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Der Malteser Falke

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Der Malteser Falke

Diogenes Verlag,

15 min read
10 take-aways
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What's inside?

Ein bahnbrechendes Stück Kriminalliteratur: Mit Sam Spade betrat ein völlig neuer Typus von Privatdetektiv die Bühne.

Literatur­klassiker

  • Kriminalroman
  • Moderne

Worum es geht

Mit seiner Falkenjagd schlug Dashiell Hammett 1930 ein neues Kapitel der Krimiliteratur auf. Der Autor kreierte mit der Hauptfigur Sam Spade den Typus des hartgesottenen, einzelgängerischen Detektivs, der illusionslos und ohne emotionale Bindungen im schäbigen Großstadtmilieu lebt und mit einer zynischen Einstellung seinen Ermittlungsaufträgen nachgeht. Im Malteser Falken wird aus einem anfangs harmlos scheinenden Beschattungsauftrag eine mörderische Jagd nach einem Kunstgegenstand, die ständig neue unerwartete Wendungen nimmt. Allein der blitzgescheite und coole Spade ist ihnen gewachsen, im Gegensatz zu allen anderen Figuren, die sich als Verlierer erweisen. Dashiell Hammett bedient sich eines ungekünstelten, lakonischen Stils, der sich an der damaligen Umgangssprache orientiert und das schäbige Milieu der Kleinganoven treffend widerspiegelt. Mit diesem Roman begann die sogenannte schwarze Serie von Krimis, die ihren filmischen Ausdruck im amerikanischen Film noir der 40er- und 50er-Jahre fand. Als Gegensatz zum klassischen Hollywoodkino gingen diese Werke mit ihrer düsteren Bildwelt und ihrer pessimistischen Grundstimmung in die Filmgeschichte ein. Aber nicht nur diese Filme, auch die Bücher von Dashiell Hammett – und besonders Der Malteser Falke – vermögen Leser bis heute in Atem zu halten.

Take-aways

  • Der Malteser Falke eröffnete ein neues Kapitel in der Geschichte des Kriminalromans.
  • Inhalt: Der Detektiv Sam Spade bekommt einen harmlos scheinenden Beschattungsauftrag und ist bald darauf in eine mörderische Jagd mehrerer zwielichtiger Gestalten nach einem wertvollen Kunstgegenstand, dem Malteser Falken, verwickelt. Per Zufall gerät Spade in den Besitz des Falken. Er spielt die Ganoven gegeneinander aus und übergibt die Schuldigen der Polizei.
  • Mit dem einzelgängerischen, zynischen und gerissenen Spade kreierte Hammett einen neuen Detektivtypus.
  • Hammett verzichtet bei der Figurenzeichnung auf eine klare Trennung von Gut und Böse.
  • Im Malteser Falken bildete erstmals die Unterwelt einer modernen Großstadt den Hintergrund eines Kriminalromans.
  • Die Figuren sind Spiegelbilder der moralisch verkommenen, geldgierigen Gesellschaft zur Zeit der Großen Depression.
  • Hammett verwendet einen objektiven, beobachtenden Erzählstil und die ungekünstelte Alltagssprache des Großstadtmilieus.
  • Der Text ist vom Dialog geprägt. Auf die Schilderung von Gemütszuständen wird weitgehend verzichtet.
  • Der Malteser Falke wurde mehrmals verfilmt. Am bekanntesten ist die Verfilmung von 1941 mit Humphrey Bogart.
  • Zitat: „Seine Finger zerrten die Holzwolle auseinander und dann stand plötzlich die fußhohe Figur eines Vogels vor ihm, schwarz wie Kohle und schimmernd, wo nicht Holzstaub und Holzwollfasern den Glanz der Oberfläche trübten.“

