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Generation X

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Generation X

Geschichten für eine immer schneller werdende Kultur

Goldmann,

15 min read
12 take-aways
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What's inside?

Ein Kultbuch der 90er Jahre: Das Porträt einer Generation, die sich selbst nicht einzuordnen weiß.

Literatur­klassiker

  • Roman
  • Postmoderne

Worum es geht

Das Kultbuch der 90er Jahre

Douglas Couplands Roman Generation X traf bei seiner Erstveröffentlichung 1991 punktgenau den Nerv der Zeit. Zu diesem Zeitpunkt war die Problematik der Nicht-mehr-Teenager und Noch-nicht-Erwachsenen, die zwischen 1960 und 1970 geboren waren, zwar bereits von Soziologen und Intellektuellen ausgiebig diskutiert worden, aber es war bislang niemandem gelungen, das Thema so unterhaltsam, spielerisch und doch kritisch aufzugreifen. Mithilfe kleiner Geschichten rund um seine Hauptfiguren Andy, Claire und Dag filtert Coupland das Charakteristische dieser gesellschafts- und kulturkritischen Generation X heraus. Die drei Helden haben alle ihre eigene Vergangenheit und ihre eigenen Gründe, warum sie aus der "normalen" Welt von Konsumzwang und Erfolgsdruck ausgestiegen und in ihren Bungalows in Palm Springs gelandet sind. Doch sie verbindet die gleiche innere Leere und sie versuchen sich gegenseitig Halt zu geben, da ihre Familien und die Gesellschaft versagt haben. Eigentlich hatte der ehemalige Kunststudent Coupland vor, ein comicartiges Sachbuch zu schreiben. Von dieser Grundidee sind im Roman die Skizzen und Begriffserklärungen übrig geblieben, die sich wie ein roter Faden hindurchziehen. Ein Buch voller Lebensweisheiten und tiefer Einblicke in die Seele der "Generation X".

Take-aways

  • "Generation X" ist nicht nur ein Buchtitel, sondern ein weltweit geläufiges Schlagwort.
  • Coupland fängt in seinem Roman die Stimmung der zwischen 1960 und 1970 in Amerika Geborenen ein.
  • Hauptfigur Andy erzählt anekdotenhaft vom Alltag mit seinen beiden Freunden und wie es kam, dass alle drei zu Aussteigern wurden.
  • Andy, Claire und Dag haben sich ihre eigene kleine Welt geschaffen, in der sie sich täglich Geschichten erzählen, die sie von der für sie unerträglichen Realität ablenken.
  • Alle drei sehnen sich danach, sich zu verlieben, aber es gelingt ihnen nicht.
  • Jeder von ihnen leidet unter der gleichen Sinnentleertheit einer völlig durch Konsum und Leistungsdruck bestimmten Welt, doch jeder geht anders damit um.
  • Aus Protest gegen den gesellschaftlichen Konsumzwang nehmen sie völlig unterqualifizierte Jobs an.
  • Sie fühlen sich dazu verdammt, ihr Leben lang unter den ökologischen und ökonomischen Fehltritten ihrer Vorgänger leiden zu müssen.
  • Couplands Liebe zum skurrilen Detail lässt das Innenleben seiner Generation X für den Leser lebendig werden.
  • Generation X ist Couplands Erstlingswerk und wurde sofort ein großer Erfolg in den USA und Europa.
  • Der Roman traf den Nerv einer Generation und wurde zum Kultbuch.
  • Douglas Coupland folgte der Konsumverweigerung seiner Romanhelden und lehnte trotz horrender Honorarangebote Interviews ab.

Zusammenfassung

Picknick in West Palm Springs Village

Andy, Anfang der 60er Jahre in Portland, Oregon, geboren, fliegt im Alter von 15 Jahren nach Manitoba in der kanadischen Prärie, um sich die Sonnenfinsternis anzusehen. Dort erlebt er zum ersten Mal das Gefühl, das ihn sein Leben lang begleiten wird: eine Mischung aus Dunkelheit, Unvermeidlichkeit und Faszination. Knapp 15 Jahre später lebt er im kalifornischen Palm Springs mit seinen beiden Hunden und seinen Freunden Dag und Claire. Er arbeitet im Schichtdienst in Larry’s Bar als Barkeeper. Alle drei zählen sich zum so genannten Armut-Jetset und lassen ihren Gedanken in nächtlichen Sitzungen auf der Veranda freien Lauf.

