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Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull

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Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull

Der Memoiren erster Teil

S. Fischer,

15 Minuten Lesezeit
10 Take-aways
Text verfügbar

Was ist drin?

Felix Krull weiß: Nur wer der Welt gefällt, wird Gefallen an der Welt finden. Nach dieser Erkenntnis lebt und – betrügt er.


Literatur­klassiker

  • Roman
  • Moderne

Worum es geht

Ein liebenswürdiger Schwindler

Thomas Mann erzählt in seinem letzten Roman die launige Geschichte des selbstverliebten Verstellungskünstlers Felix Krull. Der landet nach dem Bankrott seines Vaters als Hotelpage in Paris, erschleicht sich durch allerlei Täuschungsmanöver und gekonnte Selbstdarstellung die Gunst seiner Vorgesetzten, ergaunert sich ein Vermögen und macht die Bekanntschaft eines Marquis, der ihn aus Liebesnot darum bittet, sein Doppelgänger zu werden. Gerne übernimmt Felix den Auftrag, um in noch höhere Gesellschaftskreise aufzusteigen. Er tritt eine Weltreise an, die in Lissabon beginnt – aber nicht weitergeht. Denn Felix verliebt sich dort in die Tochter eines Professors, die sein Werben allerdings nicht erwidert. Doch der Erfolgsverwöhnte ist fest entschlossen, die schöne Portugiesin mit den überzeugenden Waffen seiner Begabungen umzustimmen ... Neben der amüsanten Unterhaltung um einen gesellschaftlichen Falschspieler dient das Buch einem weiteren Zweck: die bürgerliche Welt als falsch zu entlarven. Diese ist es nämlich, die jeden Betrug geschehen lässt und ihn sogar herausfordert, indem sie die Menschen nur nach dem äußeren Schein, dem guten Namen und den vorhandenen Mitteln beurteilt. Das Beispiel des Hochstaplers Felix Krull zeigt mustergültig, wie sich – entsprechendes Talent vorausgesetzt – die Wahrnehmung der Gesellschaft manipulieren lässt.

Take-aways

  • Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull ist Thomas Manns letzter Roman.
  • Inhalt: Felix Krulls Leben ist von Lug und Trug bestimmt. Schon als Kind ist er zu jedem Streich bereit. Als Page macht er sich in einem Pariser Hotel bei den vornehmen Gästen beliebt. Durch Diebstahl kommt er zu viel Geld und führt bald ein Doppelleben als Kellner und vermögender Gentleman. Indem er eine falsche Identität annimmt, gelangt er schließlich in die höchsten Kreise der portugiesischen Gesellschaft, wo er sich verliebt.
  • Erzählt wird rückblickend und aus der Ich-Perspektive.
  • Der Stil zeichnet sich durch Humor, Ironie und Doppeldeutigkeiten aus.
  • Das Buch parodiert das Genre der Autobiografie. Die im Titel erwähnten Bekenntnisse kommen im Text völlig reuelos daher.
  • Felix Krull steht in der Tradition des Schelmenromans: Der Held unterzieht die bürgerliche Gesellschaft einer kritischen Analyse.//
  • //Seit 1910 arbeitete Thomas Mann an der erfundenen Biografie des Felix Krull, doch er unterbrach das Projekt immer wieder wegen anderer Arbeiten.
  • Erst 1954 erschien der Roman mit dem Untertitel „Der Memoiren erster Teil“. Da Mann 1955 starb, kam es nie zur geplanten Fortsetzung.
  • Felix Krull wurde 1957 mit Horst Buchholz und Liselotte Pulver erstmals erfolgreich verfilmt.
  • Zitat: „Welche Wohltat, welche Anregung, welche Erquickung des Daseins, sich mit einem neuen Namen vorzustellen und anreden zu hören!“

