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Hedda Gabler

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Hedda Gabler

Reclam,

15 min read
10 take-aways
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What's inside?

Hedda Gabler langweilt sich zu Tode und stiftet vorher reichlich Unheil.

Literatur­klassiker

  • Drama
  • Fin de siècle

Worum es geht

Im Abgrund der Langeweile

Nicht viele literarische Figuren sind so durchgehend unsympathisch wie Hedda Gabler: Die Hauptfigur in Ibsens gleichnamigem Stück ist perfide, rücksichtslos und manipulativ. Sie zerstört die Menschen und Beziehungen in ihrem Umfeld, wo sie nur kann. Ihr Motiv? Langeweile. Und da wird es interessant, denn diese Langeweile hat den Charakter eines alles verschlingenden Abgrunds – und sie ist symptomatisch: für das Lebensgefühl der Dekadenz, für ein viel zu enges Korsett aus sozialen Regeln, für die Rolle der Frau Ende des 19. Jahrhunderts und darüber hinaus. Hedda Gabler ist eine Frau, die Schönheit, Lust und das Absolute sucht, aber in ihrem Leben nicht finden kann oder darf. Daraus entwickelt sich eine enorme negative Kraft, die sich am Ende gegen sie selbst richtet. Das viel inszenierte Stück erfreut sich ungebrochener Beliebtheit, das unerhörte Verhalten der Hauptfigur fordert immer neue Bühneninterpretationen heraus.

Take-aways

  • Henrik Ibsens Spätwerk Hedda Gabler gehört zu den wichtigsten Stücken der europäischen Theaterliteratur.
  • Inhalt: Die Generalstochter Hedda Gabler findet ihren kleinbürgerlichen Gatten und überhaupt ihr ganzes Leben unerträglich langweilig und lächerlich. Aus reiner Machtlust spinnt sie Intrigen und treibt einen ehemaligen Verehrer in den Selbstmord. Am Ende tötet sie sich selbst.
  • Kaum eine literarische Figur ist so vielfältig gedeutet worden wie Hedda Gabler.
  • Als Generalstochter repräsentiert sie eine gesellschaftliche Schicht, deren Zeit längst abgelaufen ist.
  • Ihre Langeweile und ihr Schönheitskult spiegeln das Lebensgefühl der Dekadenz Ende des 19. Jahrhunderts.
  • Mit ihrem Ästhetizismus stellt sie die Antithese zu den Werten des Kleinbürgertums dar, zu Anstand, Mittelmaß und Gerechtigkeit.
  • Letztlich scheitert Hedda daran, dass ein ästhetizistisches Leben innerhalb ihrer Lebenswirklichkeit nicht möglich ist.
  • Hedda Gabler wurde in München uraufgeführt, wo der Norweger Ibsen damals lebte.
  • Das Stück wird bis heute auf der ganzen Welt viel gespielt.
  • Zitat: „Oh, über alles, was ich nur anfasse, legt sich ein Fluch der Lächerlichkeit und des Billigen.“

Zusammenfassung

Scheinbares Glück

Juliane Tesman betritt die Villa, die ihr Neffe Jørgen Tesman seit seiner Hochzeit gemietet hat. Tante Julle, wie er sie nennt, hat das Haus für ihn und seine Frau Hedda Gabler eingerichtet, während das Brautpaar auf seiner fast sechsmonatigen Hochzeitsreise war – für Tesman zugleich eine Studienreise in diverse Archive; außerdem hat er seinen Doktortitel im Ausland erworben. Herzlich begrüßt Jørgen seine Tante, bei der er aufgewachsen ist und die jetzt ihre kranke Schwester pflegt. Er macht ihr ein Kompliment für ihren Hut, den sie sich extra gekauft hat, um der eleganten Hedda keine Schande zu machen. Sie gratuliert ihm nochmals zu dieser Frau, die so umschwärmt wurde.