Zusammenfassung

Ein scheinbar harmloser Auftrag

Sam Spade, ein Mann mit kantigen Gesichtszügen, betreibt mit seinem Partner Miles Archer in San Francisco das Ermittlungsbüro Spade & Archer. Die kesse Effie Perine, eine junge, aufgeweckte Frau, arbeitet dort als Sekretärin. Die Einkommensverhältnisse der Detektei sind mäßig. Eines Tages taucht die hinreißende Miss Wonderly in Spades Büro auf. Sie bittet den Detektiv, ihr bei der Suche nach ihrer 17-jährigen Schwester zu helfen, die mit einem Mann namens Floyd Thursby durchgebrannt sei. Sie selbst habe sich bereits mit Thursby getroffen, aber ohne dass die Schwester dabei gewesen wäre, und ein weiteres Treffen sei für den Abend dieses Tages vereinbart. Miss Wonderly zahlt einen ansehnlichen Vorschuss von 200 Dollar. Mit dem zu dem Gespräch hinzugekommenen Miles Archer wird ausgemacht, dass dieser die beiden beschatten soll, um den Aufenthaltsort der Schwester zu ermitteln.

Zwei Tote in einer Nacht

Gegen zwei Uhr morgens erhält Spade zu Hause einen Anruf von dem befreundeten Polizeibeamten Tom Polhaus. Sein Kompagnon Miles Archer ist erschossen aufgefunden worden. Spade dreht sich nachdenklich eine Zigarette, fährt dann zum Tatort und informiert Polhaus darüber, in welchem Auftrag Archer unterwegs gewesen ist. Eine Stunde später ruft Spade von einem Drugstore aus Effie Perine an und bittet sie, die Todesnachricht Archers Frau Iva zu übermitteln. Spade hat ein Verhältnis mit Iva. Sie wollte sich seinetwegen von Archer scheiden lassen. Doch Spade fühlt Iva gegenüber keinerlei Leidenschaft und sie fällt ihm lästig. Bei Ermittlungen taucht sie öfter im unpassendsten Moment auf.

„Er sah aus wie ein eigentlich ganz umgänglicher, blonder Satan.“ (über Spade, S. 9)

Spade kehrt nach Hause zurück. Um halb fünf erscheint dort Polhaus mit seinem Vorgesetzten Leutnant Dundy. Dundy beschuldigt Spade, Archer getötet zu haben, mehr noch: Auch den inzwischen ebenfalls erschossenen Thursby soll er auf dem Gewissen haben. Beweise gibt es allerdings keine – Dundy beruft sich auf Polhaus’ Aussage, Spade habe Archers Leiche nicht sehen wollen, sowie auf die Tatsache, dass Spade Iva Archer die Todesnachricht nicht selbst übermittelt hat.

Miss Wonderlys Geschichte

Nachdem Spade am nächsten Morgen im Büro Iva Archer abgewimmelt und Effie Perine angewiesen hat, das Firmenschild „Spade & Archer“ gegen „Samuel Spade“ auszutauschen, meldet sich Miss Wonderly telefonisch. Spade trifft sie in einem Hotel. Sie enthüllt ihm ihre wahre Identität – ihr Name ist Brigid O’Shaughnessy – und erzählt eine vage Geschichte einer Schiffsreise von Hongkong aus in Begleitung des zwielichtigen Thursby. Sie sagt Spade, sie fühle sich bedroht, und bittet ihn um Hilfe und Schutz. Spade verlangt einen weiteren Vorschuss und zieht ihr das letzte Geld, immerhin 500 Dollar, regelrecht aus der Tasche. Obschon er ihre Geschichte nicht glaubt, sagt er ihr seine Hilfe zu.

„Er hatte sein drittes Glas Bacardi getrunken und zündete sich die fünfte Zigarette an, als die Haustürglocke läutete. Die Zeiger des Weckers standen auf vier Uhr dreißig.“ (über Spade, S. 22)

In Spades Büro taucht der stark parfümierte Joel Cairo auf. Der schmächtige, griechischstämmige Mann bietet 5000 Dollar für die Wiederbeschaffung einer wertvollen Vogelskulptur. Er vermutet das Kunstwerk sogar bei Spade und durchsucht mit vorgehaltener Waffe dessen Büro. Aus dem Gespräch ergibt sich, dass der ermordete Thursby ebenfalls auf der Suche nach dieser Skulptur gewesen sein könnte.