„Beim Betrachten solcher Fotos wird dir schlagartig bewusst, wie lieb und traurig und unschuldig alle Momente des Lebens durch das Klicken der Kamerablende werden, denn in dem Augenblick ist uns die Zukunft noch unbekannt, sie muss uns erst noch verletzen.“ (S. 30)

Oft fahren sie gemeinsam zum Picknick in die Berge nach West Palm Springs Village und erzählen sich Geschichten. Andy erinnert sich, wie Dag vor einem Jahr in Palm Springs auftauchte und er ihm den benachbarten Bungalow und einen Job in Larry’s Bar besorgte. Dag hatte von heute auf morgen seine Stelle in der Werbebranche hingeschmissen und wollte mit dem ganzen "Konsumgetue" nichts mehr zu tun haben.

Die Wege laufen zusammen

Kurz bevor er nach Palm Springs ging, verbrachte Dag noch einige Zeit bei seinem Bruder Matthew. Er war völlig zerrissen und versuchte seine Lebensuntüchtigkeit mit Beruhigungsmitteln und Antidepressiva in den Griff zu kriegen. Um noch weiter auszusteigen, ging er schließlich nach Palm Springs.

„Aber davon abgesehen bin ich, wie bereits erwähnt, niemals verliebt gewesen, und das ist ein Problem.“ (S. 70)

Andy erinnert sich, wie er Claire an der Poolbar einer Hotelanlage kennenlernte. Andy sah ihre dekadente Familie, und weil er Claire vom ersten Moment an mochte, schlug er ihr vor, auszusteigen und in Palm Springs zu bleiben. Sie ging darauf ein und die beiden wurden Freunde.

Die Geschichte vom einsamen Edward

Andy heißt mit vollem Namen Andrew Palmer, er studiert Sprachen und leidet darunter, dass er noch nie verliebt war. Um sein Lebensgefühl zu verdeutlichen, erzählt Andy die Geschichte vom einsamen Edward, der irgendwann in den Alkoholismus abdriftet und fast zehn Jahre lang in einem fiktiven Raum lebt. Anschließend erzählt Andy seine eigene Geschichte und was ihn dazu brachte, zum Aussteiger zu werden: Während eines halbjährigen Jobaustauschprogramms bei einem japanischen Magazin lernte er unverhofft den Verlagsmagnaten Mister Takamichi kennen und war so angewidert von dessen sexistischem Kleingeist, dass er den Verlag fluchtartig verließ.

Panik vor den "grünen Perlen"

Plötzlich ist Dag für fünf Tage verschwunden, was Andy und Claire aber nicht weiter beunruhigt. Irgendwann meldet er sich telefonisch aus Nevada und erzählt Andy eine Geschichte, um ihm damit die Beweggründe für seinen Ausflug zu erklären.

„Die Generation unserer Eltern scheint weder imstande noch daran interessiert zu sein zu verstehen, wie das Marketing sie ausnutzt. Sie nehmen das Einkaufen ernst.“ (S. 97 f.)

Einen Tag später kehrt Dag nach Palm Springs zurück, völlig übernächtigt und ausgelaugt. Er hat für Andy einen Gürtel und für Claire ein Glas mit grünem Granulat mitgebracht. Durch ein Versehen zerbricht das Glas und Claire verlässt in Panik die Wohnung, weil sie glaubt, dass das grüne Zeug Plutonium ist.

„Hast du jemals daran gedacht, das Haus deiner Eltern in Brand zu stecken, nur um sie aus ihrer Routine zu holen?“ (Andy zu Dag, S. 121)

Am nächsten Tag bekommt Claire Besuch von ihrer großen Liebe Tobias aus New York. Er sieht fabelhaft aus, hat einen guten Job bei der Bank und verkörpert den idealen angepassten Schwiegersohn. Claire himmelt den smarten Yuppie an.

Nachdem sich Tobias und Claire turtelnd in Dags Bungalow zurückgezogen haben, versuchen Andy und Dag, Claires Wohnung von den vermeintlich gefährlichen grünen Kügelchen zu säubern. Beim Aufräumen sprudelt aus beiden plötzlich die ganze Frustration heraus, die sie zu Aussteigern hat werden lassen; ihnen wird bewusst, dass das wahre Leben an ihnen vorbeirauscht.

