Join getAbstract to access the summary!

Oblomow

Join getAbstract to access the summary!

Oblomow

Manesse,

15 min read
12 take-aways
Text available

What's inside?

Oblomow ist der wohl faulste und zugleich liebenswerteste Mensch, den je ein russischer Dichter erfand.

Literatur­klassiker

  • Roman
  • Realismus

Worum es geht

Ein sympathischer Faulpelz

Er singt das Loblied auf das süße Nichtstun, das Bett ist ihm der liebste Platz auf Erden: Oblomow ist ein Bummelant, wie er im Buche steht. Lethargisch schlurft er vom Bett zum Tisch und vom Tisch wieder ins Bett. Wenn Freunde vorbeikommen, um ihn ins grelle Leben zu stürzen, lehnt er dankend ab. Dabei gäbe es so viel zu tun: Sein verwahrlostes Landgut müsste dringend auf Vordermann gebracht werden. Und es gilt, die Liebe einer Frau, der entzückenden Oljga, zu erringen und zu festigen. Letzteres gelingt Oblomow sogar, kurzzeitig rafft er sich auf – aber dann folgt erneut die Erschlaffung: Schnell zieht er sich in sein Schneckenhaus zurück, erfindet tausend Ausreden, um nicht wieder auf die Straße gehen zu müssen – und verspielt die Liebe seines Lebens. Trotz allem ist Oblomow ein ganz sympathischer Kerl. Literaturwissenschaftler und Leser haben sich seit der Veröffentlichung des Buches den Kopf darüber zerbrochen, was sie von ihm halten sollen: ihn für seinen Schlendrian verdammen, wie es Lenin noch 1922 tat (und damit das ganze russische Volk meinte), oder ihn als Ikone der Verweigerung feiern, als einen, der sich der Hektik und Ge-schäftigkeit der Welt entzieht? Auf jeden Fall muss man Oblomow lieben, den wichtigsten Roman des ansonsten weitgehend unbekannten russischen Romanciers Iwan Gontscharow.

Take-aways

  • Oblomow ist der wichtigste und erfolgreichste Roman von Iwan Gontscharow.
  • Die Titelfigur ist ein heilloser und zugleich liebenswürdiger Faulpelz: Oblomow verbringt die meiste Zeit seines Lebens im Bett.
  • Sein Diener Sachar, genauso verschroben wie er selbst, hat es längst aufgegeben, Oblomow an seine Pflichten als Gutsbesitzer zu erinnern.
  • Doch drängende Probleme müssen gelöst werden: Oblomow muss aus seiner St. Petersburger Stadtwohnung ausziehen und sein Landgut in Ordnung bringen.
  • In seiner Unfähigkeit, Entscheidungen zu treffen, lässt er sich von einem alten Kollegen und dessen Komplizen übers Ohr hauen.
  • Oblomows Schulfreund Stolz versucht, ihn aus seiner Lethargie zu reißen, und stellt ihm die reizende Oljga vor.
  • Oblomow und Oljga verlieben sich und planen sogar zu heiraten.
  • Doch die Beziehung scheitert an Oblomows Phlegma: Die Ansprüche der Liebe sind ihm zu anstrengend, sodass er Oljga immer seltener besucht.
  • Schließlich rettet der aktive Stolz, was zu retten ist: Er selbst heiratet Oljga, sorgt für Oblomows Gut und nimmt Rache an den Betrügern.
  • Oblomow heiratet aus Bequemlichkeit seine Hauswirtin und stirbt früh.
  • Hintergrund des Romans sind die Schwierigkeiten des russischen Adels im 19. Jahrhundert, mit der Modernisierung des Landes und dem Aufstieg der Bourgeoisie Schritt zu halten.
  • „Oblomowerei“ ist in Russland zum geflügelten Wort geworden: Sie bezeichnet das süße Nichtstun, die vollkommene Abwesenheit von Tatkraft und Ehrgeiz.