„,Tut mir leid‘, sagte Spade mit einem wölfischen Grinsen, das seine Backenzähne sehen ließ, ‚aber stellen Sie sich meine Bestürzung vor, als ich feststellen musste, dass Ihr Fünftausend-Dollar-Angebot nur aus Luft besteht.‘“ (Spade zu Cairo, S. 55)

Spade macht sich wieder auf den Weg zu Brigid O’Shaughnessy und bemerkt, dass er beschattet wird. Brigid gibt nach einigem Zögern zu, etwas von dieser Vogelskulptur zu wissen und auch Joel Cairo zu kennen. Am späten Abend arrangiert Spade ein Treffen mit ihr und Cairo in seiner eigenen Wohnung. Während er und Brigid auf Cairo warten, erzählt Spade die Geschichte eines vom Schicksal gebeutelten Mannes namens Flitcraft. Dieser arbeitsame Durchschnittsbürger mit Familie sei eines Tages um ein Haar von einem herabstürzenden Balken erschlagen worden. Daraufhin habe er von heute auf morgen seine Familie und seinen Beruf aufgegeben und nach zwei Jahren des Umherreisens in einer benachbarten Stadt das gleiche Leben fortgesetzt: Er habe erneut geheiratet und sich wieder ein Geschäft aufgebaut.

„Da ging ihm auf, dass Menschen durch Zufälle wie diesen starben und nur lebten, solange der blinde Zufall sie verschonte.“ (Spade über Flitcraft, S. 71)

Dann erscheint Cairo. Er erkundigt sich nach den Umständen von Thursbys Tod. Brigid deutet an, dass sie den Mörder kennt, indem sie mit dem Finger den Buchstaben G in die Luft malt. Dann bietet sie Cairo an, innerhalb einiger Tage gegen Zahlung der 5000 Dollar die Skulptur zu beschaffen. Obwohl offensichtlich jeder jedem etwas vormacht, erwartet jeder vom anderen blindes Vertrauen bei diesem windigen Geschäft. Zu vorgerückter Stunde erscheinen auch noch die beiden Kriminalpolizisten Dundy und Polhaus bei Spade. Sie haben mittlerweile von Spades Verhältnis zu Iva Archer erfahren und sehen darin ein Mordmotiv. Beim Verhör im Korridor streitet Spade das Verhältnis ab. Während er mit den Polizisten spricht, bricht in seinem Wohnzimmer zwischen Cairo und Brigid ein heftiger Streit aus. Die Polizisten sehen sich veranlasst einzugreifen, werden nun aber von allen dreien mit frei erfundenen Geschichten abgefertigt. Spontan sind sich Spade, Cairo und Brigid einig, die Polizei aus ihrer Vogelskulptur-Geschichte herauszuhalten.

Auf der Spur einer Statuette

Nachdem alle anderen gegangen sind, erzählt Brigid Spade, wie sie in die Affäre um die Skulptur verwickelt wurde: Sie hat Cairo und Thursby geholfen, die etwa 30 Zentimeter hohe Figur eines schwarzen Falken in Marmara nahe Konstantinopel einem Russen abzuluchsen – mithilfe ihrer weiblichen Reize. Dann betrog ein Gauner den anderen: Weil Thursby und Brigid das Gefühl hatten, Cairo wolle sie um die vereinbarte Prämie bringen, verschwanden sie mit dem Falken Richtung Hongkong und fuhren von dort nach San Francisco. Brigid argwöhnte nun, dass Thursby ihr ebenfalls nicht den versprochenen Anteil am Verkauf des wertvollen Falken zukommen lassen wolle. Jetzt, wo Thursby tot ist, möchte Brigid den Falken mit Spades Hilfe finden. Diese Absicht besiegeln die beiden in einer Liebesnacht. Am frühen Morgen, während Brigid noch schläft, begibt sich Spade zu ihrem Hotel und durchsucht das Zimmer des Mädchens, findet aber nichts. Dann weist er Effie Perine an, Brigid sicherheitshalber bei sich aufzunehmen. Die beiden Frauen verlassen sein Büro getrennt. Später taucht Brigid aber doch nicht bei Effie Perine auf.

