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Ignaz oder Die Verschwörung der Idioten

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Ignaz oder Die Verschwörung der Idioten

dtv,

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12 take-aways
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What's inside?

Mit Piratensäbel und Jagdmütze, dick, dreist und genial – Ignaz J. Reilly ist die skurrilste Figur der amerikanischen Literaturgeschichte.

Literatur­klassiker

  • Schelmenroman
  • Nachkriegszeit

Worum es geht

Ein Wirrkopf mit beachtlichem Gefolge

Im Alter von 26 Jahren vollendete John Kennedy Toole seinen Romanerstling Ignaz oder Die Verschwörung der Idioten. Er fand keinen Verleger und nahm sich schließlich das Leben. Seine Mutter mühte sich zehn Jahre um eine Veröffentlichung, gewann schließlich den Schriftsteller Walker Percy für die Sache, der stellte die nötigen Kontakte her - und das Buch wurde über Nacht ein Welterfolg! Der unglückliche Verfasser gewann sogar 1981 posthum den renommierten Pulitzerpreis. Die Hauptfigur jedes anderen Romans würde sich von einem derart spektakulären Entstehungsmythos wohl die Show stehlen lassen. Nicht so Ignaz J. Reilly: Dieser größte Wirrkopf der amerikanischen Literaturgeschichte wird im Alter von 30 Jahren erstmals von seiner Mutter zum Broterwerb aus dem Haus getrieben und bricht in wallenden Flanellhosen und mit einer grünen Jagdmütze auf dem Kopf über das New Orleans der Swinging Sixties herein. Er verdingt sich in einer Hosenfabrik, zettelt dort einen Arbeiteraufstand an, gründet als Würstchenverkäufer die "Partei der Sodomiten" und eilt als Pirat verkleidet zur Errettung einer gestrauchelten Philosophin ins Rotlichtmilieu. Zum Brüllen komisch und herzzerreißend traurig - für Millionen Leser ist Ignaz J. Reilly zur Kultfigur geworden.

Take-aways

  • Ignaz oder Die Verschwörung der Idioten ist ein Meisterwerk der komischen Literatur des 20. Jahrhunderts.
  • Hauptfigur ist der 30-jährige Ignaz J. Reilly, der in New York studiert hat, aber im Haus seiner Mutter in New Orleans lebt.
  • Um die Schulden für einen Autounfall zu tilgen, zwingt Mrs. Reilly ihren Sohn, sich erstmals Arbeit zu suchen.
  • Ignaz beginnt als Verwaltungsangestellter in einer heruntergekommenen Hosenfabrik.
  • Als er die schwarzen Arbeiter zu einem Aufstand anstachelt, wird er entlassen.
  • Anschließend arbeitet er als Würstchenverkäufer, ist dabei aber selbst sein bester Kunde.
  • Durch die Gründung der "Partei der Sodomiten" will er die Welt befrieden, stößt jedoch auf wenig Rückhalt in der amüsierfreudigen Schwulenszene von New Orleans.
  • Der Grund für Ignaz’ revolutionäre Bemühungen ist seine Hassliebe zur Politaktivistin Myrna Minkoff, die ihn am Ende aus seinem chaotischen Leben befreit.
  • Der Roman ist berühmt für seine detailreiche Beschreibung der Stadt New Orleans und ihrer Bewohner.
  • Toole fand zu Lebzeiten keinen Verleger. Er nahm sich 1969 das Leben.
  • Tooles Mutter gelang die Veröffentlichung 1980, mit der tatkräftigen Unterstützung des Schriftstellers Walker Percy.
  • Mit zwei Millionen verkauften Exemplaren wurde der Roman zum Welterfolg. Toole bekam posthum den Pulitzerpreis.