Erinnerungen an das Leben

Andy und Dag liegen friedlich mit Tobias im Garten am Pool. Claire und ihre Freundin Elvissa stoßen dazu und alle öden sich an diesem Nachmittag einfach nur an. Irgendwann stellt Elvissa Tobias die Frage, woran in diesem Leben er sich gerne erinnern würde, wenn er gestorben sei. Ihm fällt keine Antwort ein, dafür aber Claire: Schnee, sagt sie.

„Noch keine dreißig, und meine Oberlippe fängt bereits an, sich zu runzeln. Ich bin verdammt.“ (Claire zu Andy, S. 157)

Claire erzählt von ihrem ersten Schneeerlebnis in New York auf der Park Avenue. Inspiriert durch diese Geschichte fällt jetzt auch Dag ein Erlebnis ein, an das er sich nach seinem Tod noch gern erinnern würde.

Nun beginnt auch Elvissa, eine Erinnerungsgeschichte zu erzählen. Sie handelt von ihrer ersten großen Liebe, die sie im Alter von 15 Jahren mit dem Nachbarsjungen Curtis erlebte. Viele Jahre später traf sie den mittlerweile völlig heruntergekommenen Curtis zufällig wieder. Curtis erzählte ihr von seinen schrecklichen Kriegserlebnissen, dem Tod seines besten Freundes und einer Verletzung, die ihn für immer entmannt hatte.

Dag wird zum Brandstifter

Claire grübelt mehr und mehr über ihre Beziehung zu Tobias. Sie ist überzeugt, dass sie nach New York fliegen muss, wenn sie ihn noch einmal wiedersehen will.

„Leute, die gute Geschichten erzählen, können umsonst dort wohnen.“ (Dag über sein geplantes Hotel in Mexiko, S. 166 f.)

Dag und Andy arbeiten später in Larry’s Bar. Der Abend plätschert mit den üblichen schlechten Shows dahin. Nach Dienstschluss müssen Andy und Dag nach Hause laufen, da ihr Auto mal wieder nicht anspringt. Unterwegs setzt sich Dag provokativ auf das Dach einer am Straßenrand geparkten Nobelkarosse und erzählt Andy von einem coolen Trip nach Nevada, während er eine Zigarette raucht. Plötzlich steht der Wagen, auf dem Dag kurz zuvor gesessen hat, in Flammen.

„Und wie alle wahrhaft reichen und/oder schönen und/oder berühmten Leuten war sie sich niemals sicher, ob die anderen auf ihr wahrhaftiges ‚Ich’ ansprachen, ob sie das Licht, das in ihrem Körper wie in einer Kapsel gefangen war, ausmachen konnten oder ob sie es lediglich auf den Lotteriegewinn abgesehen hatten, der ihr bei ihrer Geburt zuteil geworden war.“ (Claire über Linda, S. 175)

Elvissa macht sich auf nach Santa Barbara, um dort einen Job als Gärtnerin in einem Nonnenkloster anzutreten. Sie will mit dieser Aktion einen klaren Kopf bekommen. Claire ist traurig, weil sie befürchtet, nach Tobias jetzt auch noch Elvissa als Freundin verloren zu haben. Sie gibt die Geschichte von der reichen, unglücklichen Linda zum Besten, die irgendwann die Regeln einer Sekte als Heilmittel gegen ihre Traurigkeit entdeckt und sich deshalb in ihrem Besitz verschanzt. In der letzten Nacht ihrer Meditation wird sie von einem Priester aus dem Himalaja heimgesucht, der sie von ihrem Leid erlöst.

Weihnachten in Portland

Weihnachten steht vor der Tür. Andy führt ein Telefonat mit seiner Schwester Deidre und erfährt, dass außer ihm nur sein Bruder Tyler über Weihnachten zu den Eltern kommen wird. Andy nimmt das zum Anlass, seine anderen Geschwister in Kurzporträts vorzustellen: die deprimierte Deidre, seinen ältesten Bruder Dave, Kathleen, Susan, seine Lieblingsschwester, und Evan, der zwar "das normale Palmer-Kind" genannt wird, in Wahrheit aber die gleichen Probleme im Leben hat wie seine Geschwister.

