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Das Geisterhaus

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Das Geisterhaus

Suhrkamp,

15 min read
12 take-aways
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What's inside?

Isabel Allendes Weltbestseller erzählt die bewegte Geschichte Chiles im 20. Jahrhundert – am Beispiel einer faszinierenden Familiensaga.

Literatur­klassiker

  • Roman
  • Magischer Realismus

Worum es geht

Eine chilenische Familiensaga

Isabel Allendes populäres Erstlingswerk erzählt die Geschichte einer großbürgerlichen Familie, deren Schicksal eng an Chiles politische Wirren des 20. Jahrhunderts geknüpft ist. Esteban Trueba ist ein kompromissloser und gewalttätiger Patriarch. Seine ganze Umgebung hat unter ihm zu leiden: Neben seinen Bauern, die er wie Leibeigene hält, unterdrückt er auch seine eigene Familie. Doch nicht nur im Haus Trueba ist die Situation angespannt. In ganz Chile spitzt sich die Lage dramatisch zu und gipfelt in einem Putsch gegen den sozialistischen Staatspräsidenten. Unter der nachfolgenden Militärdiktatur beherrschen Terror und Verfolgung das Land – und auch die Familie Trueba ... Isabel Allendes packender Realismus lässt einen die Ereignisse und Gräueltaten jener Zeit – gemeint ist natürlich die von den USA unterstützte, verbrecherische Pinochet-Diktatur – hautnah miterleben. Allerdings stellt die Autorin der grausamen Wirklichkeit eine magisch anmutende Fantasiewelt gegenüber, die die Düsternis immer wieder mit Hoffnungsschimmern aufhellt. Die Verbindung aus Fabulierkunst und historischem Epochenbild macht die Lektüre zu einem ebenso genuss- wie gehaltvollen Vergnügen.

Take-aways

  • Das Geisterhaus, Isabel Allendes Erstlingswerk, erzählt die Geschichte der Familie Trueba im Chile des 20. Jahrhunderts.
  • Den 1982 publizierten Roman schrieb die Autorin im venezolanischen Exil.
  • Esteban Trueba will die schöne Rosa heiraten, doch kurz vor der Hochzeit fällt sie einem gegen ihren Vater gerichteten Mordanschlag zum Opfer.
  • Daraufhin stürzt sich Esteban in die Arbeit und wird bald zum Patron eines florierenden Landguts.
  • Nach Jahren der Einsamkeit beschließt er, Rosas Schwester Clara zu heiraten.
  • Wegen seiner tyrannischen Art entfremdet sich der kompromisslose Patriarch immer mehr von seiner Familie und stürzt viele Mitmenschen ins Unglück.
  • Während der Wahlerfolg der Sozialisten in Chile für den konservativen Esteban einen Rückschlag bedeutet, feiern seine Tochter Blanca und Enkelin Alba den Sieg.
  • Ein von Esteban unterstützter Militärputsch soll die Konservativen erneut an die Macht bringen; stattdessen versinkt Chile in Chaos und Terror.
  • Erst als Alba der Militärjunta in die Hände fällt und gefoltert wird, merkt Esteban, welch furchtbaren Fehler er gemacht hat.
  • Nach ihrer Freilassung beginnt Alba mithilfe von Claras Tagebüchern die Familiengeschichte niederzuschreiben.
  • Der Roman zeigt in aller Deutlichkeit die Zusammenhänge von sozialer Ungerechtigkeit, konservativ-kapitalistischer Politik und der Militärdiktatur Pinochets.
  • Das Geisterhaus wurde über Nacht zum Bestseller und in zahlreiche Sprachen übersetzt.