Zusammenfassung

Eine Einkaufstour mit Folgen

Ignaz J. Reilly steht vor dem Warenhaus D. H. Homes in New Orleans und wartet auf seine Mutter. Er ist groß und dick wie ein Elefant, trägt einen buschigen Schnurrbart im Gesicht und eine grüne Jagdmütze auf dem Kopf. In seinem eigentümlichen Aufzug weckt Ignaz das Interesse des Wachmanns Mancuso, der ihn nach seinem Ausweis fragt - und damit einen geradezu vulkanartigen Wutausbruch provoziert. New Orleans sei voll von Huren, Schwulen und zwielichtigen Gestalten aller Art, wie könne da ausgerechnet er, Ignaz J. Reilly, von der Polizei belangt werden! Schaulustige strömen herbei, ein älterer Mann namens Claude Robichaux beschimpft den Wachmann als Kommunisten. Mrs. Reilly kommt aus dem Warenhaus, und gemeinsam mit ihr überzeugt Ignaz den Polizisten, dass eigentlich Robichaux für den Aufruhr verantwortlich sei. Der alte Mann wird abgeführt, Mutter und Sohn suchen das Weite. Ignaz geht aufgrund seines stattlichen Körpergewichts rasch die Puste aus, und die beiden machen Station im Striplokal "Liebesnacht" in der Bourbon Street. Während seine Mutter sich einige Biere gönnt, erinnert sich Ignaz an eine schauderhafte Busfahrt in die Nachbarstadt Baton Rouge. Es war das erste Mal in seinem Leben, dass er New Orleans verließ, auf dem Oberdeck eines Aussichtsbusses, in dem er sich vor Aufregung dann ununterbrochen übergeben musste. Selbst die schlicht gestrickte Bardame Darlene interessiert sich nur kurz für die Geschichte.

„Eine grüne Jagdmütze, stramm auf der fleischigen Wölbung des Kopfs. Über Büscheln von ungestutztem Haar, breiten Ohren und Borsten, die aus den Ohren wuchsen, standen die grünen Ohrenklappen ab wie Winker, die zwei Richtungen auf einmal anzeigen.“ (über Ignaz, S. 7)

Wachmann Mancuso wird von seinem Vorgesetzten bestraft, weil er nur einen alten Opa mit auf die Wache gebracht hat: Er muss zukünftig in Verkleidung auf Verbrecherjagd gehen, z. B. in einem Ballettkleid. Derart ausstaffiert wird er Zeuge, wie Ignaz und Mrs. Reilly bei dem Versuch, den Wagen auszuparken, den Balkon eines Hauses zum Einsturz bringen.

Der neue Job bei Hosen-Levy

Ignaz hat sich in seinem Zimmer eingeschlossen, um an einer historischen Abhandlung über den Niedergang der menschlichen Zivilisation zu schreiben. Gewaltige Blähungen und erotische Fantasien über seinen verstorbenen Collie Rex halten ihn jedoch von der Arbeit ab. Wachmann Mancuso, diesmal mit einem roten Bart ausstaffiert, kommt zu Besuch und bringt schlechte Nachrichten: Die Kosten für den eingerissenen Balkon betragen 1020 $. Mrs. Reilly besteht darauf, dass Ignaz sich Arbeit sucht und die Schulden begleichen hilft.

„Jeder weiß, dass diese Stadt voll ist von Spielern, Huren, Exhibitionisten, Gotteslästerern, Alkoholikern, Sodomiten, Rauschgiftsüchtigen, Fetischisten, Onanisten, Pornografen, Betrügern, Nymphomaninnen, Schwulen und Lesbierinnen, die all den Schutz der Obrigkeit genießen, weil sie am rechten Ort schmieren.“ (Ignaz, S. 10)

Lana Lee, die Besitzerin der "Liebesnacht", stellt einen jungen Schwarzen als Putzhilfe ein: Burma Jones. Da die Polizei ihn wegen Herumtreiberei verhaften will, ist Jones gezwungen, Lanas Hungerlohn zu akzeptieren. Misstrauisch beäugt er fortan die Geschäfte in der "Liebesnacht": Lana verkauft dubiose Fotos an einen gewissen George, die dieser an "Waisenkinder" weitergibt.

„Die Leute fühlen in mir eine Bedrohung ihrer Wertmaßstäbe. (...) Vielleicht durchschauen sie, dass ich nur widerwillig in einem Jahrhundert lebe, das ich verachte.“ (Ignaz, S. 65)

Ignaz beginnt als Gehilfe beim Textilhersteller Hosen-Levy. Die verschnarchte Atmosphäre in der Verwaltung gefällt ihm gut, insbesondere mag er die steinalte Miss Trixie, die nur noch auf ihren Ruhestand wartet, auf Befehl von Mrs. Levy aber bleiben muss. Die Frau des Fabrikbesitzers ist Hobbypsychologin und möchte Miss Trixie auch im Alter das Gefühl des Gebrauchtwerdens vermitteln. Zu Hause liest Ignaz einen Brief seiner ehemaligen Mitstudentin und Exfreundin Myrna Minkoff aus New York. Sie wirft ihm Versagensangst und Untätigkeit vor und bietet ihm eine Rolle in ihrem Film an: als "degenerierter, reaktionärer Schurke".