„Jugend ist wirklich ein trauriges, beschwörendes Parfum, zusammengesetzt aus vielen eigenständigen Düften.“ (Deidre, S. 188)

Dag bleibt über Weihnachten in Palm Springs, während Claire und Andy bereits am Flughafen auf ihren Abflug warten. Claire fliegt zu Tobias nach New York.

Andy wird von seiner Mutter in Portland am Flughafen abgeholt. Bereits auf der Fahrt nach Hause erfährt er den neuesten Klatsch aus der Nachbarschaft. Es hat sich nichts geändert, nur seine Mutter hat, wie sie selbst zugibt, aufgehört, sich um ihre Kinder Sorgen zu machen - und es geht ihr besser damit.

„Mama, ich möchte keine Geschenke zu Weihnachten. Ich möchte überhaupt keine Dinge im Leben.“ (Andy zu seiner Mutter, S. 201)

Es ist Heiligabend und Andy langweilt sich zu Tode. Er telefoniert mit dem daheim gebliebenen Dag, um sich danach noch sicherer zu sein, dass er besser nicht zu seinen Eltern gefahren wäre.

Am Weihnachtsmorgen überrascht Andy seine Eltern und Tyler mit einem berauschenden Meer von angezündeten Kerzen im Wohnzimmer. Durch das warme Licht scheint die Welt für einen Moment verändert und positiv, aber schon wenige Augenblicke später geht alles wieder seinen gewohnten Gang und Andy wird die Vergänglichkeit schöner Momente bewusst.

Eine neue Wahrheit

Auf dem Weg zum Flughafen fahren Andy und Tyler an der Vietnam-Gedenkstätte vorbei und plötzlich offenbart Tyler seinem völlig überraschten Bruder, wie unglücklich er mit seinem Leben ist. Tyler ist auf alle neidisch, die es geschafft haben, anders zu leben als er, also auch auf seinen Bruder Andy. Andy fliegt schließlich heim und ist froh, als er endlich wieder seine Bungalowtür aufschließen kann.

„Wenn dir Leute erzählen, sie hätten sich ein Haus gekauft, können sie dir ebenso gut mitteilen, sie besäßen keine Persönlichkeit mehr.“ (S. 202)

Im gleichen Moment ruft Claire an und berichtet, wie ihr Wiedersehen mit Tobias in New York verlaufen ist. Nach ein paar Stunden Smalltalk haben sich Claire und Tobias endlich gesagt, warum sie mit dem anderen nicht länger zusammen sein wollen. Auch wenn die Trennung von Tobias mit einigen schmerzhaften Seitenhieben verbunden ist, fühlt sich Claire danach erstaunlich befreit und freut sich, am nächsten Tag wieder bei Andy und Dag in Palm Springs zu sein.

Aufbruch aus der Wüste

Die Sonne scheint am nächsten Tag, aber es jagen heftige Tornados über die Stadt. Dag und Andy sind abends auf einer Party von Bunny Holländer engagiert, um dort Drinks zu servieren. Holländer ist ein alternder Musikproduzent und hat dementsprechend illustre Gäste zu seiner Party eingeladen. Ganz nebenbei erzählt Dag Andy, dass Holländer auch der Besitzer der Nobelkarosse ist, die er letztens mit seiner Zigarette in Brand gesetzt hat.

„Während ich aufwuchs, war Vietnam wie eine Hintergrundfarbe im Leben, Rot, Blau oder Gold; alles war von ihr gefärbt.“ (S. 212)

Die Party plätschert so dahin bis zu dem Zeitpunkt, als die Polizei auftaucht und nach Dag fragt. Holländer ahnt nicht, dass Dag der Übeltäter ist, der sein Auto in Brand gesteckt hat, und bittet ihn, den Beamten doch schnell ein paar Fragen zu beantworten. Dag flüchtet aufs Dach, um sich dort noch eine beruhigende Geschichte von Andy erzählen zu lassen und seinen Freund zum ersten Mal auf den Mund zu küssen, bevor er sich den Fragen der Polizei stellt.

„Plötzlich war ich von einer unmittelbar entstandenen Familie umzingelt, von einer liebevollen, heilenden, unkritischen Umarmung, bei der jeder noch mehr Zuneigung beweisen wollte als der andere.“ (über die behinderten Kinder, S. 251)

Am nächsten Morgen sind Dag und Claire nach San Felipe abgereist, um sich dort ihren Traum vom eigenen Hotel zu erfüllen. Sie hinterlassen Andy eine Nachricht, er solle doch schnell nachkommen.