Zusammenfassung

Auf dem Sofa

Ilja I. Oblomow, 32 Jahre alt und gut aussehend, liegt in einem weiten, abgetragenen Schlafrock auf dem Sofa seiner St. Petersburger Wohnung. Obwohl es schon zehn Uhr ist, hat er sich noch nicht einmal gewaschen. Sein Diener Sachar liegt im Nebenzimmer auf der Ofenbank und döst vor sich hin. Gelegentlich fegt er die Böden, doch die Ecken lässt er aus. Manchmal wischt er auch die Tische ab – aber nur diejenigen, auf denen nichts steht. Das Zimmer, in dem Oblomow die meiste Zeit verbringt, ist lediglich auf den ersten Blick gut eingerichtet: Eine Sofalehne ist gebrochen, die Spiegel und Fenster sind blind vor Staub. Es liegen Bücher und Zeitungen herum, in denen schon lange niemand mehr gelesen hat.

„Nach dem Tee aber richtete er sich auf seinem Lager auf und wäre beinahe aufgestanden; ja, er hatte sogar begonnen, auf die Pantoffeln blickend, den einen Fuß vom Bette zu ihnen hinabgleiten zu lassen; doch gleich darauf zog er ihn wieder zurück.“ (S. 11)

Oblomow stammt von einem großen Gut in einem weit abgelegenen Gouvernement Russlands. Zum Studium schickten ihn seine Eltern mit seinem deutschen Freund Andrej Stolz nach Moskau. Oblomow, von Natur aus antriebsschwach und wenig ehrgeizig, tat nur gerade so viel, wie nötig war, um den Lehrern gegenüber nicht den Gehorsam zu verweigern. Frauen bewunderte er nur aus der Ferne, da sie ihm zu viele Komplikationen machten. In St. Petersburg wurde er Beamter. Doch er hatte sich, vom ruhigen Leben auf dem Gut verwöhnt, falsche Vorstellungen vom Beamtentum gemacht. Statt gemächlich vor sich hin zu brüten, musste er immerfort Akten schreiben und eilige Aufträge erledigen. Alles ohne Ruhe oder innere Einkehr. Eines Tages machte er einen Fehler und meldete sich krank, um sich nicht vor dem Chef rechtfertigen zu müssen. Oblomow litt Qualen und kündigte schließlich. Zuerst genoss er das Leben ohne Arbeit. Er machte Besuche, ging ins Theater und las viel. Seine Ausgaben bestritt er mit den Gewinnen seines Gutes. Doch irgendwann erhielt er einen Brief von seinem Dorfschulzen, in dem dieser ihm die Probleme auf dem Gut mitteilte: Die Ernten seien schlecht und die Bauern dumm und faul. Daraufhin machte sich Oblomow intensiv Ge-danken darüber, wie man durch Modernisierungen und Umstrukturierungen eine größere Effektivität erzielen könnte. Seither liegt er oft auf dem Sofa und grübelt vor sich hin. Manchmal kommen ihm die Tränen, wenn er an die Niedertracht mancher Menschen denkt. An anderen Tagen freut er sich über das Gute auf der Welt. Niemand außer seinem Freund Stolz erkennt, welche Gedanken und Gefühle sich in ihm regen.

Doppeltes Unglück

Eines Tages tauchen nacheinander drei Besucher auf und laden Oblomow ein, nach Jekaterinburg zu fahren. Er ist jedoch zu träge, um aufzustehen, und findet die Idee eines Ausflugs lästig. Insgeheim bedauert er die Gäste, da sie alle arbeiten müssen und sich nicht den Annehmlichkeiten des Müßiggangs hingeben können. Nachdem die Besucher wieder gegangen sind, erscheint Tarantjew, ein ehemaliger Kollege. Dieser ist ein rechter Angeber, der es aber zu nichts gebracht hat und weit unter Oblomows Stand steht. Er liebt es, sich auf Kosten des gutmütigen Oblomow zu bereichern und ihn zu manipulieren. Oblomow seinerseits braucht manchmal Gesellschaft und ein offenes Ohr für seine Sorgen. An diesem Tag hat ihn ein doppeltes Unglück getroffen. Sein Dorfschulze hat ihm einen Brief geschrieben: Dürre und Miss-ernte seien zu beklagen, einige Bauern seien weggelaufen und daher müsse er die Abgaben an seinen Herrn um 2000 Rubel mindern. Zugleich fordert der Hausbesitzer Oblomow zum Auszug auf, da dessen Mietvertrag abgelaufen sei. Oblomow ist sehr besorgt und weiß sich keinen Rat. Daraufhin schlägt Tarantjew vor, er könne ihm eine Wohnung bei seiner Gevatterin besorgen. Oblomow möchte aber in seiner vertrauten Straße in der Stadt wohnen bleiben und nicht in eine abgelegene Gegend ziehen.