Aus dem Tagebuch eines Jungarbeiters

Abelman, ein Geschäftspartner von Hosen-Levy, reklamiert eine Lieferung zu kurz geratener Hosen. Ignaz schreibt zornig zurück, die Hosen seien absichtlich so geliefert worden, ein weniger bockiger und engstirniger Partner hätte sie als Bermudashorts verkauft. Er beginnt das "Tagebuch eines Jungarbeiters", in dem er seine Erlebnisse im Berufsleben aufzeichnet.

„In gewisser Hinsicht habe ich mich den Farbigen seit jeher irgendwie verwandt gefühlt. Wir befinden uns in derselben Lage: Sie und ich leben jenseits der inneren Bezirke der amerikanischen Gesellschaft.“ (Ignaz’ Tagebuch, S. 149)

Als Mancuso bei Mrs. Reilly anruft, um sich mit ihr zum Kegeln zu verabreden, geht Ignaz ans Telefon und empfiehlt dem Wachmann, sich besser um die "Liebesnacht" zu kümmern - woraufhin es dort von Zivilpolizisten bald nur so wimmelt. Das vergrault natürlich die Kunden. Lanas Nebengeschäft ist bedroht, sie bittet George, die "Lieferungen" zukünftig im Schließfach am Busbahnhof aufzubewahren.

„Wie ein Sklave werd ich geschunden. Wenn ich geh, zeigt sie mich an wegen Herumtreiberei.“ (Burma Jones über Lana Lee, S. 163)

Mrs. Reilly trifft sich mit dem Wachmann Mancuso und dessen Tante Santa Battaglia zum Kegeln; sie erfährt, dass sich ein älterer Herr nach ihr erkundigt hat.

Ignaz besichtigt die Produktionsräume der Hosenfabrik. Er vertraut seinem Tagebuch an, dass die Schwarzen dort mit einem Hungerlohn abgespeist werden. Das erinnert ihn an die revolutionären Ideen seiner Freundin Myrna.

"Rettet die Ehre der Mohren"

Beim Feierabendbier beschwert sich Burma Jones über die an Sklaverei grenzenden Arbeitsbedingungen in der "Liebesnacht". Der Barkeeper empfiehlt eine kleine Sabotage, woraufhin ein weiterer Gast von seiner Arbeit bei Hosen-Levy erzählt: Ein verrückter Dicker mit Jagdmütze habe dort eine Demonstration organisiert.

„Beim Menschen sind der Nahrungstrieb und der Geschlechtstrieb ungefähr gleich stark, sodass es nicht einzusehen wäre, warum es zwar Vergewaltigungen, aber keinen bewaffneten Würstchenraub geben soll.“ (Ignaz, S. 200)

Ignaz filmt die mit Knüppeln und Ketten posierenden Arbeiter bei Hosen-Levy. Die Aufnahme, so hofft er, werde Myrna vor Neid erblassen lassen. Sein Banner mit der Aufschrift "Rettet die Ehre der Mohren" kommt jedoch nicht gut an, zudem beschimpft er den harmlosen Verwaltungsleiter Mr. Gonzales so übel, dass dieser selbst den geschundenen Arbeitern leid tut. Sie gehen zurück an die Maschinen, und Ignaz wird von Mr. Levy persönlich gefeuert. Von seiner Mutter weiter zur Arbeit gezwungen, versucht sich Ignaz als Würstchenverkäufer. Die meisten Würstchen an seinem ersten Arbeitstag isst er allerdings selbst. Myrna Minkoff berichtet in ihrem neusten Brief von ihrem Vortrag zum Thema "Sex und Politik". Sie fordert Ignaz auf, seine Lethargie zu überwinden und endlich den mütterlichen Schoß zu verlassen.