Zusammenfassung

Ein Vorzugskind des Himmels

Rückblickend auf 40 Jahre hochstaplerischen Lebens verfasst der „Ruheständler“ Felix Krull seine Memoiren. Er beginnt bei seiner Kindheit und Jugend in guten Gesellschaftskreisen im malerischen Rheingau. Dort lebt der kleine Felix mit seinen Eltern und seiner Schwester Olympia, mit der er jedoch wenig anfangen kann. Sein Vater, der Sektfabrikant Engelbert Krull, stellt billigen Schaumwein mit edler Etikette und überteuertem Preis her. Er und der Maler Schimmelpreester, ein Freund der Familie und Felix’ Pate, bestärken den Jungen aufgrund seines guten Aussehens in seiner Einbildung, „aus besserem Holz geschnitzt“ zu sein. Felix sieht sich von klein auf zu Höherem bestimmt. Prägend ist für ihn ein gesellschaftlicher Anlass, bei dem sein Vater es einrichtet, dass der Sohn ein virtuoses Geigenspiel erfolgreich vortäuschen kann, ohne je wirklich ein Instrument gespielt zu haben, und als Wunderkind ausgerufen wird. Dieses Talent zur Täuschung soll Felix auch als Erwachsener beibehalten. Er selbst führt es auf eine Fülle begünstigender Eigenschaften zurück wie ausgeprägte Beobachtungsgabe, Wandlungsfähigkeit, Wortgewandtheit und vor allem: Schönheit.

Von der Täuschung zum Diebstahl

In seiner Kindheit ist Felix ein Einzelgänger und Träumer, der seinen Fantasiespielen und Verkleidungen mit Eifer und Ernst nachgeht und den Zwang der Schule verabscheut. Bei einem Besuch im Theater ist er fasziniert von der Schauspielkunst, erlebt aber sogleich eine Enttäuschung, weil sich dahinter alles als Schwindel und Schminke entpuppt. Schließlich entdeckt er aber seine Schwindelkunst in der täuschend echten Nachahmung der Handschrift seines Vaters und fördert sie, um die Schule zu schwänzen. Seine Einbildungskraft nutzt er dazu, sich der Schule durch vorgetäuschte Krankheitssymptome zu entziehen. In einem Delikatessenladen begeht er aus purer Freude über eine ideale Gelegenheit einen Diebstahl und entschuldigt ihn mit ebendieser Möglichkeit, die sich ihm geboten hat. Nach der Hochzeit seiner Schwester mit Leutnant Übel beneidet er sie um ihren Namenswechsel, da er sich immer schon einen anderen Namen als den seinen gewünscht hat.

Die Familie Krull löst sich auf

Das ausschweifende Leben treibt Engelbert Krull in den Konkurs. Nach der Zwangsräumung der Villa im Rheingau kann der Vater dem familiären Lebensmotto „Freut euch des Lebens“ nicht mehr folgen und begeht in der finanziellen Notlage Selbstmord. Die Familie überlässt er der Armut und der Verachtung durch die Umgebung. Hausfreund Schimmelpreester erweist sich als hilfreicher Ratgeber für die bankrotte Mutter Krull und das Geschwisterpaar. Der Mutter, einst geschickte Gastgeberin der Hauspartys, rät er zur Eröffnung einer Pension in Frankfurt am Main, und die Tochter soll sich aufgrund ihres Drangs zur Oper als Sängerin bei einem Agenten in Wiesbaden versuchen. Olympias Ehemann entpuppt sich als Schmarotzer, der die Finanzen der Krulls falsch eingeschätzt hat. Schimmelpreester verspricht Felix eine Stelle in Paris im Hotel Saint-James and Albany, die er ihm mithilfe seiner persönlichen Beziehungen verschaffen will. Paris, das ist die Stadt, von der Felix immer geträumt hat! Doch bevor er sich auf die Reise machen kann, gilt es der Mutter beim Aufbau ihrer neuen Existenz in Frankfurt behilflich zu sein.

