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Cäsarenleben

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Cäsarenleben

Kröner,

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12 take-aways
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What's inside?

So trieben es die römischen Kaiser: Mit seinem Cäsarenleben erfand Sueton die Enthüllungsstory.

Literatur­klassiker

  • Geschichte
  • Römische Antike

Worum es geht

Eine römische Klatschkolumne

Die alten Römer aßen im Liegen, feierten Fress- und Sexorgien und liebten blutige Spiele in kochenden Arenen. Diese und andere stereotype Darstellungen des antiken Volkes und ihrer Kaiser in den 100 Jahren vor und nach der Geburt Christi gehen zu einem großen Teil auf Suetons Cäsarenleben zurück. Neben den politischen und militärischen Errungenschaften der Kaiser schildert er darin erstaunlich freimütig ihr Alltags- und Privatleben. Dieses Zusammenspiel von mörderischen Intrigen, Familienfehden und sexuellen Ausschweifungen erscheint dem modernen Leser erstaunlich vertraut – schließlich brauchen wir nur eine Boulevardzeitung aufzuschlagen, um ähnliche Inhalte geboten zu bekommen. Bei genauerer Betrachtung ergeben sich viele andere Parallelen zur heutigen Zeit: So erwähnt Sueton beispielsweise die Sorge der Römer, dass nicht genügend römische Kinder geboren würden, und ihre Angst vor zunehmender „Überfremdung“. Über weite Strecken bilden die langatmigen Ausführungen über Familienstammbäume und religiöse Vorzeichen sicherlich einen zähen Lesestoff. Dennoch erscheinen die alten Römer am Ende der Lektüre sehr lebendig: Man könnte fast meinen, dass sich in den vergangenen 2000 Jahren gar nicht viel verändert hat.

Take-aways

  • Sueton schuf mit Cäsarenleben das Genre der politischen Biografie und galt nachfolgenden Biografen über Jahrhunderte als Vorbild.
  • Er schildert darin die Leben der zwölf römischen Kaiser von Cäsar bis Domitian.
  • Sein Schwerpunkt liegt nicht auf ihren historischen Taten, sondern vielmehr auf ihren Charakteren – pikante Details inklusive.
  • Über Cäsar erfährt man z. B., dass er sich regelmäßig einer Ganzkörperenthaarung unterzog.
  • Augustus erfreute sich noch als alter Mann an jungen Mädchen, die seine Ehefrau für ihn aussuchte.
  • Tiberius lebte in seiner Residenz auf Capri seine pädophilen Neigungen hemmungslos aus.
  • Caligula ernannte sein Pferd zum Senator und ergötzte sich an blutigen Schauspielen und Hinrichtungen.
  • Nero war so eitel, dass er während seiner unsäglichen Gesangsvorstellungen den Zuschauern verbot, das Theater zu verlassen.
  • Sueton porträtiert die Kaiser überwiegend als üble Despoten, die hemmungslos das Volksvermögen verprassen, ihre Mütter ermorden oder Rom in Brand stecken.
  • Er kontrastiert sie dadurch mit den vergleichsweise vernünftigen und liberalen Kaisern seiner Gegenwart, für die er als Bibliothekar und Sekretär arbeitete.
  • Die moderne Kritik warf ihm immer wieder Klatschsucht und mangelnde Sorgfalt im Umgang mit seinen Quellen vor.
  • Dabei wollte er seine Landsleute in erster Linie unterhalten. Noch heute ist Sueton eine der wichtigsten Referenzen für unterhaltsame Darstellungen der alten Römer.

