Join getAbstract to access the summary!

Die Kameliendame

Join getAbstract to access the summary!

Die Kameliendame

Insel Verlag,

15 min read
12 take-aways
Text available

What's inside?

Eine Mätresse findet die Liebe ihres Lebens – und geht an ihr zugrunde.

Literatur­klassiker

  • Roman
  • Realismus

Worum es geht

Eine unerwünschte Liebe

Armand und Marguerite lieben einander, doch ihre Beziehung steht unter keinem guten Stern. Denn er ist ein junger Mann aus gutem Haus und sie eine stadtbekannte Mätresse, die meistens mehrere reiche Liebhaber gleichzeitig hat, um ihren luxuriösen Lebensstil zu bestreiten. Marguerite gibt ihr altes Leben zwar Armand zuliebe auf, aber dessen Vater stört sich an der Beziehung. Er setzt Marguerite so lange unter Druck, bis sie einwilligt, sich von Armand zu trennen. Der ist bitter enttäuscht. Marguerite stirbt bald darauf, und erst nach ihrem Tod erfährt ihr Liebhaber, wer wirklich hinter der Trennung steckte. Alexandre Dumas’ Kameliendame hat auf den ersten Blick einige Ähnlichkeit mit einem Trivialroman: eine unglückliche Liebesgeschichte mit Schmerz und Entsagung, ein tragisches Ende. Doch der Roman ist nicht so einfältig, wie es scheint. Die leichtsinnige, aber gutherzige Marguerite ist ebenso ein gebrochener Charakter wie Armands Vater, der aus Sorge um die Zukunft seines Sohnes das Leben einer Frau ruiniert. Dumas verpackt in seine Geschichte subtile Kritik an einer Gesellschaft, die mehr Wert auf Abstammung und Besitz legt als auf den Menschen selbst. Die Kameliendame war sein größter Erfolg.

Take-aways

  • Die Kameliendame ist das wichtigste Werk des Schriftstellers Alexandre Dumas des Jüngeren.
  • Der Roman erzählt die tragische Liebesgeschichte zwischen der Mätresse Marguerite Gautier und dem jungen Armand Duval.
  • Die Beziehung ist von Anfang an schwierig, weil Marguerite weiterhin Liebschaften zu anderen Männern unterhalten muss, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
  • Armand zuliebe gibt Marguerite ihr altes Leben auf. Sie nimmt aber auch kein Geld von ihm an, weil sie ihm zeigen möchte, dass sie ihn wirklich liebt.
  • Armands Vater ist gegen die nicht standesgemäße Beziehung und setzt Marguerite so lange zu, bis sie schweren Herzens einwilligt, Armand zu verlassen.
  • Armand deutet ihr Verhalten als Untreue: Von jetzt an nutzt er jede Gelegenheit, sich an Marguerite zu rächen.
  • Für eine Nacht finden die beiden wieder zueinander, doch dann kommt erneut ein anderer Liebhaber dazwischen. Armand reagiert eifersüchtig, und Marguerite reist mit unbekanntem Ziel ab.
  • Auch Armand unternimmt eine längere Reise und vernimmt, dass Marguerite schwer krank ist.
  • Sie stirbt noch vor seiner Rückkehr. Erst jetzt erfährt er, dass sein Vater die Trennung erzwungen hat.
  • In der Kameliendame verarbeitete Alexandre Dumas eigene Erlebnisse: Er hatte eine Beziehung zu der Mätresse Marie Duplessis.
  • Der Roman ist kompliziert aufgebaut; Dumas setzt mehrere Perspektivenwechsel, Vor- und Rückblenden ein.
  • Die Geschichte inspirierte Giuseppe Verdi zu seiner Oper La Traviata; auch wurde der Stoff viele Male verfilmt.

