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Die Benediktsregel

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Die Benediktsregel

Eine Anleitung zu christlichem Leben

Paulusverlag,

15 min read
12 take-aways
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What's inside?

Gehorsam, Demut und Schweigen: Die „Benediktsregel“ war die Grundlage für das abendländische Klosterwesen. Noch heute ist sie für Benediktiner maßgebend.

Literatur­klassiker

  • Religion
  • Mittelalter

Worum es geht

Die Begründung des Klosterlebens

Wie können die Menschen Gott am besten dienen? Seit Urzeiten ist das in allen Religionen eine zentrale Frage. Innerhalb des Christentums haben besonders eifrige Strömungen seit Anbeginn versucht, eine Antwort darauf in der Askese zu finden – Askese verstanden als die Loslösung vom sterilen Kreisen ums eigene Ich und die Öffnung gegenüber Gott. Lange Zeit gab es aber vor allem im Westen keine definitive Anleitung, wie Menschen religiöse Ideale auf ausgeglichene und geordnete Weise in der Gemeinschaft Gleichgesinnter verfolgen konnten. Benedikt von Nursia stellte im sechsten Jahrhundert verschiedene asketische Lebensweisen auf die Probe. Unter anderem verbrachte er drei Jahre als zurückgezogener Eremit. Mit seiner eigenen Klosterregel, der Benediktsregel, legte er später die Grundlage für das abendländische Klosterwesen. Dabei vermischen sich progressive Elemente, die selbst dem heutigen Management noch als Vorbild dienen können, mit teilweise archaisch anmutenden Anweisungen, wie der körperlichen Züchtigung als möglicher Strafe selbst für erwachsene Mönche. Auch der Gehorsam den Oberen gegenüber in der festen Annahme, man diene damit Gott, mag auf heutige Leser befremdlich wirken, muss aber im Kontext eines entsprechenden Glaubensverständnisses gesehen werden. Noch heute leben weltweit viele Klostergemeinschaften nach der Regel Benedikts.

Take-aways

  • Benedikt von Nursia ist der Begründer des christlichen Mönchtums in Westeuropa. Auf ihn gehen die Benediktiner- und Zisterzienserklöster zurück.
  • Das bekannte Motto „ora et labora“ („bete und arbeite“) stammt nicht von Benedikt selbst.
  • Mit seiner Mönchsregel (später Benediktsregel genannt) schuf er die Grundlage für das Klosterwesen des Abendlandes.
  • Die Regel basiert auf bewährten kirchlichen und asketischen Traditionen.
  • Für Benedikt ist der Sonderweg der Askese der bevorzugte Weg zu Gott.
  • Ein Leben in der Gegenwart Gottes ist das höchste Ziel.
  • Unter allen möglichen asketischen Lebensweisen hält Benedikt das Leben in der Gemeinschaft unter einem Abt und einer Regel für die wirkungsvollste.
  • Die in der Apostelgeschichte beschriebene Jerusalemer Urgemeinde ist das Vorbild für ein ideales Zusammenleben.
  • Die zentrale Leitfigur der klösterlichen Gemeinschaft ist der Abt, der als Stellvertreter Christi Verantwortung für das Kloster und für alle Klostermitglieder wahrnimmt.
  • Im Kloster sind alle gleich, egal ob es sich um ehemals Freie oder Sklaven, um Arme oder Reiche handelt.
  • Jedem soll im Kloster nach seinen Bedürfnissen geholfen werden, der Mensch wird als Individuum ernst genommen.
  • Noch heute leben weltweit viele Klostergemeinschaften nach der Regel Benedikts.

Zusammenfassung

Der disziplinierte Weg zum ewigen Leben

In Jesus Christus hat Gott dem Menschen den Weg zum ewigen Leben angeboten. Deshalb ist der Mensch zur gehorsamen Nachfolge Christi aufgerufen. Wer gottgefällig handeln und ewiges Leben erreichen will, muss seinem Glauben Taten folgen lassen. Ein besonderer Weg der Disziplin ist das klösterliche Leben. Das Kloster ist im Kern „eine Schule für den Dienst des Herrn“. Die Koinobiten, die in einer einträchtigen Lebensgemeinschaft (Koinobion), von einem Abt geleitet, nach den Anweisungen einer Regel leben, praktizieren die kraftvollste Art der Christusnachfolge. Sie leben nach dem Vorbild der Jerusalemer Urgemeinde. Ziel ihrer Regel ist es, ihnen eine entsprechende Ordnung für das harmonische und wirkungsvolle Zusammenleben an die Hand zu geben.