Zusammenfassung

Die schöne Rosa

Rosa, die älteste Tochter von Severo del Valle und seiner Frau Nívea fasziniert alle mit ihrer engelhaften, zarten Erscheinung. Auch Esteban Trueba kann der besonderen Ausstrahlung des Mädchens nicht widerstehen und beschließt, dass nur sie und keine andere seine zukünftige Gattin werden soll. So hält er bei Severo um Rosas Hand an. Obwohl Esteban mittellos ist, akzeptieren die Eltern den Bewerber schnell. Ihre Tochter soll er jedoch erst dann zur Frau bekommen, wenn er ausreichend Vermögen angehäuft hat. So versucht Esteban sein Glück in einer Goldmine im Norden Chiles. Unterdessen nimmt das Leben der 13-köpfigen Familie del Valle ihren gewohnten Gang. So lange, bis Severo als Kongressabgeordneter für die Liberale Partei kandidiert und erste Geschenke der Wähler im Haus eintreffen, darunter eine Flasche Likör und ein gefülltes Schwein. Rosa, die wegen hohen Fiebers das Bett hüten muss, trinkt auf Anraten ihres Vaters Limonade mit einem Schluck aus der Likörflasche. Am nächsten Morgen liegt das Mädchen zum Schrecken aller tot im Bett. Eine Autopsie bestätigt den Verdacht: Der Schnaps war vergiftet und eigentlich für Severo bestimmt. Unheimlicherweise hat Clara, Rosas jüngere Schwester, erst vor Kurzem einen Todesfall in der Familie prophezeit. Jetzt wird sie von Schuldgefühlen gequält und spricht kein Wort mehr. Einzig ihrem Tagebuch vertraut sie sich an.

„Drei Marien“

Als Esteban vom Tod seiner Braut erfährt, reist er überstürzt nach Santiago zurück. Nach Rosas Beerdigung wohnt er wieder bei seiner kranken Mutter, die von seiner Schwester Férula aufopferungsvoll gepflegt wird. Doch die beklemmende Stimmung im Haus wird für Esteban unerträglich: Er flüchtet aufs Land, wo die Familie aus früheren Tagen noch ein Anwesen besitzt, „Drei Marien“. Dort, so hofft er, wird es ihm gelingen, ein neues Leben anzufangen und Rosa zu vergessen. Esteban findet das Gut in miserablem Zustand vor. Trotzdem entscheidet er sich, es wieder aufzubauen. Für sein ehrgeiziges Vorhaben heuert er neben Pedro García Segundo, dem früheren Gutsverwalter, noch neue Arbeitskräfte an. Dank intensiver Arbeit gedeihen die Felder und das Vieh bald wieder, und auch das Herrenhaus erstrahlt in neuem Glanz. Die Bauern lässt Esteban ohne gerechten Lohn oder geregelte Arbeitszeiten für sich schuften. In seinen Augen ist eine Tracht Prügel die einzige Sprache, die diese Leute verstehen. Während das Gut floriert, vereinsamt der von Jähzorn und sexuellen Trieben geplagte Esteban immer mehr. Für kurze Zeit lindern die Liebesnächte mit Pedro Segundos Tochter Pancha seine Not. Doch als diese schwanger wird, setzt er sie vor die Tür. In der Folge vergewaltigt Esteban ein Mädchen nach dem anderen und zeugt so zahllose uneheliche Kinder. Hin und wieder fährt er auch ins Freudenhaus zu der Dirne Tránsito Soto. In den folgenden zehn Jahren wird Esteban Trueba zum angesehensten, aber gleichzeitig auch gefürchtetsten Patron der Gegend.