Zusammenfassung

Der Nachlass einer Mätresse

In einer Pariser Wohnung werden Möbel und andere Wertgegenstände versteigert. Die Bewohnerin ist verstorben und hatte hohe Schulden, die mit dem Erlös der Versteigerung gedeckt werden sollen. Der Erzähler, ein junger Mann, kommt zur Besichtigung in die Wohnung. Sie ist so kostbar ausgestattet, dass ihm rasch klar wird: Die Frau muss eine Mätresse gewesen sein, die von vielen reichen Liebhabern ausgehalten wurde. Als er ihren Namen erfährt, Marguerite Gautier, wird ihm bewusst, dass er die Dame gekannt hat. Marguerite war eine junge, hübsche Frau, genannt „die Kameliendame“, weil sie immer mit einem Sträußchen Kamelien im Theater erschien. Der Erzähler nimmt an der Versteigerung teil und erwirbt aus einer Laune heraus ein Exemplar des Romans Manon Lescaut. Das Buch enthält eine Widmung von einem gewissen Armand Duval.

„Vor allem dürfen Sie solchen Frauen nicht die Ehre antun und sie ernst nehmen. (...) Es ist geradeso, wie wenn man Hunde mit Parfüm besprengt; sie finden diesen Geruch doch abscheulich und wälzen sich lieber in der Gosse herum.“ (Ernest zu Armand, S. 66)

Kurz darauf erhält der Erzähler Besuch von einem fremden jungen Mann. Es ist ebenjener Armand Duval, und er möchte das Buch zurückkaufen. Der Erzähler schenkt es ihm. Armand ist über Marguerites Tod so verstört, dass der Erzähler gern die Gründe dafür erfahren möchte. Armand will ihm die Geschichte erzählen, aber erst später, weil er jetzt noch zu aufgewühlt sei. Dann meldet er sich doch nicht mehr. Schließlich besucht der Erzähler Marguerites Grab. Der Friedhofsgärtner berichtet ihm, dass Armand die Tote noch einmal umbetten lassen möchte, weil das Grab an einem anderen Platz länger erhalten werden könne. In Wahrheit hat Armand wohl auch die Absicht, die Tote noch ein letztes Mal zu sehen – denn bei einer Umbettung muss der Sarg noch einmal geöffnet und die Leiche identifiziert werden. Der Gärtner kennt Armands Adresse, worauf der Erzähler diesem eine Nachricht schickt. Am nächsten Tag erhält er Antwort: Armand ist krank und bittet ihn, zu ihm zu kommen. Als der Erzähler dort eintrifft, liegt Armand fiebrig im Bett. Trotzdem beharrt er darauf, dass Marguerites Grab schon am nächsten Tag geöffnet werden soll. Er möchte die Tote unbedingt noch einmal sehen und glaubt, dass es ihm danach besser gehen wird. Am Tag darauf gehen beide zusammen auf den Friedhof. Der Sarg wird ausgegraben und geöffnet. Der Anblick der verwesenden Leiche ist so schrecklich, dass Armand nun erst richtig krank wird und mit hohem Fieber erneut das Bett hüten muss. Der Erzähler kümmert sich um ihn. Als es Armand wieder besser geht, will er endlich von Marguerite berichten.

Armands Bericht: Die Bekanntschaft

Armand verliebt sich in Marguerite, als er sie zum ersten Mal auf der Straße sieht. Einige Tage später ist er mit seinem Freund Ernest in der Oper und entdeckt sie dort in einer Loge. Als sich herausstellt, dass Ernest Marguerite kennt, bittet Armand darum, ihr vorgestellt zu werden, Ernest soll aber erst um Erlaubnis fragen. Dieser findet diese Höflichkeit im Fall einer Frau wie Marguerite etwas übertrieben, doch er folgt dem Wunsch. Als Armand erfährt, wen er mit Marguerite vor sich hat, ist er enttäuscht. Trotzdem möchte er sie kennen lernen. Er besucht sie in ihrer Loge, doch Marguerite macht sich nur über ihn lustig. Armand ist gekränkt und will sie nie wieder sehen. Er kann allerdings nicht anders, als ihr nach der Vorstellung heimlich zu folgen. So erfährt er, wo sie wohnt. Eine Zeit lang sieht er sie noch im Theater, dann taucht sie nicht mehr auf. Sein Freund Gaston erzählt ihm, Marguerite sei an Tuberkulose erkrankt. Jeden Tag erkundigt sich Armand nach ihr. Dann fährt Marguerite zur Kur, und er verliert sie aus den Augen.