Der Trost der Philosophie

Wachmann Mancuso ist zur Verbrecherjagd auf die Toilette des Busbahnhofs versetzt worden. Ignaz hat ihm sein Lieblingsbuch geliehen: den Trost der Philosophie von Boethius. Als George, der Lanas Pornofotos im Bahnhofsschließfach aufbewahrt, zum wiederholten Mal die Toilette betritt, schöpft Mancuso Verdacht. Es kommt zu einem Handgemenge, bei dem George den Wachmann überwältigt und das Buch stiehlt.

„Als er die Küche betrat, begrüßte seine Mutter ihn, indem sie auf die Knie fiel und flehte: ‚Oh, Gott, warum lässt Du mich dieses schwere Kreuz tragen?’“ (über Ignaz und Mrs. Reilly, S. 258)

Tante Santa Battaglia hat inzwischen herausgefunden, um wen es sich bei Mrs. Reillys Verehrer handelt. Es ist niemand anders als der Kommunistenfeind Claude Robichaux. Um Gäste in die Bar zu locken, studiert Darlene mit ihrem Kakadu eine Stripshow ein. Burma Jones entdeckt ein Fach, in dem Lana ihre Fotos sowie den Trost der Philosophie aufbewahrt, den sie von George bekommen hat. Jones schreibt heimlich die Adresse der "Liebesnacht" auf die Fotos - in der Hoffnung, so einen "erfahrenen Saboteur" in die Bar zu locken.

Ein dicker Pirat, ein schwuler Matrose

Mrs. Levy hat die senile Miss Trixie zur Therapie zu sich nach Hause geholt. Dort döst diese vor sich hin und hat nach wie vor nur einen Wunsch: endlich in den Ruhestand entlassen zu werden. Mr. Levy ist genervt vom aufgesetzten Gutmenschentum seiner Frau. Er würde den gesamten Betrieb am liebsten verkaufen, findet aber keinen Abnehmer.

„Ganz offensichtlich ist eine Gegend wie das French Quarter nicht der rechte Nährboden für einen nüchternen, keuschen, klugen und wissensdurstigen Jungarbeiter.“ (Ignaz’ Tagebuch, S. 275)

Ignaz ist vom vielen Würstchenessen verstopft, nachts plagen ihn Träume von Myrna Minkoff, die ihn sexuell belästigt. Als Wurstverkäufer muss er ein Piratenkostüm mit Ohrring, Kopftuch und Plastiksäbel tragen. Er lernt den aufgekratzten Dorian Greene kennen, der Ignaz auf die Schwulen im French Quarter von New Orleans aufmerksam macht: Ein Matrose geht vorbei, der nicht wirklich zur See fährt, sondern sich nur in Verkleidung auf dem Strich amüsiert. Ignaz entwickelt einen Plan: Wären die Armeen aller Länder homosexuell unterwandert, würde es auf den Schlachtfeldern nur noch friedliche Orgien geben! Der Würstchenverkäufer will mit Dorian eine Partei gründen. Er malt sich aus, wie Myrna vor Neid platzen wird.

Die nackte Philosophin

Mrs. Reilly und Claude Robichaux treffen sich im Haus von Santa Battaglia. Eine knisternde Stimmung will nicht so recht aufkommen, da Mrs. Reilly mit ihren Gedanken nur bei ihrem Sohn ist. Dass Ignaz es trotz Studium nur zum Würstchenverkäufer gebracht hat, sei eine Schande, sein extravagantes Verhalten vollkommen unerträglich. Santa schlägt vor, Ignaz in eine Anstalt einzuweisen. Mrs. Reilly ist nicht abgeneigt. Der Abend endet im Kino, wo Mr. Robichaux doch noch die Hand der Angebeteten ergreift.

„Meine innere Stimme, unkontrollierbar und einfallsreich wie immer, gab mir einen Plan von solcher Größe und Kühnheit ein, dass ich kaum hinzuhören wagte: ‚Schweig!’, rief ich dieser Gottesstimme zu. ‚Erbarme dich! Das ist Wahnwitz!’ (...) Es handelte sich um nichts Geringeres als DIE RETTUNG DER MENSCHHEIT DURCH IHRE ENTARTUNG!“ (Ignaz’ Tagebuch, S. 326 f.)