Esteban und Clara

Im Haus de Valle ist inzwischen alles Erdenkliche unternommen worden, um Clara wieder zum Sprechen zu bringen. Doch das Mädchen hat neun Jahre lang in ihrer eigenen, magischen Welt der Geister und wunderbaren Geschichten gelebt. Erst an ihrem 19. Geburtstag findet Clara ihre Stimme wieder und verkündet, dass sie Esteban Trueba heiraten werde. Dieser ist nach Santiago zurückgekehrt, wo er seiner Mutter, die im Sterben liegt, verspricht, sich endlich zu vermählen. Um das Gelübde einzulösen, bewirbt sich Esteban erneut bei den de Valles um eine Braut. Die Einzige, die noch nicht vergeben ist, ist Clara. Estebans Antrag erweist sich als weiteres Beispiel für ihre Hellsichtigkeit. Die große Anziehungskraft der jungen Frau verführt Esteban sofort, und auch sie ist ihm zugetan. Als seine Trauerzeit beendet ist, heiratet das Paar. Gemeinsam mit Férula, die Clara sofort als Schwester aufgenommen hat, ziehen die frisch Vermählten in das von Esteban erbaute Eckhaus ein. Schon nach kurzer Zeit ist Clara schwanger. Während der Patron auf „Drei Marien“ nach dem Rechten sieht, kümmert sich Férula mit Hingabe um ihre Schwägerin. Die kleine Blanca wird geboren.

Das heimliche Liebespaar

Als die Truebas ihren ersten Sommer auf „Drei Marien“ verbringen, schließt die unterdessen dreijährige Blanca den gleichaltrigen Pedro Tercero, den Sohn Pedro Segundos, sofort in ihr Herz. Kurz darauf bekommen Esteban und Clara die Zwillinge Jaime und Nicolas. Danach zieht sich Clara erneut in ihre Geisterwelt zurück und widmet sich spiritistischen Sitzungen. Esteban, der unter dem Liebesentzug seiner Frau leidet, sucht die Schuld dafür bei seiner Schwester Férula, die Clara vergöttert und sie, wie er glaubt, aus Eifersucht von ihm fernzuhalten versucht. Als der Patron eines Tages die beiden Frauen schlafend im gleichen Bett entdeckt, wirft er seine Schwester aus dem Haus. Auch die weiteren Sommer verbringt die Familie auf „Drei Marien“. So vergehen die Jahre, und während Blanca und Pedro ihren Kinderschuhen entwachsen, entwickelt sich zwischen ihnen eine tiefe Liebe. Doch der rebellische Pedro, der mit Liedern seine gewerkschaftlichen Ideen verbreitet, ist Esteban immer mehr ein Dorn im Auge. Blanca kann ihn deshalb nur noch heimlich am Fluss treffen, wo sie sich auch das erste Mal lieben und unzählige weitere leidenschaftliche Nächte verbringen. Kurzfristig trüben die traurige Nachricht von Férulas Tod sowie ein schreckliches Erdbeben den Alltag der Familie. Esteban überlebt die Katastrophe nur mit Glück und unzähligen Knochenbrüchen. Für lange Zeit ans Bett gefesselt, wird der Patron noch despotischer, sodass sogar Clara ihn zu hassen beginnt. Blancas Liebhaber Pedro wird wegen seiner sozialistischen Aktivitäten von Esteban kurzerhand vom Gut verjagt.

Flucht vor Estebans Jähzorn

Auf einer politischen Veranstaltung lernt Esteban Graf Jean de Satigny kennen. Begeistert von dessen Geschäftsidee, eine Chinchillazucht zu eröffnen, lädt der Patron ihn auf „Drei Marien“ ein. Bei einem abendlichen Spaziergang beobachtet der Graf zufällig, wie Blanca aus dem Fenster springt und das Gut in Richtung Fluss verlässt. Ihr Geheimnis ahnend, sieht de Satigny seine eigenen Pläne, nämlich die reiche Erbin zu seiner Gattin zu machen, platzen. Eilig hält er am nächsten Tag bei Trueba um Blancas Hand an. Als sie von dem Heiratsantrag erfährt, droht sie ihrem Vater, als Novizin ins Kloster einzutreten, wenn die Sache noch einmal erwähnt werde. Doch der Graf lässt nicht locker und beschließt, dem nächtlichen Treiben Blancas auf die Spur zu kommen. Am Fluss entdeckt er das eng umschlungene, schlafende Liebespaar. Jeder Hoffnung beraubt, Blanca jemals für sich gewinnen zu können, informiert er den Patron sofort, worauf dieser wutentbrannt zum Fluss reitet. Schon auf dem Weg trifft er auf Blanca und prügelt sie mit der Peitsche bis zur Ohnmacht. Als Esteban merkt, dass Clara bereits über alles Bescheid wusste, schlägt er auch sie. Zwei Tage später verlassen die Frauen „Drei Marien“. Esteban nimmt die Jagd nach Pedro auf. Als er ihn findet, schießt er auf ihn und schlägt mit einer Axt nach dem Liebhaber seiner Tochter – doch Pedro gelingt die Flucht.