„Jedenfalls, mein armer Freund, haben Sie nicht begriffen, dass ich Sie in kurzer Zeit ruinieren würde und Ihre Angehörigen Sie entmündigen, wenn Sie mit einer Kreatur wie mir zusammenleben wollen.“ (Marguerite zu Armand, S. 93)

Zwei Jahre später trifft er sie im Theater wieder. Die Krankheit hat sie auch äußerlich geprägt, aber dennoch kehren seine Gefühle für sie im Nu zurück. Auch Prudence Duvernoy ist anwesend, eine Bekannte Armands, die neben Marguerite wohnt und mit ihr gut bekannt ist. Nach der Vorstellung wird Marguerite von einem alten Mann abgeholt, einem Herzog, wie Prudence Armand erzählt. Marguerite hat dessen gleichfalls lungenkranke Tochter in der Kur kennen gelernt. Die beiden sehen sich sehr ähnlich, und seit dem Tod seiner Tochter kümmert sich der Herzog wie ein Vater um Marguerite. Armand und Gaston begleiten Prudence nach Hause. Plötzlich ruft Marguerite aus dem Nachbarhaus nach Prudence. Armand drängt darauf, mit zu Marguerite zu kommen, und diese lädt ihn und Gaston zu sich ein. Bei Tisch wird die Stimmung so ausgelassen, dass sich Armand unwohl zu fühlen beginnt. Vor lauter Lachen hustet Marguerite immer mehr und spuckt schließlich Blut. Sie flüchtet in ihr Schlafzimmer. Die anderen kümmern sich nicht weiter um sie, nur Armand folgt ihr. Seine Fürsorge rührt Marguerite; so viel Mitgefühl ist sie von einem Mann nicht gewohnt. Schließlich gesteht er ihr seine Liebe. Marguerite hat Einwände gegen eine Beziehung, aber als er ihr verspricht, keine Eifersucht zu zeigen und alles zu tun, was sie möchte, gibt sie nach. Für den nächsten Abend lädt sie ihn zu sich ein. Er verbringt die Nacht bei ihr, und am Morgen gibt sie ihm einen Schlüssel zu ihrer Wohnung.

Eifersucht

Für den Abend verabreden sie sich im Theater – Marguerite erscheint jedoch in Begleitung des Grafen G. Armand erhält die Anweisung, nach der Vorstellung bei Prudence zu bleiben, bis Marguerite ihn ruft. Prudence verrät ihm, weshalb er warten muss: Zuerst sei der Graf bei Marguerite. Armand ist gekränkt und eifersüchtig, aber Prudence sieht die Sache nüchterner: Marguerite sorge auf diese Weise für ihren Unterhalt. Armand fehle das Geld, um ihr den luxuriösen Lebensstil zu ermöglichen, den sie gewohnt sei. Also müsse er akzeptieren, dass er nicht der einzige Mann in ihrem Leben sei. Dass sie seine Geliebte geworden sei, ohne sich von ihm aushalten zu lassen, zeige nur, dass sie ihn wirklich liebe. Armand beugt sich dieser Argumentation, aber wirklich wohl ist ihm nicht dabei. Als er endlich zu Marguerite kann, teilt sie ihm mit, dass sie den Sommer mit ihm auf dem Land verbringen möchte und auch schon weiß, wie sie das Geld dafür aufbringen wird. Armand fürchtet, dass bei dieser Lösung Graf G. eine Rolle spielt, und winkt zuerst ab, lässt sich dann aber doch überreden.

„Ja, wie sollen es denn die ausgehaltenen Frauen von Paris anfangen, ihren großen Aufwand zu bestreiten, wenn sie nicht drei oder vier Liebhaber zu gleicher Zeit hätten?“ (Prudence, S. 123)

Am nächsten Tag sagt Marguerite unter einem Vorwand ein Treffen mit Armand für den Abend ab. Der eifersüchtige Armand beobachtet ihr Haus und sieht, dass ein anderer die Nacht bei ihr verbringt: Graf G. Armand ist am Boden zerstört. Er schickt Marguerite einen Abschiedsbrief und den Wohnungsschlüssel. Insgeheim hofft er, sie würde ihn um Verzeihung bitten, aber sie reagiert nicht. Schließlich ist Armand so verzweifelt, dass er sich in einem zweiten Brief entschuldigt und sie um ein Treffen bittet. Abends kommt sie zu ihm und gesteht ihm, dass sie ihn liebt, weil er der erste Mann sei, der Mitgefühl für sie gezeigt habe. Ihren Lebenswandel könne sie aber nicht ändern; sie sei auf das Geld ihrer Liebhaber angewiesen. Die beiden versöhnen sich, und am nächsten Tag schickt er ihr das Exemplar von Manon Lescaut.