Mr. Levy bekommt ein Schreiben seines Geschäftspartners Abelman, in dem dieser sich über die erhaltene Korrespondenz empört. Abelman fordert 500 000 $ Schadenersatz wegen Beleidigung. Mr. Levy hat einen Verdacht und versucht herauszufinden, ob Ignaz den Brief geschrieben hat. Er erreicht per Telefon aber nur dessen angetrunkene Mutter.

„Jedes Narrenhaus in diesem Land ist voll von armen Menschen, die es mit Lanolin, Zellophan, Plastik, Fernsehen und Siedlungshäuschen nicht aushalten können.“ (Ignaz, S. 371)

Im French Quarter wird Ignaz von George angesprochen. Dieser bietet ihm zwei Dollar pro Tag dafür, die Pakete mit den Fotos im Würstchenwagen deponieren zu dürfen. Ignaz hat das Geld bitter nötig und schlägt ein. Er öffnet eines der Pakete und traut seinen Augen nicht: Es sind Nacktfotos von Lana Lee, auf denen sie ihr Gesicht aber hinter dem Trost der Philosophie verbirgt. Ignaz ist davon überzeugt, dass es sich bei der Frau um eine gestrauchelte Philosophin handelt, eine Seelenverwandte. Er entdeckt die Adresse, die Jones auf die Fotos geschrieben hat.

Zusammenbruch in der "Liebesnacht"

Im Piratenkostüm macht Ignaz sich auf den Weg zur Gründungsveranstaltung seiner Partei. Dorian Greene hat die halbe Schwulenszene von New Orleans versammelt. Mit seiner düsteren Eröffnungsrede findet Ignaz vor dem amüsierwilligen Publikum kein Gehör. Er stellt die Musik ab, es kommt zu einem Handgemenge, und Ignaz wird der Party verwiesen. Enttäuscht macht der gescheiterte Parteigründer sich auf den Weg in die "Liebesnacht", um dort seine wunderbare Philosophin zu treffen. Jones setzt ihn in freudiger Erwartung des kommenden Debakels an einen Tisch in der ersten Reihe. Darlene betritt die Bühne, und der Kakadu, der eigentlich die Ringe an Darlenes Kleid lösen soll, stürzt sich stattdessen auf Ignaz’ Piratenohrring. Bei seiner Flucht wälzt der behäbige Pirat das halbe Interieur der Bar nieder, auf der Straße bricht er zusammen - vor den Füßen des Wachmanns Mancuso. Da Mancuso sich als feiner Herr mit Hut verkleidet hat, versucht Lana ihn mit einem ihrer Fotos in die "Liebesnacht" zu locken. Daraufhin kann der Wachmann sie der Pornografie überführen und endlich die lang ersehnte Verhaftung vornehmen.

Ende gut, alles gut

Ignaz kommt mit einem Verband um den Kopf wieder zu sich. Seine Mutter ist außer sich über den Zeitungsbericht vom "Skandal in der Bourbon Street". Seinen Job als Würstchenverkäufer ist er los. Claude Robichaux ist entsetzt über die Schande, die Ignaz seiner Mutter macht, und Santa Battaglia ist mehr denn je überzeugt, er gehöre in die Nervenklinik. Dem Wachmann Mancuso wird eine Beförderung in Aussicht gestellt, Darlene bekommt einen Job als Tänzerin in einem Lokal in der Bourbon Street. Lana Lee sitzt im Gefängnis, da Jones alle Geheimnisse der "Liebesnacht" verraten hat. Jones selbst ist arbeitslos, sieht aber ein, dass es einen noch schlimmer erwischt hat: "den Dicken". Mr. Levy fährt zum Haus der Reillys, wo Ignaz ihm weismacht, Miss Trixie habe den Brief an Abelman geschrieben. Daraufhin wird Miss Trixie zu ihrer Freude endlich gekündigt, sie wird für unzurechnungsfähig erklärt, die Klage gegen Mr. Levy wird fallen gelassen. So hat Ignaz allen Beteiligten Glück gebracht - von der geldgierigen Lana Lee abgesehen. Und von ihm selbst.