Andy macht sich auf nach Mexiko und hat in etlichen Staus genug Zeit, seinen Gedanken, Geschichten und Träumen nachzuhängen. Er erzählt abschließend seine eigene Geschichte, eine Vision vom Glück, in der ihm ein Pelikan mit einem Fisch symbolhaft endlich die Zuneigung reicht, die ihm schon immer gefehlt hat.

Andy fährt weiter in Richtung Grenze und hat dort sein ganz persönliches Schlüsselerlebnis: Er sieht plötzlich eine riesige schwarze Wolke in Form eines Atompilzes am Himmel. Es stellt sich allerdings heraus, dass die Ursache harmloser Natur ist: Farmer haben die Stoppeln ihrer Felder der Jahreszeit entsprechend abgebrannt.

Schaulustige steigen aus den Autos, darunter ein Bus voller behinderter Mädchen und Jungen. Plötzlich taucht über den schwarzen Feldern ein schneeweißer Reiher auf und zieht seine Bahnen, bis er schließlich im Sturzflug so nah über Andy hinwegfliegt, dass dieser ein paar blutige Schrammen am Kopf zurückbehält. Die Kinder umringen Andy, streicheln ihn und wollen ihn trösten, weil sie sehen, wie ihm Blut über die Stirn rinnt. Dieses Gefühl von Zuneigung und Wärme macht ihn glücklich: Er weiß endlich, wie es sich anfühlt, geliebt zu werden.

Zum Text

Aufbau und Stil

Coupland lässt seine Hauptfigur Andy Palmer in die Rolle des Ich-Erzählers schlüpfen, der als beobachtendes und analysierendes Bindeglied zwischen dem Leser und den restlichen Romanfiguren fungiert. Der gut 250 Seiten lange Roman weist zwar eine gewisse erzählerische Chronologie auf, diese wird jedoch regelmäßig auf erfrischende Art und Weise von Rückblenden und den ausgedachten oder realen Anekdoten der drei Hauptfiguren unterbrochen. Coupland hat die Fähigkeit, selbst schale Perspektivlosigkeit und Traumata seiner Romanhelden so griffig, feinfühlig und z. T. witzig zu erzählen, dass der Leser alle emotionalen Höhen und Tiefen, die das Lebens zu bieten hat, im Schnelldurchlauf erfährt. Es ist Coupland gelungen, die coole Art von Andy, Dag, Claire und ihren Freunden sprachlich darzustellen, ohne dass dem Leser die kindliche Verletzlichkeit und Frustration der Figuren entgeht. Die Aufmachung des Romans als eine Kombination aus Text, comicartigen Zeichnungen und Erklärungen von Yuppie-Begriffen am Seitenrand, unterstreicht auch optisch den Inhalt des Buches: Der Text steht für das reale Leben und das Beiwerk an den Rändern für die Suche nach Ablenkung von der Unerträglichkeit des realen Lebens. Durch die Elemente an den Seitenrändern übt Coupland auf ironische Weise Gesellschaftskritik, wenn es etwa heißt: "Successophobia: Die Angst davor, dass, wenn man erfolgreich ist, persönliche Bedürfnisse vergessen und kindliche Wünsche nicht mehr erfüllt werden." Oder: "Strangelove Reproduction: Sich Kinder anschaffen als Ausgleich für die Tatsache, dass man nicht mehr an die Zukunft glaubt."