„Sie brauchen mir übrigens nicht zu vertrauen, solange Sie mich beschwatzen können, Ihnen zu trauen.“ (Spade zu Brigid, S. 72)

Spade erhält einen Anruf von einem gewissen Mr. Gutman, der ihn bittet, ihn in seinem Hotel aufzusuchen. Gutman erweist sich als außerordentlich fetter, schwarz gelockter Mann, der gern Zigarre raucht und viel Whisky verträgt. Der junge Mann, von dem Spade zeitweilig beschattet wurde, entpuppt sich als Gutmans Handlanger Wilmer Cook. Cook ist ein aufgeblasener Revolverheld, der für Gutman die Drecksarbeit macht. Sein Chef gibt sich jovial, er weiß bereits über alles Vorgefallene Bescheid. Auch er will den Falken in seinen Besitz bringen und verrät unvorsichtigerweise, wie überaus wertvoll die Statuette ist. Spade reagiert blitzschnell. Er flunkert Gutman vor, er könne ihm den Falken beschaffen, und erhöht den von Cairo gebotenen Preis auf 10 000 Dollar. Gutman lässt sich auf den Handel ein. Spade bedingt sich zwei Tage aus. Tatsächlich glaubt er, Brigid wisse, wo sich die Skulptur befinde, und er könne sie auf diesem Weg beschaffen.

Die Geschichte des Malteser Falken

Spade macht sich auf die Suche nach der verschwundenen Brigid, findet vorerst aber nur heraus, dass sie statt zu Effie Perine mit dem Taxi zum Hafen gefahren ist. In einem zweiten Gespräch enthüllt ihm Gutman die Vorgeschichte und die Bedeutung der Skulptur. Es handelt sich um eine über und über mit Edelsteinen besetzte Falkenfigur aus Gold. Sie wurde kurz nach 1530 im Auftrag des unermesslich reichen Johanniterordens geschaffen. Der Falke sollte ein Dankgeschenk an Kaiser Karl V. sein, der den Johannitern die Insel Malta als Lehen überlassen hatte. Auf der Überfahrt nach Spanien verschwand die Statuette. Gutman rekonstruiert ihre Irrfahrt durch Europa: Im 19. Jahrhundert überzog man das Kunstwerk in Frankreich mit einer schwarzen Lackschicht, um seinen Wert zu verschleiern. Schließlich landete der Falke als simple Antiquität bei einem russischen General in Konstantinopel, der ihn nicht verkaufen wollte. Deshalb setzte Gutman sein zwielichtiges Trio Cairo, Thursby und Brigid O’Shaughnessy in Marsch, um die Skulptur zu beschaffen. Alle vier sind sie Leute, die sich gewohnheitsmäßig mit Gaunereien durch die Welt schlagen.

„Der Mann wabbelte vor Fett, hatte knollige rosa Backen, wulstige Lippen, Doppelkinn und Halsfalten sowie Bauch und Rumpf wie ein großes, weiches Ei, an dem zwei Zylinder als Arme und Beine steckten.“ (über Gutman, S. 113)

Mittlerweile haben die Ermittlungen der Polizei ergeben, dass Thursby Miles Archer erschossen hat. Damit gilt dieser Mord als aufgeklärt, doch Spade wird weiterhin verdächtigt, zumindest Informationen darüber zu besitzen, wer hinter dem Mord an Thursby steckt. Die Polizei vermutet einen Racheakt von Thursbys ehemaligen Gangsterkumpanen. Staatsanwalt Bryan verhört Spade. Danach durchsucht dieser Cairos Hotelzimmer und findet dort in einem Zeitungsausschnitt einen Hinweis auf das Schiff „La Paloma“, das am Tag zuvor von Hongkong eingelaufen ist. Spade findet heraus, dass Brigid, statt wie vereinbart zu Effie Perine zu fahren, sich im Taxi zu dem Schiff hat bringen lassen, um dort mit dem Kapitän Jacobi in der Kajüte zu Abend zu essen. Dann kamen Cairo, Gutman und Cook aufs Schiff und es gab eine heftige Auseinandersetzung.