Auftritt Myrna Minkoff

Aus Angst, doch noch die 500 000 $ Schadenersatz leisten zu müssen, verschanzt sich Ignaz in seinem Zimmer. Seine Mutter alarmiert die Nervenklinik und verlässt dann das Haus, um die Ankunft der Ärzte nicht miterleben zu müssen. Ignaz schöpft Verdacht und will flüchten. Zu seinem Glück steht plötzlich Myrna vor der Tür. Er spielt den depressiven Sohn, der von seinem Mutterkomplex geheilt ist und in die Welt entführt werden muss, und Myrna spielt begeistert die Befreierin. Als sie auf dem Weg nach New York in ihrem Auto aus New Orleans hinausfahren, kurbelt Ignaz das Fenster herunter und fühlt sich in der frischen Luft tatsächlich erleichtert. Für Myrna empfindet er plötzlich eine zärtliche Dankbarkeit.

Zum Text

Aufbau und Stil

Die Struktur dieses Romans ist dem Lieblingsbuch seines Protagonisten Ignaz nachempfunden: dem Trost der Philosophie des römischen Staatsmanns und Philosophen Boethius. Der Erzählfluss wird durch wiederkehrende Einschübe unterbrochen: Im Trost der Philosophie sind es lyrische Passagen, in Ignaz oder Die Verschwörung der Idioten sind es die Tagebucheinträge und Briefe der Titelfigur. Während der Erzähltext in nüchternem Tonfall gehalten ist - was angesichts der grotesken Vorfälle oftmals einem ironischen Understatement gleichkommt -, wird in den Tagebucheinträgen die neutrale Erzählperspektive aufgegeben: Der Leser bekommt es mit der Hauptfigur persönlich zu tun. Von einem nüchternen Stil kann in diesen Passagen keine Rede sein: Ignaz klingt überheblich, manieriert und altertümelnd, wie ein größenwahnsinniger Lord aus dem 19. Jahrhundert. Obwohl chronologisch erzählt, machen die zahlreichen Handlungsstränge und die vielen Nebenfiguren den Roman zu einem aus allen Nähten platzenden Kaleidoskop der Stadt New Orleans und ihrer Bewohner. John Kennedy Tooles Figuren entstammen den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Schichten und sind an ihren verschiedenen Sprechweisen erkennbar - was dem Autor und seinem Buch den Vergleich mit Größen wie Charles Dickens und Honoré de Balzac eingebracht hat.

Interpretationsansätze

  • Ignaz steht mit jeder Faser seines enormen Körpers der amerikanischen Arbeitsethik entgegen. Bis zum 30. Lebensjahr hat er sich um jegliche Arbeit erfolgreich herumgedrückt. In seinem ersten Job handelt er sich binnen weniger Tage die Kündigung ein. Der amerikanische Traum, demzufolge jeder durch harte Arbeit Erfolg haben kann, hat für Ignaz keine Bedeutung. Die moderne Gesellschaft ist für ihn gleichbedeutend mit dem Verfall aller Sitten und der Auflösung des Geistes. Darum bleibt er antriebslos und faul.
  • Um Ignaz’ Einsamkeit und Verzweiflung zu beschreiben, erfindet der Autor immer neue groteske Begebenheiten. Auf den Leser wirkt der Text traurig und lustig zugleich. Die Figuren sind vor allem eines: menschlich. So kommt es, dass der rülpsende und fluchende, politisch durch und durch inkorrekte Ignaz im Grunde doch ganz sympathisch wirkt.
  • Ignaz ist ein moderner Nachfahre von Don Quijote: Nach der Lektüre zu vieler Ritterromane kämpft der Ritter von der traurigen Gestalt im Namen seiner Gebieterin Dulcinea gegen Windmühlen, die er für Riesen hält. Ganz ähnlich eifert Ignaz den revolutionären Gedanken seiner Studienfreundin Myrna nach und organisiert für die Schwarzen und Schwulen von New Orleans einen Aufstand - woran diese nur leider gar kein Interesse haben. Ignaz ist ein moderner Schelmenroman.
  • Der Roman kommentiert die Ungerechtigkeit in der amerikanischen Gesellschaft. Der Weiße Ignaz stammt zwar aus dem unteren Mittelstand, hat jedoch studiert. Er könnte arbeiten, will aber nicht. Burma Jones dagegen träumt von Farbfernsehen und Klimaanlage und würde gern arbeiten, findet aufgrund seiner schwarzen Hautfarbe aber keine seriöse Anstellung und muss sich von Lana Lee ausbeuten lassen.
  • Der Titel des Romans spielt auf ein Zitat von Jonathan Swift an: "Wenn ein wahres Genie in die Welt tritt, erkennt ihr es an den Idioten, die sich dagegen verschwören."