Das Leben auf dem Land

Marguerite träumt weiterhin davon, den Sommer mit Armand auf dem Land zu verbringen. Schließlich finden sie ein hübsches Haus, und Marguerite überredet den alten Herzog, der sie finanziell unterstützt, es für sie zu mieten. Nun leben die Liebenden glücklich zusammen. Allerdings können sie ihr Verhältnis immer schlechter verbergen. Schließlich erfährt auch der Herzog davon und stellt Marguerite vor die Wahl: Entweder, sie verzichtet auf sein Geld oder auf ihren Geliebten. Marguerite entscheidet sich für Armand. Doch der kann nicht für sie sorgen: Er hat zwar Jura studiert, übt aber keinen Beruf aus, sondern lebt von den Einkünften eines kleinen Vermögens, das seine Eltern zur Verfügung stellen. Das reicht knapp für ihn selbst, aber nicht auch noch für Marguerite. Doch die beiden denken nicht an die Zukunft. Armand zuliebe legt Marguerite ihren verschwenderischen Lebensstil ab und schränkt sich sehr ein.

„Mir ging, was Prudence gesagt hatte, im Kopf herum, und ich musste mir eingestehen, dass sie Recht habe. Aber die Liebe, die ich wirklich für Marguerite fühlte, wollte sich dieser Einsicht nicht fügen.“ (Armand, S. 126)

Irgendwann fällt Armand auf, dass Marguerite oft traurig ist. Den Grund verschweigt sie ihm. Als die beiden eines Tages unterwegs sind, kommt Prudence vorbei, nimmt Marguerites Kutsche mit und bringt sie nicht mehr zurück. Armand wird misstrauisch. Er durchsucht Marguerites Sachen nach Briefen von Prudence und stellt fest, dass auch der gesamte Schmuck seiner Geliebten verschwunden ist. Unter einem Vorwand reist Armand nach Paris und stellt Prudence zur Rede. Sie erzählt ihm, dass sie in Marguerites Auftrag die Kutsche und andere Wertsachen verpfändet habe. Denn ohne den Herzog habe Marguerite keinen Geldgeber mehr, nur noch Schulden. Um Armand nicht zu belasten, habe sie nach und nach ihren Besitz weggegeben. Prudence halte es für vernünftig, wenn sich Marguerite neben Armand noch einen zahlenden Liebhaber suchen würde. Armand weist diesen Vorschlag empört zurück und beschließt, stattdessen selbst für sie zu sorgen. Er tadelt Marguerite wegen ihres Verhaltens, doch für sie ist es ein Zeichen ihrer Liebe, dass sie von Armand, im Gegensatz zu anderen Liebhabern, kein Geld verlangt. Mit ihren Wertgegenständen möchte sie auch ihr früheres Leben aufgeben. Armand bespricht sich mit einem Notar, denn er will Marguerite einen Teil seines Vermögens übertragen.