Der Kindheitstraum

Nach dem Fortgang der Gäste legt sich Oblomow sofort wieder hin und ist alsbald eingeschlafen. Er träumt von seiner Kindheit auf dem Gut Oblomowka. Jeden Morgen wurde er von seiner Kinderfrau angezogen und dann zu seiner Mutter zum Tee geführt. Alle ältlichen Verwandten herzten und küssten ihn beim Frühstück und nahmen Anteil an seinem Leben. Der Junge sollte rund und gesund sein, viel essen und sich niemals erkälten. Der Forscher- und Entdeckerdrang des Knaben, der auf die Galerie des Hauses und gar auf den Heuboden klettern wollte, hielt die Kinderfrau ständig auf Trab. Der Tagesablauf im Haus folgte einer geruhsamen Routine. Die Eltern des Jungen scheuten jede Anschaffung von Waren, die Geld kosteten. Daher wirkte die Einrichtung etwas schäbig. Der so genannte Ledersessel bestand nur noch aus Seilen und Bast, Kerzen durften nur im Notfall angezündet und Reparaturen nur zögerlich ausgeführt werden. Als die Galerie auf einer Seite einstürzte und eine Henne mit ihren Küken unter sich begrub, wurden die kaputten Bretter nach drei Wochen in die Scheune gebracht, wo sie bis zum nächsten Frühling blieben. Danach rief man mehrmals den Zimmermann, doch immer wieder wollte sich der Hausherr die geeignete Methode der Reparatur noch überlegen. Endlich, als auch der Rest der Galerie einzustürzen drohte, wurden die alten Bruchstücke als Stütze wieder befestigt.

Oblomow verliebt sich

Plötzlich steht Oblomows Jugendfreund Stolz im Raum und stört dessen Träume. Er ist entsetzt darüber, dass Oblomow um diese Tageszeit noch immer nicht aufgestanden ist. Dieser erklärt ihm, er müsse in Ruhe daliegen und nachdenken, alles andere sei für ihn unerträglich. Stolz hält inne und sagt dann, das sei „Oblomowerei“. Er setzt alles daran, seinen Freund und den faulen Diener auf Trab zu bringen. Im Nu ist Oblomow angekleidet, gewaschen und hat seine Stiefel an. In den folgenden Tagen nimmt Stolz ihn auf viele Gesellschaften mit. Jeden Abend kehren sie erst spät zurück. Doch Oblomow ist unglücklich. Er beschwert sich bei Stolz, die Menschen seien allesamt verlogen und lästerten hinter dem Rücken der anderen. Alle Gespräche seien oberflächlich. Auf Stolz’ Frage, wie sich Oblomow denn ein gutes Leben vorstelle, weiß dieser sofort eine Antwort: das Leben als ruhiger Fluss auf dem eigenen Gut. Er und Stolz würden mit ihren Frauen beisammensitzen und alles wäre friedlich. Daraufhin schlägt Stolz vor, ihm die junge Oljga vorzustellen, die ihm selbst sehr gefällt. Und tatsächlich: Oblomow lernt Oljga kennen und verliebt sich in sie. Ergriffen von ihrem Gesang gesteht er ihr seine Liebe, um danach verstört das Weite zu suchen.