Die Aufgaben des Abtes

Die zentrale Figur einer Klostergemeinschaft ist der Abt. Er ist geistiger Vater, Lehrer der Mönche und Stellvertreter Christi. Das Leben der Mönche ist darauf ausgerichtet, ihm zu dienen. Der von der Gemeinschaft gewählte und dieser Aufgabe würdige Abt muss in der Wahrnehmung seiner gottgegebenen Verantwortung vor allem folgende Aspekte bei seiner Amtsführung beachten:

  • Er darf nichts lehren oder befehlen, was nicht den Geboten Gottes entspricht. Er muss sich in dieser Hinsicht stets seiner Verantwortung vor Gott bewusst sein. Gleichzeitig muss ihm klar sein, dass Fehlentwicklungen bei den ihm anvertrauten Mönchen zu seinen Lasten gehen: Er trägt die Verantwortung für sie und ist mit der Autorität ausgestattet, solchen Übertretungen mit der ganzen Macht seines Amtes entgegenzuwirken. Besonders wichtig ist seine Vorbildfunktion: Gerade die schwächeren Klostermitglieder können an seinem Vorbild die rechte Lebensweise erlernen.
  • Im Kloster muss der Abt zudem besonders darauf achten, dass kein Ansehen der Person gilt, d. h. ohne triftigen Grund darf kein Unterschied zwischen ehemaligen Sklaven und frei Geborenen oder Reichen und Armen gemacht werden, denn für Gott gibt es kein Ansehen der Person. Jeder im Kloster soll den Platz einnehmen, der ihm zukommt. Grundsätzlich steht jemand, der früher ins Kloster eingetreten ist, rangmäßig über später Hinzugekommenen. Das gilt unabhängig vom Lebensalter des Eintretenden.
  • Wenn ein Mensch sich aber durch besondere geistliche Verdienste auszeichnet, dann obliegt es dem Abt, ihn aufgrund seiner guten Werke und seiner Demut in seinem Rang zu erhöhen. Ansonsten soll aber der Abt jedem die gleiche Liebe angedeihen lassen und die klösterliche Ordnung auf alle unparteiisch anwenden.
  • Im Hinblick auf die Schwächen der Klostermitglieder soll der Abt eine wohlüberlegte Mischung aus Strenge und Liebenswürdigkeit an den Tag legen. Insbesondere dürfen Vergehen nicht ignoriert werden. Stattdessen soll jeder die seinen Taten entsprechende Behandlung erfahren, und das möglichst unverzüglich, damit sich keine schwereren Fehlhaltungen einnisten können. Bei allem muss für den Abt das geistliche Wohl der Klosterangehörigen im Vordergrund stehen, denn er ist als Arzt und Lehrer für deren Heil verantwortlich. Besonders wichtig ist es, dem Charakter jedes Einzelnen, seinen Schwächen und Bedürfnissen, gerecht zu werden.

Der Brüderrat

In wichtigen Fragen soll der Abt alle Klostermitglieder hinzuziehen, denn es kommt oft vor, dass auch jüngere Klostermitglieder aufgrund einer göttlichen Inspiration Wertvolles beizutragen haben. Die Grundlage für alle Entscheidungen soll die Regel bilden. Letztendlich obliegt es aber dem Abt, nach Anhörung aller Ratschläge die endgültige Entscheidung zu treffen. Bei weniger wichtigen Angelegenheiten kann der Abt auch nur den Rat der erfahrenen Älteren einholen, bevor er zu einer Entscheidung kommt.