Die Trennung

Eines Tages erhält Armand die Nachricht, dass sein Vater in Paris sei und ihn sehen möchte. Sie treffen sich, und der alte Herr macht ihm heftige Vorwürfe wegen des Verhältnisses zu Marguerite, besonders wegen des Geldes, das er ihr übertragen möchte – der Notar hat ihn informiert. Er fordert von Armand, die Beziehung sofort zu beenden, doch der weigert sich. Marguerite ist besorgt, als ihr Armand von dem Gespräch erzählt, und rät ihm, noch einmal mit dem Vater zu reden. Sie möchte nicht, dass er sich ihretwegen mit seiner Familie überwirft. So fährt Armand an den beiden folgenden Tagen nach Paris, trifft aber den Vater nicht an. Marguerite wird zusehends schwermütiger. Schließlich können Vater und Sohn Duval miteinander sprechen. Wie es scheint, hat der Vater inzwischen seine Meinung geändert und akzeptiert Armands Beziehung zu Marguerite. Noch am selben Tag fährt dieser zurück, um der Geliebten die frohe Nachricht zu bringen. Doch als er im Haus ankommt, ist sie nicht da. Bis nach Mitternacht wartet er auf sie, wird immer unruhiger und macht sich schließlich mitten in der Nacht zu Fuß auf den Weg nach Paris. Auch in ihrer Wohnung trifft er Marguerite nicht an, aber sie hat Armand einen Brief hinterlassen. Es ist ein Abschiedsbrief: Sie will ihm nicht länger zur Last fallen und hat sich deshalb einen neuen Geliebten genommen. Armand ist am Boden zerstört. Sein Vater nimmt ihn mit nach Hause, aber Armand kann sich innerlich nicht von Marguerite trennen. Schließlich kehrt er nach Paris zurück, um sie zu suchen.

Rache und Aufklärung

In Paris erfährt Armand, dass Marguerite jetzt die Geliebte des Grafen N. ist, den sie früher immer abgewiesen hat. Armand ist über ihr Verhalten tief enttäuscht und sinnt auf Rache. Er macht Marguerites Freundin Olimpia zu seiner Geliebten, obwohl die ihm völlig gleichgültig ist, und bezahlt sie dafür. Außerdem nutzt er jede Gelegenheit, Marguerite zu demütigen und Schlechtes über sie zu erzählen. Marguerite, deren Gesundheitszustand sich verschlimmert hat, schickt schließlich Prudence mit der Bitte zu ihm, er möge sie in Ruhe lassen. Armand ist unbeugsam: Wenn Marguerite etwas von ihm wolle, solle sie selbst kommen. Das tut sie noch am selben Abend, obwohl sie vom Fieber geplagt wird. Bei ihrem Anblick wird Armand klar, wie sehr er sie noch liebt. Marguerite bittet ihn nochmals, sie zu schonen. Die Trennung ist für sie unwiderruflich – ihre Beziehung habe doch keine Zukunft. Trotzdem bleibt sie die Nacht über bei Armand und gibt ihm am nächsten Morgen die Erlaubnis, zu ihr zu kommen, wann immer er möchte. Als Armand sie noch am gleichen Tag besuchen will, wird er allerdings abgewiesen, denn Graf N. ist gerade bei ihr. Armand packt die Wut, und er schickt Marguerite Geld als Bezahlung für die vergangene Nacht. Am nächsten Tag erhält er es zurück, zusammen mit der Nachricht, Marguerite sei nach England abgereist.

„Marguerite war, das stand fest, anders als Frauen sonst sind, denn es mag wenige geben, die, wenn sie einen Brief wie den meinen erhalten, die Antwort schuldig bleiben.“ (Armand, S. 136)

Überstürzt schließt der völlig verstörte Armand sich einem Freund an, der eine Reise in den Orient unternimmt. Unterwegs schreibt er einen Brief an Marguerite und erhält auch eine freundliche Antwort von ihr. Sie ist sehr krank und hoch verschuldet. Während ihrer Krankheit führt sie Tagebuch für Armand. In diesen Aufzeichnungen erklärt Marguerite, weshalb sie sich damals so plötzlich von ihm getrennt hat: Als Armand vergeblich nach Paris fuhr, um seinen Vater zu treffen, war dieser bei ihr und drängte sie, von seinem Sohn abzulassen. Er war der Meinung, diese Liebe würde Armands Zukunft zerstören. Außerdem müsse sie Rücksicht auf den Ruf von Armands Familie nehmen: Seine Schwester wolle bald heiraten und ihr Verlobter habe gedroht, sich von ihr zu trennen, wenn sein Schwager die Beziehung zu Marguerite nicht beenden würde. Marguerite fühlte sich schuldig und wollte Armand nicht schaden, also willigte sie schließlich schweren Herzens in die Trennung ein und floh überstürzt aus dem Landhaus. Gesundheitlich ging es ihr danach aber immer schlechter, sodass sie auch keine Liebhaber mehr fand. Inzwischen ist sie völlig mittellos. Zwar schickte ihr Armands Vater etwas Geld, doch ihr Besitz wurde verpfändet. Marguerite stirbt noch vor Armands Rückkehr, eine Freundin übergibt ihm die Tagebuchnotizen.