Der Trick mit der Epilepsie

Mutter und Sohn sind aufgrund ihrer mehr als bescheidenen finanziellen Verhältnisse gezwungen, in einem ärmlichen Viertel Frankfurts eine Wohnung zu beziehen. Neben dem Bemühen um die Eröffnung einer Pension für die Mutter streift Felix nachts durch die Straßen und Gassen der Großstadt, um zu beobachten und zu lernen, wie er von einem Niemand zu einem Jemand werden kann. Er weiß sich zu helfen und sucht sich einen Weg, in die Nähe der hohen Gesellschaft zu gelangen, indem er für Theaterbesucher Droschken organisiert und durch seine charmante Art einiges an Trinkgeld erntet. Mit dem Ersparten kauft er sich ein klinisches Lehrbuch, dessen Lektüre ihm während der Vorladung zur Militärkommission zugutekommen soll. Bei der Musterung nämlich überzeugt er den Militärarzt Dr. Mecum von seiner Untauglichkeit, indem er zwar einen starken Willen zur Ausübung des Militärdienstes zeigt, dabei aber gleichzeitig Symptome eines Epileptikers vortäuscht. Sein Schauspieltalent bewahrt ihn so vor der Wehrpflicht. Nach diesem Erfolg kundschaftet Felix als stiller Beobachter das Rotlichtmilieu Frankfurts aus und lernt dabei die Prostituierte Rosza kennen, deren Zuhälter er schließlich wird. Doch schon bald läuft der Betrieb in der Pension der Mutter wie erhofft: Sie kann sich eine eigene Magd leisten und Felix endlich in die Glück verheißende Stadt Paris entlassen.

Paris – Stadt der Liebe und der Diebe

Auf der Reise nach Paris fällt bei der Zollinspektion ein Schmuckkästchen aus dem Koffer einer reichen Dame neben ihm zufällig in den seinen. Er schweigt darüber. In Paris schickt er sich an, seinen ersten Arbeitsplatz auf der berühmten Place Vendôme aufzusuchen. Als zukünftiger Bediensteter wird er dort unfreundlich und herablassend empfangen. Felix fühlt sich eigentlich mehr den vornehmen Hotelgästen als dem Dienstpersonal zugehörig. Noch bevor er bei Schimmelpreesters Jugendfreund vorsprechen kann, wird er in den schäbigen Schlafraum der Hotelangestellten verwiesen, wo er sich allein glaubt und seinen Zufallsgewinn vom Zoll begutachtet. Ein krankheitshalber im Bett liegender Hilfskoch namens Stanko erwischt ihn dabei. Er bietet Felix einen Handel an: Für einen Anteil von 50 % will er dem Neuling eine zuverlässige Adresse eines Juweliergeschäftes nennen, wo er den Schmuck versetzen kann. Nach anfänglichem Zögern willigt Felix ein.

„Ja, der Glaube an mein Glück und dass ich ein Vorzugskind des Himmels sei, ist in meinem Innersten stets lebendig gewesen, und ich kann sagen, dass er im Ganzen nicht Lügen gestraft worden ist.“ (S. 15)

Vor Hoteldirektor Stürzli besteht Felix durch seine Wort- und Sprachgewandtheit, indem er überzeugend Sätze in Französisch, Englisch und Italienisch von sich gibt, die er mal gehört und behalten hat – obwohl er diese Sprachen eigentlich gar nicht spricht. Er wird als Liftboy eingesetzt und fortan „Armand Kroull“ genannt, was ihm wegen seiner Freude am Rollenspiel höchst willkommen ist. Durch Heuchelei und gekonnte Darbietung von Gefälligkeiten ist Felix auch als Liftboy erfolgreich und besonders bei den weiblichen Gästen sehr beliebt. Für Felix sind nur Menschen erster Klasse von Bedeutung, zu denen er auch sich selbst zählt, obschon er weder „von Familie“ noch vermögend ist.