„Einen endlosen Augenblick lang verharrten die beiden so, angespannt und regungslos. Dann wurden die Arme des Jungen schlaff. Spade ließ den Jungen los und trat einen Schritt zurück. In jeder von Spades Händen, die er aus den Manteltaschen des Jungen gezogen hatte, blinkte matt eine schwere automatische Pistole.“ (S. 130)

Zurück im Büro berichtet er alles Effie, als die Tür aufgeht. Der blutüberströmte Kapitän tritt ein, übergibt Spade ein Päckchen und fällt tot zu Boden. Das Päckchen enthält den Malteser Falken. Spade fährt damit unverzüglich zu einem Bahnhof und deponiert die Figur unauffällig als Handgepäck. Den Gepäckschein schickt er per Post an seine eigene Adresse. Als er um Mitternacht nach Hause geht, wartet draußen die angsterfüllte Brigid. Sie gehen in die Wohnung und werden dort von Gutman, Cairo und Wilmer Cook überrascht, alle mit Pistolen im Anschlag. Spade behält einen außerordentlich kühlen Kopf und macht den drei Spießgesellen erst einmal klar, dass sie, wenn die Polizei auftaucht, einen Sündenbock brauchen, nämlich den Mörder Thursbys und Jacobis. Man bestimmt Wilmer Cook. Er wird von Gutman und Cairo überwältigt und bewusstlos geschlagen. Danach lässt Spade sich von Gutman die versprochenen 10 000 Dollar zeigen.

„Seine Finger zerrten die Holzwolle auseinander und dann stand plötzlich die fußhohe Figur eines Vogels vor ihm, schwarz wie Kohle und schimmernd, wo nicht Holzstaub und Holzwollfasern den Glanz der Oberfläche trübten.“ (über Spade, S. 171)

Alle verbringen die Nacht in Spades Wohnung, bis Spade am Morgen Effie Perine losschicken kann, um das Päckchen mit dem Falken abzuholen. Sie bringt es, und Spade erhält die 10 000 Dollar. Jetzt allerdings stellt sich heraus, dass die Skulptur aus nichts als massivem Blei besteht. Enttäuscht müssen Gutman und Cairo einsehen, dass sie offenbar schon von dem russischen General in Konstantinopel an der Nase herumgeführt worden oder einem Phantom hinterhergejagt sind. Spade gibt Gutman 9000 Dollar zurück und behält lediglich 1000 Dollar „für seine Auslagen“.

Den Hals in der Schlinge

Nachdem Spade und Brigid die Wohnung verlassen haben, verlangt er von ihr, dass sie ihm in aller Eile die wahre Geschichte des Malteser Falken erzählt. Spade rechnet damit, dass jeden Moment die Polizei auftaucht. Brigid gesteht, dass sie zwar von Gutman wegen des Falken nach Konstantinopel geschickt worden sei, dass sie aber von Anfang an geplant habe, das wertvolle Objekt an sich zu nehmen und alle anderen gegeneinander auszuspielen. In diesem Sinne sollte ihr anfänglicher Beschattungsauftrag an Spade und Miles Archer dazu dienen, den wegen Glücksspielbetrugs in den USA gesuchten Thursby so zu verunsichern, dass sie ihn loswerden konnte, bevor Kapitän Jacobi mit dem Falken ankam. Sie war sich sicher, dass es zwischen Archer und Thursby zu einer Schießerei kommen würde. Hätte es Thursby getroffen, wäre sie ihn los gewesen. Wäre Archer der Unterlegene gewesen, hätte sie die Polizei auf Thursby gehetzt und ihn sich dadurch vom Hals geschafft. Da es aber an jenem Abend nicht zu einer Konfrontation zwischen Thursby und Archer kam, erschoss Brigid den arglosen Detektiv kurzerhand selbst, in der Hoffnung, Thursby den Mord in die Schuhe schieben zu können.