Blanca und Graf de Satigny

Wenige Wochen später stellt sich heraus, dass Blanca von Pedro schwanger ist. Esteban, der den Ruf seiner Familie in Gefahr sieht, ködert den Grafen de Satigny mit Geld, seine Tochter nun doch zu heiraten. Aus Angst vor ihrem Vater willigt Blanca ein. Sie offenbart ihrem Gatten aber bereits in der Hochzeitsnacht, dass sie diese Ehe niemals vollziehen werde. Zu ihrem Glück zeigt auch Jean kein Interesse an der körperlichen Liebe. Im kargen Norden Chiles führt Blanca ein zurückgezogenes Dasein, während ihr Gatte in Saus und Braus lebt und illegal mit indianischen Altertümern handelt. Immer öfter versetzen unerklärliche, nächtliche Geräusche im Haus Blanca in Angst und Schrecken. Als sie den Vorgängen auf den Grund geht, entdeckt sie in Jeans Arbeitszimmer ein pornografisches Fotostudio sowie unzählige obszöne Bilder der Hausangestellten. Von der ungewöhnlichen Neigung ihres Mannes entsetzt, reist die Hochschwangere sofort nach Santiago zurück, wo unmittelbar nach ihrer Ankunft Alba geboren wird.

Die kleine Alba

Esteban, der es inzwischen leid geworden ist, erfolglos um Claras Gunst und körperliche Hingabe zu werben, entdeckt sein Engagement für die Politik und gewinnt die Wahl zum Senator der Konservativen Partei. Sein Verhältnis zur Familie verschlechtert sich zunehmend, einzig mit Alba pflegt er eine innige Beziehung. Die Kleine wächst im munteren Treiben des Eckhauses im Schoß der Familie auf. Ihre Mutter Blanca wird derweil von vielen Männern umworben, doch sie lässt sich auf keinen ernsthaft ein. Allein Pedro, den sie unerwartet wiedergetroffen hat, kann sie mit Liebe erfüllen. Sein Angebot, zu ihm zu ziehen, lehnt sie allerdings ab, aus Angst, dass ihre Gefühle füreinander verschwinden könnten. Ihrer Tochter verheimlicht Blanca, dass Pedro ihr Vater ist. Die wichtigste Person im Leben der Kleinen ist Großmutter Clara. Das Mädchen begleitet sie überall hin und weicht auch nicht von ihrer Seite, als sie ihm Sterben liegt.

Der Zerfall der Familie Trueba

Nach Claras Tod altert Esteban innerhalb weniger Tage zum Greis. Haus und Garten verwaisen, die Familie bricht auseinander. Obwohl alle unter einem Dach wohnen, geht jeder eigene Wege. Der hilfsbereite Jaime setzt sich für Benachteiligte ein und kämpft mit Pedro Tercero für den Sozialismus. Nicolas, auf der Suche nach Gott, gründet in Nordamerika eine Akademie für Erleuchtete. Esteban widmet sich mit Eifer der Politik und versucht fanatisch, das sich in Chile ausbreitende sozialistische Gedankengut zu bekämpfen. Blanca bemüht sich, neben ihren heimlichen Besuchen bei Pedro dem Haushalt im Eckhaus nachzukommen, während Alba der Familientradition folgend ein englisches Internat besucht. Mit 18 Jahren beginnt sie Philosophie und Musik zu studieren und lernt Miguel kennen. Aus Liebe zu ihm lässt sie sich von seinen revolutionären Ideen begeistern. Zur Unterstützung eines Arbeiterstreiks verbarrikadiert sie sich sogar mit ihm in der Universität.