„Jedenfalls konnte mir nicht verborgen bleiben, dass ich aus edlerem Stoffe gebildet oder wie man zu sagen pflegt, aus feinerem Holz geschnitzt war als meinesgleichen, und ich fürchte dabei durchaus nicht den Vorwurf der Selbstgefälligkeit.“ (S. 18)

Ein Zufall bringt es mit sich, dass Felix im Lift jene reiche Dame wiedererkennt, deren Schmuck er bereits nach kluger Verhandlung bei einem Juwelier versetzt hat. Mit dem Gewinn, den er wie vereinbart mit Stanko geteilt hat, hat er sich neue, ihm angemessener scheinende Kleidung gekauft, die er aber versteckt. Eine weitere Begegnung mit der Dame reiferen Alters führt zu einer eindeutigen Einladung: Madame Houpflé wünscht sich eine Liebesnacht mit dem schönen „Hermes“, mit dem sie Felix vergleicht. Sie entpuppt sich als Frau von Geist, eine unglücklich verheiratete Schriftstellerin. Felix erfährt zudem von ihrer Vorliebe für sexuelle Erniedrigung, die sie sich von jüngeren und weniger gebildeten Männern wünscht, was er ihr aber nicht erfüllen will. Stattdessen gesteht er ihr im Bett, sie am Zoll bestohlen zu haben. Zu seiner großen Überraschung ist die wohlhabende Dichterin entzückt über dieses Geständnis und bittet ihn gar, sie vor ihren Augen noch einmal zu bestehlen.

Das Doppelleben des Armand Kroull

Nach der Versetzung des Diebesguts von Madame Houpflé eröffnet Felix ein Bankkonto und beginnt ein Doppelleben. Als Armand Kroull sucht er nach „glückhaften Abzweigungen“ aus der Hotelbranche. Wegen des heimlichen Reichtums betrachtet Felix seine Arbeit nunmehr als Schulung in der Schauspielkunst. Fortan gibt er nicht länger vor, mehr, sondern weniger zu sein, als zu haben, worin er einen besonderen Reiz sieht. Während er – neben seiner Arbeit – als vornehmer Gentleman den Luxus des höheren Gesellschaftslebens genießt, steigt er auch auf der Karriereleiter des Hotels nach oben und wird schließlich Kellner im großen Speisesaal, wo er einige interessante Bekanntschaften macht. Die 17-jährige Tochter eines vermögenden Ehepaars aus Birmingham, Eleanor Twentyman, verliebt sich Hals über Kopf in den schönen Kellner, und zur gleichen Zeit überrascht ihn ein unmissverständliches Angebot des dezenten und vereinsamten Lord Kilmarnock. Beide bekommen einen Korb. Zwischenzeitlich hat sich Felix eine Privatwohnung gemietet, wo er seine luxuriöse Habe unterbringen und seinem Doppelleben ungestört frönen kann. Die Begegnung mit dem Marquis Louis de Venosta ist es schließlich, die die entscheidende Wende in sein Dasein bringt. Die Bekanntschaft mit dem Maler und Markgrafen aus Luxemburg und seiner jungen Geliebten, der Tänzerin Zaza, bringt Felix auf den Gedanken der „Vertauschbarkeit“ der Menschen in der Gesellschaft.

