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Alice im Wunderland

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Alice im Wunderland

dtv,

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12 take-aways
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What's inside?

Nicht nur für Kinder: Die kleine Alice macht im Traum eine Reise durch eine wundersame, skurrile, aber auch beängstigende Welt, deren Unsinnigkeiten sie mit kühlem Kopf entlarvt.

Literatur­klassiker

  • Fantastik
  • Viktorianische Ära

Worum es geht

Ein Märchen mit Tiefgang

Lewis Carrolls Erzählung Alice im Wunderland kann als Gegenentwurf zur viktorianischen Gesellschaft mit ihren rigiden Konventionen gelesen werden. Das Buch leuchtet eine Welt aus, in der ein Kind sich allein seinen Weg durch das Leben bahnen muss, weit weg von allen erzieherischen Normen. Mithilfe der wundersamen Erlebnisse der kleinen Alice widerlegt Lewis Carroll die Vorstellung seiner Zeit, die Welt der Erwachsenen mit ihren (z. T. fragwürdigen) moralischen Prinzipien sei das Modell, dem auch die Welt der Kinder angepasst werden müsste. Alices Traumwelt ist weder ideal, noch ist sie frei von Gefahren. Doch die junge Heldin meistert alle Herausforderungen aufgrund ihrer Unvoreingenommenheit und ihres eigenen, zwar kindlichen, aber unverstellten Urteilsvermögens. Carroll „rehabilitiert“ so das Kind als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft und als eigenständiges Individuum. Das Mädchen enthüllt in seiner direkten, unbekümmerten Art schonungslos die Egoismen, Lebensängste und Gewalttätigkeiten erwachsener Menschen. Carrolls Gesellschaftskritik versteckt sich in der überbordenden Fantastik und Absurdität des Geschehens, die ihresgleichen sucht und Alice im Wunderland auch heute noch eine breite Leserschaft in allen Kulturkreisen sichert.

Take-aways

  • Alice im Wunderland aus dem Jahr 1865 gilt als erfolgreichstes britisches Kinderbuch – immer noch vor Harry Potter.
  • Carroll verband die literarische Tradition des Märchens mit der Absurdität der Nonsens-Literatur, die Mitte des 19. Jahrhunderts in England salonfähig wurde.
  • Die kleine Alice folgt im Traum einem weißen Kaninchen in dessen Bau und gerät in ein unterirdisches Wunderland.
  • Merkwürdige Wesen und Fabeltiere – der verrückte Hutmacher, die grinsende Katze, die hässliche Herzogin, die Suppenschildkröte, sprechende Spielkarten samt ihrer Königin und viele andere – leben in dieser Traumwelt nach ihrer eigenen Unsinnslogik.
  • Die Bewohner des Wunderlands lassen keine Gelegenheit aus, Alice zu kritisieren, und benehmen sich ihr gegenüber ziemlich feindselig.
  • Bei einem Krocketspiel zwischen der Herzogin und der Spielkartenkönigin dienen lebende Flamingos als Schläger und zusammengerollte Igel als Bälle.
  • Die autoritäre Königin will alle, die ihr widersprechen, enthaupten lassen.
  • Die zauberhafte Welt bewegt sich für Alice bisweilen am Rand eines Albtraums.
  • Dem um Ausgleich bemühten Mädchen gelingt es oft, seine Konflikte mit den Wesen der Wunderwelt resolut und intelligent zu regeln.
  • Als am Ende eine Gerichtsverhandlung zur Farce zu geraten droht, tritt Alice mutig für den angeklagten Herzbuben ein und rettet ihm das Leben.
  • Die französischen Surrealisten sahen in Carrolls Schreibweise die Artikulation eines von Konventionen befreiten Unterbewusstseins.
  • Die Disney-Verfilmung aus dem Jahr 1951 überbetont die idyllischen und niedlichen Aspekte der Geschichte und bestimmt bis heute das weichgezeichnete Bild vom Wunderland in den Köpfen der Menschen.