„Und dann bist ausgerechnet du es, der Hedda Gabler erobert hat. Die wunderbare Hedda Gabler. (…) und dabei hatte sie doch so viele Verehrer um sich herumschwirren!“ (Tante Julle zu Tesman, S. 10)

Sowohl die Hochzeitsreise als auch die Villa gehen eigentlich über Tesmans finanzielle Möglichkeiten – Tante Julle hat für Teile der Einrichtung ihre und die Rente ihrer Schwester verpfändet. Darüber erschrickt Tesman, aber Tante Julle opfert sich gern für ihn auf. Sie freut sich, dass ihr Neffe nun am Ziel ist – alle Hindernisse seien überwunden, alle Feinde besiegt. Der ihm am meisten schaden wollte, sei ja gerechterweise „am tiefsten gefallen“. Tesman erkundigt sich bei seiner Tante, ob sie von diesem Mann – Eilert Løvborg – etwas gehört habe. Die Tante berichtet, dass er ein neues Buch veröffentlicht haben soll, über das lebhaft diskutiert wird. Tesman selbst plant ein Buch zum Thema „Kunsthandwerk im mittelalterlichen Brabant“, aber die Veröffentlichung ist noch fern – erst muss er seine Sammlung von Archivfunden ordnen.

„Aber teuer wird es für dich, mein lieber Jørgen, das alles hier.“ (Tante Julle, S. 12)

Dann erscheint die schöne Hedda im Salon. Es ist ihr zu hell, darum werden die Vorhänge zugezogen. Tante Julle hat noch etwas für Tesman: Seine alten, von der kranken Tante Rita bestickten Pantoffeln. Tesman freut sich sehr, während Hedda ihm zu verstehen gibt, dass ihr die Schuhe herzlich egal sind. Dann bemerkt sie ärgerlich, dass das Dienstmädchen seinen alten Hut habe liegen lassen – es ist aber der neue, elegante Hut von Tante Julle. Die reagiert leicht pikiert, wahrt aber den höflichen Schein. Hedda entschuldigt sich halbherzig. Tesman versucht eifrig, die Situation zu entschärfen.

Eine mutige Frau

Auf dem Klavier entdeckt Hedda einen Blumenstrauß von Frau Elvsted. Hedda bezeichnet sie als „diese Person mit dem irritierenden Haar“ und als Tesmans „alte Flamme“. Übrigens steht diese eben vor der Tür. Hedda lässt sie hereinbitten. Frau Elvsted zeigt sich erregt: Eilert Løvborg sei auch in der Stadt. Sie hat große Angst um ihn, weil er hier wieder in schlechte Gesellschaft geraten könne. Er hat die letzten drei Jahre als Hauslehrer der Kinder ihres Mannes gearbeitet und mit der Familie in der Einöde gelebt. Sie bestätigt, dass er vor 14 Tagen ein Buch herausgebracht hat, das von der Entwicklung der Kultur insgesamt handelt und großes Aufsehen erregt. Sie bittet Tesman, Eilert Løvborg wohlwollend aufzunehmen, falls er zu ihm kommt. Tesman verspricht es und schreibt ihm gleich einen Brief.

„Ich weiß nur, dass ich dort leben muss, wo Eilert Løvborg lebt – wenn ich wirklich leben soll.“ (Frau Elvsted, S. 29)

Hedda und Frau Elvsted kennen sich von früher, sie waren auf der gleichen Schule. Frau Elvsted hatte immer Angst vor Hedda, weil sie sie immer an den Haaren zog, einmal hat sie ihr sogar damit gedroht, sie anzuzünden. Hedda will jetzt das Du von früher wieder aufnehmen, um ihr Vertrauen zu gewinnen. Frau Elvsted lässt sich nur zögernd darauf ein. Schließlich erzählt sie: Als Kindermädchen hatte sie bei den Elvsteds angefangen, dann war die Frau gestorben und der Witwer heiratete sie. Doch sie ist unglücklich in ihrer Ehe mit dem viel älteren Mann und fest entschlossen, nicht wieder zu ihm zurückzukehren. Sie will dort leben, wo Eilert Løvborg ist. Er hat ihretwegen seine schlechten Gewohnheiten aufgegeben und sie hat von ihm das eigenständige Denken gelernt. Sie hat ihm auch bei der Arbeit an seinem Buch geholfen. Allerdings stehe der Schatten einer Frau zwischen ihnen. Eilert habe nicht viel von ihr erzählt, nur, dass sie ihn bei der Trennung mit einer Pistole bedroht habe.