Die geistlichen Werkzeuge

Die geistlichen Werkzeuge einer christlichen Lebensweise sind die Liebe zu Gott und die Liebe zum Nächsten. Zentrale Weisungen dazu finden sich in den Zehn Geboten sowie den Seligpreisungen Christi in der Bergpredigt. Das Augenmerk der Gemeinschaft sollte auf der Erlangung des ewigen Lebens liegen. Besonders ist der frohe, bereitwillige Gehorsam zu betonen. Wer Christus nachfolgen will, verzichtet auf Willkür und Eigeninteresse und ist gerne bereit, den Geboten der Regel und des Abtes zum Wohl aller Folge zu leisten. Bereitwilliger Gehorsam ist sowohl Gott als auch den Menschen angenehm.

Die zwölf Stufen der Demut

Von besonderer Bedeutung für das Klostermitglied, das in der Askese Gott suchen will, ist die Demut. Erst die zwölf Stufen der Demut eröffnen ihm den Weg zu geistlichen Höhen:

  1. Stufe: Man stellt Gottes Willen über den eigenen und lebt in Gottesfurcht.
  2. Stufe: Man liebt seinen Eigenwillen nicht und verzichtet darauf, die Befriedigung der eigenen Begierden zu suchen.
  3. Stufe: Man ist dem geistlichen Vorgesetzten aus Liebe zu Gott gehorsam.
  4. Stufe: Man übt Geduld auch dann, wenn man mit unvernünftig scheinenden Anordnungen und widrigen Umständen zu kämpfen hat.
  5. Stufe: Man gesteht dem Abt auch seine schlechten Gedanken.
  6. Stufe: Man ist anspruchslos und mit dem Geringsten zufrieden.
  7. Stufe: Man akzeptiert den Status als Geringstem auch aus tiefstem Herzen.
  8. Stufe: Man hält sich strikt an das, was die gemeinsame Regel des Klosters und das Beispiel der Älteren bestimmen.
  9. Stufe: Man hält seine Zunge im Zaum und pflegt vor allem das Schweigen.
  10. Stufe: Man lacht nicht leichtfertig über irgendetwas.
  11. Stufe: Man spricht ruhig, bescheiden und ernst, ohne unnötiges Gelächter und mit kurzen und überlegten Worten.
  12. Stufe: Man ist nicht nur innerlich demütig, sondern bringt die Demut auch durch eine entsprechende Körperhaltung zum Ausdruck.

Anleitungen zum spirituellen Leben

Für Jahreszeiten (Sommer und Winter), Festtage (wie Ostern oder Sonntag) und die bestimmten Tageszeiten gibt es Ordnungen, die u. a. den Gottesdienst regeln. Vor allem das Gebet soll in Demut und mit innerer Hingabe verrichtet werden.

Regelungen für das Klosterleben

Jeder Mönch soll zwar sein eigenes Bett haben, aber es sollen wenn möglich alle einen gemeinsamen Schlafraum teilen. Ansonsten soll eine Gruppe von zehn oder 20 Mönchen jeweils in einem Raum mit einem verantwortlichen Ältesten schlafen. Bei Verfehlungen richtet sich das Strafmaß nach der Schwere. Als erste Stufe der Strafe gilt der Ausschluss etwa von gemeinsamen Mahlzeiten und dem Gottesdienst. Zur Wiedergutmachung gibt es besondere Formen der Buße. Strafmaß und Buße sind vom Abt zu bestimmen. Dieser soll sich immer bemühen, bestraften Ausgeschlossenen die reuevolle Rückkehr in die Gemeinschaft zu erleichtern. Jeglicher nicht speziell erlaubte Kontakt mit den Ausgeschlossenen steht aber unter Strafe. Wer unverbesserlich ist, kann nach mehrmaligen Ermahnungen und Strafen ganz aus der Klostergemeinschaft ausgeschlossen werden. Bei entsprechender Reue ist aber auch mehrmals eine Wiederaufnahme ins Kloster möglich. Minderjährige, die noch keine Einsicht in die Bedeutung der zeitweiligen Ausschließung haben, können in erster Linie durch Fasten und körperliche Strafe zur Besserung bewegt werden.