Zum Text

Aufbau und Stil

Die Erzählstruktur der Kameliendame ist mehrfach verschachtelt. Die Romanhandlung beginnt nach dem Tod Marguerites: Ein namenloser Ich-Erzähler kommt mit Armand Duval in Kontakt und möchte mehr über seine Vergangenheit erfahren. In diese Rahmenhandlung ist die Liebesgeschichte zwischen Armand und Marguerite eingebettet. Armand berichtet sie dem Ich-Erzähler während seiner Genesung in mehreren Etappen. Am Ende gibt er dem Erzähler auch die Aufzeichnungen Marguerites zu lesen. Diese Notizen enthalten einen Rückblick auf das Treffen zwischen Marguerite und Armands Vater. Damit erfährt der Leser erst am Ende des Romans die Gründe für Marguerites Verhalten. Einen Brief der Verstorbenen, den Armand während seiner Reise von ihr erhalten hat, zeigt er dem Erzähler bereits beim ersten Kennenlernen, also zu einem Zeitpunkt, als Leser und Erzähler diese Informationen noch nicht einordnen können.

Die Sprache der Kameliendame variiert je nach Situation. Dumas erzählt in langen, kunstvoll gebauten Sätzen, die sich dennoch leicht lesen lassen. Der Wortschatz ist gehoben, der Ton bisweilen fast lyrisch, um nicht zu sagen kitschig. Doch um Spannung aufzubauen oder Gefühle auszudrücken, werden – vor allem in vielen Dialogen – auch kurze, oft abgehackte Sätze verwendet, die den emotionsgeladenen Inhalt noch zuspitzen.

Interpretationsansätze

  • Dumas übt in der Kameliendame Gesellschaftskritik, die sich vor allem gegen die Moralvorstellungen und die Standesunterschiede seiner Zeit richtet. Armand und Marguerite lieben einander, aber die Beziehung muss scheitern, weil der moralische Druck der Umwelt zu groß ist.
  • Die Liebe ist in diesem Roman eine ebenso positive wie zerstörerische Macht, die Menschen so sehr in ihren Bann schlägt, dass sie sich selbst aufopfern, ohne nachzudenken. Im Gegensatz dazu steht die gefühlskalte Vernunft, wie sie durch Armands Vater und Prudence verkörpert wird.
  • Ein wichtiges Thema ist der Gegensatz von Schein und Sein: Die Mätresse Marguerite, die von der Gesellschaft verachtet wird, ist zu wahrer Liebe fähig und opfert sich selbst auf, um Armands Zukunft nicht zu zerstören. Sie ist der Prototyp der „ehrbaren Dirne“. Armands Vater dagegen, nach außen ein aufrechter Bürger, hat keine Skrupel, Marguerite zu einem Verhalten zu zwingen, das sie letztlich zugrunde richtet.
  • Der Roman wie auch das Theaterstück, das Dumas später daraus machte, zeichnen sich durch einen für die damalige Zeit ungewöhnlichen Realismus aus: Die gesellschaftlichen Zustände werden scharf beobachtet und wirklichkeitsgetreu wiedergegeben. Die Darstellung des lasterhaften Lebens der Mätressen und ihrer Liebhaber bzw. Kunden erschien vielen Zeitgenossen denn auch als moralisch sehr bedenklich.

Historischer Hintergrund

Mätressen – Frauen als Luxusgegenstand

Mätressen waren an Fürstenhöfen über Jahrhunderte eine Institution. In einer Zeit, als die Adligen in der Regel ihre Ehepartner nicht frei wählen durften, war es nichts Ungewöhnliches, sich neben der Ehefrau noch eine Geliebte zu suchen. Oft nahmen diese auch politischen Einfluss, wie Madame de Pompadour, die Geliebte König Ludwigs XV.