Zusammenfassung

Alice folgt dem weißen Kaninchen

An einem schönen Sommertag sitzt die kleine Alice mit ihrer Schwester am Bachufer unter einem Baum und langweilt sich. Da läuft plötzlich ein weißes Kaninchen mit roten Augen vorüber. Aufgeregt zieht das kleine Tier eine Uhr aus der Westentasche und murmelt vor sich hin, dass es nun wohl zu spät komme. Neugierig springt Alice auf, denn sie hat noch nie ein Kaninchen gesehen, das eine Weste trägt und noch dazu eine Uhr besitzt. Alice läuft hinter dem Tier her, bis es in einem Erdloch verschwindet. Neugierig zwängt sich auch das Mädchen in den Bau hinein und fällt durch einen langen Schacht. Alice hat das Gefühl, dass der Sturz eine kleine Ewigkeit dauert, und sie glaubt, dass sie wohl auf der anderen Seite der Erde ankommen wird, wo die Menschen ihrer Meinung nach mit den Köpfen nach unten laufen. Schließlich landet Alice in einem langen Flur, an dessen Wänden sich viele kleine Türen befinden. Auf einem Glastisch entdeckt sie einen goldenen Schlüssel. Der öffnet eine der Türen: Sie führt in einen Tunnel, an dessen Ende Alice einen zauberhaften Garten erblickt. Es zeigt sich jedoch, dass Alice zu groß ist, um den Garten durch die Tür betreten zu können.

Das Bad im Tränensee

Da sieht das Mädchen ein Fläschchen, auf dem „Trink mich“ steht, und nachdem es, etwas misstrauisch zwar, den Inhalt bis auf den letzten Tropfen ausgetrunken hat, schrumpft es um 20 Zentimeter. Nun ist Alice aber zu klein, um den Schlüssel zu erreichen, der auf dem Tisch liegt. Sie ist traurig und fängt an zu weinen. Als Alice sich im Flur noch ein wenig umschaut, findet sie einen Kuchen, der die Aufschrift „Iss mich“ trägt. Sie fackelt nicht lange und beißt hinein. Zunächst passiert nichts – doch wenig später wird sie wie ein Teleskop in die Länge gezogen. Schließlich erreicht sie eine Größe von drei Metern. Nun ist sie wieder zu groß, um den Garten betreten zu können. Alice ist bitter enttäuscht und weint so sehr, dass sich bald ein See aus Tränen um sie herum bildet. Sie hat das Gefühl, nicht mehr zu wissen, wer sie eigentlich ist. Da taucht das Kaninchen wieder auf. Doch als Alice es anspricht, läuft es verängstigt weg und lässt lediglich ein Paar weiße Handschuhe zurück. Alice fragt sich, was aus ihr geworden ist. Um zu erfahren, ob sie immer noch Alice ist, singt sie ein paar Kinderlieder, überzeugt davon, sie auswendig zu können, aber sie muss feststellen, dass sie die Texte nicht mehr beherrscht.

Trockenübung an Land

Alice gelingt es, sich einen der Handschuhe des Kaninchens überzustreifen. Sie ist also offensichtlich wieder kleiner geworden. Schnell will sie die Gunst des Augenblicks nutzen und auf den Eingang des Gartens zulaufen – aber sie befindet sich ja inmitten des Sees ihrer eigenen Tränen! Sie beginnt zu schwimmen. Als sie sich umschaut, merkt sie, dass viele Tiere ins Wasser gefallen sind und hinter ihr herschwimmen. Als Alice und die Tiere an Land zurückgeklettert sind, kommt die Frage auf, wie die Tiere wieder trocken werden können. Eine Maus glaubt eine Lösung zu haben: Nur eine von ihr erzählte Geschichte könne alle Tiere trocknen, behauptet sie. Aber ihre Geschichte erweist sich als zu kompliziert. Die Tiere langweilen sich, und bald ist ihnen auch kalt. Da schlägt die Dronte, ein Riesenvogel, einen sonderbaren Wettlauf vor: Alle laufen, wohin sie wollen. Nachdem alle in verschiedene Richtungen gelaufen und tatsächlich trocken geworden sind, stellt sich die Frage, wer denn den Wettlauf eigentlich gewonnen hat. Man kommt zum Schluss, dass alle gewonnen haben. Jeder soll einen Preis bekommen, und Alice wird von den Tieren aufgefordert, die Preise zu übergeben. Zum Glück findet sie in einer ihrer Taschen alte Bonbons, und sie hat auch tatsächlich so viele davon, dass jedes Tier einen Preis bekommt.