„Ach ja, ja – vorläufig müssen wir beide also miteinander vorlieb nehmen, Hedda. Nur ab und zu Tante Julle bei uns empfangen. Ach, und dabei solltest du es so ganz, ganz anders haben!“ (Tesman, S. 37)

Als Frau Elvsted sich verabschiedet hat, kommt Richter Brack. Er hat beunruhigende Neuigkeiten: Die Professur, die Tesman in Aussicht hatte und mit der er fest rechnet, ist womöglich doch nicht so sicher. Sie soll nun per Wettbewerb besetzt werden, und Tesmans Konkurrent wird Eilert Løvborg sein. Tesman ist entsetzt. Seine Hochzeit mit Hedda fußte auf der Annahme, dass er die Stelle bekommen würde. Es wird also vorerst keine großen Abendgesellschaften geben, obwohl Tesman Hedda das versprochen hatte. Hedda bemerkt höhnisch, sie habe ja die Pistolen ihres Vaters, eines Generals, um sich zu vergnügen.

Hedda und Brack

Am Nachmittag besucht Richter Brack sie erneut, diesmal trifft er Hedda allein an. Sie hantiert gerade mit einem Revolver und zielt zum Spaß auf den Richter. Sie bekennt, sich auf ihrer Hochzeitsreise tödlich gelangweilt zu haben. Liebe hält sie für ein abgedroschenes Wort. Als Brack fragt, warum sie dann mit Tesman zusammen sei, antwortet sie, dass sie sich einfach „müde getanzt“ habe. Sie langweilt sich zwar, zieht aber nicht in Betracht, diese Ehe wieder zu verlassen. Brack bietet ihr seine Freundschaft an – in einer Art Dreiecksverhältnis. Hedda nimmt an. Sie gibt Brack gegenüber übrigens zu, dass sie nur so getan habe, als habe sie Tante Jules Hut für den des Dienstmädchens gehalten. So etwas komme einfach über sie.

„Hedda Gabler verheiratet? Und dann noch mit – Jørgen Tesman! (…) Ach Hedda, Hedda – wie konntest du dich nur so wegwerfen!“ (Eilert Løvborg, S. 55)

Jetzt trifft Eilert Løvborg ein. Zuerst spricht er mit Tesman über sein Buch: Das sei nichts Besonderes, sagt er selbst, das richtige, das eigentliche Buch trage er noch als Manuskript mit sich herum. Er zeigt es Tesman. Es schreibe das frühere Werk fort und handle von der Kultur der Zukunft. Er will Tesman daraus vorlesen, doch der ist zu einem Herrenabend bei Brack eingeladen. Løvborg lehnt es entschieden ab, mitzukommen. Tesman hat gehört, dass Løvborg eine Reihe von Vorträgen halten will. Løvborg bestätigt das, sagt aber, er werde damit warten, bis Tesman seine Ernennung zum Professor hat. Selbst will er sich nicht um diesen Posten bewerben, es gehe ihm lediglich darum, Tesman in der öffentlichen Meinung zu besiegen. Tesman ist erleichtert. Hedda zeigt sich gänzlich desinteressiert.

Hedda und Løvborg

Tesman und Brack ziehen sich ins Hinterzimmer zurück, Hedda und Løvborg sind im Salon allein. Løvborg kann nicht fassen, dass Hedda jetzt verheiratet ist – und ausgerechnet mit Jørgen Tesman! Hedda erklärt, sie liebe Tesman zwar nicht, werde ihm aber treu bleiben. Løvborg möchte unbedingt wissen, ob sie ihn, Løvborg, nicht doch geliebt habe. Hedda hat in ihrer Beziehung jedoch nur eine Kameradschaft gesehen. Als Grund, warum nicht wenigstens das hätte weitergehen können, nennt Hedda Løvborgs Zudringlichkeit. Der wiederum wirft ihr vor, dass sie ihn damals nicht wirklich erschossen hat. Der Grund, da sind sie sich einig, war ihre Feigheit, ihre Angst vor einem Skandal. Immerhin meint Hedda, sich noch einer größeren Feigheit schuldig gemacht zu haben. Løvborg nimmt das als Liebesgeständnis, doch Hedda warnt ihn davor, ihr Avancen zu machen.