Der Doppelgänger des Marquis

Felix und der Marquis de Venosta treffen sich in einem noblen Hotelrestaurant. Der Marquis reagiert überrascht und beeindruckt auf den plötzlich vornehmen Gentleman, den er bisher nur als höflichen Kellner kannte. Im Gespräch erfährt Felix von den Sorgen des Marquis. Seine Eltern haben sich gegen seine Verbindung mit der Tänzerin Zaza ausgesprochen, weil sie darin eine Bedrohung für die Familienehre sehen. Der Marquis wurde zu einer Weltreise aufgefordert, die die Eltern ihm finanzieren wollen, damit er sich bilde und vor allem diese Frau vergesse. Andernfalls wollen sie ihn enterben. Mit dieser Schmach kann der Marquis aber nicht vor seine Geliebte treten, genauso wenig kann er sie verlassen. Als die Rede darauf kommt, dass der Marquis sich „verdoppeln“ müsse, um das Problem zu lösen, erkennt dieser die Lösung im wandlungsfähigen Felix. Louis de Venosta bietet Felix Krull einen Identitätstausch an. Zusammen schmieden sie begeistert einen Plan: Felix soll der Doppelgänger des Marquis werden und auf Weltreise gehen, während der echte Marquis bei Zaza in Paris bleibt.

„Meine private Überzeugung jedoch, die ich damals gewann und die weder beweisbar noch widerlegbar ist, geht unerschütterlich dahin, dass bei mir der Liebesgenuss die doppelte Schärfe und Süßigkeit besaß als bei anderen.“ (S. 62)

Venosta unterrichtet Felix ausführlich über seine Geschichte und die einzelnen Familienmitglieder, damit er über seine Bekannten, die den echten Marquis nie gesehen haben, Bescheid weiß. Er übergibt Felix zudem ein paar seiner Porträtzeichnungen von Zaza und überlässt ihm die Kreditbriefe seiner Eltern. Die beiden Männer tauschen Namen, Papiere und Vermögen aus. Bald darauf kündigt Felix im Hotel und sitzt wenig später als Marquis Louis de Venosta im Zug nach Lissabon, von wo er mit dem Schiff nach Buenos Aires weiterreisen soll.

Lissabon – Stadt der Sehnsucht

Im Zug findet Felix sich beim Diner einem gewissen Dom Antonio José Kuckuck gegenüber, einem Professor für Paläontologie aus Lissabon, Gründer und Direktor des dortigen naturhistorischen Museums. Felix alias Marquis de Venosta ist tief beeindruckt vom großen Wissen des gelehrten Mannes, dem auch die Familie de Venosta bekannt ist. Professor Kuckuck erzählt dem falschen Marquis von seiner Frau Maria Pia und der Tochter Suzanna, genannt Zouzou, und lädt den vermeintlichen Adligen ein, die Familie und das Museum in Lissabon zu besuchen.

„Welche Wohltat, welche Anregung, welche Erquickung des Daseins, sich mit einem neuen Namen vorzustellen und anreden zu hören!“ (S. 65)

Nach seiner Ankunft am nächsten Tag führt der Zufall Felix in ein Café, wo er unwissentlich mit Frau und Tochter des Professors Kuckuck und mit dessen Mitarbeiter Miguel Hurtado ins Gespräch kommt. Auf Anhieb findet er Gefallen an beiden Damen, der älteren wie der jüngeren. Letztere begegnet ihm allerdings mit Spott und Ablehnung, weil sie ihn von Anfang an zum eingebildeten und heuchlerischen Schönling abstempelt. Felix verliebt sich sofort in die direkte und forsche Zouzou, fühlt sich aber auch von ihrer würdevollen Mutter körperlich angezogen. Nach mehreren Besuchen bei der Familie Kuckuck – ohne die ersehnte Gunst von Zouzou erlangt zu haben – entschließt sich Felix, einen Brief an die Eltern de Venostas zu schreiben, um seine Abreise nach Buenos Aires zu verschieben. Die Erwähnung eines durch den König persönlich verliehenen Ordens und der allgemeine Sinneswandel des Sohnes erfreuen die Eltern, und sie gewähren den längeren Aufenthalt in Lissabon. Als ständiger Gast bei den Kuckucks kommt Felix Zouzou näher und wagt es, ihr gegenüber von Liebe zu sprechen. Prahlerisch erzählt er ihr von Zeichnungen, die er von ihr gemacht habe – dabei allerdings handelt es sich um nichts anderes als nachgebesserte Aktbilder von Zaza. Zouzou verlangt empört, die Zeichnungen sofort zu sehen und an sich zu nehmen, doch Felix zögert lange, teils weil er ihre Reaktion auf die Aktzeichnungen fürchtet, teils weil die Bilder für ihn ein „heimliches Band“ zwischen ihnen darstellen. Schließlich verabreden sie ein geheimes Treffen im Garten hinter dem Haus. Beim Anblick der Aktzeichnungen errötet Zouzou, zerreißt die Blätter – und lässt sich schließlich doch in die Arme des falschen Marquis fallen. Während des ersten Kusses überrascht sie Zouzous Mutter. Vor Schreck und Scham läuft Zouzou davon. Felix wird zur Rede gestellt – und sieht sich wenig später in der glücklichen Lage, nach der Tochter auch die Mutter zu küssen ...

