachsende Reife bis hin zu seiner Tätigkeit als Schriftsteller beleuchtet. Dickens hat vier rückblickende Kapitel eingefügt, in denen der Held kurz innehält, seine Vergangenheit Revue passieren lässt und sich über seine Ziele klar wird. Als Erzählperspektive wählt Dickens fast ausschließlich den Ich-Erzähler: Vom berühmten Einleitungskapitel über seine eigene Geburt bis zum Happy End erfahren wir alles aus Davids eigener Sicht, sehen die Welt durch seine Augen. An manchen Stellen bieten jedoch längere Erzählungen oder Briefe die Möglichkeit, auch andere Charaktere zu Wort kommen zu lassen. Der Stil und die Ausdrucksfähigkeit des Erzählers und Helden wechseln mit seinen unterschiedlichen Lebensphasen: So betrachtet der junge David die Welt weitgehend unkritisch, während er später weitaus differenziertere Urteile fällt.

Interpretationsansätze

  • Die Hauptperson David Copperfield, aus deren Sicht die Geschichte erzählt wird, zeichnet Dickens als unschuldigen, liebenswürdigen und ein wenig naiven Jungen. Trotz seiner schweren Kindheit bewahrt sich David ein reines Herz und eine entwaffnende Ehrlichkeit. Allerdings zeigt er dann und wann auch ein ausgeprägtes Klassenbewusstsein, indem er sich von Menschen aus anderen Gesellschaftsschichten absetzt. Er ist also keineswegs durch und durch gut, sondern ein ambivalenter Charakter.
  • Geradlinigkeit betrachtet Dickens offenbar als besonders vorteilhaften Charakterzug: Nur wer, anders als z. B. Dora, nicht allzu flatterhaft ist, kann wirklich glücklich werden. Daher entwickelt sich auch David charakterlich erst weiter, als er seine Emotionen in den Griff bekommt.
  • Charles Dickens hat die Namen der Figuren so gewählt, dass sie den jeweiligen Charakter oder die Eigenschaften ihrer Besitzer umschreiben: Dora ist diejenige, die am meisten begehrt wird („adore“), der Name Murdstone weckt negative Assoziationen („murder“, „stone“), und Steerforth ist schon dem Namen nach eine Kraft, die steuernd in Davids Leben eingreift.
  • Dickens verwendet häufig Personenpaare, um die beiden Extreme einer bestimmten Charaktereigenschaft kontrastiv zu veranschaulichen: Beispielsweise sind sowohl Jane Murdstone als auch Großtante Betsey für David Autoritätspersonen. Die eine jedoch behandelt ihn schlecht und hartherzig, die andere freundlich und verantwortungsvoll.
  • Weil Charles Dickens seinen Roman von vornherein als Fortsetzungsgeschichte für die Zeitung geplant hatte, behält die Handlung einen konstanten Rhythmus bei. Heute würde man von „Cliffhangern“ sprechen: Die einzelnen Episoden enden stets mit Andeutungen über die weitere Entwicklung, die Spannung schaffen und zum Weiterlesen animieren.

Historischer Hintergrund

Licht und Schatten im Viktorianischen England

David Copperfield entstand zu einer Zeit, die im Nachhinein immer wieder als besonders prosperierende Epoche Großbritanniens bezeichnet wurde: die Ära von Königin Victoria. Die Viktorianische Zeitrechnung begann im Jahr 1837, als die erst 18-jährige Victoria den britischen Thron bestieg. Mit dem liberalen Lord Melbourne als Premierminister an ihrer Seite entwickelte die junge Königin ein lebhaftes Interesse an der Politik. Unter ihrem 60-jährigen Regiment erlebte Großbritannien eine wirtschaftliche Blüte, Wohlstandszuwachs und eine immense Ausweitung des Imperiums (1876 wurde Victoria Kaiserin von Indien). In weiten Teilen der Bevölkerung erfreute sich Queen Victoria großer Beliebtheit: Ihr goldenes und ihr diamantenes Kronjubiläum wurden mit großen Volksfesten gefeiert. Auf der ersten Weltausstellung in London (1851) feierte sich das Land selbst als Motor des Fortschritts, und die Zeitgenossen fühlten, dass sie in einer friedlichen Zeit des Überflusses lebten. Eine Reihe von wichtigen Erfindungen, die industrielle Revolution und die pragmatische Philosophie des Utilitarismus begünstigten dieses Klima. Die Moralvorstellungen im Viktorianischen Zeitalter waren konservativ: Respektabilität, ein geordnetes Familienleben und patriotisches Pflichtgefühl waren die gängigen Werte.

Die Kehrseite der Medaille: Die Fabrikarbeit stürzte weite Teile der Bevölkerung in großes soziales Elend. Kein Wunder, dass Marx und Engels ihr Kommunistisches Manifest ausgerechnet im London des Jahres 1848 veröffentlichten. Um die nun scharf hervortretenden Klassenunterschiede zumindest optisch etwas abzuschwächen, wurden halbherzige Reformen durchgeführt, die aber vielfach nicht das Papier wert waren, auf dem sie gedruckt wurden. Erst als sich Lord Shaftesbury in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts an die Spitze der Reformbewegung stellte, kamen die ersten durchsetzbaren Sozialgesetze heraus: Diese so genannten „Factory Laws“ schränkten die Kinderarbeitszeit sukzessive ein (1833 betrug sie maximal neun Stunden pro Tag für unter 13-Jährige). Charles Dickens skizzierte die skandalösen Zustände in den englischen Fabriken in seinen Werken, auch in David Copperfield. Wegen seiner detaillierten Schilderungen der sozialen Wirklichkeit wird der Roman als wichtiges Werk des Realismus betrachtet.