Hedda streut Gift

Da kommt Frau Elvsted. Løvborg preist ihr Aussehen und ihren Mut. Hedda hätte auch gern Mut – dann wäre ihr Leben vielleicht erträglich, meint sie. Sie bietet Frau Elvsted und Løvborg Punsch an, doch die lehnen ab. Hedda meint, Løvborg solle um seines Rufes wegen trinken, um nicht als Spaßbremse zu gelten. Løvborg bleibt anfangs stark, schließlich trinkt er aber doch. Frau Elvsted ist entsetzt. Løvborg schenkt sich ein Glas nach dem anderen ein und beteuert, dass er sich dank Frau Elvsted wieder im Griff habe. Schließlich will er doch an dem Herrenabend teilnehmen, auch um Tesman aus seinem Manuskript vorlesen zu können. Er verspricht aber, um zehn Uhr wieder zur Tesman-Villa zu kommen und Frau Elvsted nach Hause zu bringen. Als Hedda mit Frau Elvsted allein ist, bestätigt sie deren Verdacht, dass sie etwas im Schilde führe: Sie möchte einmal Macht über das Schicksal eines Menschen haben, denn ihr Leben sei armselig. Sie umarmt Frau Elvsted heftig und sagt, sie wolle ihr die Haare „absengen“. Frau Elvsted kriegt es mit der Angst zu tun und möchte gehen. Doch Hedda meint, sie solle sich nicht so anstellen.

Løvborgs Absturz

Um sieben Uhr morgens kommt ein Brief von Tante Julle. Frau Elvsted war die ganze Nacht lang wach, Hedda ist gegen vier Uhr angekleidet auf dem Sofa eingeschlafen. Løvborg ist nicht gekommen. Hedda nötigt Frau Elvsted, sich in ihrem Zimmer ein wenig hinzulegen. Dann kommt Tesman nach Hause. Er erzählt Hedda, dass Løvborg ihm aus seinem Manuskript vorgelesen und dass das Gehörte seinen Neid geweckt hat. Aber dann hat Løvborg sich schlimm betrunken. Also beschlossen Tesman und einige andere, ihn nach Hause zu bringen. Auf der Straße verlor Løvborg sein Manuskript, ohne es zu merken, und Tesman, der ein paar Meter hinter ihm ging, hob es auf. Løvborg entkam seinen Helfern und verschwand in den Straßen der Stadt. Tesman will sich jetzt erst mal hinlegen und dann gleich Løvborg sein Manuskript zurückgeben. Der hat keine Abschrift davon. Tesman öffnet den Brief von Tante Julle. Darin steht, dass Tante Rita in Kürze sterben wird. Tesman will sofort zu ihr und wünscht sich, dass Hedda mitkommt. Doch Hedda will nichts mit Krankheit und Sterben zu tun haben, das ist ihr zu hässlich. Nachdem Tesman gegangen ist, nimmt Hedda das Manuskript heimlich an sich.

Hedda zündelt

Brack kommt zu Besuch und erzählt Hedda Details der vergangenen Nacht. Løvborg soll in einem zwielichtigen Salon gelandet sein, bei der „Sängerin“ Fräulein Diana. Es soll eine Prügelei zwischen den Damen und den Herren gegeben haben, nachdem Løvborg die Frauen des Diebstahls bezichtigt hat. Dann kam die Polizei. Løvborg leistete erheblichen Widerstand und schlug einen der Beamten, weshalb er mit auf die Wache musste. Brack weiß das direkt von der Polizei. Hedda wundert sich, dass Brack sich derart für Løvborg interessiert. Der gibt zu, verhindern zu wollen, dass Løvborg sich zwischen ihn und Hedda drängt. Die beiden scherzen noch ein wenig über Bracks Ambitionen. Als dieser schließlich gegangen ist, erscheint Løvborg. Frau Elvsted kommt aus dem Schlafzimmer herunter. Løvborg gibt ihr den Laufpass. Sie ist am Boden zerstört. Schließlich behauptet Løvborg, sein Manuskript zerrissen zu haben. Frau Elvsted vergleicht das mit dem Mord an einem Kind – und sie selbst habe schließlich auch ihren Anteil an dem Kind gehabt. Dann geht sie, gebrochen, ohne Zukunftsperspektive. Løvborg vertraut Hedda an, er habe das Manuskript gar nicht zerrissen, sondern verloren, was aber genauso schlimm sei. Er kündigt sein Ende an. Hedda bittet ihn, es „in Würde und Schönheit“ zu tun, und steckt ihm eine Pistole zu. Als er weg ist, wirft Hedda sein Manuskript ins Feuer, um Løvborgs „Kind“ mit Frau Elvsted zu verbrennen.