Interpretationsansätze

  • Zentrales Thema des Romans ist die Zerrissenheit der Generation X, die aus der Sehnsucht nach der Ursprünglichkeit der Natur sowie den traditionellen Wertvorstellungen und aus dem Wissen, dass dieser Zustand heute nicht mehr reproduzierbar ist, entsteht.
  • Ein wiederkehrendes Beispiel für die Auflehnung der Generation X gegen gesellschaftliche und ökonomische Zwänge ist die Verweigerung von Konsumgütern. Der vernichtende, aber gleichzeitig auch neidische Blick auf die ganz anders orientierten Yuppies ergibt einen Missklang, der die Zerrissenheit einmal mehr unterstreicht.
  • Hauptfigur und Ich-Erzähler Andy verkörpert mit seinen knapp 30 Jahren den für die Generation X typischen Nicht-mehr-Teenager und Noch-nicht-Erwachsenen. Obwohl er ein Aussteiger aus Familie und Gesellschaft ist, gibt er seinen Freunden Dag und Claire doch das Gefühl, eine Familie zu sein, in der die Welt noch in Ordnung ist.
  • Dags Zerstörungsdrang ist Ausdruck einer desillusionierten Generation, die sich selbst nicht mehr spürt und versucht, durch Destruktion ihre Existenz wahrzunehmen.
  • Das Geschichtenerzählen spielt eine wichtige Rolle: Die Geschichten, die sich die drei Freunde am Rand der Wüste rund um die Uhr erzählen, sind eine Mischung aus selbst Erlebtem, nicht Bewältigtem und fantastischen Fiktionen, mit denen sie versuchen, sich zu betäuben und ihre Zukunftsängste in den Griff zu kriegen.
  • Ebenfalls zum Kern des Romans gehört das Thema Liebe. Alle drei Hauptfiguren sehnen sich auf unterschiedliche Art und Weise nach einem festen Partner und der großen Liebe, ziehen sich aber im entscheidenden Moment lieber zurück, aus Angst, verletzt zu werden und sich dann vielleicht nie wieder davon zu erholen.
  • Das Ende des Romans steht sinnbildlich für die Sehnsucht einer ganzen Generation: Andy findet zum ersten Mal in seinem Leben aufrichtige Zuneigung, Zärtlichkeit und Hilfe. Dass er sie ausgerechnet von Behinderten bekommt, deutet darauf hin, dass nur diese noch unverformt sind und bedingungslos aus reiner Seele handeln.

Historischer Hintergrund

Amerika in den 70er und 80er Jahren

Die USA wuchsen nach dem Zweiten Weltkrieg zum mächtigsten Staat der Welt heran und waren dementsprechend mit großem Selbstbewusstsein ausgestattet. Die wechselnden US-Regierungen wollten immer hoch hinaus; ein Meilenstein in diesem Streben war sicher der erste bemannte Flug zum Mond im Jahr 1969.

In den 70er und 80er Jahren kam es allerdings zu einem Bruch im Selbstverständnis der Nation: Unter dem Einfluss des Vietnamkriegs spaltete sich die Bevölkerung und es gab zum ersten Mal große Unterschiede in der Sichtweise politischer und gesellschaftlicher Strukturen. Hieraus entstand die erste Hippiebewegung im kalifornischen San Francisco, und immer mehr junge Leute protestierten, angefeuert von den Jugendlichen der restlichen Welt, mit "Flower-Power" und "Love and Peace" gegen den Rüstungswettlauf unter Ronald Reagan und gegen das damit verbundene zunehmende Gewaltpotenzial einer ganzen Nation.

Während sich die einen auf die Suche nach dem Sinn des Lebens machten und dabei die gesamte Industriegesellschaft und den Wohlstand infrage stellten, baute sich das Gegenlager seine eigene bunte Welt aus Konsumgütern und Vergnügungen jeglicher Art auf. Die von Coupland so bezeichnete "Generation X" wurde also in eine Zeit der Orientierungslosigkeit hineingeboren, in der es schwerfiel, eine eigene Position inmitten der unterschiedlichen Wertvorstellungen zu finden.

Entstehung

Douglas Coupland, selbst Jahrgang 1961, griff mit Generation X die Probleme seiner eigenen Generation auf. Sein 1991 veröffentlichtes Buch schien eine Art Selbsthilfeprogramm zu sein. Obwohl der Autor bis zu diesem Zeitpunkt ausschließlich Beiträge für Magazine geschrieben hatte, fand er für sein Erstlingswerk gleich einen Verleger. Mit Generation X schuf Coupland zum ersten Mal ein sprachliches Kunstwerk, während bis dahin ausschließlich bildhauerische Fähigkeiten im Mittelpunkt seines Schaffens gestanden hatten.