Zusammenfassung

Die Dynastie der Julier

Gajus Julius Cäsar hat einen hervorstechenden Charakterzug: Er ist sehr ehrgeizig. So verdrießt ihn eines Tages während seiner Statthalterschaft in Südspanien der Anblick der Statue Alexanders des Großen, der bereits die Welt erobert hatte in einem Alter, in dem Cäsar selbst noch nicht viel vollbracht hat. Wenig später träumt er, wie er mit seiner Mutter Geschlechtsverkehr hat. Die Traumdeuter sehen darin ein Zeichen, dass er sich die Mutter Erde untertan machen werde. Mit 42 Jahren geht er als Feldherr nach Gallien, um die Provinz zu unterwerfen. Außerdem kämpft er erfolgreich gegen die Germanen und Briten. Bei seiner Rückkehr nach Rom nutzt er seine gewachsene militärische Macht zu einem Staatsstreich, der den Einfluss des Senats einschränkt und zu Bürgerkriegen zwischen den verfeindeten Parteien führt. Cäsar bleibt in allen Kriegen Sieger und wird vom Senat zum Diktator auf Lebenszeit ausgerufen. In der Folge setzt er wichtige Veränderungen wie etwa die Kalenderreform durch, nach der ein Jahr fortan 365 Tage haben muss. Er verschärft die Gesetzgebung und wendet sie unbarmherzig an. Ein Beispiel: Das Gesetz gegen den Tafelluxus verbietet den Kauf importierter Speisen. Cäsar lässt z. B. seine Soldaten bis in die Speisezimmer der römischen Bürger marschieren und alle verbotenen Luxusspeisen direkt zu sich bringen.

„Im Weintrinken war Cäsar sehr mäßig. Das geben selbst seine Feinde zu. So sagt Marcus Cato, Cäsar sei der Einzige von allen gewesen, der nüchtern an den Umsturz der Republik gegangen sei.“ (S. 39)

Cäsar eilt ein Ruf als Ehebrecher und Frauenheld voraus, der gelegentlich auch mit Männern und Knaben Verkehr hat. Sein berühmtestes Verhältnis hat er mit Kleopatra, der Königin Ägyptens, von der er einen Sohn haben soll. Sein Charakter ist von ungezügelter Habgier geprägt: Während der Feldzüge plündert er selbst Städte aus, die ihm keinen Widerstand entgegensetzen. Er stiehlt Gold aus dem Kapitol in Rom und ersetzt es durch vergoldetes Kupfer, begeht Tempelraub, erpresst und besticht Beamte und verkauft ganze Königreiche. Er schafft sich ein ergebenes und loyales Heer, indem er sich seinen Soldaten gegenüber kameradschaftlich verhält und sie nach Siegen reich beschenkt. Den Kult um die eigene Person treibt Cäsar sehr weit: Er lässt sein Bildnis neben denjenigen der Götter aufstellen, legt sich eine eigene Priesterklasse zu und benennt einen Monat nach sich selbst (den Juli). Doch Cäsars Willkürherrschaft erregt immer mehr Unmut im Senat und auch beim gemeinen Volk. An den Iden des März (15. März 44 v. Chr.) wird er während einer Senatssitzung von einer Gruppe von Verschwörern mit 23 Dolchstößen ermordet. Er ist zu diesem Zeitpunkt 56 Jahre alt.

Der Vater des Vaterlandes

Cäsar hinterlässt drei Viertel seines Vermögens dem Enkel seiner Schwester, Gajus Octavius (auch: Octavian), dem späteren Kaiser Augustus, und adoptiert ihn testamentarisch. Zunächst regiert Octavian im Triumvirat („Dreimännerherrschaft“) mit Marcus Antonius und Marcus Lepidus. Zahlreiche Bürgerkriege, die Octavians Grausamkeit und Unbarmherzigkeit legendär werden lassen, zerreißen das Land. Gleichzeitig beginnt er einen regelrechten Kult um Cäsar, indem er diesen als Gott verehren lässt und ihm an dessen Todestag Kriegsgegner wie Opfertiere darbringt. Nach zehn Jahren kommt es zum Bruch zwischen Antonius und Octavian. Als Antonius und Kleopatra im Jahr 30 v. Chr. in der Schlacht bei Aktium vernichtend geschlagen werden, begehen sie Selbstmord. Drei Jahre später verleiht der Senat Octavian den Ehrennamen Augustus („der Erhabene“) und ernennt ihn zum Princeps, eine Position, die ihm autoritäre Macht auf Lebenszeit gibt. Die Römische Republik hört praktisch auf zu existieren.