Mit der Französischen Revolution 1789 fand die Herrschaft des Adels in Frankreich ein Ende. Die folgenden Jahre waren eine sehr unruhige Zeit mit häufig wechselnden Machtverhältnissen. Von 1830 bis 1848 regierte Ludwig Philipp I., genannt der „Bürgerkönig“. In dieser Zeit vollzogen sich in Frankreich weit reichende soziale Umwälzungen. Die beginnende Industrialisierung sorgte für einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung. Doch der Wohlstand betraf vor allem eine gesellschaftliche Schicht: das Bürgertum. Da das damals geltende Zensuswahlrecht die Wohlhabenden begünstigte, nahmen die Großbürger in der Gesellschaft nun den Platz ein, den früher der Adel innegehabt hatte; sie vereinten Reichtum und politische Macht. Und wie früher beim Adel wurde es nun bei den Großbürgern üblich, sich eine Mätresse zu leisten.

Zahlreiche junge Frauen, oft aus bitterarmen Verhältnissen, strömten vom Land in die Großstadt, in der Hoffnung, hier einen reichen Liebhaber zu finden. Für viele erfüllte sich der Traum. Eine Frau, die sich von reichen Männern aushalten ließ, führte ein Leben im Luxus, das dem einer Adligen früherer Jahre in nichts nachstand. Die berühmtesten Mätressen bewohnten prunkvolle Paläste, die ihre Liebhaber für sie einrichteten. Manche dieser Frauen hielten Salons, in denen sich nicht nur die einflussreichsten Männer dieser Zeit, sondern auch Künstler und Literaten trafen. Für die meisten währte das Leben im Überfluss indes nur wenige Jahre. Eine Mätresse war finanziell nicht abgesichert und völlig von ihren Liebhabern abhängig; wenn sich keiner mehr fand, stand sie vor dem Nichts. In dieser Situation gelang es vielen nicht, ihren luxuriösen Lebensstil aufzugeben – sie führten ihr gewohntes Leben fort, bis sie hoch verschuldet waren. So endete eine Mätresse nicht selten in bitterer Armut, viele waren gezwungen, sich als einfache Prostituierte ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Entstehung

Als Alexandre Dumas der Jüngere nach seiner Schulausbildung nach Paris kam, um bei seinem Vater (Alexandre Dumas dem Älteren) zu leben, kam er rasch in Kontakt mit der großstädtischen Halbwelt. 20 Jahre alt, lernte er die Mätresse Marie Duplessis kennen und verliebte sich in sie. Die Beziehung dauerte etwa ein Jahr. Marie wurde zu seinem Vorbild für die Figur der Marguerite in Die Kameliendame. Wie Marguerite stammte sie vom Land, kam als junges Mädchen nach Paris und wurde dort rasch eine der begehrtesten Mätressen. Neben anderen gehörte Franz Liszt zu ihren Liebhabern. Auch Marie litt an Tuberkulose, und ihre Lieblingsblume war die Kamelie. Nach einer kurzen Ehe mit einem französischen Adligen starb sie mit nur 23 Jahren. Zu diesem Zeitpunkt war sie bereits so verarmt, dass ihr Nachlass versteigert werden musste, um die Schulden zu bezahlen, die sie hinterließ. Ihr Grab ist noch heute auf dem Pariser Friedhof Montmartre zu finden.

Alexandre Dumas verarbeitete in der Kameliendame also seine eigenen Erfahrungen. Daneben nimmt er explizit Bezug auf ein literarisches Vorbild, den Roman Manon Lescaut von Antoine-François Prévost. Das 1731 erschienene Buch ist gleichfalls eine unglückliche Liebesgeschichte zwischen einem jungen Mann aus gutem Hause und einer Prostituierten. Doch anders als Dumas’ Marguerite nutzt Manon ihren Geliebten weidlich aus, bildet also ein Gegenstück zur idealistischen Marguerite, die sich für ihre Liebe zu Armand selbstlos aufopfert.