Wirkungsgeschichte

Der Roman wurde in kürzester Zeit in der ganzen Welt zum Erfolgsschlager. Coupland war es offenbar gelungen, das Lebensgefühl einer ganzen Generation einzufangen. Er selbst folgte übrigens der Konsumverweigerung seiner Romanhelden und lehnte trotz horrender Honorarangebote Interviewwünsche ab. Obwohl der im Mittelpunkt des Romans stehende Werte- und Selbstfindungsprozess damals bereits vielfach in intellektuellen Fachkreisen und in den Medien diskutiert wurde, war es bis dahin niemandem gelungen, die Zerrissenheit der 20-30-Jährigen dieser Zeit so authentisch und zugleich unterhaltsam zu präsentieren. Nichtsdestotrotz untermauert auch Coupland seine Beobachtungen mit einigen Statistiken und Zitaten aus Zeitschriften, die er am Ende des Buches in einer Art Anhang aufführt.

Coupland wurde als Kultautor gefeiert, was ihn ermutigte, seine Karriere als Schriftsteller und später auch als Drehbuchautor voranzutreiben. Seit Generation X veröffentlichte er neun weitere Romane und mehrere Sachbücher, die in 35 Sprachen übersetzt wurden. Außerdem schrieb er für die Royal Shakespeare Company in Stratford-upon-Avon in England. Ab 2001 wandte er sich wieder verstärkt der bildenden Kunst zu, mit Ausstellungen in Nordamerika, Europa und Asien, bevor er zur Eroberung eines weiteren kreativen Feldes ansetzte: 2006 erschien der kanadische Film Everything’s Gone Green, für den Coupland das Drehbuch schrieb.

Coupland prägte in Generation X eine Reihe von Vokabeln, die in den folgenden Jahren zu allgemein gebräuchlichen Schlagworten wurden. Dazu gehört auch der Begriff "McJob", der im Roman bezeichnet wird als: "niedrig dotierter Job mit wenig Prestige, wenig Würde, wenig Nutzen und ohne Zukunft im Dienstleistungsbereich. Oftmals als befriedigende Karriere bezeichnet von Leuten, die niemals eine gemacht haben."

Analog zu Couplands Begriffsprägung der "Generation X" gab es auch noch andere Versuche, bestimmten Jahrgängen einen Stempel aufzudrücken. Bekannt sind z.?B. die "Baby Boomer", die "Generation Golf" oder die "Generation Praktikum" - wobei zweifelhaft ist, ob speziell die beiden Letztgenannten von Dauer sein werden.

Über den Autor

Douglas Coupland wird am 30. Dezember 1961 in Deutschland auf der kanadischen NATO-Luftwaffenbasis in Söllingen geboren und wächst später in Vancouver, Kanada, auf, wo er auch heute noch lebt. Coupland selbst beschreibt seine Wurzeln in einem Interview treffend: "Ich bin an einem Zaun aufgewachsen. Dahinter begann die Wildnis, die bis zum Nordpol reichte. Das ist keine Metapher." Douglas Coupland studiert Bildhauerei am Emily Carr College of Art and Design und bereist anschließend Italien und Japan, um sich im Bereich Produktdesign weiterzubilden. 1987 stellt er in Kanada seine Arbeiten unter dem Titel "The Floating World" in der Vancouver Art Gallery aus. In der Zwischenzeit schreibt er für mehrere Magazine, bevor er 1991 sein erstes Buch Generation X vorlegt. Bereits 1992 folgt sein zweiter Roman: Shampoo Planet. Darin geht es um die Gegenüberstellung von oberflächlichem Karrieredenken und einer die Wahrheit suchenden Lebensphilosophie. Life After God ist das dritte Buch von Coupland, es erscheint 1993. Auch in diesem Roman geht es primär um die Existenzängste einer bestimmten Generation. Weitere Publikationen folgen, doch der Kultautor fährt auch wieder zweigleisig: Er beeindruckt mit Skulpturen und Installationen und lässt 2004 "Canada House" entstehen, eine Installation aus Alltagsgegenständen. Kurz darauf schreibt er das Drehbuch zu dem Film Everything’s Gone Green. Weitere Werke Couplands sind: Microserfs (1995), Girlfriend in a Coma (1997), Miss Wyoming (1999) und God Hates Japan (2001). Egal ob in seinen Büchern oder in seiner bildenden Kunst, Coupland setzt sich immer wieder kritisch mit gesellschaftlichen und ökologischen Themen auseinander. Er begründet sein Engagement mit dem "theologischen Vakuum meiner Jugend, wodurch ökologische Themen extrem wichtig wurden".

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