„Er legte sich auf den Rücken und verschränkte beide Hände unter dem Kopf. Ilja Iljitsch nahm das Ausarbeiten des Gutsplanes in Angriff. Er ließ im Geiste rasch ein paar ernste, grundlegende Fragen bezüglich der Abgaben und des Pflügens vorübergleiten, erfand eine neue strenge Maßregel gegen die Faulheit und das Vagabundieren der Bauern und ging zur Einrichtung seines eigenen Lebens auf dem Gut über.“ (S. 101)

Die beiden wissen nicht recht, wie sie miteinander umgehen sollen. Sie machen Spaziergänge im Park und gehen befangen nebeneinander her. Statt wie verabredet nach Paris zu kommen und dort Stolz zu treffen, verbringt Oblomow seine gesamte Zeit mit Oljga. Er mietet sogar eine Landwohnung gegenüber ihrem Haus, steht zeitig auf und zieht sich täglich ordentlich an. Doch bald können sich die beiden nicht mehr allein treffen: Die Leute reden. Oblomow macht Oljga einen Heiratsantrag, und sie nimmt ihn an. Sie verlangt aber, dass er alles für die Eheschließung Nötige vorher erledigt. Er soll zu den Behörden gehen, die Zukunft seines Landguts klären und eine andere Wohnung nehmen. Unglücklicherweise hat Oblomow, der nun doch zu Tarantjews Gevatterin gezogen ist, in der Eile des Umzugs einen Kontrakt für ein Jahr unterschrieben. Dieser beinhaltet nicht nur die Wohnungsmiete, sondern auch die Miete für einige Ställe und außerdem einen Anteil für Kraut und Rüben. Oblomow ist verstört: Er kann das Geld für das ganze Jahr nicht aufbringen und daher nicht mehr umziehen.

Die Last der Liebe

Die Begegnungen mit Oljga finden nun nur noch bei Gesellschaften oder im Theater statt. Das bedrückt und langweilt Oblomow; immer häufiger kehrt er frühzeitig nach Hause zurück und legt sich aufs Sofa. Eines Tages fragt ihn sein Diener Sachar, wann er denn zu heiraten gedenke. Oblomow ist entsetzt, dass Sachar von seinen Plänen weiß. Schließlich hatten er und Oljga strenge Geheimhaltung vereinbart. Es stellt sich heraus, dass die Dienstboten von Oljgas Tante darüber tuscheln. Oblomow versucht Sachar mit seinem üblichen Hin und Her klarzumachen, dass er nicht beabsichtigt zu heiraten und dass Sachar mit niemandem mehr darüber sprechen soll. Darauf befragt der Diener seine Frau Anissja, um zu klären, wer zuerst von Oblomows Hochzeit gesprochen hat. Sie versucht ihn zu beruhigen und sagt ihm, dass nicht über Oblomow als Bräutigam, sondern über den Baron, einen Bekannten von Oljgas Familie, getratscht werde – ein Missverständnis also. Als die beiden gegangen sind, grübelt Oblomow: So hat er sich die Verkündung seiner Hochzeitspläne nicht vorgestellt. Alle sollten erstaunt und glücklich sein, und nun das ...

„,Das ...‘ (Stolz sann nach, wie er dieses Leben nennen sollte) ,das ist ... eine Oblomowerei!‘, sagte er endlich.“ (S. 245)

Oljga schickt Oblomow einen Brief, in dem sie ihn um ein Treffen im Park bittet. Oblomow wollte eigentlich in dieser Woche gar nicht zu ihr kommen, da er sich wegen der Gerüchte befangen fühlt. Oljga bemerkt seine geistige Abwesenheit. Er macht ihr Vorhaltungen und meint, die Leute könnten über sie reden. Daher schlägt Oljga vor, ihre Tante am nächsten Tag von den Heiratsplänen in Kenntnis zu setzen. Doch Oblomow lehnt ab, unter dem Vorwand, einen Antwortbrief vom Gut abwarten zu müssen. Oljga nimmt ihm das Versprechen ab, am nächsten Tag zum Essen zu kommen. Doch Oblomow steht spät auf und trödelt den ganzen Tag herum. Agafja, seine Wirtin, bietet ihm an, seine Strümpfe „anzustricken“ und seinen Schlafrock zu waschen. Tags darauf bekommt Oblomow wieder einen Brief von Oljga. Sie fragt ihn, wo er am Mittwoch gewesen sei; sie habe geweint und die ganze Nacht nicht geschlafen. Das tut Oblomow leid, doch gleichzeitig empfindet er die Liebe als eine Last, die ihm seine Ruhe und seinen Frieden raubt. Er antwortet Oljga, er habe sich bei dem Spaziergang im Park erkältet und müsse ruhen. Sie lobt ihn dafür und schlägt vor, er solle sich am Sonntag auch noch erholen. Das lässt sich Oblomow nicht zweimal sagen. Am folgenden Mittwoch kann er sie wieder nicht treffen, da die Brücken über die Newa im Winter abmontiert werden. Zwar hätte er bei einem Bekannten auf der anderen Flussseite wohnen können, aber das ist ihm zu umständlich. Als ein Diener Oljgas erscheint, lässt Oblomow sich verleugnen.