Historischer Hintergrund

Bürgerrechtsbewegung und Protestkultur

Ende der 1950er Jahre hatten die USA die hysterische Kommunistenverfolgung der McCarthy-Ära gerade hinter sich. Von der Verwirklichung des Ideals einer offenen und toleranten Gesellschaft war das Land aber noch weit entfernt. Vor allem in den südlichen Bundesstaaten litt der afroamerikanische Teil der Bevölkerung unter der immer noch gesetzlich verankerten Rassentrennung: In Schulen, Universitäten und Krankenhäusern, Schwimmbädern, Kinos, Gaststätten und öffentlichen Verkehrsmitteln waren die Schwarzen Gäste zweiter Klasse. Eine Verbesserung der Verhältnisse setzte mit dem Erstarken der Bürgerrechtsbewegung ein. Angeführt von Martin Luther King provozierte der Boykott von Busunternehmen oder die friedliche Besetzung "weißer" Restaurants gewalttätige Gegenreaktionen der weißen Rassisten. Die ausführliche Berichterstattung in den Medien löste schließlich eine landesweite Welle der Empörung aus.

Politisch unterstützt wurde die Bürgerrechtsbewegung durch John F. Kennedy. Nachdem die Präsidentschaftswahl 1961 durch die Stimmen der schwarzen Bevölkerung für den erst 43-Jährigen entschieden worden war, versprach Kennedy ein Bürgerrechtsgesetz zu ihren Gunsten. Im Kongress durchgesetzt wurde es - nach dem Attentat auf Kennedy 1963 - von Präsident Lyndon B. Johnson.

An den Universitäten etablierte sich im Lauf der 1960er Jahre eine Protestkultur, aus der Demonstrationen entstanden, als die USA aktiv in den Vietnamkrieg eingriffen. Nicht nur die Schwarzen, auch Frauengruppen sowie Schwule und Lesben verlangten ihre Gleichstellung vor dem Gesetz. In den etwas aufgeklärteren Metropolen mag es dabei gelegentlich zu einem Überengagement im Namen der Freiheit gekommen sein, wie John Kennedy Toole es vom Frauen-College Hunter in New York berichtet: "Wenn am Hunter die Fahrstuhltür aufgeht, sieht man 40 Ponyfrisuren und 40 Paar stechend schwarzer Augen, und alle warten nur darauf, dass jemand einen Neger schubst."

Entstehung

Im November 1961 wurde John Kennedy Toole in das Armee-Trainingslager nach Puerto Rico eingezogen, um dort spanischsprachigen Rekruten Englischunterricht zu erteilen. Toole war alles andere als glücklich. Die einsetzende Regensaison schlug ihm aufs Gemüt, sein Alkoholkonsum geriet außer Kontrolle. Wie den Briefen an seine Eltern und Freunde zu entnehmen ist, besserte sich seine Laune erst im Frühjahr 1963. Er hatte zu schreiben begonnen und war überzeugt, dass sein Text "unterhaltsam und veröffentlichungswürdig" sei.

Die Figuren und Begebenheiten für seinen Roman entnahm Toole z. T. dem eigenen Leben. Robert Byrne, ein befreundeter Dozent vom Lafayette College in New Orleans, war Spezialist für Mittelalterforschung und diskutierte mit Toole das Werk des Boethius. Byrne war dickleibig, tollpatschig und trug wie Ignaz im Buch eine Jagdmütze. Ausreichend Inspiration für die Figur der überspannt-revolutionären Myrna Minkoff fand Toole am Hunter College in New York, wo er Englisch lehrte. Und er selbst kehrte nach dem Militärdienst in sein Elternhaus nach New Orleans zurück und geriet, wie Ignaz, in einen Dauerstreit mit seiner Mutter: Während er sich als Schriftsteller fühlte und sich im French Quarter herumtrieb, zeitweise sogar als Würstchenverkäufer aushalf, vermisste Thelma Toole an ihrem Sohn den Willen, Karriere zu machen.