Drei Tote

Es ist Abend. Inzwischen ist Tante Rita gestorben. Tesman ist zusätzlich bekümmert wegen der Sache mit Løvborgs Manuskript. Er wollte am Nachmittag zu ihm gehen und ihm sagen, dass er es hat, aber er hat ihn nicht angetroffen. Hedda erzählt ihm, dass sie das Manuskript verbrannt hat. Tesman ist fassungslos und will wissen, was in sie gefahren sei. Sie antwortet, dass sie es für ihn getan habe, wegen seines Neids auf Løvborg. Tesman schwankt zwischen Entrüstung und Freude über diesen vermeintlichen Liebesbeweis. Hedda deutet jetzt auch an, dass sie schwanger ist. Tesman ist außer sich vor Freude. Hedda bekundet aber, an der ganzen Lächerlichkeit zugrunde zu gehen. Frau Elvsted trifft ein, in großer Sorge um Løvborg. Brack kommt hinzu und berichtet, dass Løvborg sterbend im Krankenhaus liegt. Er hat sich erschossen. Frau Elvsted ist entsetzt, während Hedda Begeisterung zeigt: „Endlich eine Tat!“ Ihr liegt daran, zu hören, dass Løvborg sich in die Brust und nicht in die Schläfe geschossen hat. Frau Elvsted und Tesman würden am liebsten das verlorene Manuskript rekonstruieren; Frau Elvsted hat noch Notizen von Løvborg. Die scheinen zwar wirr, aber sie wollen es unbedingt versuchen. Gleich gehen sie ins Hinterzimmer, um mit der Arbeit zu beginnen.

„Liebe? Nein, jetzt machen Sie aber Scherze!“ (Hedda zu Eilert Løvborg, S. 56)

Als Hedda mit Brack allein ist, spricht dieser Klartext. Von einer „schönen Tat“ kann keine Rede sein, tatsächlich wurde Løvborg erschossen in Fräulein Dianas Boudoir aufgefunden, der Schuss hat ihn in den Unterleib getroffen und nicht in die Brust. Løvborg hat Fräulein Diana aufgesucht, um etwas zurückzufordern, das ihm dort angeblich gestohlen worden war. Hedda reagiert voller Abscheu. Brack erwähnt ein weiteres Detail: Die Pistole, die bei Løvborg gefunden worden ist, gehört Hedda; Brack hat sie erkannt. Natürlich wäre ein Skandal unausweichlich, wenn diese Spur zu ihr führte. Brack sichert ihr aber zu, das er Stillschweigen bewahren will. Hedda ist entsetzt, dass Brack nun solche Macht über sie hat. Tesman und Frau Elvsted sind währenddessen sichtlich beflügelt von ihrem gemeinsamen Projekt. Tesman schlägt ihr vor, bei Tante Julle einzuziehen, er würde dann jeden Abend zu ihr kommen. Hedda fragt, was sie dann abends machen solle. Brack könne ihr ja die Zeit vertreiben, schlägt Tesman vor, und Brack stimmt begeistert zu. Hedda zieht sich ins Hinterzimmer zurück. Man hört einen Schuss: Hedda hat sich in die Schläfe geschossen.