Der Militärputsch

Wie erwartet gewinnen die Sozialisten die Parlamentswahlen. Tagelang tobt auf den Straßen ein großes Volksfest – während die Konservativen bereits Pläne zum Sturz der neuen Regierung schmieden. Die von ihnen herbeigeführte Unterversorgung des Landes hat jedoch nicht die gewünschte Wirkung, sodass erste Stimmen einen Militärputsch fordern, allen voran Esteban Trueba. In den folgenden Monaten bekämpfen sich Sozialisten und Oppositionelle, bis der Putsch allem ein jähes Ende setzt. Innerhalb weniger Stunden wird der Präsidentenpalast gestürmt, der Präsident wird ermordet und seine Anhänger werden verschleppt, gefoltert oder umgebracht. Darunter auch Jaime: Er lässt sich nicht dazu zwingen, am Fernsehen zu erzählen, der Präsident habe sich in Trunkenheit selbst das Leben genommen, und wird für diese Weigerung getötet. Esteban muss all seine Privilegien als Senator ablegen und erkennt, dass die Demokratie nicht wie geplant zurückkehrt, sondern dass eine Militärdiktatur im Entstehen ist. In seiner Enttäuschung ist er bereit, Blanca dabei zu helfen, den im Haus versteckten Pedro im Kofferraum eines Diplomatenautos vor der Militärjunta zu retten. Blanca und Pedro flüchten gemeinsam ins kanadische Exil. Auch Miguel muss untertauchen. Alba setzt indes ihre ganze Kraft dafür ein, den politisch Verfolgten zu helfen. Eines Nachts wird sie von der Geheimpolizei im Eckhaus abgeholt.

Folter und Terror

Alba wird mit verbundenen Augen weggebracht und in den nächsten Tagen von Oberst Esteban García, dem Enkel von Trueba und seiner einstigen Geliebten Pancha, systematisch gefoltert. Alba merkt bald, dass ihr Vetter sie nicht nur deshalb mit Prügeln, Elektroschlägen und Vergewaltigungen demütigt, weil er Miguels Versteck erfahren will. Vielmehr rächt er sich an ihr für alles Unrecht, das ihm seit seiner Geburt von ihrer Familie angetan worden ist. Völlig entkräftet wartet Alba in ihrer Zelle auf den Tod. Doch da erscheint ihr der Geist von Clara, die sie dazu motiviert, in Gedanken einen Bericht über das Erlebte abzulegen. Die Gefolterte fasst neuen Lebensmut. Esteban, der seine Enkelin seit Wochen erfolglos sucht, setzt seine letzte Hoffnung in Tránsito Soto, die inzwischen zur einflussreichen Bordellbesitzerin aufgestiegen ist. Innerhalb weniger Tage erwirkt sie Albas Freilassung. Nach ihrer Rückkehr ins Eckhaus unterstützt Esteban seine Enkelin beim Niederschreiben der Familiengeschichte. Als alles gesagt ist, legt er sich hin und stirbt. Alba erkennt, dass das Geschehene kein Zufall, sondern immer die Folge von etwas anderem ist. Um den Kreislauf von Schuld und Bestrafung endlich zu durchbrechen, überwindet sie all ihre Rachegefühle. Mit ihrem Schicksal versöhnt, hofft Alba auf bessere Zeiten, wartet auf die Rückkehr Miguels – und auf das neue Leben, das in ihrem Bauch heranwächst.