Alice soll verbrennen

Ein wenig später kommt das Kaninchen zurück und befiehlt Alice, ihm sofort die Handschuhe zurückzugeben. Alice gehorcht, obwohl das sonst nicht ihre Art ist und sie dem Kaninchen eigentlich gerne widersprochen hätte. Auf der Suche nach den Handschuhen betritt sie ein kleines Häuschen. Darin passiert ihr ein Missgeschick: Sie nimmt aus reiner Neugier einen Schluck aus einer Flasche und wird plötzlich riesengroß – so groß, dass sie in einem der Zimmer förmlich eingeklemmt wird. Das Kaninchen beschließt daraufhin, Bill, die Eidechse, durch den Kamin zu Alice zu schicken, um die Handschuhe zu holen. Mit einem herben Fußtritt befördert Alice Bill wieder nach draußen, was das Kaninchen so verärgert, dass es beschließt, das Haus, in dem Alice eingeklemmt ist, niederzubrennen. Selbst Alices Drohung, ihre Katze Dinah – die sich allerdings zu Hause bei ihren Eltern befindet – auf das Kaninchen zu hetzen, zeigt keine Wirkung. Doch das Mädchen hat Glück: Zwar wird es von dem Kaninchen mit Steinen beworfen, aber diese Steine verwandeln sich in Kuchen. Sofort isst Alice einen davon – und wird tatsächlich wieder kleiner. Nun kann sie sich befreien und flieht in den Wald. Da sie sich aber wieder zu klein vorkommt, sucht sie etwas zu trinken und zu essen. Dabei stößt sie auf eine Raupe, die auf einem Pilz sitzt und eine Wasserpfeife raucht.

Ein Pilz zum Wachsen und Schrumpfen

Die Raupe fragt Alice, wer sie sei, und als das Mädchen ihr sagt, dass sie das auch nicht so genau wisse, verlangt das Kriechtier arrogant nach einer Erklärung. Alice kann sie ihm nicht geben, bemerkt aber spitz, die Raupe habe gar keinen Grund, sie zu kritisieren. Schließlich wechsele sie ja auch ihr Aussehen, wenn sie sich verpuppe und zum Schmetterling werde. Von dieser klugen Antwort gekränkt, schlägt die Raupe Alice vor, ein Gedicht vorzutragen. Nachdem Alice ihre Rezitation beendet hat, teilt die Raupe ihr kühl mit, dass sie das Gedicht nicht richtig aufgesagt habe. Dennoch vertraut Alice ihr an, dass sie gerne eine andere Körpergröße hätte. Da wird die Raupe ein wenig freundlicher: Alice müsse nur vom Rand des Pilzschirms essen, dann werde sie entweder wachsen oder kleiner werden. Nun weiß Alice natürlich nicht, welche Seite des Pilzes sie wachsen und welche sie schrumpfen lässt. Also probiert sie es aus und schrumpft zuerst, bis sie von der anderen Seite isst und wieder wächst. Doch nicht ihr ganzer Körper ist gewachsen, sondern nur ihr Hals, weswegen sie von einer Taube für eine Schlange gehalten wird. Durch weiteres Knabbern an verschiedenen Stücken des Pilzes erlangt Alice schließlich ihre richtige Größe wieder. Bei ihrem Gang durch den Wald kommt sie zum Haus der Herzogin und wird Zeugin, wie dieser von einem fischgesichtigen Diener eine Einladung der Königin zum Krocketspiel übergeben wird.

Die grinsende Katze

Die Köchin der Herzogin ist gerade dabei, eine Pfeffersuppe vorzubereiten, als sie plötzlich anfängt, der Herzogin, die ein Baby in den Schlaf wiegt, Teller an den Kopf zu werfen. Obwohl die Herzogin Alice unfreundlich begegnet, übergibt sie ihr rasch das Kind, mit dem Alice nach draußen flüchtet, aus Angst, von den Tellern getroffen zu werden. Im Arm von Alice nimmt das Baby immer mehr die Züge eines Ferkels an. Schließlich stellt sie es auf den Boden, und grunzend springt es davon. Nur wenig später lernt Alice die Cheshire-Katze der Herzogin kennen. Es scheint, als ob diese Katze ständig grinse, und Alice kommt es sogar so vor, als würde das Grinsen zurückbleiben, selbst wenn die Katze schon wieder weg ist. Obwohl die Herzogin behauptet, alle Katzen würden grinsen, hält ihr Alice selbstbewusst entgegen, dass sie das nicht glaube, weil sie nie zuvor eine solche gesehen habe. Kurze Zeit später kommt das Mädchen beim Märzhasen vorbei. Dort ist gerade Teestunde. Neben dem Märzhasen nehmen daran der Hutmacher und eine halb schlafende, halb wachende Haselmaus teil. Auf dem langen Tisch sind die meisten Gedecke sauber und ungenutzt. Der Empfang, den die drei Alice bereiten, ist sehr unhöflich. Ständig nörgeln sie an den Manieren des Kindes herum. Doch Alice weist die Gastgeber energisch zurecht. So sagt sie ihnen etwa, wie unsinnig es ihr vorkommt, dass sie einfach nur einen Platz weiterrücken, um wieder vor einem sauberen Gedeck zu sitzen, statt das gebrauchte zu reinigen. Außerdem stört es Alice, dass sich die drei darin gefallen, ständig Rätselaufgaben zu stellen, die sie selbst nicht lösen können.