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Aufbau und Stil

Ibsens Drama Hedda Gabler hat vier Akte, die nicht weiter in Szenen gegliedert sind. Das Schauspiel ist ein sogenanntes analytisches Drama: Auf der Bühne ist der Höhepunkt und Abschluss eines Geschehens zu sehen, das sich vorher über längere Zeit entwickelt hat, nun langsam enthüllt wird und Stück für Stück erschlossen werden muss. Bei Hedda Gabler sind das mehrere Vorgeschichten – etwa die gemeinsame Schulvergangenheit von Hedda und Frau Elvsted oder das vergangene Verhältnis zwischen Hedda und Løvborg. Am Ende des dritten Aktes sind alle Vorgeschichten enthüllt und es kommt zur Katastrophe mit Heddas Manuskriptverbrennung. Der vierte Akt führt sozusagen die Paare von früher wieder zusammen: Hedda und Løvborg im Tod, Tesman und Frau Elvsted – seine alte Flamme – in der Arbeit an Løvborgs Notizen. Das Drama wahrt die Einheit des Ortes – die gesamte Handlung spielt im Salon der Tesman-Villa – und der Zeit – die Handlung ist chronologisch und umfasst etwa 36 Stunden. Diese auf Aristoteles zurückgehenden Bedingungen sorgen für einen besonders realistischen Effekt. Auch die Dialoge sind realistisch gehalten, die Figuren werden durch je eigene Sprechweisen charakterisiert.

Interpretationsansätze

  • Die Figur der Hedda Gabler ist voller Widersprüche. Aus kaum einem literarischen Charakter wurden so viele gegensätzliche Deutungen herausgelesen. Die einen sehen sie als dämonischen Vamp, andere als psychisch kranke Generalstochter, wieder andere als normale Hausfrau mit Spleens oder sogar als vergeblich Liebende.
  • In Hedda Gabler spiegelt sich die soziale Situation der Zeit: Als Tochter eines Generals ist es ihr aufgetragen, eine Oberschicht zu repräsentieren, die es in ihrer alten Form aber kaum noch gibt. Hedda landet in einer Versorgungsehe mit einem Kleinbürger, der weder genug Geld noch genug Stil hat, um ihr ein repräsentatives Leben zu ermöglichen.
  • Hedda ist gefangen zwischen Wollen und Nichtkönnen, zwischen der strengen Moral ihrer Herkunft und ihrer Lebenslust und Sinnlichkeit. Trotz ihrer Unzufriedenheit mit ihrer Ehe kommt Untreue für sie nicht infrage. Als Ersatz für die verpassten Lebensmöglichkeiten dienen ihr Løvborgs Berichte aus seinem hemmungslosen Leben.
  • Bei all ihren weiblichen Attributen trägt Hedda, wohl auch infolge ihrer Erziehung, ausgesprochen männliche Züge: Das zeigen die Pistolen als Symbole männlicher Überlegenheit ebenso wie ihr Machtanspruch über andere Menschen.
  • Heddas tiefstes Leiden ist ihre Langeweile. Es handelt sich dabei um existenzielle Leere, um völlige Sinnlosigkeit. Sie entkommt diesem Gefühl nur durch kurzfristigen Nervenkitzel, etwa beim Spiel mit den Pistolen. Auch ihre Bösartigkeit entspringt letztlich ihrer Langeweile.
  • Heddas zweites Hauptcharakteristikum ist ihr ausgeprägter Ästhetizismus. Ethische Werte sind für sie zweitrangig, stattdessen hat für sie die Schönheit Vorrang. Damit lehnt sie sich gegen das kleinbürgerliche Weltbild ihres Mannes auf, in dem es auf gerechtes, maßvolles und anständiges Handeln ankommt. Allerdings ist es eben dieser Ästhetizismus, der sie im Leben scheitern lässt, da er innerhalb ihrer Lebenswirklichkeit nicht realisierbar ist.
  • Heddas Langeweile und Bösartigkeit und Tesmans rückwärtsgewandte Sammelleidenschaft sind ein Spiegel der bürgerlichen Dekadenz Ende des 19. Jahrhunderts.