„Die Republik ist ein Nichts, ein bloßer Name ohne Körper und greifbare Gestalt.“ (Cäsar, S. 55)

In seiner Funktion als Kaiser entpuppt sich Augustus als konservativer Bewahrer verloren geglaubter römischer Werte und Tugenden. Seine Sittengesetze gegen Luxus, Ehebruch und Scheidung gehören zu den strengsten, die es in Rom je gegeben hat. Frauen verbietet er die Anwesenheit bei Spielen mit nackt kämpfenden Athleten. Die Vergabe des römischen Bürgerrechts und die Freilassung von Sklaven schränkt er radikal ein. Beim Volk ist Augustus vor allem zu späterer Zeit wegen seiner Milde und Bescheidenheit beliebt. Vom Senat wird ihm der Titel „Vater des Vaterlandes“ verliehen. In der eigenen Familie ist er jedoch ganz der unnachgiebige Patriarch: Seine Tochter und seine Enkeltöchter erzieht er streng und schickt sie wegen angeblich unkeuschen Lebenswandels in die Verbannung. Er selbst hält sich jedoch kaum an die Gesetze, die er anderen auferlegt: Er schläft aus Kalkül mit den Frauen seiner politischen Gegner und pflegt bis ins hohe Alter eine Vorliebe für junge Mädchen, die ihm manchmal seine eigene Frau Livia besorgt. Ansonsten lebt er sehr bescheiden. Er verabscheut prunkvolle Paläste und Völlerei und nächtigt 40 Jahre lang in ein und derselben Kammer. Augustus stirbt im Alter von 75 Jahren (am 19. August 14 n. Chr.) und wird kurz darauf zum Gott erklärt.

Der alte Bock

Tiberius ist Livias Kind aus erster Ehe und somit Augustus’ Stiefsohn. Augustus nötigt ihn dazu, seine hochschwangere Frau Agrippina zu verstoßen und Augustus’ Tochter Julia, seine Stiefschwester, zu heiraten. Nach einem Zerwürfnis mit Augustus zieht sich Tiberius nach Rhodos zurück, auch um den Enkelsöhnen des Kaisers nicht bei ihrer politischen Karriere im Weg zu stehen. Doch als diese innerhalb von drei Jahren sterben, adoptiert Augustus Tiberius und erklärt ihn mangels besserer Alternativen zu seinem Nachfolger. Bevor Tiberius bei Augustus’ Tod denselben bekannt gibt, wird noch schnell dessen dritter Enkelsohn getötet – vermutlich auf seinen oder Livias Befehl hin. Zunächst herrscht der neue Kaiser milde und nachsichtig und gibt dem Senat sogar Vollmachten zurück, die dieser unter seinem Stiefvater verloren hat. Doch mit der Zeit erwacht der Tyrann in ihm. Er zieht sich nach Capri zurück und gibt sich dort seinen zahlreichen Lastern hin. Tiberius gilt als trinkfreudig und pervers. Der auch als „alter Bock“ bezeichnete Kaiser missbraucht Frauen und kleine Kinder und soll auch vor Sodomie nicht zurückschrecken. Am Tod seines Stiefsohns Germanicus soll er mitschuldig sein, dessen Witwe geht wegen seiner Grausamkeit in den freiwilligen Hungertod. Zwei seiner drei Enkelsöhne aus dieser Verbindung erklärt er zu Staatsfeinden, den einen treibt er in den Selbstmord, den anderen lässt er verhungern. Gegen Ende seines Lebens wird er völlig unzurechnungsfähig und seine geistigen Kräfte verlassen ihn. Tiberius stirbt im Alter von 78 Jahren (am 16. März 37 n. Chr.), vielleicht nach einem Fieber, möglicherweise wird er auch vergiftet oder mit seinem eigenen Kissen erstickt. Sein Tod jedenfalls löst in Rom Freudenfeiern aus.

