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Anna Karenina
Buch

Anna Karenina

St. Petersburg, 1875
Diese Ausgabe: Diogenes Verlag, 1985 Mehr

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Literatur­klassiker

  • Liebesroman
  • Realismus

Worum es geht

Ehebruch mit Folgen

Drei berühmte Ehebrecherinnen kennt die europäische Literatur: die deutsche Effi Briest, die französische Madame Bovary und die russische Anna Karenina. Anna ist vielleicht diejenige, die man am meisten bedauern sollte. Doch gerade das tut Tolstoi nicht. Er mischt sich selten belehrend oder gar urteilend in die Handlung seines minutiös realistisch erzählten Meisterwerks ein. Für ihn ist Anna Karenina einfach eine Frau, die an ihren Leidenschaften und dem Druck der Gesellschaft zugrunde geht. Wegen einer Affäre mit dem militärischen Haudegen Wronskij zieht sie sich die Verachtung der adligen Kreise zu. Vom Mann kalt abgewiesen, ihres Kindes beraubt und schließlich auch der Zuneigung ihres Liebhabers nicht mehr sicher, begeht sie Selbstmord, indem sie sich vor einen rollenden Zug wirft – ironischerweise an genau der Stelle, wo sie einst ihren Geliebten kennen gelernt hat. Tolstoi braucht für diese Geschichte mehr als 1000 Seiten. Er schreibt in sehr detaillierter realistischer Manier und wendet meisterhaft den inneren Monolog an, um Annas Gefühle darzustellen. Anna Karenina ist neben Krieg und Frieden Tolstois bekanntester und beliebtester Roman – und ungleich besser zu lesen als jener.

Zusammenfassung

Ehekrach im Hause Oblonskij

Fürst Stepan Arkadjewitsch Oblonskij, der von seinen Freunden nur Stiwa genannt wird, erwacht eines Morgens in Moskau unsanft aus einem angenehmen Traum. Er hat nach einem Streit mit seiner Frau Dolly im Arbeitszimmer genächtigt, denn sie hat herausgefunden, dass er eine Affäre mit dem französischen Kindermädchen hatte. Stiwa ist darum heilfroh, dass seine Schwester Anna für den nächsten Tag ihren Besuch angekündigt hat. Anna lebt in St. Petersburg und ist mit dem angesehen Regierungsbeamten Karenin verheiratet. Sie bewegt sich in den höchsten gesellschaftlichen Kreisen und ist wegen ihres Charmes und ihrer Schönheit überall ein gern gesehener Gast. Stiwa setzt alles auf Anna: Wenn eine seine Ehe noch retten kann, dann sie. Zur Mittagszeit begegnet er seinem alten Freund Konstantin Lewin, einem etwas unsicheren, grüblerischen und schüchternen Mann. Die beiden haben miteinander studiert und kennen sich schon eine Ewigkeit. Lewin verbringt die meiste Zeit auf seinem Landgut, weil er dem städtischen Leben nichts abgewinnen kann. Er ist in Stiwas Schwägerin

Über den Autor

Leo Nikolajewitsch Tolstoi wird am 9. September 1828 in Jasnaja Poljana in eine russische Adelsfamilie hineingeboren. Weil er früh seine Eltern verliert, wird er von einer Tante erzogen. Zwischen 1844 und 1847 besucht er die Universität von Kasan, doch das Studium der Orientalistik und Rechtswissenschaft bricht er ohne Examen ab. Auch den ursprünglichen Plan, in den diplomatischen Dienst einzutreten, verwirft er. Von den Ideen Rousseaus beflügelt, versucht er das System der Leibeigenschaft auf seinen Gütern abzuschaffen, was ihm jedoch nicht gelingt. Nach Jahren des Nichtstuns und angesichts angehäufter Spielschulden meldet er sich 1851 freiwillig zum Militärdienst. Er nimmt an den Kämpfen im Kaukasus und am Krimkrieg teil. Ab 1856 geht er auf zwei größere Europareisen. Nach seiner Hochzeit mit der erst 18-jährigen Sofia Andrejewna Bers, mit der er 13 Kinder haben wird, lässt er sich 1862 an seinem Geburtsort nieder und verzeichnet erste kleine schriftstellerische Erfolge. Ab 1869 erleidet Tolstoi eine tiefe Sinnkrise, nicht zuletzt, weil ihm die Widersprüche zwischen seinem eigenen Leben im Wohlstand und seinen politischen Überzeugungen unauflösbar erscheinen. Er liest Schopenhauer, was seine pessimistische Grundeinstellung noch weiter vertieft. Seine Arbeit wird zunehmend von ethischen und religiösen Themen bestimmt. Unter diesen Vorzeichen entstehen auch seine großen Romane Krieg und Frieden (1868/69) und Anna Karenina (1875–1877). 1901 lehnt er den Nobelpreis für Literatur ab, weil ihm inzwischen jede Art von Organisation – sogar soziale und kulturelle – suspekt ist; auch die Exkommunikation aus der russisch-orthodoxen Kirche (er weigert sich u. a., die Dreieinigkeit Gottes anzuerkennen) im selben Jahr nimmt er gelassen hin. Im November 1910 versucht er seiner zunehmend zerrütteten Ehe durch eine heimliche Flucht zu entkommen und will künftig besitzlos und einsam leben. Auf der Bahnstation von Astapowo stirbt er noch im gleichen Monat, am 20. November 1910, an einer Lungenentzündung.


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