Historischer Hintergrund

Norwegens Weg in die Moderne

Drei Kräfte bildeten im 19. Jahrhundert das Fundament des modernen Europa: technisch-wissenschaftlicher Fortschritt, Emanzipation des Bürgertums und die Nationalstaatsidee. Auch Norwegen nahm an der allgemeinen Entwicklung teil: Die Landwirtschaft verlor an Bedeutung, die Städte wuchsen, Fischfang und Textilindustrie brachten wirtschaftlichen Aufschwung, technische Innovationen erhöhten Mobilität und Lebensqualität der Bevölkerung. Die norwegische Verfassung von 1814 war eine der liberalsten ihrer Zeit. Nur mit der Bildung eines Nationalstaats haperte es. Fast 400 Jahre lang war das Land eine dänische Provinz gewesen, bevor es 1814 im Kieler Vertrag an Schweden fiel. Zwar erkannte der Schwedenkönig die norwegische Verfassung an und gestand dem Land weitgehende Selbstverwaltung zu, zur endgültigen Unabhängigkeit kam es aber erst 1905. Durch die Quasiabschaffung des Adels im Jahr 1821 nahm die Entwicklung zur bürgerlichen Gesellschaft in Norwegen einen frühen Anfang. Das Militär wurde funktionslos, denn ab 1814 führten die Norweger keinen Krieg mehr. Da aber der Einfluss der lutherischen Kirche auf alle Lebensbereiche stark war, herrschten, bei aller politischen Liberalität, ausgesprochen konservative Sitten – eine ähnliche Mischung aus Triebverleugnung und Frömmelei wie im viktorianischen England. Dagegen formierten sich ab Mitte des 19. Jahrhunderts Gegenbewegungen: Soziale Verbesserungsmöglichkeiten und freiere Lebensmodelle wurden im Licht neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht nur in gebildeten Kreisen leidenschaftlich diskutiert.

Entstehung

Im Herbst 1889 deutete Ibsen an, er sei mit Vorarbeiten zu einem neuen Stück beschäftigt. Doch es kam immer wieder zu Verzögerungen. Verfasst wurde das Stück, das zuerst nur Hedda heißen sollte, dann in der zweiten Jahreshälfte 1890 in München, wo Ibsen damals lebte. Im Sommer ließ er seine Familie allein in den Urlaub fahren und schlug sogar eine Einladung des Burgtheaters in Wien aus – so vertieft war er in seine Arbeit. Anregungen holte er sich aus seinem eigenen Werk, aber auch aus Werken anderer Autoren und aus den Biografien von Personen seines Umfelds. Der Kontrast zwischen Hedda und Frau Elvsted etwa scheint angelehnt zu sein an den zwischen Ibsens Frau und deren Schwester, die während der Zeit in Dresden mit den Ibsens zusammenlebte. Außerdem flossen in die Figur der Hedda Züge der jungen Emilie Bardach ein, die Ibsen im Juli 1889 in Südtirol kennengelernt hatte. Diese Frau war nach seiner Aussage „eine kleine dämonische Zerstörerin“, ein „Raubtierchen“.

Während Ibsen an Hedda Gabler schrieb, schickten ihm übrigens zwei jüngere Bewunderer ihre Stücke, die Ähnlichkeiten mit Hedda Gabler aufweisen und wiederum von früheren Werken Ibsens beeinflusst waren: Hermann Bahrs Große Sünde (1889) und Gerhard Hauptmanns Friedensfest (1890). Am 7. Oktober war der Erstentwurf abgeschlossen, bis Mitte November erstellte Ibsen die Reinschrift. Das Manuskript ging dann am 18. November an seinen Verlag. Am 16. Dezember war die – für ein dramatisches Werk ungewöhnlich hohe – Erstauflage von 10 000 Stück gedruckt.