Der Sadist

Gajus Cäsar, genannt Caligula (Soldatenstiefelchen), ist der jüngste und einzige überlebende Sohn von Germanicus. Er ist im ganzen Land außerordentlich beliebt und provoziert dadurch Tiberius’ Eifersucht. Gerüchten zufolge soll Caligula, um seine Familie zu rächen, Tiberius das Gift gegeben haben, an dem er schließlich stirbt. Nach der Thronbesteigung unternimmt Caligula zunächst alles, um die Liebe des Volkes zu gewinnen. Größenwahnsinnige Züge treten aber schon bald zutage. Einmal lässt er über einen fünf Kilometer breiten Meeresarm eine Brücke bauen, indem er Hunderte von Lastschiffen in doppelter Reihe aufstellen und darüber einen Erddamm bauen lässt. Über diesen reitet er an zwei Tagen auf einem reich geschmückten Ross hin und zurück. Ein anderes Mal ernennt er sein Pferd zum Senator. Er sieht sich selbst zunehmend als Gott und lässt alten griechischen Götterstatuen den Kopf abschlagen, um sein eigenes Konterfei draufzusetzen. Zugleich erweist er sich als erbarmungsloser und sadistischer Tyrann. Er ergötzt sich förmlich an blutigen Schauspielen und grausamen Folterungen, lässt aus reiner Belustigung und Langeweile Menschen umbringen und das Volk absichtlich Hunger leiden. Seine eigenen Schwestern zwingt er zum Inzest. Weil ihm wegen seiner verschwenderischen Bauvorhaben bald das Geld ausgeht, ersinnt er alle möglichen Räubereien, um den Bürgern ihr Geld und ihre Erbschaften abzuknöpfen. Der 29-Jährige wird nach knapp vierjähriger Amtszeit ermordet (24. Januar 41 n. Chr.).

Der gerissene Tor

Claudius ist ein Bruder des Germanicus, er ist also Caligulas Onkel. In seiner Kindheit ist er schwach und kränklich. Er stottert, und viele halten ihn für beschränkt. Als er von dem Mord an Caligula erfährt, versteckt er sich zunächst voller Angst, wird aber von einem einfachen Soldaten gefunden und zum Imperator ausgerufen. Durch seine milde, zurückhaltende und gerechte Art macht er sich beim Volk schnell beliebt, setzt sich aber auch immer wieder dem Gespött der Leute aus. Seine Geistesschwäche versucht er wiederholt als Täuschung abzutun, mit der er unter Caligula seine Haut habe retten wollen. Jedoch glaubt ihm niemand, denn seine Vergesslichkeit und sein oft unangebracht einfältiges Verhalten sind legendär. Militärisch feiert er einen achtbaren Triumph, indem er Britannien erobert. Böse Zungen behaupten jedoch, dass er kaum eigene Entscheidungen trifft, sondern meist unter dem Einfluss seiner ständig wechselnden Ehefrauen und freigelassenen Sklaven handelt. Claudius wird im Alter von 64 Jahren vergiftet (13. Oktober 54 n. Chr.), wahrscheinlich von seiner Ehefrau Agrippina.

Der Wahnsinnige

Nero ist der Stiefsohn des Claudius, den dieser nach der Eheschließung mit Neros Mutter Agrippina adoptiert. Nach Claudius’ Tod lässt er sich mit 17 Jahren zum Kaiser ausrufen. Der eitle Nero interessiert sich weniger für Politik und Kriegsführung als vielmehr für die schönen Künste. Trotz seiner hässlichen Stimme tritt er immer wieder als Sänger auf, meist jedoch vor speziell für ihn angestellten Beifallklatschern. Während der Vorstellung darf niemand das Theater verlassen, sodass mitunter sogar Frauen ihre Kinder darin zur Welt bringen. Auch Nero stellt sich schon bald als grausam und pervers heraus. Er vergewaltigt Priesterinnen und lässt seinen Geliebten entmannen, um ihn darauf in Frauenkleidern als seine Gemahlin vorzuführen. Später vergiftet er erst seinen Stiefbruder Britannicus und lässt dann seine Mutter, seine Ehefrauen und fast seine gesamte Verwandtschaft, Freunde und Feinde, töten. Ähnlich wie seine Mordlust kennt auch seine Verschwendungssucht keine Grenzen. Er gibt Unsummen für Prachtbauten aus, die alles Bisherige an Größe übertreffen. Um diese zu finanzieren, beschlagnahmt er die Vermögen und Erbschaften vieler Römer und raubt die Tempel aus. Angeblich weil ihn die Hässlichkeit Roms anwidert, zündet er die Stadt an (64 n. Chr.). Sie brennt eine ganze Woche lang und wird fast vollständig zerstört. Wegen seiner Wahnsinnsherrschaft kommt es schließlich überall im Reich zu Aufständen. Nero flieht aus Rom und begeht im Alter von 32 Jahren kurz vor seiner Gefangennahme Selbstmord (68 n. Chr.).