Wirkungsgeschichte

Veröffentlicht wurde Ignaz oder Die Verschwörung der Idioten erst elf Jahre nach dem Tod des Autors. Toole schickte sein Manuskript zwar im Frühjahr 1964 an den renommierten Verlag Simon & Schuster in New York, wo es das Interesse des Verlegers Robert Gottlieb erregte. Letztlich wurde es aber nicht veröffentlicht, da Gottlieb dem mehr als eigenwilligen Text keine Erfolgschancen einräumte. Toole zog sich zurück in das Haus seiner Mutter, wurde schwer depressiv und litt unter Paranoia: Er war überzeugt, Gottlieb sei Teil einer Verschwörung zum Diebstahl des Romans. 1969 nahm der Autor sich im Alter von 31 Jahren das Leben.

Thelma Toole glaubte an das Genie ihres Sohnes und schickte das Manuskript jahrelang an unzählige Verleger. Den Schriftsteller Walker Percy verfolgte sie so hartnäckig, dass dieser den Text schließlich las und - zu seiner eigenen Überraschung - Gefallen daran fand. Percy empfahl das Buch einem kleinen Universitätsverlag in New Orleans, wo der Roman 1980 veröffentlicht wurde und umgehend zu einem Publikumserfolg geriet. Das Buch gewann 1981 den Pulitzerpreis, wurde in 18 Sprachen übersetzt und bis heute über zwei Millionen Mal verkauft. Den Bewohnern von New Orleans ist der Roman mit der lebhaften Beschreibung der Stadt und den vom lokalen Dialekt geprägten Szenen so sehr zu einem Teil ihrer Kultur geworden, dass sie der Hauptfigur Ignaz Reilly ein Denkmal setzten - genau dort, wo einst das Warenhaus D. H. Holmes stand.

Über den Autor

John Kennedy Toole wird am 17. Dezember 1937 in New Orleans geboren. Sein Vater ist ein einfacher Autohändler, seine Mutter eine Musiklehrerin mit Neigung zum Divenhaften: Auf Gesellschaften tritt sie als Sängerin und Pianistin auf. Überzeugt, dass ihr Sohn ein Genie ist, lässt Thelma Toole ihn kaum zum Spielen mit anderen Kindern aus dem Haus. Im Alter von 16 Jahren schreibt John seinen ersten Roman Die Neonbibel, den er nie zur Veröffentlichung vorsieht (1989 posthum veröffentlicht). Bis 1958 studiert er Anglistik an der Tulane Universität in New Orleans, macht dann seinen Abschluss an der Columbia University in New York und beginnt am Hunter College zu unterrichten. Sein Promotionsvorhaben muss er unterbrechen, als er 1961 eingezogen wird, um an der Armeeschule in Puerto Rico zu unterrichten. Dort findet er nebenher die Zeit für die Arbeit an Ignaz oder Die Verschwörung der Idioten. Er ist überzeugt, dass ihm ein Meisterwerk gelungen ist, findet letztendlich aber keinen Verleger und zieht zurück ins Haus seiner Eltern nach New Orleans. Die Situation dort ist niederdrückend. Toole kommt als Dozent an einer katholischen Frauenschule für den Unterhalt der Familie auf, während sein Vater zunehmend an Demenz leidet und seine Mutter sich in die Arbeit an seinem neuen Romanprojekt einzumischen versucht. Toole wird schwer depressiv und leidet unter Verfolgungswahn, er beginnt zu trinken und benimmt sich zunehmend exzentrisch: An der Frauenschule unterrichtet er in wechselnden Kostümen. Nach einem erbitterten Streit mit seiner Mutter verschwindet Toole aus New Orleans und wird erst zwei Monate später, am 26. März 1969, in Biloxi, Mississippi, tot in seinem Wagen aufgefunden. Er hat die Abgase ins Fahrzeuginnere geleitet. Sein Abschiedsbrief wird von Thelma Toole vernichtet, anders als sein Roman Ignaz oder Die Verschwörung der Idioten, für den sie nach hartem Ringen einen Verleger findet und ihrem Sohn damit zehn Jahre nach seinem Freitod zu Weltruhm verhilft.

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