Wirkungsgeschichte

Hedda Gabler wurde noch vor Erscheinen der norwegischen Originalausgabe ins Deutsche und ins Englische übersetzt. Der deutsche Theaterkritiker Otto Brahm schrieb vor der Uraufführung, das Stück sei „ein europäisches literarisches Ereignis“, ein Werk von „lückenloser Fügung“, „zwingender Kraft der Anschauung“, „dämonischer Eigenart“. Die Uraufführung fand am 31. Januar 1891 in deutscher Sprache im Münchner Residenztheater statt, in Anwesenheit des Autors. Allerdings war die Inszenierung wohl nicht besonders geglückt, vor allem mit der Besetzung der Hedda waren die Kritiker einhellig unzufrieden. Es folgten Inszenierungen in Helsinki, Stockholm und Kopenhagen – bevor es am 26. Februar 1891 endlich zur norwegischen Erstaufführung in Oslo kam. Sie wurde ein großer Erfolg.

Ibsens Spätwerk, besonders Hedda Gabler, hatte großen Einfluss auf den deutschen Dramatiker Frank Wedekind. Dessen Stücke um das Mädchen Lulu (Erdgeist und Die Büchse der Pandora) weisen starke Parallelen mit Hedda Gabler auf. Lulu ist sozusagen Hedda Gabler, nur ohne Angst vor dem Skandal. Heddas Metapher vom „Weinlaub im Haar“ wurde um 1900 zu einer häufigen Redewendung für dionysische Sinnenfreuden. 1915 veröffentlichte Richard Voß einen Roman mit diesem Titel. Im Dritten Reich gehörte Ibsen zu den meistgespielten Dramatikern, da die Nazis alle Kultur aus dem Norden – gedacht als germanische Heimat – für wertvoll hielten. Auch Hedda Gabler wurde zwischen 1933 und 1944 häufiger als sonst gespielt, obwohl das Stück eigentlich gegen den Strich der nationalsozialistischen Ideologie ging. In den 1960er- und 1970er-Jahren wurde das Drama zum Modestück. Auch heute noch wird es auf der ganzen Welt viel gespielt.

Über den Autor

Henrik Ibsen wird am 20. März 1828 als ältestes von fünf Geschwistern im norwegischen Skien geboren. Sein Vater ist ein erfolgreicher, aber auch risikofreudiger Geschäftsmann: 1835 geht er in Konkurs, die Familie muss den Ort verlassen. 1844 beginnt der Sohn eine Lehre als Apothekergehilfe in der Küstenstadt Grimstad. Er schreibt Gedichte sowie das Theaterstück Catilina und bereitet sich im Selbststudium auf das Abitur vor, um Medizin studieren zu können. 1850 zieht Ibsen in die Hauptstadt Kristiania (heute Oslo), kommt in Kontakt mit der revolutionären Arbeiterbewegung und schreibt Satiren. Catilina wird gedruckt, 1852 wird Ibsen Hausautor und Regisseur des Norwegischen Theaters in Bergen. 1856 spielt man dort sein nationalromantisches Stück Das Fest auf Solhaug (Gildet paa Solhoug). Ein Jahr später wechselt Ibsen zum Norwegischen Theater nach Kristiania. 1858 heiratet er Suzannah Thoresen, im folgenden Jahr wird Sohn Sigurd geboren. Ibsen engagiert sich für die norwegische Sprache und Kultur, hat aber wenig Erfolg; das Theater macht Bankrott und er gerät in Geldnöte. Ibsen wendet sich von der Nationalromantik ab, sucht sein Glück im Ausland und zieht mit der Familie 1864 nach Rom. Das Drama Peer Gynt von 1867 ist eine kritische Auseinandersetzung mit nationalromantischen Ideen und wird 1876 mit Edvard Griegs Musik am Kristiania-Theater uraufgeführt. 1868 zieht Ibsen mit seiner Familie nach Dresden. 1874 besucht er für einige Wochen sein Heimatland Norwegen und wird dort enthusiastisch begrüßt. Die Familie zieht nach München, dann wieder nach Rom. 1879 vollendet er das Schauspiel Nora oder Ein Puppenheim (Et Dukkehjem), das als Kampfschrift der Frauenemanzipation gelesen wird; zwei Jahre später folgt Gespenster (Gengangere), das wegen seiner provokanten Themen zunächst in Europa nicht aufgeführt wird. 1891 kehrt Ibsen nach Norwegen zurück. Er stirbt am 23. Mai 1906 nach einer Reihe von Schlaganfällen in Kristiania und erhält ein Staatsbegräbnis.

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