Entstehung

„Ich bin ein guter Vater gegen jedes Kind meiner Fantasie, aber im Innersten meines Herzens hege ich ein Lieblingskind, und sein Name ist David Copperfield“, soll Charles Dickens in dem Jahr vor seinem Tod gesagt haben. Und tatsächlich hat er in den Helden seines Romans mehr von sich selbst hineingelegt als in jede andere Figur. Da ist es auch kein Zufall, dass David Copperfield der erste Roman ist, den Dickens aus der Ich-Perspektive des Protagonisten erzählt. Seinem besten Freund und späteren Biografen John Forster vertraute er an, dass er kurz vor Niederschrift des Romans damit begonnen hatte, eine Autobiografie zu schreiben. Die Erinnerungen an die harte Kindheit nahmen ihn jedoch mehr mit, als er zunächst erwartet hatte. Kurzerhand verbrannte er alles, was bisher fertig geworden war. Da kam ihm die Idee, seine eigene Kindheitsgeschichte in die einer fiktiven Figur einzuflechten. Die Idee für David Copperfields Lebensreise war geboren. In der Verkleidung eines anderen durchlebte Dickens seine Kindheit erneut: Als sein Vater in den Schuldturm gesperrt wurde, musste er die Schule abbrechen und in einer Schuhcremefabrik arbeiten. Daraus wurde im Roman Davids schwierige Zeit in Murdstones Weinhandlung. Die Beschreibung der armseligen Verhältnisse der Micawbers gestaltete Dickens nach dem Vorbild seiner eigenen Eltern.

Wirkungsgeschichte

Im Mai 1849 wurde der erste Teil von David Copperfield in der Zeitschrift Household Words veröffentlicht. Im November 1850 war die Serienveröffentlichung abgeschlossen, zeitgleich erschien die erste Buchausgabe. Auch wenn dem Buch nicht der gleiche kommerzielle Erfolg wie anderen Werken Dickens’ beschieden war, wurde die Geschichte um Copperfield doch zu den berühmtesten Romanen des englischen Autors. Die Kritiken waren durchweg positiv. Im Fraser’s Magazine war nach der Veröffentlichung der ersten Buchausgabe 1850 zu lesen: „David Copperfield ist unserer Meinung nach der beste Roman des Autors.“

Bis heute zählt das Werk zu den wichtigsten aus kindlicher Perspektive geschriebenen Romanen der Weltliteratur. Der englische Schriftsteller George Orwell brachte dies mit folgenden Worten zum Ausdruck: „Kein Autor hat sich so sehr in die Perspektive eines Kindes versetzen können wie Dickens. Dickens konnte die kindliche Psyche von innen wie von außen darstellen, sodass dieselbe Szene wilde Burleske oder düstere Realität sein kann, je nach dem Alter, in dem man sie liest.“ Und der amerikanische Schriftsteller John Irving lobte Dickens’ Stil mit den Worten: „Dickens hat jeden Satz leicht zu lesen gemacht, weil er wollte, dass man jeden Satz liest.“ Viele andere Schriftsteller fühlten sich von Dickens zu eigenen Werken inspiriert.

David Copperfield wurde rund 15 Mal verfilmt, darunter in einer aufwändigen Fernsehproduktion mit dem jungen Harry-Potter-Darsteller Daniel Radcliffe aus dem Jahr 1999. Der amerikanische Magier David Copperfield (eigentlich David Seth Kotkin) und die Rockband Uriah Heep benannten sich nach Charakteren aus Dickens’ Roman.

Über den Autor

Charles Dickens wird am 7. Februar 1812 in Landport bei Portsmouth als eines von acht Kindern eines Marinezahlmeisters geboren. Weil die Familie über ihre Verhältnisse lebt und der Vater Schuldscheine nicht einlösen kann, kommt sie in ein Schuldgefängnis. Der zwölfjährige Charles wird Hilfsarbeiter in einer Fabrik, um selbst seinen Unterhalt bestreiten zu können. Die Erlebnisse der Kinderarbeit traumatisieren den Jungen und prägen später einen Großteil seines literarischen Werks. Als die Familie aufgrund einer Erbschaft des Vaters wieder freikommt, kann Charles Dickens seine Schulausbildung fortsetzen. Mit 15 Jahren wird er Schreiber in einem Anwaltsbüro. Bald darauf steigt er zum Gerichts- und Parlamentsreporter auf. 1836 heiratet er Catherine Hogarth, die Tochter eines Journalistenkollegen. Als er 1836/37 seine Episodenreihe The Pickwick Papers (Die Pickwickiers) veröffentlicht, erlangt er schnell in ganz England Berühmtheit. Der nachfolgende Fortsetzungsroman Oliver Twist (1837/38) festigt seine Popularität. Er gibt mehrere Zeitschriften heraus und verfasst Kurzgeschichten und Romane. 1849/50 arbeitet Dickens an David Copperfield, einem Werk, das stark autobiografische Züge trägt. Nach 1852 erscheinen seine großen Spätromane Bleak House (Bleakhaus), Hard Times (Schwere Zeiten) und Great Expectations (Große Erwartungen). 1858 trennt sich Dickens von seiner Frau, mit der er inzwischen zehn Kinder hat. Gegen Ende seines Lebens unternimmt er ausgedehnte Lesereisen in Europa und Amerika. Weil sich seine Gesundheit zunehmend verschlechtert, erwirbt er 1868 den Landsitz Gad’s Hill Place bei Rochester. Am 9. Juni 1870 stirbt er dort an einem Schlaganfall. Als Schriftsteller von nationaler Bedeutung wird er in der Dichterecke der Westminster Abbey beigesetzt.

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