Ein denkwürdiges Krocketspiel

Schließlich wird Alice der drei seltsamen Gestalten überdrüssig und geht ihres Weges. Zu ihrer Überraschung entdeckt sie eine Tür in einem Baumstamm. Als sie eintritt, befindet sie sich plötzlich wieder in dem Flur, wo sie den goldenen Schlüssel gefunden hat. Jetzt endlich gelingt es ihr, den zauberhaften Garten zu betreten. Dort trifft das Mädchen auf drei Gärtner, die damit beschäftigt sind, weiße Rosen rot anzumalen. Auf Alices Frage, warum sie das tun, antworten sie, sie hätten irrtümlich an dieser Stelle einen weißen Rosenstrauch gepflanzt, wo doch die Königin einen roten gewünscht habe. Alice staunt nicht schlecht, denn die drei Gärtner sind nichts anderes als sprechende Spielkarten, und als die Königin mit ihrem Gefolge schließlich an dem Rosenstrauch vorbeikommt, sieht Alice, dass sie alle Spielkarten sind. Alice stellt sich der Königin auf deren Bitte hin vor. Die Herrscherin ist sehr autoritär und droht jedem mit Enthauptung, der ihr widerspricht. Es beginnt ein seltsames Krocketspiel, an dem neben der Herzogin und der Königin auch Alice teilnehmen darf: Die Schläger sind Flamingos, als Bälle dienen zusammengerollte Igel, und einige Spielkartensoldaten müssen, sich krümmend, die Tore abgeben. Alle Spieler, die sich nicht an die Spielregeln halten, will die Königin enthaupten lassen.

Die Katze verweigert den Handkuss

Alice bekommt es mit der Angst zu tun und ist froh, dass die Cheshire-Katze wieder auftaucht, denn in ihrer Nähe fühlt sie sich wohl. Freudig stellt Alice die Katze, von der nur der Kopf sichtbar ist, dem König vor. Als der Monarch aber von dem Tier einen Handkuss verlangt, weigert sich die Katze. Verärgert ruft der König die Königin herbei, und die verurteilt die Katze zum Tod durch Enthauptung. Nun entbrennt eine Diskussion zwischen dem Scharfrichter und der Königin darüber, ob man eine Cheshire-Katze enthaupten kann. Denn einen Kopf ohne zugehörigen Körper könne man nicht herunterhauen, behauptet der Scharfrichter. Diese Auffassung mag die Königin nun gar nicht teilen; sie meint, wo ein Kopf sei, könne man auch köpfen. Alice versucht zu vermitteln, indem sie anregt, dass man darüber die Herzogin befragen müsse, weil ihr die Katze gehöre. Da stellt sich heraus, dass die Herzogin von der Königin ins Gefängnis geworfen wurde und man erst nach ihr schicken lassen muss. Mittlerweile hat sich die Katze aber schon längst unsichtbar gemacht.

Die Suppenschildkröte lässt die Puppen tanzen

Die Herzogin freut sich, Alice wiederzusehen. Die beiden führen ein tiefschürfendes Gespräch. Die Herzogin versucht, Alice davon zu überzeugen, dass man aus allen Geschichten, die einem im Leben passieren, Lehren ziehen kann. Die Königin stört das harmonische Verhältnis zwischen Alice und der Herzogin, sie droht Letzterer mit Enthauptung. Nachdem die Herzogin fluchtartig das Feld geräumt hat, geht die Krocketpartie weiter. Die Königin schlägt Alice vor, eine Suppenschildkröte zu besuchen und sich deren Lebensgeschichte anzuhören. Begleitet wird Alice dabei von dem Vogel Greif, der allerdings die Geschichte schon kennt und deshalb die Schildkröte etwas unwirsch auffordert, sich beim Erzählen zu beeilen. Die Schildkröte schwelgt in Erinnerungen an ihre Schulzeit. Alice findet das gar nicht so interessant, auch nicht als die Schildkröte behauptet, viel mehr gelernt zu haben als Alice. Lustiger wird es hingegen, als der Greif und die Schildkröte Alice beibringen, wie man die Hummer-Quadrille tanzt, bei der alle Tiere einen Hummer als Partner haben und diesen ins Wasser werfen müssen.