„Das Auftauchen Gutmans und seiner Spießgesellen schien ihr den animalischen Teil ihrer persönlichen Bewegungs- und Gefühlsfreiheit geraubt zu haben, sodass sie zwar am Leben und bei Bewusstsein blieb, aber still und stumm wie eine Pflanze.“ (über Brigid, S. 186)

Noch einmal setzt Brigid ihre weiblichen Reize ein und beteuert, Spade zu lieben. Aber der Detektiv steht bei der Polizei nach wie vor selbst unter Mordverdacht und kann sich nur entlasten, wenn er den wahren Tathergang klärt. Da sich auch der Falke als wertlos erwiesen hat, lässt Spade Brigid fallen und liefert sie als Archers Mörderin an die Polizisten Dundy und Polhaus aus. Auch Cook und Cairo werden durch Spades Hinweise gefasst, Gutman ist auf der Flucht von Wilmer Cook erschossen worden.

Zum Text

Aufbau und Stil

Der Malteser Falke besteht aus 20 Kapiteln, die mit aussagekräftigen Überschriften versehen sind, etwa „Tod im Nebel“ oder „Wenn sie dich aufhängen“. Der Roman ist aus der Sicht Sam Spades verfasst, aber dennoch in der dritten Person erzählt. Sehr viel Information wird über Dialoge vermittelt. Innere Monologe, Reflektionen oder die Schilderung von Gemütszuständen spielen dagegen kaum eine Rolle. Ebenfalls spärlich gesät sind Beschreibungen von Örtlichkeiten; diese werden allenfalls knapp skizziert. Die Schlichtheit und die Prägung der Dialoge durch die ungekünstelte Umgangssprache sind typisch für Hammetts Bemühen um einen lakonischen Stil. Dieser unterstreicht vor allem den abgebrühten Charakter der Hauptfigur Sam Spade.

In seinem Streben nach Nüchternheit und Objektivität legt Hammett viel Gewicht auf die äußerlichen Merkmale der Charaktere, die jeweils sogleich angeführt werden, wenn eine neue Figur auftaucht. Seelische Regungen gibt er durch die Beschreibungen von Mienenspiel und Gestik wieder. Diese körperliche Vermittlung von Gefühlszuständen wird vom Autor sehr weit getrieben und kann mitunter unfreiwillig komisch wirken. Die Dramaturgie der Handlung, obwohl vom Ende her schlüssig aufgelöst, basiert auf vielen Unwahrscheinlichkeiten; eine Reihe von Zufällen begünstigt die Lösung des Falls.

Interpretationsansätze

  • Wie aus der minutiösen Beschreibung seines Äußeren hervorgeht, ist Sam Spade eine moderne Satansfigur. Seine Hölle ist das Gaunermilieu der Großstadt, er ist gewitzt und gerissen, auch ein Verführer. Eigennutz stellt er über Moral.
  • Die Unterwelt-Atmosphäre wird nicht nur mit satanischen Verweisen erzeugt, sondern auch dadurch, dass viele wichtige Szenen in der Nacht spielen und Spade permanent von Zigarettenrauch umwölkt ist.
  • In der Welt des Romans gibt es keine eindeutig gute Figur. Die Polizisten laufen durch ihre Trottelhaftigkeit Gefahr, Unschuldige unter Anklage zu stellen, Frauen sind aus Liebe oder Naivität blind gegenüber der Realität und der Rest ist ein Haufen skrupelloser Gauner. Einzig Sam Spade ist – trotz seiner dämonischen Züge – eine einigermaßen positive Figur: Er respektiert das Gesetz und überantwortet die wahren Verbrecher der Gerechtigkeit.
  • Hammett unterzieht die Maßstäbe der Moral einer illusionslosen Neubewertung: Wo das wahre Gute nicht mehr zu finden ist, liegt das Bessere nur noch im weniger Schlechten.
  • Die Romanfiguren spiegeln das Depressionsmilieu der späten 20er-Jahre in den USA wider: Geschäftemacher, Glücksspieler, Gauner und Femmes fatales. Dass Hammett den Fokus dermaßen verengt, kann als Kritik an der Gesellschaft gedeutet werden, die generell als korrupt und moralisch als zutiefst verkommen erscheint.