Wirkungsgeschichte

„Da weht Pariser Luft, aber das Ende ist erbärmlich“, urteilte Herrmann Hesse über Die Kameliendame. Die Zeitgenossen Dumas‘ fanden an dem Werk jedoch mehr Gefallen: Mit dem Roman feierte der junge Schriftsteller seinen ersten Erfolg, und das Buch sollte sein wichtigstes Werk bleiben. Es erschien im Revolutionsjahr 1848 und fand so viel Anklang, dass Dumas den Stoff kurze Zeit später zu einem Drama verarbeitete. Dabei nahm er jedoch einige Änderungen vor, z. B. versöhnen sich dort Armand und Marguerite noch vor ihrem Tod. Das Stück konnte zunächst nicht aufgeführt werden, weil die Zensur es wegen moralischer Bedenken ablehnte. Erst nachdem ein befreundeter einflussreicher Politiker das Verbot aufgehoben hatte, wurde das Stück 1852 in Paris uraufgeführt. Es war noch erfolgreicher als der Roman und inspirierte Giuseppe Verdi zu seiner Oper La Traviata. Bereits 1907 wurde Die Kameliendame zum ersten Mal verfilmt. Seither sind zahlreiche weitere Filmversionen entstanden, z. B. eine von 1936 mit Greta Garbo in der Hauptrolle.

Über den Autor

Alexandre Dumas der Jüngere wird am 27. Juli 1824 in Paris geboren. Er ist der uneheliche Sohn des Schriftstellers Alexandre Dumas der Ältere und der Näherin Marie-Catherine Labay. Die Wurzeln der Familie sind recht exotisch: Dumas’ Urgroßvater war ein französischer Marquis, der auf Haiti lebte und mit seiner schwarzen Sklavin Marie Dumas mehrere Kinder hatte. Alexandre Dumas der Ältere will die Vaterschaft für sein uneheliches Kind zunächst nicht anerkennen, wird aber 1831 von der Mutter gerichtlich dazu gezwungen. Eine Entscheidung mit unerwünschten Folgen, denn nun beansprucht der Vater das Sorgerecht für den Jungen und steckt ihn gegen den erbitterten Widerstand der Mutter in ein Internat. Diese schmerzlichen Erfahrungen prägen den jungen Alexandre; sein Leben lang wird er für die Rechte von Frauen und unehelichen Kindern eintreten. Schon früh trifft er die Entscheidung, Schriftsteller zu werden, doch die Berühmtheit seines Vaters wird er nicht erreichen. Mit ihm reist er durch Spanien und Nordafrika, bevor er 1847 seinen sechsbändigen Roman Histoire de quatre femmes et d’un perroquet (Geschichte von vier Frauen und einem Papagei) veröffentlicht. Nach La dame aux camélias (Die Kameliendame, 1848), seinem größten Erfolg, schreibt er hauptsächlich Theaterstücke, die sich mit der Pariser Halbwelt, sozialen Missständen oder der Stellung der Frau in der Gesellschaft befassen. Bleibender Erfolg ist ihnen nicht beschieden. Zum Thema Frauenrechte verfasst Dumas auch einige Flugschriften; in seinem Drama Le fils naturel (Der natürliche Sohn, 1858) thematisiert er die Problematik der unehelichen Geburt. 1875 wird er in die Académie française, 1894 in die Ehrenlegion aufgenommen. Alexandre Dumas stirbt am 27. November 1895 in Marly-le-Roi bei Paris.

Hat Ihnen die Zusammenfassung gefallen?

Buch oder Hörbuch kaufen

Diese Zusammenfassung eines Literaturklassikers wurde von getAbstract mit Ihnen geteilt.

Wir finden, bewerten und fassen relevantes Wissen zusammen und helfen Menschen so, beruflich und privat bessere Entscheidungen zu treffen.

Für Sie

Entdecken Sie Ihr nächstes Lieblingsbuch mit getAbstract.

Zu den Preisen

Für Ihr Unternehmen

Bleiben Sie auf dem Laufenden über aktuelle Trends.

Erfahren Sie mehr

Studenten

Wir möchten #nextgenleaders unterstützen.

Preise ansehen

Sind Sie bereits Kunde? Melden Sie sich hier an.

Kommentar abgeben

Mehr zum Thema

Verwandte Kanäle