Prozess gegen den Tortendieb

Die Suppenschildkröte stellt sich als weinerlicher Typ heraus. Immerzu denkt sie daran, dass sie ja eigentlich nur dazu gemacht ist, in einer Suppe zu landen. Mit tränenerstickter Stimme singt sie denn auch ein letztes Lied von der Suppe. Sie hat kaum geendet, als eine Stimme erschallt, die alle Leute daran erinnert, dass vor Gericht ein großer Prozess beginnen soll. Alice merkt, wie sie allmählich ihre alte Größe zurückgewinnt. Alle Tiere haben sich im Gerichtssaal eingefunden. Der Herzbube, eine Spielkarte im Dienst der Königin, ist angeklagt, die Törtchen gestohlen zu haben, welche die Königin gebacken hat. Der König ist der Richter, und den Ablauf des Prozesses bestimmt das weiße Kaninchen. Es fordert auch Alice auf, auszusagen und die Fragen des Königs zu beantworten. Als ein neues Beweisstück gefunden wird – ein Gedicht, das angeblich die Schuld des Herzbuben beweist –, platzt Alice der Kragen. Sie entlarvt das Gerichtsverfahren als reinsten Unsinn. Die Königin will daraufhin auch Alice mit der Enthauptung bestrafen. Doch Alice wird immer mutiger. Sie hätten ihr gar nichts zu sagen, denn sie seien ja alle nur Spielkarten, ruft sie in den Gerichtssaal hinein. Die Karten flattern auf Alice zu, sie erschrickt – und merkt, dass sie am Bachufer liegt und alles nur geträumt hat. Sie erzählt die Abenteuer ihrer Schwester.

Zum Text

Aufbau und Stil

Alice im Wunderland ist ein munter drauflosfabuliertes Buch, das die Abenteuer der kleinen Alice in zwölf Kapiteln aneinanderreiht. Jedes Kapitel wird mit einer Zeichnung des berühmten Illustrators und Karikaturisten John Tenniel eingeleitet. Der Erzählfluss wird immer wieder durch Nonsens-Gedichte und -Lieder unterbrochen, von denen eins auch ideogrammatisch dargestellt wird: Der Text der von der Maus erzählten „weitschweifigen“ Geschichte zieht sich tatsächlich wie ein Mausschweif in wellenförmigen Bewegungen über die Buchseite.

Interpretationsansätze

  • Lewis Carroll versteckt Gesellschaftskritik im Märchen: Die skurrilen Gestalten des Wunderlands reflektieren mit ihrer übertriebenen Prinzipientreue und ihren von jeglichem Selbstzweifel befreiten Gesten und Worten typische Verhaltensmuster der Erwachsenenwelt.
  • Alice im Wunderland kann als eine Parabel auf den Erziehungsnotstand im 19. Jahrhundert gelesen werden, der im Wesentlichen auf einer weit verbreiteten Autoritätsgläubigkeit begründet war.
  • Alices Schulbildung hilft ihr zwar, viele Überzeugungen der skurrilen Wunderlandbewohner als falsch zu entlarven. Doch eigentlich ist es weniger das in der Schule Gelernte als vielmehr die Unvoreingenommenheit der kindlichen Heldin, ihre Bereitschaft, sich vorurteilsfrei auf Neues einzulassen, die sie mit heiler Haut ihre Abenteuer bestehen lässt.
  • Die seitens der Wunderlandbewohner immer wieder geäußerte Frage nach Alices Identität, deren Beantwortung Alice solche Schwierigkeiten bereitet, ist sehr bedeutsam. Sie belegt, dass Herkunft und Ansehen eines Menschen oft als wichtiger gelten als Charakter und Kompetenz.
  • Die Erzählung ist immer wieder psychoanalytisch gedeutet worden – nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der offenbaren Vorliebe des Autors Lewis Carroll für junge Mädchen.