Zum Text

Aufbau und Stil

Felix Krulls fiktive Autobiografie ist in drei als „Bücher“ bezeichnete Oberkapitel mit jeweils neun bis elf Unterkapiteln aufgeteilt und wird streng chronologisch wiedergegeben. Das erste Buch handelt von Felix’ Zeit in Deutschland, das zweite von Paris und das dritte von Lissabon. Jedes Buch erzählt zusammenhängende Geschichten in oft langen, für Thomas Mann typischen Schachtelsätzen, die bisweilen über mehr als eine Seite reichen. Die Hauptfigur selbst tritt als Erzähler ihrer eigenen Geschichte auf und richtet sich am Anfang des Buches direkt an den Leser mit einer Ankündigung von „Geständnissen“. Diese bleiben vorerst nicht mehr als vage Andeutungen, die im Leser Erwartungen aufbauen, die sich erst nach und nach erfüllen. Was passiert, ist streckenweise weniger spektakulär als die Art und Weise, wie es geschildert wird. Ganz wie der Inhalt der Bekenntnisse zeugt auch die Sprache des Romans von Verführung – Verführung des Lesers durch den Erzähler: In schönster und elegantester Weise beschreibt er Vorgänge, die an sich unmoralisch sind, von denen der Leser in seiner Neugier aber gerne mehr erfährt. Die Erzählform des wohlformulierten Gestehens spiegelt das Kernthema der Geschichte wider: „Was auch immer du in der Gesellschaft tust, das Entscheidende ist, wie du dabei auftrittst“, so könnte das Motto des Romans lauten.

Interpretationsansätze

  • Anders als im typischen Bildungsroman entwickelt sich der Held Felix Krull nicht weiter, sondern bleibt vom Anfang bis zum Ende seinem Wesen treu – trotz all seiner äußeren Verwandlungen. Krull spricht sich nie wirklich selbst schuldig, es bleibt dem Leser überlassen, seine Handlungen moralisch zu werten.
  • Falls man im Roman eine Kritik des Autors an seiner Hauptfigur, dem Hochstapler und Betrüger, erkennen will, so ist dies immer zugleich eine Kritik an der Gesellschaft, in der Menschen wie er bestehen und Erfolg haben können.
  • Thomas Mann arbeitet mit Symbolik: Felix wird an einem Sonntag geboren und ist daher ein sprichwörtliches Sonntagskind, sein Name (Felix = der Glückliche) bekräftigt ihn in der Annahme, ein vom Schicksal begünstigter Mensch zu sein. Auch mit dem antiken Gott Hermes wird Felix verglichen – und dieser war bezeichnenderweise der Gott der Diebe.
  • Wie in beinahe allen Werken von Thomas Mann geht es auch im Felix Krull um das Spannungsverhältnis zwischen Künstler und Bürgertum. Der Hochstapler Felix ist selbst eine Art Künstler, der aber kein Werk hervorbringt – außer sich selbst. Sein Künstlertum besteht nicht darin, in Gegensatz zur bürgerlichen Gesellschaft zu treten, sondern sich perfekt in sie zu integrieren und in ihr aufzusteigen.
  • Felix Krull ist ein Schelmenroman in der Tradition von Grimmelshausens Simplicissimus und zugleich eine Parodie auf die Autobiografie, z. B. auf Goethes Dichtung und Wahrheit – nicht umsonst lässt Mann den Krull als Sohn des Rheingaus aufwachsen, mit dem der in Frankfurt geborene Goethe sich eng verbunden fühlte. Schon der Titel ist parodistisch zu verstehen, denn das, was der Hochstapler uns als „Bekenntnisse“ verkaufen will, kommt ganz und gar ohne Reue und Moral daher.
  • Eine wichtige Rolle im Roman spielt die Ironie: Nicht nur die Handlung ist vielfach ironisch gebrochen, auch Thomas Manns Sprache ist hochgradig ironisch und arbeitet u. a. mit Doppeldeutigkeiten (mit der Nase darauf gestoßen wird der Leser durch Namen wie Kuckuck, Zaza, Zouzou) sowie Über- und Untertreibungen.