Das Ende der Beziehung

Endlich sind die Brücken wieder in Ordnung, doch Oblomow fühlt sich zu schlapp, um zu Oljga zu fahren. Stattdessen kommt sie zu ihm. Er schickt hastig die Dienstboten weg. Als Oljga sieht, dass er nicht, wie vermutet, krank ist, ist sie furchtbar enttäuscht. Oblomow bekommt vom Nachbarn seines Gutes einen Brief mit schlechten Nachrichten: Der Hof sei stark vernachlässigt, er solle unbedingt selbst hinfahren und alles in Ordnung bringen. Diese Aufgabe überfordert Oblomow. Er fragt Iwan, den Bruder seiner Wirtin, um Rat. Dieser erkennt, dass Oblomow keinen blassen Schimmer von der Verwaltung seines Gutes hat und verspricht, einen Kollegen zu schicken, der sich um die Angelegenheit kümmern soll. Abends im Wirtshaus lacht er mit Tarantjew zusammen über Oblomows Einfalt: Der „Kollege“ ist ein Komplize der beiden, er wird die Erträge des Guts mit ihnen teilen und Oblomow hintergehen. Tarantjew lobt Iwan, weil er einen Mietvertrag abgefasst hat, der so gerissen ist, dass Oblomow in der Wohnung seiner Schwester bleiben muss.

„Nein, mein Leben hat mit dem Erlöschen begonnen. Das ist seltsam, aber es ist so! Ich habe gleich im ersten Augenblicke, als mein Bewusstsein erwachte, gefühlt, dass ich schon erlösche.“ (Oblomow, S. 250)

Oljga kehrt nach Hause zurück; kurz darauf beendet sie die Beziehung. Oblomow ist wie vom Donner gerührt, wird nun wirklich krank und liegt teilnahmslos in seinem Schlafrock herum. Doch die Wirtin und ihre Kinder lenken ihn ab. Sie kocht ihm gute Speisen und kümmert sich auch sonst rührend um ihn. Ihr Bruder Iwan hingegen spinnt eine neue Intrige: Er und Tarantjew machen Oblomow weis, sein Verhalten gegenüber der Wirtin sei nicht korrekt. Die beiden machen den Gutmütigen betrunken und lassen ihn einen Schuldschein über 10 000 Rubel unterschreiben.

Heirat und Tod

Stolz hat derweil in Paris Oljga und ihre Tante getroffen. Er kümmert sich um die unglückliche Oljga und sie erzählt ihm alles über ihre verflossene Liebe zu Oblomow. Danach fühlt sie sich befreit und es erwächst eine neue Liebe: zu Stolz. Die beiden heiraten. Stolz kümmert sich nun um Oblomows Gut, repariert das Haus und treibt die Abgaben ein. Doch als er zu Oblomow kommt, erlebt er ein Desaster: Weil das Geld aus dem Gut für die Abzahlung der Schulden an Iwan verwendet wird, ist kaum etwas zum Leben da. Alles sieht schäbig und alt aus, selbst die Wirtin ist abgemagert. Iwan hat inzwischen geheiratet und ist ausgezogen. Die treue Wirtin, die Oblomow auf ihre ruhige Art liebt, versetzt ihren Schmuck, um ihm standesgemäße Speisen aufzutragen, und löst ihn wieder ein, wenn das Geld eintrifft. Stolz findet alles über die Intrige heraus und lässt seine Beziehungen spielen: Iwan fliegt aus dem Amt. Stolz und Oljga ziehen ans Meer, doch Oblomow, der ihnen die Ehe von Herzen gönnt, lässt sich nicht bei ihnen blicken. Er heiratet seine Hauswirtin, hat ein Kind mit ihr und setzt sein ruhiges, ungestörtes Leben fort. Dank Stolz’ Wirken auf dem Gut hat er genügend Geld, um zu leben. Doch das viele Essen und der Mangel an Bewegung lassen ihn nach zwei Schlaganfällen sterben. Die Wirtin trauert noch lange um ihn. Sein Sohn, der ein Edel-mann werden soll, wird von Stolz und Oljga erzogen.