Historischer Hintergrund

Die rigiden Wertmaßstäbe der Viktorianischen Zeit

Lewis Carrolls Alice im Wunderland erschien 1865 mitten in der knapp 70-jährigen Regierungszeit (1837–1901) der sittenstrengen und religiösen Königin Victoria. In scharfem Kontrast zu den offiziell verkündeten moralischen und religiösen Standards stand jedoch die Lebenswirklichkeit: Viele Kinder des Industrieproletariats mussten z. B. schon als Zehnjährige in den Fabriken und Bergwerken arbeiten. Von Charles Dickens, dem berühmten Zeitgenossen Lewis Carrolls, stammt der Satz, den Engländern lägen ihre Pferde mehr am Herzen als ihre Kinder. Das englische Bürgertum erzog seinen Nachwuchs mit harter Hand. So wurde im 19. Jahrhundert die Prügelstrafe in der Schule mehrfach verschärft. Nicht selten verstießen Familien ihre Kinder, wenn deren Werdegang nicht ihren Erwartungen entsprach, und schickten sie in die britischen Kolonien. Die Sozialpädagogik des Philosophen Jeremy Bentham drückte der Zeit ihren Stempel auf. Benthams utilitaristische, d. h. am Nutzen orientierte Erziehungsprinzipien fanden sowohl in den Familien wie auch in den Schulen großen Anklang. Das Kind wurde als kleiner Erwachsener betrachtet. Da blieb kein Platz mehr für die Förderung von Fantasie, Kreativität oder Spieltrieb. Im Viktorianischen Zeitalter vollzog sich in den Augen von Lewis Carroll keine moralische Verbesserung der englischen Gesellschaft, im Gegenteil: Carroll fürchtete, dass die Erziehung den Kindern eher schadete als nutzte.

Entstehung

Lewis Carroll erzählte die Wunderland-Geschichte der zehnjährigen Alice Liddell, der Tochter seines Vorgesetzten am College, während einer sommerlichen Bootsfahrt im Jahr 1862. Wenige Tage später entschloss er sich, die Geschichte aufzuschreiben und sie Alice zu schenken. So entstand zwar eine erste Fassung, die jedoch nicht zur Veröffentlichung vorgesehen war. Erst drei Jahre später kam es zur Publikation, nachdem einige Bekannte den Autor dazu überreden konnten. Die übrige viktorianische Kinderliteratur erschien oft betulich, tendierte zum Kitsch und wirkte durch die vielen lehrreichen Sinnsprüche sehr didaktisch. In Alice im Wunderland machte Carroll diese didaktische Tendenz lächerlich, indem er Situationen erfand, für die es in der realen Welt keine Entsprechung gibt. Carroll positionierte den Text somit in der Bewegung der Nonsens-Literatur. Zur ihr gehören Texte, die ihre komische Wirkung nicht so sehr aus Witz, Humor und Ironie, sondern aus reiner Absurdität, oft auch aus sprachlichen Klangeffekten ziehen. Als historisches Vorbild für die Nonsens-Literatur galt die Sprache der Narrenfiguren aus Shakespeares Dramen. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts erschien der Nonsens als selbstständige literarische Form. Begründet wurde diese u. a. durch den Dichter Edward Lear, von dem auch viele Limericks (scherzhafte, fünfzeilige Gedichte) bekannt sind.

Wirkungsgeschichte

Alice im Wunderland war ein unglaublicher Erfolg beschieden. Man schätzt, dass bis 1870, also allein in den ersten fünf Jahren nach Erscheinen, weltweit bereits 15 000 Bücher verkauft wurden. Ein einzigartiger Erfolg in der europäischen Literatur, der nicht zuletzt auch die damalige kulturelle Dominanz des britischen Empire verdeutlicht. Kurz nach Erscheinen der Originalausgabe lagen bereits Übersetzungen in fast allen europäischen Sprachen vor. Unter dem Einfluss der zeitgenössischen Illustrationen des englischen Malers John Tenniel wurden jahrzehntelang vor allem die idyllischen Facetten der Geschichte hervorgehoben. Im 20. Jahrhundert begannen dann ihre monströsen und absurden Seiten zunehmend die – meist psychoanalytischen – Interpreten zu beschäftigen. Die Surrealisten waren von Alice fasziniert, weil sie in Carrolls Schreibweise ein sich frei artikulierendes Unterbewusstsein zu erkennen glaubten. Auch James Joyce bezog sich in Finnegans Wake auf Lewis Carroll. Als in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts die Einnahme leichter Drogen salonfähig wurde, verwiesen die Befürworter der Liberalisierung des Drogenkonsums auf Alice im Wunderland: Alices Abenteuer wurden als halluzinierte Drogenvision interpretiert. Immerhin knabbere das Mädchen ja ständig an einem mysteriösen Pilz, war eines der häufigsten Argumente.