Die materiellen Belange des Klosters

Für die Verwaltung der Zuteilung von Nahrung und anderen materiellen Gütern des Klosters setzt der Abt Männer von reifem und gottesfürchtigem Charakter als Cellerare ein. Sie sollen allen gleichermaßen zuvorkommend begegnen. Die Werkzeuge des Klosters werden verlässlichen Brüdern anvertraut, und durch ein entsprechendes Inventar wird die Vergabe von Arbeitsmitteln kontrolliert. Egal, welchen Stand die Mönche früher hatten, nach dem Eintritt ins Kloster dürfen sie über keinerlei Besitz mehr verfügen. Alle Güter sind gemeinsames Eigentum der Klostergemeinschaft, und es obliegt dem Abt, jedem Klostermitglied zuzuteilen, was seinen Bedürfnissen entspricht. Der Abt soll darauf bedacht sein, niemanden bei der Zuteilung zu verärgern oder zum Murren zu provozieren. Im wöchentlichen Rhythmus sollen alle, ungeachtet ihrer früheren gesellschaftlichen Stellung, zum Küchendienst eingeteilt werden und so den Brüdern dienen. Kranke, Alte und Kinder sollen viel Zuwendung erfahren. Wer besondere Aufgaben übernimmt, wie die des Vorlesens bei den Mahlzeiten, muss die nötigen Kompetenzen dafür haben und erhält für seinen Dienst kleine Vergünstigungen. Ansonsten sind das Maß der Speisen und Getränke und die Essenszeiten für alle gleich. Wer sich verspätet oder Fehler bei der Arbeit begeht und sich nicht von sich aus entschuldigt, wird mit Strafen belegt. Jeder soll täglich im Rahmen seiner Möglichkeiten arbeiten, denn Müßiggang führt auch zu geistlichen Problemen.

Weitere Regelungen

Die Fastenzeit muss respektvoll eingehalten werden. Jeder Mönch soll in dieser Zeit auf einen Teil seiner Lebensgewohnheiten verzichten. Er soll aber die Zustimmung des Abtes für seine Opfer einholen, damit er nicht der Gefahr des Stolzes und der Selbstgerechtigkeit erliegt. Es gibt Sonderregelungen für Mönche, die im Auftrag des Klosters verreisen müssen. Das Oratorium des Klosters soll als Gebetsraum geachtet werden. Gäste sollen mit Respekt behandelt werden, denn in ihnen wird Christus aufgenommen. Besonders wichtig ist es, keinen Unterschied zwischen hochgestellten und armen Gästen zu machen. Gleichzeitig sollen die Gäste aber auch so bewirtet werden, dass die Klostergemeinschaft dadurch nicht unnötig gestört wird. Keinem Mönch ist es erlaubt, persönliche Nachrichten und Geschenke ohne Zustimmung des Abtes anzunehmen.

Das Aufnahmeverfahren

Wer eine Aufnahme ins Kloster wünscht, soll zuerst vor der Klosterpforte für einige Tage abgewiesen werden. Bleibt er in seinem Begehren beständig, wird er als Novize aufgenommen. Erst nach einer längeren Probezeit ist ihm dann gestattet, der Klostergemeinschaft beizutreten. Er muss allem weltlichen Besitz entsagen sowie in das Einhalten der Klosterregel und den Gehorsam gegenüber dem Abt einwilligen. Wenn Kinder von ihren Eltern ins Kloster eingewiesen werden, dann ist auch diese Entscheidung im Hinblick auf deren materielle Güter und Erbansprüche endgültig. Priester, die dem Kloster beitreten wollen, sollen nach einer Prüfung ohne Rücksicht auf ihren früheren Stand in die Rangordnung der Klostergemeinschaft eingegliedert werden. Mönche anderer Klöster sollen nur mit Zustimmung des jeweiligen Abts aufgenommen werden.