Historischer Hintergrund

Die Tradition des Schelmenromans

Der Schelmenroman stammt aus der spanischen Literatur. Ein anonymer Autor verfasste im Jahr 1554 den ersten so genannten Picaro-Roman (Picaro = Schelm, Gauner) La vida de Lazarillo de Tormes. Davon abgeleitet entstand im deutschen Sprachraum die literarische Bezeichnung „pikaresker Roman“. In dieser Erzählform gibt in der Regel ein Ich-Erzähler von einfacher Herkunft vor, eine wahre Geschichte wiederzugeben, die ihn zwar als Gauner entlarvt, jedoch gleichzeitig seine Umgebung oder Gesellschaft bloßstellt. Der Schelmenroman brachte somit erstmals einen Außenseiter als Helden hervor, der sich mit Bauernschläue und unerlaubten Mitteln jene Vorteile im Leben verschafft, die damals üblicherweise nur adligen Menschen zuteilwurden. Der Schelm – und nicht der tugendhafte Held – erringt die Sympathie des Lesers, indem er sich mit amoralischer Geschicklichkeit gegen gesellschaftliche Zwänge und Diskriminierungen zur Wehr setzt.

Der erste bedeutende deutsche Schelmenroman ist Der Abenteuerliche Simplicissmus von Johann Jakob Christoffel von Grimmelshausen. Er erschien 1668 und spielt währen des Dreißigjährigen Krieges. Der neugeborene Romantyp regte von da an zu zahlreichen Nachahmungen an. Auch Thomas Manns Felix Krull steht in dieser Tradition. Wenige Jahre nach diesem letzten großen Roman Thomas Manns erschien 1959 das Debütwerk von Günter Grass, das ihn schlagartig berühmt machte: Die Blechtrommel. Auch sie weist Züge eines Schelmenromans auf; Erzähler ist ein kleinwüchsiger Außenseiter namens Oskar Matzerath, ein Schelm, der sich aufgrund besonderer Fähigkeiten während und nach der Nazizeit durchschlagen kann.

Der Schelm im Roman macht sich stets die kritische Analyse der bürgerlichen Gesellschaft zur Aufgabe – ein Hauptanliegen der deutschen Literatur vor und nach dem Dritten Reich. Thomas Manns Felix Krull spiegelt beispielhaft dieses Zentralthema des ethischen Niedergangs des Bürgertums wider.