Das Vierkaiserjahr 68/69

Die julisch-claudische Dynastie stirbt mit Nero aus. Als Erstes folgt Galba, vormals Statthalter Spaniens und einer der Rebellen gegen Nero, in die Regierung. Er macht sich jedoch bald beim Heer unbeliebt und wird nach siebenmonatiger Regierungszeit durch eine Verschwörung Othos ermordet. Dieser berichtet anschließend dem Senat, Soldaten hätten ihn entführt und gezwungen, die Regierung zu übernehmen. Inzwischen haben jedoch die Heere in Germanien den dortigen Statthalter Vitellius zum Kaiser ernannt. Es kommt zu Gefechten zwischen den Soldaten beider Parteien. Angeblich um einen schlimmen Bürgerkrieg zu verhindern, begeht Otho nach 95-tägiger Regierungszeit Selbstmord. Vitellius ist ein brutaler Vielfraß, der sich schon bald alle Sympathien, vor allem die der Soldaten, verspielt. Er wird von Vespasian im achten Monat seiner Regierungszeit gestürzt, vom Pöbel wie ein Verbrecher durch die Straßen geschleift, gefoltert und in den Tiber geworfen.

Die Dynastie der Flavier

Nach drei Kaisern, die innerhalb von etwas mehr als einem Jahr mit Gewalt an die Macht gekommen und gestorben sind, kehren mit dem Geschlecht der Flavier Ruhe und Stabilität zurück. Vespasian und sein Sohn Titus schlagen den seit vier Jahren andauernden Aufstand der Juden in Jerusalem nieder (70 n. Chr.). Vespasian überwacht den Wiederaufbau Roms nach den zahlreichen Bränden und setzt sich gegen den allgemeinen Sittenverfall ein. Nach zehnjähriger Amtszeit stirbt er 69-jährig an einer Krankheit. Sein Sohn Titus übernimmt schon einen Großteil der Regierungsgeschäfte, während sein Vater noch Kaiser ist. In dieser Zeit wird ihm ein loser Lebenswandel nachgesagt, doch schon kurz nach der Amtsübernahme verwandelt er sich in ein Musterbeispiel an Tugend und Güte. In Notzeiten wie bei der Zerstörung Pompejis durch den Ausbruch des Vesuvs, einem Brand in Rom und einer schlimmen Pest zeigt er sich fürsorglich und trostreich. Auf Hinrichtungen verzichtet er ganz. Nach nur zweijähriger Regierung stirbt er unerwartet an einem Fieber. Ihm folgt sein Bruder Domitian auf den Thron. Dieser führt einige Reformen durch, etwa die Reduzierung des Weinanbaus zugunsten des Getreides in Italien. Doch sehr bald schlägt seine anfängliche Milde in Grausamkeit um. Er kann z. B. keine Witze über sich ertragen und lässt viele Spötter hinrichten. Alle Philosophen weist er aus. Sich selbst lässt er als „Herr und Gott“ anreden und die Monate September und Oktober benennt er in „Germanicus“, seinen Beinamen, und „Domitianus“ um. In seinem Todesjahr 96 n. Chr. mehren sich die dunklen Vorzeichen, darunter zahlreiche Blitzeinschläge in Rom. Domitian wird nach 15-jähriger Regierungszeit ermordet.