Historischer Hintergrund

Kleine Geschichte des Krimis

Die Geschichte der Kriminalliteratur ist fast so alt wie die Geschichte des Romans allgemein. Im 18. Jahrhundert erschienen immer mehr Schauerromane und Darstellungen faszinierender Kriminalfälle. Wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung des Genres hatten in Deutschland E. T. A. Hoffmann und in den USA Edgar Allan Poe.

Mit seinem berühmten Sherlock Holmes schuf der Brite Arthur Conan Doyle um 1900 den klassischen Detektiv, der durch genaue Beobachtung, sachliche Indizien- und Beweisverwertung und logische Kombination mysteriöse Verbrechen aufdeckt. Sherlock Holmes ist überdies der Inbegriff des spätviktorianischen Gentlemans, der in materieller Unabhängigkeit seinen intellektuellen Hobbys nachgehen kann, über eine breite Allgemeinbildung und vollendete Umgangsformen verfügt, sich in jeder Situation zu helfen weiß und blitzgescheit ist.

Nach Doyle begann eine Phase, in der vor allem Amateurdetektive mit psychologischem Einfühlungsvermögen in den Vordergrund rückten, wie G. K. Chestertons Father Brown oder Dorothy L. Sayers’ Lord Peter Wimsey. Zu größter Berühmtheit gelangten Hercule Poirot und Miss Marple von Agatha Christie. Ihren Geschichten ist gemeinsam, dass sie im beschaulichen, ländlich-aristokratischen Milieu spielen.

Vor diesem Hintergrund schlug Dashiell Hammett mit seinem Sam Spade eins neues Kapitel in der Geschichte des Kriminalromans auf. Spade ist ein Underdog, der sich seinen Lebensunterhalt mit Detektivarbeit verdienen muss. Seine Tätigkeit verrichtet er also als reine Erwerbsarbeit in der Großstadt, er kann sich seine Fälle nicht aussuchen. Seine eigenen Lebensumstände sind eher schäbig und die Milieus, in denen er sich bewegt, zwielichtig. Damit vollzog Hammett eine literarisch bedeutsame Hinwendung zu realistischer Milieu- und Menschendarstellung, die die Großstadt als Schauplatz und Hintergrund bewusst mit einbezieht.

Entstehung

Dashiell Hammett gehört zu den wenigen Krimiautoren, die selbst als Privatdetektiv gearbeitet haben. Sein Arbeitgeber war die in den Vereinigten Staaten schon 1850 gegründete Detektei Pinkerton. Sie war im 19. Jahrhundert durch die Aufklärung etlicher Eisenbahnraubüberfälle bekannt geworden. Zu Hammetts Aufgaben bei Pinkerton gehörte das Abfassen von Berichten über die Kriminalfälle. Später entwickelte er aus seiner Arbeitserfahrung fiktive Detektivgeschichten, behielt aber den lakonischen Berichtsstil bei. Diese Kurzgeschichten wurden in verschiedenen Krimimagazinen veröffentlicht. Vor allem im Black Mask Magazine wurde Hammett einer der führenden Autoren. Für seine Romane entwickelte er eine Hauptfigur, die sich gänzlich von den Detektiven unterschied, die er bisher beschrieben hatte: den jungen, alerten Sam Spade, der in seinen Gesichtszügen dem Aussehen des Autors selbst ähnelt.

Wirkungsgeschichte

Der Malteser Falke war Dashiell Hammetts dritte Buchveröffentlichung, der Autor wurde mit dem Roman weltberühmt. Das Buch wurde dreimal verfilmt, zunächst 1931 als einer der ersten Tonfilme Hollywoods, dann 1936 mit Bette Davis. 1941 folgte schließlich die legendäre Adaption von John Huston mit Humphrey Bogart, Peter Lorre und Mary Astor. Huston hielt sich am engsten an die literarische Vorlage und setzte sie kongenial um. Der Film bedeutete auch den endgültigen Durchbruch von Humphrey Bogart als Filmstar.