Zum Text

Aufbau und Stil

Das Geisterhaus von Isabel Allende erzählt in 14 Kapiteln eine Familiensaga. Den Hintergrund bildet die chilenische Geschichte des 20. Jahrhunderts. Neben dem realistisch geschilderten politischen Geschehen stehen mit Nívea, Clara, Blanca und Alba die weiblichen Vertreter von vier Generationen der Familie Trueba im Zentrum des Romans. Die Chronik der Familie, die dem Leser abwechslungsweise von Alba und ihrem Großvater Esteban erzählt wird, zeigt viele Parallelen zu Isabel Allendes eigener Biografie auf, so z. B. Albas Engagement für politisch Verfolgte oder Blancas Flucht ins Exil. Dem im Buch gezeigten Realismus stellt die Autorin eine magisch-fantastische Welt gegenüber, die vor allem von Clara und ihren übersinnlichen Fähigkeiten repräsentiert wird. Dieses Verwischen der Grenzen zwischen Realität und Fantasie ist typisch für den „realismo mágico“ (magischer Realismus), in dessen Tradition der Roman steht. Der magische Realismus kam nach 1920 sowohl in der Malerei als auch in der Literatur auf und fand in der Folge vor allem in Lateinamerika weite Verbreitung. Auf die übersinnlichen Aspekte des Buches nimmt bereits der Titel Das Geisterhaus Bezug. Allendes zupackender, plastischer Erzählstil lässt den Eindruck einer mündlich wiedergegebenen Geschichte entstehen. Mit dokumentarischer Sorgfalt und viel Sinn für spannende Alltäglichkeiten wird ein farbiges, anrührendes Porträt einer Familie und ihres Schicksals gemalt.

Interpretationsansätze

  • Im Zentrum des Romans steht die Kritik an der sozialen Ungerechtigkeit in einer kapitalistisch-patriarchalen Gesellschaft, die durch den kompromisslosen, gewalttätigen Esteban Trueba verkörpert wird. Mit seinen Untaten stürzt dieser nicht nur Arbeiter, Bauern und Arme ins Unglück, sondern beschert auch seiner Familie harte Schicksalsschläge.
  • Ebenso übt der Roman Kritik an der Militärdiktatur Pinochets, die von den Kapitalisten unterstützt wurde. Isabel Allende, selbst Opfer des Terrors und der menschenverachtenden Repressionen des Diktators, führt in den Folterszenen die grausamen Gewalttaten der Militärjunta deutlich vor Augen. In Chile unterlag das Buch deshalb zunächst der Zensur.
  • Die Namen der weiblichen Hauptpersonen – Nívea, Clara, Blanca und Alba – stehen alle für Begriffe, die auf Klarheit oder Helligkeit verweisen. Diese Synonyme deuten auf das den vier Frauenfiguren innewohnende engelhafte Wesen hin, das sich in ihrer Fähigkeit, Übersinnliches wahrzunehmen, im grenzenlosen Einsatz für Schwächere und Unterdrückte sowie in ihrer Rolle als Hoffnungsträgerinnen der Zukunft offenbart. Die Frauen sind die eigentlichen Helden des Romans, und dies in einer Männerwelt, die zusehends aus dem Ruder läuft.
  • Der ewige Kreislauf von Schuld und Bestrafung ist der Motor, der die Handlung unaufhaltsam vorwärtstreibt. Erst am Ende beschließt Alba, auf Hass und Rache zu verzichten und hoffnungsvoll in die Zukunft zu sehen. Ein Leben in Frieden, Freiheit und Liebe ist nur möglich, wenn auf allen Seiten der Hass überwunden wird. Ob dieser Idealzustand überhaupt erreichbar ist, lässt das Buch offen – es endet aber auf einer optimistischen Note.