Weitere organisatorische Regelungen

Ein neuer Abt wird möglichst einstimmig gewählt. In sein Amt eingeführt, soll er danach streben, mehr geliebt als gefürchtet zu werden. Ist es notwendig, einen Prior (als Zweithöchsten) einzusetzen, so soll der Abt selbst ihn auswählen, damit es eine klare Hierarchie im Kloster gibt und die Autorität des Abtes nicht durch Intrigen und Machtkämpfe untergraben wird. Klosterbrüder sollten das Kloster nur mit Erlaubnis des Abtes verlassen und bei ihrer Rückkehr nicht durch Berichte über die Außenwelt Unruhe stiften. Wenn einem Bruder eine Aufgabe aufgetragen wird, deren Erfüllung ihm unmöglich erscheint, dann soll er das in aller Demut und Bescheidenheit dem Abt gegenüber zum Ausdruck bringen. Besteht der Abt trotzdem auf der Ausführung des Auftrags, dann soll der Bruder die Aufgabe im Vertrauen auf Gottes Führung gehorsam angehen. Niemand soll im Kloster ungestraft einen Gefehlten verteidigen (auch nicht wenn er ein Blutsverwandter ist), und keiner soll sich herausnehmen, mit Gewalt seine Rechte anderen gegenüber durchsetzen zu wollen. Stattdessen sollen die Mönche möglichst aufeinander hören und einander respektvollen Gehorsam erweisen.

„Höre, mein Sohn, auf die Lehren des Meisters, / und neige das Ohr deines Herzens.“ (S. 42)

Diese Regel ist nur der Anfang des vollkommenen klösterlichen Lebens. Sowohl die Lehren der Bibel als auch der Kirchenväter sollen von den Fortgeschrittenen als weitere Hilfen auf dem Weg zur Vollkommenheit herangezogen werden.

Zum Text

Aufbau und Stil

Die Benediktsregel stellt eine Kombination aus überlieferten Anweisungen älterer Autoren und Benedikts eigenen Erfahrungen und Ansichten dar. Der Aufbau orientiert sich stark an der Struktur der Regula magistri, der Klosterregel eines unbekannten Autors aus dem frühen sechsten Jahrhundert. Im Prolog wird der Leser in der Du-Form unmittelbar angesprochen und in das Werk gleichsam hineingezogen: „An dich richtet sich nun mein Wort, wer immer du bist, / wenn du dem Eigenwillen entsagst / und die starken, glänzenden Waffen des Gehorsams ergreifst, / um Christus, dem Herrn, dem wahren König, zu dienen.“

Es folgen Abschnitte über die Aufgaben des Abtes und über weitere Aspekte der brüderlichen Klostergemeinschaft. Anschließend werden Überlegungen zum geistigen Leben im Kloster mit Regelungen zum Gottesdienst sowie weiteren Verwaltungsvorschriften und geistigen Ermahnungen angeführt. Im Epilog erwähnt Benedikt, dass er nur versucht hat, eine Anleitung für den Anfänger im klösterlichen Leben zu verfassen. Als Lektüre für den Fortgeschrittenen verweist er auf die Bibel und die Lehren der Kirchenväter.

Dort, wo Benedikt sich nicht vor allem auf ältere Quellen bezieht, zeigt er sich in der lateinischen Sprache sehr geschickt. Er setzt virtuos das schriftliche Gegenstück des gesprochenen Lateins seiner Zeit ein, wie es vor allem in den gehobenen Schichten verbreitet war. Als Stilmittel benutzt er eine Art Rahmen, wobei ähnliche Sprachstrukturen zu Beginn und am Ende eines Abschnitts die Textteile einrahmen, die ihm von besonderer Bedeutung sind. In der Übersetzung ist Die Benediktsregel auch heute noch relativ leicht zu lesen.

Interpretationsansätze

  • Benedikt hat für seine Regel sowohl östliche als auch westliche Quellen herangezogen und so eine Synthese von ost- und westkirchlicher Spiritualität geschaffen.
  • Indem Benedikt seine persönlichen Erfahrungen mit unterschiedlichen Mönchsgemeinschaften in die Regel einbrachte, schuf er ein Werk von großer praktischer Überzeugungskraft.
  • Benedikt sieht in der klösterlichen Gemeinschaft einen besonders kraftvollen Weg zur Antwort auf Gottes Angebot des ewigen Lebens für den Menschen.
  • Die Schlüsselfigur einer klösterlichen Gemeinschaft ist die Person des Abtes. Dieser agiert als Stellvertreter Christi für die Klostermitglieder.
  • Auf dieser geistlichen Grundlage wird der Gehorsam als Königsweg zum gottgefälligen Leben etabliert. Hinzu kommen die Gebote des Schweigens und der Demut.
  • Heute wird immer wieder versucht, die Regel für Manager fruchtbar zu machen. Ein zweifelhaftes Unterfangen in Zeiten, in denen nicht absoluter Gehorsam, sondern ein partnerschaftlicher Umgang im Vordergrund steht. Statt auf Abgeschlossenheit setzen die Unternehmen heute auf Weltoffenheit und möglichst regen Informationsaustausch.