Zum Text

Aufbau und Stil

Der Roman besteht aus vier Teilen, die wiederum in mehrere Kapitel untergliedert sind. Gontscharow verwendet den gesamten ersten Teil des Buches darauf, seine Titelfigur ausführlich zu charakterisieren. Die ersten Kapitel spielen sich an nur einem Tag ab, und der Leser muss schmunzeln über das Wenige, was der träge, fortwährend müde Held da zuwege bringt. Am Ende des ersten Teils bricht mit der Ankunft von Stolz die Aktivität in Oblomows geruhsame Welt ein: Sein alter Freund bewegt ihn dazu, sich aufzuraffen, und bringt ihn in Gesellschaft, wodurch er Oljga kennen und lieben lernt. Der zweite Teil endet mit Oljgas brennendem Schwur, ihn nie zu verlassen. Das ist der Höhepunkt, auf den sogleich der Abstieg folgt: Im dritten Teil zerbricht Oblomows Beziehung zu Oljga, und im vierten schließlich kehrt Oblomows Leben in gewisser Weise zur Normalität zurück – bis ihn der frühe Tod ereilt. Gontscharows Sprache ist durchsetzt mit Vergleichen und rhetorischen Fragen, durch die der Erzähler unmittelbar mit dem Leser in Kontakt tritt. Diese Leserführung belebt die manchmal etwas umständlich erzählte Geschichte. Das berühmte neunte Kapitel des ersten Teils, das Gontscharow unter dem Titel „Oblomows Traum“ bereits zehn Jahre vor dem Roman veröffentlichte, ist ein gutes Beispiel für die direkte Leserführung. So heißt es etwa: „Wo sind wir? In welchen gesegneten Erdenwinkel hat uns Oblomows Traum entführt? Was das für eine herrliche Gegend ist!“

Interpretationsansätze

  • Oblomow ist ein eindrucksvolles Beispiel für einen „überflüssigen Menschen“, wie sie in der russischen Literatur des 19. Jahrhunderts mehrfach vorkommen: ein Adliger, der die Geschehnisse seiner Zeit und seiner unmittelbaren Umgebung wie durch ein Fenster wahrnimmt. Er sieht, beobachtet, versteht – aber wegen der Lebensgewohnheiten seines Standes ist er unfähig, auch zu handeln.
  • Moderne Psychiater würden bei Oblomow vermutlich „chronische Depression“ diagnostizieren. Die Frage, ob die „Oblomowerei“ eher Segen oder Fluch ist, muss jeder Leser zu jeder Zeit immer wieder neu beantworten.
  • Oblomows aktiver Freund Stolz, wohl nicht zufällig ein Deutscher, ist die Gegenfigur zum trägen Adligen. Sobald der zupackende Freund auftaucht, wendet sich alles zum Guten. Trotzdem ist auch er keine eindeutige Idealfigur, denn Oljga wird mit ihm nicht glücklich, wie am Schluss angedeutet wird. In Oblomow und Stolz zeichnet Gontscharow die Vertreter zweier unterschiedlicher Stände: Der eine repräsentiert das alte, überlebte Russland, der andere die neue Zeit, das aufstrebende Bürgertum.
  • Zwei Frauengestalten bestimmen Oblomows Leben. Oljga verkörpert die Aktivität, die er sich selbst wünscht: Sie reißt ihn mit, er blüht auf – aber schon bald beginnen ihn die neuen Pflichten zu erdrücken. Folgerichtig werden schließlich sie und Stolz ein Paar. Oblomows Trägheit und Unentschlossenheit entspricht vielmehr die Hauswirtin Agafja, die sich rührend um ihn kümmert. Ihre Art von mütterlicher, anspruchsloser Zuwendung stimmt eher mit dem Naturell des „unnützen“ Adligen überein.