Historischer Hintergrund

Pinochets Militärdiktatur

1970 gewann in Chile das linke Wahlbündnis Unidad Popular mit ihrem Präsidentschaftskandidaten Salvador Allende die Parlamentswahlen. Die Partei machte sich vor allem für die Verstaatlichung der Industrie und die Enteignung der Großgrundbesitzer stark, was die USA, die westeuropäischen Staaten und einige internationale Konzerne zu einem Boykott veranlasste. In Chile löste diese Entwicklung erste Skepsis und Unmut gegen die neue Regierung aus. Die innenpolitischen Auseinandersetzungen gipfelten am 11. September 1973 in einem Militärputsch, der von den USA unter Präsident Richard Nixon und Außenminister Henry Kissinger unterstützt wurde. Sämtliche staatliche Einrichtungen wurden binnen Stunden gestürmt und besetzt. Der Präsidentenpalast wurde bombardiert; Präsident Salvador Allende wurde dort später tot aufgefunden. Bis heute wird offiziell behauptet, der Präsident habe Selbstmord begangen; viele glauben jedoch, dass er von seinen politischen Gegnern ermordet wurde. Sicher ist, dass Hunderte von Allendes Anhängern in den folgenden Tagen ums Leben kamen und Tausende inhaftiert wurden. An die Spitze der sich erhebenden Militärjunta stellte sich General Augusto Pinochet. In den folgenden Jahren seiner Diktatur wurden unzählige Oppositionelle in Konzentrationslager gebracht, wo sie nicht selten zu Tode gefoltert wurden. Der andauernde Terror, die Verfolgungen und die Gräuel in den Lagern trieben viele Chilenen ins Exil.

Schon kurz nach Pinochets Machtübernahme wurden die Verstaatlichungen Allendes rückgängig gemacht und im Ausland wurde der Boykott gegen Chile aufgehoben. Großzügige internationale Wirtschaftshilfe sowie Pinochets neoliberale Reformen – beeinflusst vom US-Ökonomen Milton Friedman – halfen dem Land zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht wieder auf die Beine. Davon profitierte zwar die Volkswirtschaft insgesamt, doch die Unterschiede zwischen Arm und Reich klafften wieder auf wie früher, zur Zeit der Großgrundbesitzer. Pinochets Militärdiktatur erreichte eine für südamerikanische Verhältnisse außergewöhnliche politische und ökonomische Stabilität – zum Preis einer menschenverachtenden Repressionspolitik, die unzählige Opfer forderte. Ganze 15 Jahre lang konnte sich der Diktator an der Macht halten, bis die Chilenen 1989 in freien Wahlen den Christdemokraten Patricio Aylwin zum neuen Präsidenten wählten.

Entstehung

Isabel Allende ist eine Nichte zweiten Grades von Salvador Allende. Nach dessen Sturz engagierte sie sich anonym für politisch Verfolgte in Chile. 1975 musste sie das Land verlassen. Um im venezolanischen Exil überleben zu können, übte die Journalistin verschiedenste Tätigkeiten aus. Zudem begann sie Romane zu schreiben. Die Keimzelle für ihr Erstlingswerk Das Geisterhaus war ein langer Brief, den sie 1981 an ihren im Sterben liegenden 99-jährigen Großvater in Chile schrieb. Daraus entwickelte sich in der Folge das Manuskript des Romans. Das Buch ist aber nicht nur eine unmittelbare Frucht von Allendes Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Geschichte, sondern auch von ihrer Beschäftigung mit der Geschichte Chiles. So erzählt die Autorin auf der Grundlage der Erinnerung an ihren Großvater eine Familiensaga über vier Generationen, die zugleich Chiles Nationalgeschichte vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis in die Zeit der Pinochet-Diktatur aufrollt. Als Erzählerin sieht sich Allende, wie sie einmal sagte, in erster Linie dazu berufen, „Tote wiederzuerwecken, die Verschwundenen zu versammeln und die verlorene Welt zu rekonstruieren“. Innerhalb eines Jahres vollendete die Autorin den Roman.