Historischer Hintergrund

Die Suche nach Gott in unsicheren Zeiten

Benedikts frühe Jahre waren vom Einfluss des ostgotischen Königs Theoderich geprägt, dessen Herrschaft im Westen die des Römischen Reiches abgelöst hatte. Als 527 der oströmische Kaiser Justinian an die Macht gelangte, dem an der Wiederherstellung des Römischen Reiches gelegen war, entbrannten heftige Machtkämpfe. Sie zogen auch die Führung der damaligen Kirche in Mitleidenschaft. Diese Zeit war geprägt von der politisch motivierten Einsetzung von Päpsten und Gegenpäpsten. Von den politisch-religiösen Auseinandersetzungen irritiert, gab es eine zunehmende Zahl von Menschen, die versuchten, ungeachtet der religiösen und nationalen Führungswirren ihren persönlichen Weg der Christusnachfolge in der Askese zu finden, fern von aller weltlichen Politik. Das Eremiten- und Mönchswesen erlebte eine Blütezeit. Es fehlte aber an einer klaren Leitung für die vielen religiös Suchenden. Gleichzeitig wandten sich auch viele Menschen zum Schutz vor kriegerischen Übergriffen an die Klöster.

Entstehung

Benedikt schrieb seine Regel in Montecassino, einem von ihm gegründeten Kloster, das auf einem Hügel zwischen Rom und Neapel liegt. Zuvor hatte Benedikt bereits drei Jahre lang als Eremit gelebt. Während dieser Zeit hatte er immer mehr Menschen angezogen, die sich von ihm Rat erbaten. Schließlich wandte sich sogar eine ganze Gemeinschaft von Mönchen an ihn und bat ihn, ihr Abt zu werden. Zögernd, weil ihm bereits eine idealere Mönchsgemeinschaft vorschwebte, ging er eine Zeit lang auf ihren Wunsch ein. Bei dem Versuch, den Mönchen auf ihrem Weg zu helfen, wurde Benedikt aber Opfer von Intrigen und Machtkämpfen. Schließlich verließ er die Gruppe und gründete mit Anhängern auf dem Berg Montecassino ein eigenes Kloster.

Dort begann er seine berühmte Regel zu verfassen. Diese fußte zum einen auf einer umfangreichen Lektüre der wichtigen Mönchsregeln seiner Zeit, allen voran der Regeln von Basilius dem Großen, dem Bischof von Caesarea, von Augustinus und von Johannes Cassian. Zum anderen bediente sich Benedikt seiner umfangreichen Bibelkenntnisse und der Schriften der Kirchenväter. Besonders geprägt aber wurde seine Regel von der Regula magistri, der „Regel des Magisters“, dem Werk eines heute unbekannten Autors, der eine umfangreiche Anleitung für das klösterliche Leben verfasst hatte, die Benedikt ganz offensichtlich bekannt war, da er große Teile daraus übernahm. Fast ein Viertel dieser Regula magistri hat Benedikt nahezu wörtlich in seine Regel übernommen, und rund die Hälfte der Benediktsregel zeigt immerhin einen starken Einfluss ihrer Vorläuferin. Benedikt ließ aber auch viele Teile der Regula magistri unberücksichtigt und setzte insgesamt andere Akzente. Vor allem brachte er seine eigenen Erfahrungen in seine Schrift ein. Er hatte bereits Unstimmigkeiten und Machtkämpfe unter Glaubensbrüdern erlebt. In dem Teil seiner Regel, der nicht vom Magister beeinflusst scheint, demonstriert Benedikt seinen eigenen besonnenen Charakter und seine Ausgeglichenheit – Merkmale, die seiner Regel am Ende zum Durchbruch verhelfen sollten.

Es musste sichergestellt werden, dass sich Anwärter nicht nur deshalb um ein Leben im Kloster bewarben, damit sie einen ausreichenden Lebensunterhalt hatten. Die Regel sollte sowohl ein geordnetes Gemeinschaftsleben als auch eine effektive geistliche Überprüfung von Anwärtern garantieren.