Zum Text

Aufbau und Stil

Die zwölf Biografien von Cäsar bis Domitian sind chronologisch geordnet, innerhalb der einzelnen Texte herrscht jedoch eher eine thematische Ordnung vor: Sie beginnen immer mit einer ausführlichen Beschreibung des Familienstammbaums, führen über Jugend und Erziehung, die militärische und politische Laufbahn, Tugenden und Laster, Aussehen, besondere Vorzeichen bei Geburt und Tod bis hin zum Ableben und zum Testament des jeweiligen Kaisers. Sueton übernahm damit die Darstellungsform der gelehrten alexandrinischen Biografie, die zu seiner Zeit für die Lebensbeschreibungen großer Literaten üblich war. Für den heutigen Leser ist das eher gewöhnungsbedürftig. So liest man beispielsweise an verschiedenen Stellen vom Tod ein und desselben Herrschers, einmal mit Blick auf seinen Charakter, ein anderes Mal in Bezug auf sein Testament. Jede Lebensgeschichte erscheint daher eher als Sammlung von Schnappschüssen denn als Darstellung einer Persönlichkeitsentwicklung, wie es in modernen Biografien üblich ist. Es fehlt also der Blick auf das große Ganze, doch liefert der Autor dafür umso mehr Details. Diese reichen von der Zehenlänge Domitians bis hin zu pikanten Einzelheiten aus dem ausschweifenden Sexualleben der Kaiser. Nicht umsonst wird Sueton auch als „Bildzeitung der Antike“ bezeichnet. Sein Stil ist einfach und schnörkellos, zuweilen auch etwas ungelenk. Er nimmt über weite Teile eine objektive Erzählhaltung ein, durchbricht diese aber auch immer wieder, indem er als Autor seine eigene Meinung äußert.

Interpretationsansätze

  • Die Charakterbeschreibungen in Suetons Cäsarenleben sind maßgeblich für das populäre Römerbild verantwortlich, das u. a. die Historienschinken aus Hollywood über Jahrzehnte kultiviert haben: Die römischen Kaiser werden darin meist als vulgär und grausam, dekadent und pervers dargestellt. //
  • //Die moderne Geschichtsforschung hat dieses Bild z. T. relativiert. So gibt es heute z. B. begründete Zweifel an der Legende, nach der Nero für den großen Brand in Rom verantwortlich gewesen sein soll. Suetons Werk spiegelt eher den Abscheu seiner Zeitgenossen vor dem „Cäsarenwahnsinn“ des vorhergehenden Jahrhunderts wider, als dass es die historischen Fakten penibel genau rekonstruiert.
  • Der Autor setzt viele geschichtliche Zusammenhänge als bekannt voraus: Für seine damaligen Leser waren sie es auch. Die Darstellung pikanter Details aus dem Familien- und Sexualleben der Kaiser zeigt auch, dass die Menschen damals genauso brennend an Klatsch und Tratsch über berühmte Persönlichkeiten interessiert waren wie heute.
  • Der Umfang der einzelnen Themen sagt viel über die Prioritäten jener Zeit aus. So nimmt z. B. die Darstellung von Vorzeichen und Träumen großen Raum ein. Wie die meisten Römer war Sueton abergläubisch und maß der Interpretation von guten und bösen Vorzeichen höchste Bedeutung zu.
  • Die moderne Kritik vergleicht Suetons Werk oft mit dem seines Zeitgenossen Tacitus und verurteilt es als minderwertig. Dabei wird jedoch kaum berücksichtigt, dass die beiden ganz unterschiedliche Ziele verfolgten: Der Historiker und Moralist Tacitus wollte seine Leser belehren, während der Biograf Sueton sie durch seine Geschichten vor allem zu unterhalten suchte.