Wirkungsgeschichte

Nachdem mehrere Verlage in Lateinamerika Das Geisterhaus abgelehnt hatten, wurde es 1982 von Plaza & Janés in Barcelona gedruckt. Das Buch wurde über Nacht zum Welterfolg und innerhalb von zwei Jahren erschienen nicht weniger als 13 Neuauflagen. Zwischen 1982 und 1986 wurde der Bestseller in 16 Sprachen übersetzt. In Chile unterlag das Buch bis 1983 der Zensur. Als diese aufgehoben wurde, fand der Roman infolge der ungewöhnlich hohen Buchpreise vor allem in Form von Fotokopien und Leihexemplaren Verbreitung. Kritiker haben Das Geisterhaus immer wieder mit Gabriel García Márquez’ großer lateinamerikanischer Familiensaga Hundert Jahre Einsamkeit (1967) verglichen. Im Gegensatz zu dem kolumbianischen Schriftsteller verwischte Allende aber in ihrem Buch die Grenzen zwischen seriöser und trivialer Literatur, was dem Roman bisweilen den Vorwurf des Kitsches eintrug. Unbestritten ist aber, dass ihr Erstlingswerk die weltweite Aufmerksamkeit auf die bewegte Geschichte Chiles lenkte und die lateinamerikanische Literatur um einen Meilenstein bereicherte.

1993 verfilmte der dänische Regisseur Bille August Das Geisterhaus mit Jeremy Irons, Meryl Streep, Winona Ryder, Glenn Close und Antonio Banderas. Die Handlung des Films weicht an einigen Stellen von derjenigen des Buches ab: So treten auf der Leinwand die Zwillingsbrüder Jaime und Nicolas sowie Albas Freund Miguel nicht auf und anstelle von Alba, die am Ende des Films noch ein Kind ist, wird Blanca zum Folteropfer der Militärjunta.

Über die Autorin

Isabel Allende wird am 2. August 1942 in Lima (Peru) als älteste Tochter des chilenischen Diplomaten Tomás Allende und seiner Frau Francisca Llona geboren. Drei Jahre später trennen sich die Eltern. Die Mutter geht mit den drei Kindern nach Santiago de Chile, wo Isabel den größten Teil ihrer Kindheit im Haus des Großvaters verbringt. 1953 heiratet die Mutter erneut einen Diplomaten, dem die Familie nach Bolivien und 1956 nach Beirut folgt. Mit 17 Jahren beginnt Allende als Journalistin für die Welternährungsorganisation zu arbeiten und moderiert wöchentlich eine Fernsehsendung über die Weltkampagne gegen den Hunger. Nach der Heirat mit Bauingenieur Michael Frías im Jahr 1962 werden Tochter Paula und Sohn Nicolás geboren. Inzwischen zur Frauenrechtlerin avanciert, gründet Allende 1968 die feministische Zeitschrift Paula, in der sie auch für die linke Unidad-Popular-Regierung ihres Großonkels Salvador Allende schreibt, der 1970 Präsident von Chile wird. Neben ihrer Moderationstätigkeit fürs chilenische Fernsehen verfasst Allende diverse Theaterstücke und ist Herausgeberin der Kinderzeitschrift Mampato sowie zweier Filmzeitschriften. Nach General Pinochets Militärputsch und Salvador Allendes Tod 1973 engagiert sich die 31-Jährige anonym für politisch Verfolgte, muss jedoch zwei Jahre später selbst ins venezolanische Exil gehen. 1982 kommt ihr Erstlingsroman La casa de los espíritus (Das Geisterhaus) heraus, der zu einem Großerfolg wird. Es folgen De amor y de sombra (Von Liebe und Schatten, 1984), Eva Luna (1987) sowie weitere Werke. Nach der Scheidung ihrer ersten Ehe gibt Allende 1988 dem Rechtsanwalt William Gordon in San Francisco das Jawort. Seither lebt und arbeitet die Autorin als amerikanische Staatsbürgerin in Kalifornien.

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