Historischer Hintergrund

Russlands Aufbruch in die Moderne

Der Roman Oblomow wird häufig als Spiegelbild seiner Zeit interpretiert: Russland in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Oblomow gehört dem im Niedergang befindlichen Stand des russischen Adels an; zwar besitzt er ein größeres Landgut, hat aber keine Ahnung, wie er es bewirtschaften soll. Er ist verantwortungslos gegenüber sich selbst und gegenüber seinen Leibeigenen. Reformen plant er nur, führt sie aber nicht durch. Russland ging es genauso: Wenn es Reformen gab, wurden sie nur halbherzig angepackt, sodass das russische Riesenreich den Anschluss an Europa zu verlieren drohte.

1855 endete die Regierungszeit von Zar Nikolaus I., der ein Vierteljahrhundert in Russland geherrscht hatte. Der Krimkrieg tobte, doch militärische Siege wurden immer seltener, und der Wirtschaft ging es schlecht. Nikolaus I. wurde zeitlebens von der Angst getrieben, Russland könnte eine Demokratie und die Herrschaft der Zaren infrage gestellt werden. Er errichtete einen Polizeistaat, etablierte eine strenge Zensur und schlug einen Umsturzversuch von Revolutionären aus den Reihen der russischen Armee blutig nieder. Sein Sohn und Nachfolger auf dem Thron, Alexander II., kam 1855 an die Macht und setzte nach dem Krimkrieg grundsätzliche Reformen durch. 1864 führte er eine beschränkte Selbstverwaltung in den Städten und auf dem Land ein. 1861 setzte er die „Bauern-Emanzipation“, d. h. die Befreiung der Bauern aus der Leibeigenschaft um. Fortan wurde ihnen gewährt, selbst Boden zu erwerben und ihn auf eigene Rechnung zu bebauen. Das hatte zur Folge, dass der Landadel massive Gewinneinbrüche erfuhr und in die Städte floh. Hier entwickelte sich jedoch zugleich eine gänzlich neue gesell-schaftliche Kraft, die immer mächtiger wurde: das Bürgertum, das in Gontscharows Roman von Andrej Stolz verkörpert wird.

Entstehung

Iwan Gontscharow verfasste insgesamt drei Romane, die er selbst als Einheit begriff: „Ich sehe darin nicht drei Romane, sondern einen. Sie alle sind miteinander durch einen gemeinsamen Faden, eine folgerichtige Idee verbunden: den Gedanken des Übergangs von einer Epoche des russischen Lebens, welche ich erlebt habe, in eine andere.“ Oblomow, das mittlere und bedeutendste der drei Bücher, begann der Autor 1857 auf einer Kurreise nach Marienbad zu schreiben. Denn dort langweilte er sich sehr, wie zahlreichen Briefen an seine Freunde zu entnehmen ist. Was lag da näher, als sich dem lange angekündigten Roman zu widmen. Gleich innerhalb weniger Wochen vollendete er ihn auch. Die Niederschrift fiel Gontscharow offenbar leicht, die Sätze flossen ge-radezu aus seiner Feder: „Ich schrieb, als ob ich die Worte diktiert bekam. Tatsächlich notierte ich eine Menge unbewusst; so als ob da ein Unsichtbarer neben mir saß, der mir einsagte, was ich schreiben sollte.“ Während der sechswöchigen Kur wurde der Roman praktisch fertiggestellt.

So schnell die Niederschrift erledigt war, so lange dauerten die Überarbeitung und der letzte Schliff: Gontscharow verwendete ein ganzes Jahr darauf und testete die Reaktionen seiner Zuhörer in mehreren Lesesitzungen mit Freunden. Der Roman erschien zunächst in vier aufeinanderfolgenden Ausgaben der russischen Zeitschrift Otečestvennye Zapiski („Vaterländische Notizen“) von Januar bis April 1859 und danach als Buchausgabe.