Historischer Hintergrund

Die römische Perestroika

Nach Augustus’ Tod im Jahr 14 n. Chr. verloren die liberalen Werte der Römischen Republik immer mehr an Bedeutung. Der Senat war faktisch entmachtet und die absolutistisch herrschenden Kaiser erwiesen sich als launisch und unberechenbar. Die geringste Kritik an ihnen konnte tödlich sein. Erst nach der Ermordung des tyrannischen Domitian im Jahr 96 n. Chr. kehrte unter den Kaisern Nerva, Trajan und Hadrian die lang ersehnte Gedanken- und Redefreiheit nach Rom zurück. Die neu aufblühende Geschichtsschreibung setzte zu einer gnadenlosen Abrechnung mit dem vergangenen Jahrhundert und den Exzessen der Despoten an. Ihr berühmtester Vertreter war Tacitus, der alles Autokratische abgrundtief hasste und z. B. in seinen Schriften über die Germanen die Tugenden eines freien Volkes gegenüber den entarteten und feigen Römern jener Zeit pries. Geschichtsschreibung sollte dem Volk laut Tacitus eine Warnung sein, damit die düsteren Zeiten niemals wiederkehrten. Mit Nerva und Trajan begann die Zeit der so genannten Adoptivkaiser. Nicht Blutsverwandtschaft sollte mehr die Nachfolge regeln, sondern die Adoption des „Besten“ in die Familie des jeweiligen Kaisers. Im Grunde wurde damit aber nur aus der Not eine Tugend gemacht, denn keiner dieser Kaiser hatte eigene Kinder, die infrage gekommen wären. Die Epoche der fünf Adoptivkaiser (96–180 n. Chr.) wird noch heute als kulturelle und weltpolitische Glanzzeit des Römischen Reiches betrachtet. Unter Trajan beispielsweise war das Römische Reich so groß wie niemals vor oder nach ihm.

Entstehung

Sueton war unter Trajan und Hadrian als kaiserlicher Bibliothekar und Sekretär angestellt. Als solcher hatte er Zugang zum kaiserlichen Archiv und damit zu zahlreichen Originalquellen. Oft sammelte er erst jahrelang sein Material, bevor er mit der Niederschrift begann. Er stützte sich auf Lebensbeschreibungen und Autobiografien der Kaiser, kaiserliche Reden und Senatsprotokolle, Testamente und Geheimverordnungen. Vor allem aber bezog er sich immer wieder auf den Klatsch und die Gerüchte am kaiserlichen Hof, auf volkstümliche Anekdoten und z. T. mündliche Überlieferungen von Menschen, die die späteren Kaiser noch gekannt hatten.

Aus einem Brief von Suetons Freund und Förderer Plinius geht hervor, dass er als „stiller Gelehrter“ vor der Veröffentlichung seiner Werke stets lange zögerte und an sich zweifelte. Wahrscheinlich brachte Sueton die Kaiserviten schließlich in acht Büchern heraus, kurz bevor oder nachdem er um 121 n. Chr. seine Stelle am kaiserlichen Hof verlor. Die langen Biografien der ersten sechs Kaiser bildeten jeweils ein Buch, die der drei Kaiser im Jahr 68/69 das siebte und die der drei Flavier das achte. Er widmete das Werk seinem Gönner Septicius Clarus, wie an anderer Stelle berichtet wird. Die Widmung ist jedoch ebenso wie der Anfang der Cäsarbiografie verloren gegangen.

Wirkungsgeschichte

Sueton schuf mit der politischen Biografie eine neue Form der Geschichtsschreibung, die bis ins späte Mittelalter hinein als Vorbild galt. Aurelius Victor verfasste um 360 n. Chr. sein Liber de Caesaribus über die Zeit von Augustus bis zu seiner Gegenwart. Zu Beginn des fünften Jahrhunderts führte ein anonymer Autor in den Historiae Augustae die mit Domitian endenden Kaiserviten für die Zeit bis Numerian im Stil Suetons fort. Der heilige Hieronymus schrieb zur gleichen Zeit die erste christliche Literaturgeschichte mit dem Titel De viris illustribus. Einhard, der Biograf Karls des Großen, orientierte sich im neunten Jahrhundert ebenfalls an seinem römischen Vorgänger, und die Bildhauer der Renaissance fertigten ihre Kaiserbüsten nach Suetons detaillierten Angaben zum Aussehen der Kaiser an. Der italienische Dichter Francesco Petrarca lobte ihn gar als „die zuverlässigste Quelle“ und den „sorgfältigsten Geschichtsschreiber“.