1871 veröffentlichte Carroll eine Fortsetzung der Geschichte, die bereits ein Jahr später als Hinter dem Spiegel auf Deutsch vorlag. Das erzählerische Prinzip bleibt dasselbe. Allerdings ist die Wunderwelt nun noch rätselhafter als in Alice im Wunderland. Viele sehen in der Fortsetzung ein Buch, das sich vor allem an Erwachsene wendet. 1886 räumte Carroll seinem Schriftstellerkollegen Savile Clarke das Recht ein, eine Bühnenfassung der Geschichte von Alice im Wunderland anzufertigen, die bis heute in rund 20 Sprachen übersetzt wurde und immer noch auf den Weihnachtsspielplänen vieler Theater zu finden ist. Die Zeichentrickverfilmung durch die Disney-Studios aus dem Jahr 1951 versuchte an den großen Erfolg von Disneys Schneewittchen unmittelbar vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs anzuknüpfen und zeigte eine im Buch nur selten vorhandene, gleichsam märchenhafte Harmonie zwischen Alice und den Figuren des Wunderlands. Nichtsdestoweniger gehört diese Verfilmung zu den zehn erfolgreichsten Disney-Adaptionen des 20. Jahrhunderts. Alice im Wunderland zählt bis heute zu den in der angelsächsischen Öffentlichkeit meistzitierten literarischen Texten. Selbst noch in dem Science-Fiction-Film Matrix (1999) findet sich eine Anspielung auf das weiße Kaninchen aus Alice.

Über den Autor

Lewis Carroll wird am 27. Januar 1832 als Sohn eines englischen Landpfarrers geboren. Sein richtiger Name ist Charles Lutwidge Dodgson. Er studiert in Oxford Mathematik und arbeitet später als Tutor am College, wo er sich den eher zweifelhaften Ruhm erwirbt, ein langweiliger Lehrer zu sein. Er gilt als schüchterner Mensch, doch aufgrund der Vielseitigkeit seiner Interessen ist er in Intellektuellenkreisen beliebt. Seine Verleger und Illustratoren hingegen treibt Carroll mit permanenten Änderungswünschen seiner Manuskripte zur Weißglut. Gleichzeitig lässt er keine Gelegenheit aus, die schlechten Manieren seiner Mitmenschen öffentlich zu kritisieren. Carroll ist sehr religiös, schon als junger Mann wird er zum Priester geweiht. Er übt das Amt allerdings nicht aus, da er sein Stottern als Behinderung empfindet. In der Gesellschaft von Kindern, insbesondere von kleinen Mädchen, fühlt sich Carroll sehr wohl. Ihnen schreibt er lange, ernsthafte Briefe oder erzählt ihnen Geschichten. Nicht selten ergänzt er diese Geschichten um logische Paradoxe und Rätsel. 1879 publiziert Carroll eine Abhandlung über die Bedeutung Euklids in der modernen Mathematik, 1887 und 1894 folgen Publikationen über die Logik. In der Technik eines zu seiner Zeit völlig neuen Mediums, der Fotografie, sieht er eines der interessantesten Phänomene der Naturwissenschaften. Carroll wird ein bedeutender Fotograf, der viele Persönlichkeiten seiner Zeit, aber auch zahlreiche kleine Mädchen ablichtet. Anfangs mit Gerüchten über Carrolls sexuelle Veranlagung behaftet, gelten diese Kinderporträts heute als Kunstwerke von besonderer Qualität. Carroll ist kein Vielschreiber. Neben den beiden Geschichten Alice in Wonderland (Alice im Wunderland, 1865) und Through the Looking-Glass, and What Alice Found There (Alice hinter den Spiegeln, 1872) verfasst er The Hunting of the Snark (Die Jagd nach dem Schnark, 1876), das als in seiner komischen Unsinnigkeit kaum zu übertreffendes Nonsensgedicht gilt. Er stirbt am 14. Januar 1898 in Guildford.

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