Wirkungsgeschichte

Die Benediktsregel bildet die Grundlage des abendländischen Mönchswesens. Das ist nicht zuletzt auf die glühende Empfehlung von Papst Gregor dem Großen zurückzuführen, der ein gesamtes Buch seiner vier Bücher über die Kirchenväter allein Benedikt widmete und dessen Regel folgendermaßen kommentierte: „Er schreibt in lichtvoller Sprache eine Mönchsregel, die sich durch ihr Augenmaß auszeichnet.“ Zu dem einflussreichen Lob des Papstes kam, dass Kaiser Karl der Große bei seinem Besuch des Klosters Montecassino um eine exakte Abschrift der Benediktsregel bat. Unter seinem Sohn Ludwig dem Frommen wurde Die Benediktsregel für alle Klöster in Frankenreich offiziell verbindlich erklärt. Die Regel wurde nicht nur in Männerklöstern, sondern auch in Frauenklöstern eingesetzt. Eine berühmte Benediktiner-Äbtissin war Hildegard von Bingen.

Heute übt Die Benediktsregel auch als alternative Managementliteratur außerhalb der Klostermauern Einfluss aus. Besonders der Benediktiner und Bestsellerautor Anselm Grün bereitet Benedikts Ideen auch für die allgemeine Lebensgestaltung in unserer Zeit auf.

Über den Autor

Die Lebensdaten des Benedikt von Nursia gelten als ungesichert. Traditionell wird das Jahr 480 als sein Geburtsjahr angegeben. Sicher ist, dass er im umbrischen Hochtal von Nursia (Norcia) geboren wird, vermutlich um 500. Benedikt stammt aus relativ wohlhabenden Verhältnissen. Als Heranwachsender wird er zum Studium nach Rom geschickt. Wahrscheinlich hat seine Familie ihn für eine Laufbahn als Staatsbeamten vorgesehen. In Rom erlebt er nicht nur die Dekadenz der früheren Hauptstadt des Weltreiches, er kommt auch mit klösterlichen Kreisen in Kontakt. Irgendwann bricht er sein Studium ab, trennt sich von seiner Familie, verzichtet auf deren Vermögen und zieht zusammen mit seiner Amme nach Efide (Affile). Danach trennt er sich auch von ihr und beginnt ein dreijähriges Einsiedlerleben im Tal von Subiaco, etwa 80 Kilometer östlich von Rom. Unterstützt und mit dem Nötigen versorgt wird er dabei von einem Mönch namens Romanus. Bald zieht der junge Eremit Benedikt Ratsuchende aus der Umgebung an. Eine Klostergemeinschaft aus dem nahe gelegenen Vicovaro hört von seinem Ruf und wählt ihn zum Abt. Nur zögerlich geht Benedikt auf die Bitte ein, dem Kloster vorzustehen, denn ihm schwebt bereits das Ideal einer wohlorganisierten Mönchsgemeinschaft vor. Tatsächlich kommt es zu Unstimmigkeiten mit den Mönchen, denen Benedikt zu streng ist. Man versucht ihn sogar zu vergiften, worauf er sich wieder in seine Höhle und in die geliebte Einsamkeit zurückzieht. Erneut scharen sich Schüler um ihn. Letztendlich organisiert er für sie zwölf kleinere Klöster mit jeweils zwölf Mönchen. Für jedes Kloster ernennt Benedikt einen Abt, er selbst hat die Gesamtleitung inne. Diese Gemeinschaft ist allerdings noch nicht gleichzusetzen mit dem nach ihm benannten Benediktinerorden; diese Bezeichnung kommt erst viel später auf, ebenso der bekannte Wahlspruch „ora et labora“ („bete und arbeite“). Benedikts Klostergemeinschaft wird bekannt und viele Edelleute bringen ihre Söhne zur Erziehung zu ihm. Nach Provokationen von Neidern aus dem Umfeld zieht sich Benedikt mit seinen Anhängern 529 auf den Berg Montecassino zurück, wo er Abt eines neu gegründeten Klosters wird. Dort, wo er auch seine Benediktsregel verfasst, stirbt er um 560.

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