Im krassen Gegensatz hierzu steht die modernere Kritik. Der Philosoph William Durant etwa beschreibt in seiner Kulturgeschichte der Menschheit den für ihn schmerzhaften Übergang von der „Größe“ des Tacitus zum „Klatsch und Kleinkram“ Suetons: „Die Geschichtsschreibung ist hier zur Biografie erniedrigt und die Biografie ins Anekdotische verzerrt.“ Andere bemängeln die Einteilung in Rubriken, den fehlenden geschichtlichen Kontext und die Konzentration auf scheinbar banale Einzelheiten, die der historischen Bedeutung der jeweiligen Kaiser nicht gerecht würden. Fest steht heute, dass viele der von Sueton überlieferten Geschichten und Charakterbeschreibungen mit Vorsicht zu genießen sind. Er sah sich wohl größtenteils als objektiver Chronist, der die Aussagen und Meinungen anderer ohne Prüfung oder eigene Einschätzungen wiedergab. Unabhängig davon, ob diese immer korrekt waren, lieferte er aber ein facettenreiches Bild des römischen Alltagslebens. Die heutigen Interpreten seines Werks schätzen ihn vor allem dafür, dass er einer zu Stein erstarrten Epoche Leben eingehaucht hat. So stützte sich der englische Autor Robert Graves 1934 für seine berühmte fingierte Autobiografie Ich, Claudius, Kaiser und Gott hauptsächlich auf Suetons Kaiserviten.

Über den Autor

Über Sueton sind keine exakten Daten bekannt, da über den großen Biografen selbst keine Biografie existiert. Er wird um 70 n. Chr. wahrscheinlich im nordafrikanischen Hippo Regius in eine Familie aus dem Ritterstand geboren. Sein Vater ist dort als römischer Militärtribun angestellt. Nach der Rückkehr der Familie nach Rom studiert Sueton die so genannten Artes liberales (Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Arithmetik, Geometrie, Musik, Astronomie), wird Priester des Feuergottes und ist anschließend als Rechtsanwalt und Schulmeister für Grammatik und Rhetorik tätig. Als solcher freundet er sich mit Plinius dem Jüngeren an, der sich von nun an für den etwas weltfremden Gelehrten einsetzt. Ihm hat der unverheiratete Sueton u. a. das Privileg des „Dreikinderrechts“ zu verdanken, das normalerweise nur jenen Römern bestimmte Steuer- und Karrierevorteile verschafft, die drei oder mehr Kinder haben. Nach Plinius’ Tod um 113 n. Chr. findet Sueton in Septicius Clarus einen neuen Förderer. Dieser ist Kommandant der Leibgarde des Kaisers Hadrian und verhilft Sueton zunächst zum Posten des kaiserlichen Bibliothekars und anschließend zu dem des Kanzleisekretärs. Doch um 121 n. Chr. wird Clarus und einigen anderen Beamten vorgeworfen, der Kaiserin gegenüber nicht die Hofetikette gewahrt zu haben. Sueton verliert im Zuge dieser Intrige sein Amt. Er zieht sich zurück und widmet sein Leben ganz der Gelehrsamkeit. Wahrscheinlich lebt er noch bis etwa 140 n. Chr., jedoch sind aus dieser Zeit keine Informationen überliefert. Neben dem fast komplett erhaltenen Cäsarenleben gehört Über berühmte Männer mit Kurzbiografien bedeutender römischer Persönlichkeiten zu seinen wichtigsten Werken. Allerdings sind davon wie auch von anderen Schriften des Autors nur noch Fragmente erhalten. Viele sind der Nachwelt lediglich durch Zitate späterer Schriftsteller überliefert.

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