Wirkungsgeschichte

Oblomow wurde in Russland außerordentlich populär. Leo Tolstoi schrieb 1859 an einen Freund: „Oblomow ist ein ganz kapitales Werk, wie es schon seit langer Zeit keines gegeben hat. Sagen Sie Gontscharow, dass ich von Oblomow begeistert bin.“ Das Buch hinterließ einen großen Eindruck in der russischen Kultur und Sprache. Der Begriff „Oblomowerei“, den Gontscharow seinem Andrej Stolz in den Mund legte, wurde zum geflügelten Wort. Es diente als Bezeichnung der „typisch“ russischen Krankheit des Schlendrians und der Faulheit. Selbst Lenin erwähnte den Begriff 1922 auf einer Parteiversammlung: „Das zeigt, bis zu welchem Grad wir teuflisch langsam und säumig sind, wie viel Oblomowerei es noch bei uns gibt.“ 1939 erschien die Abhandlung Was ist Oblomowerei? des russischen Literaturwissenschaftlers Nikolai A. Dobroljubow, die die Verbreitung und Bekanntheit des Romans weiter beflügelte.

Die Literaturkritik hatte jedoch ihre liebe Not mit Gontscharows Held. Man war sich nicht einig, ob er nun positiv oder negativ gesehen werden sollte: als schlunziger Versager und adliger Parasit oder als Ikone eines Verweigerers. Entsprechend der Deutung der Titelfigur wechselte auch das Bild, das man sich von seinem Gegenpart Andrej Stolz machte: tatkräftiger Idealmensch oder Roboter, der ohne Kontemplation schafft.

1979 wurde der Roman von Nikita Michalkov verfilmt und zehn Jahre später von Franz Xaver Kroetz dramatisiert. So manche Studentenkneipe wurde nach dem nachdenklichen Nichtstuer benannt. Eine moderne Interpretation der Oblomow’schen Kultur des Müßiggangs findet sich in der Film-Groteske The Big Lebowski (1998) der Brüder Joel und Ethan Coen.

Über den Autor

Iwan Gontscharow wird am 18. Juni 1812 in Simbirsk an der Wolga geboren. Der Sohn eines Getreidekaufmanns besucht die Handelsschule in Moskau und studiert von 1831 bis 1835 Sprachen an der Lomonossow-Universität. Nach dem Abschluss tritt er in den Staatsdienst ein, zunächst als Übersetzer im Finanzministerium von St. Petersburg und später in der staatlichen Zensurbehörde. In seiner Freizeit liest und übersetzt er ausländische Literatur, darunter Werke von Goethe und Schiller, und beginnt damit, eigene kleine Erzählungen zu verfassen. In seinem ersten Roman mit dem Titel Eine alltägliche Geschichte (1847) widmet sich Gontscharow „seinem“ Thema, das ihn nicht wieder loslassen wird: dem Konflikt zwischen dem Niedergang des Adels und dem Aufstieg des Bürgertums sowie der Kaufleute im Russland des 19. Jahrhunderts. Von 1852 bis 1855 treibt es den Dichter in die Welt hinaus: Er reist als Sekretär eines Admirals nach England, Afrika und Japan. Sein Reisebericht erregt großes Aufsehen. 1859 veröffentlicht er seinen überaus erfolgreichen Roman Oblomow. Acht Jahre später quittiert er seinen Dienst in der Zensurbehörde, um sich völlig der Schriftstellerei zu widmen. Zwei Jahre später veröffentlicht er seinen dritten Roman Die Schlucht (1869). Außerdem schreibt er Essays, Kurzgeschichten und Kritiken, die allerdings erst nach seinem Tod erscheinen. Gontscharow stirbt am 27. September 1891 in St. Petersburg.

Hat Ihnen die Zusammenfassung gefallen?

Buch oder Hörbuch kaufen

Diese Zusammenfassung eines Literaturklassikers wurde von getAbstract mit Ihnen geteilt.

Wir finden, bewerten und fassen relevantes Wissen zusammen und helfen Menschen so, beruflich und privat bessere Entscheidungen zu treffen.

Für Sie

Entdecken Sie Ihr nächstes Lieblingsbuch mit getAbstract.

Zu den Preisen

Für Ihr Unternehmen

Bleiben Sie auf dem Laufenden über aktuelle Trends.

Erfahren Sie mehr

Studenten

Wir möchten #nextgenleaders unterstützen.

Preise ansehen

Sind Sie bereits Kunde? Melden Sie sich hier an.

Kommentar abgeben

Mehr zum Thema

Verwandte Kanäle