Der Malteser Falke markiert einen wichtigen Entwicklungspunkt in der Geschichte des Kriminalromans. Mit Sam Spade erfand Hammett einen neuen Typus von Privatdetektiv, den einzelgängerischen, hartgesottenen (englisch: „hardboiled“) Ermittler. Raymond Chandler, ein glühender Verehrer Hammetts, ließ sich davon für seinen eigenen Detektiv Philip Marlowe inspirieren. Ein weiterer direkter Nachfahre ist die Figur Mike Hammer von Mickey Spillane. Sie alle sind unsentimentale, auf sich selbst gestellte Ermittler, die sich durch scharfen Verstand und Geistesgegenwart auszeichnen und notfalls sogar Fäuste und Waffen einsetzen. Auch der FBI-Agent Jerry Cotton (Hauptfigur einer deutschsprachigen Krimiserie, an der zahlreiche Autoren beteiligt sind) und der Gentleman-Geheimdienstagent James Bond von Ian Fleming, der über Kenntnisse in feiner Lebensart, Witz und Humor verfügt, sind Nachfolger Sam Spades.

Autoren wie W. Somerset Maugham, Graham Greene und William Faulkner bewunderten Hammetts lakonischen Stil, mit dem er der damaligen literarischen Avantgarde entsprach.

Über den Autor

Dashiell Hammett wird am 27. Mai 1894 im amerikanischen Bundesstaat Maryland geboren und wächst in Philadelphia und Baltimore auf. Der Sohn eines bankrotten Farmers verlässt die Highschool ohne Abschluss und schlägt sich jahrelang mit Gelegenheitsjobs durch. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg erhält er bei der bekannten, in den USA landesweit tätigen Detektei Pinkerton eine Anstellung als Ermittler. Während des Kriegs erkrankt Hammett an Tuberkulose, die ihm im Lauf seines Lebens immer wieder schwer zu schaffen macht. Nach Kriegsende kommt er nach San Francisco, wo er sich für mehrere Jahre niederlässt. Er heiratet 1921, aus der Ehe gehen zwei Töchter hervor. 1922 gibt Hammett die Arbeit bei Pinkerton auf. Er verlässt seine Familie, bezieht ein einfaches Zimmer und beginnt zu schreiben. Seine Detektivgeschichten erscheinen mehrere Jahre lang in verschiedenen Zeitschriften, bis ihm 1930 mit dem Malteser Falken (The Maltese Falcon) der Durchbruch als Autor gelingt. Insgesamt schreibt er fünf Romane, alle zwischen 1929 und 1934. Anlässlich der Verfilmung seiner Werke knüpft Hammett Kontakte zu Hollywood und arbeitet fortan als gut bezahlter Drehbuchautor. In Hollywood lernt er auch seine künftige Lebenspartnerin, die Dramatikerin Lilian Hellman kennen. 1937, im Jahr seiner Ehescheidung, wird Hammett Mitglied der Kommunistischen Partei, während des Zweiten Weltkriegs ist er Herausgeber einer Soldatenzeitung, 1946 hat er das Amt des Präsidenten der Bürgerrechtsbewegung Civil Rights Congress inne. Alkoholprobleme, die er bereits seit mehreren Jahren hat, führen 1948 zu einem völligen Zusammenbruch. Wegen seiner politischen Aktivitäten wird Hammett 1951 im Zuge der McCarthy-Kommunistenhetze zu fünf Monaten Gefängnis verurteilt. 1953 muss er vor laufenden Fernsehkameras aussagen. Danach kann er nicht mehr publizieren, und wegen einer ruinösen Steuernachzahlung und Gesundheitsproblemen (Herzanfall, Tuberkulose, schließlich Lungenkrebs) verarmt er zusehends. Dashiell Hammett stirbt am 10. Januar 1961 in New York.

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