Entstehung

Im Jahr 2004 jährte sich zum 50. Mal die Erstveröffentlichung von Thomas Manns Roman Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull; der S. Fischer Verlag brachte aus diesem Anlass einen Neudruck heraus. Bis das Buch 1954 erschien, hatte der Autor bereits 44 Jahre lang daran gearbeitet. Immer wieder ließ er den Stoff ruhen, weil andere Werke seine ganze Aufmerksamkeit beanspruchten, u. a. die Novelle Der Tod in Venedig und der Roman Doktor Faustus. Auf das Motiv des Hochstaplers stieß Thomas Mann durch seine Lektüre der Memoiren des authentischen Betrügers Georges Manolescu. 1910 begann Mann mit der Arbeit am Felix Krull, 1911 wurde ein erstes Fragment veröffentlicht, 1919 ein zweites. Ein später revidiertes erstes Buch erschien 1922, doch der aus drei Büchern bestehende Roman wurde erst 1954 publiziert und im Nachhinein vom Autor erneut mit kleinen Änderungen versehen. Da es sich bei dem Roman um „der Memoiren ersten Teil“ handelt, ein zweiter Teil aber nie erschien, gilt er als fragmentarisch.

Kurz vor seinem Tod im Jahr 1955 schrieb Thomas Mann in einem Brief über die unfertigen Bekenntnisse Krulls: „Vielleicht sind sie zum unendliche Sehnsucht erregenden Fragment geboren.“ Tatsache ist, dass Thomas Manns letztes Werk ihn fast während seiner gesamten Schaffenszeit beschäftigte, dass er es aber immer wieder zugunsten anderer, ihm wichtiger erscheinender Werke zurückstellte.

Nach Thomas Manns Tod suchte und fand man Notizen und Aufzeichnungen, die mehr oder weniger deutlich Aufschluss darüber gaben, wie der Roman möglicherweise fortgesetzt worden wäre: Felix Krull wäre wohl wie vorgesehen nach Argentinien weitergereist (dort sollte es zu einem Doppelverhältnis mit Zwillingen kommen), dann nach Rio de Janeiro, von dort in die USA, über den Pazifik in den Osten, nach Ägypten, Istanbul und schließlich bis zum Papst nach Rom. Nach seiner Weltreise wäre er nach Paris zurückgekehrt und hätte sein Glück als Hoteldieb versucht. Felix hätte geheiratet, bevor er, als Dieb und Betrüger entlarvt, ins Zuchthaus gekommen wäre. Den Tod seiner Frau hätte der Häftling vielleicht ausgenutzt, um von ihrem Sterbebett aus die Flucht zu ergreifen und in England vom Erbe seines Paten zu leben.

Wirkungsgeschichte

Die Erstausgabe von Felix Krull war ein großer Verkaufserfolg. Bereits 1957 wurde der Roman von Kurt Hoffmann mit Horst Buchholz und Liselotte Pulver verfilmt. Manns Tochter Erika Mann schrieb am Drehbuch mit und ist sogar in einer kleinen Nebenrolle zu sehen. Das ehrgeizige Filmprojekt gewann damals zahlreiche Preise, darunter auch einen Golden Globe für den besten ausländischen Film. 1958 schrieb der Autor H. P. Dorn den Roman War ich wirklich ein Hochstapler?, der eine mögliche Fortsetzung zu Thomas Manns erstem Teil darstellt. 1982 erfolgte eine weitere Verfilmung durch Bernhard Sinkel.

Über den Autor

Thomas Mann wird am 6. Juni 1875 in Lübeck geboren. Er ist der zweite Sohn einer großbürgerlichen Kaufmannsfamilie, sein älterer Bruder Heinrich wird ebenfalls Schriftsteller. Thomas hasst die Schule und verlässt das Gymnasium ohne Abitur. Nach dem Tod des Vaters zieht die Familie 1894 nach München, dort arbeitet Mann kurzfristig als Volontär bei einer Feuerversicherung. Als er mit 21 Jahren volljährig ist und aus dem Erbe des Vaters genug Geld zum Leben erhält, beschließt er, freier Schriftsteller zu werden. Er reist mit Heinrich nach Italien, arbeitet in der Redaktion der Satirezeitschrift Simplicissimus und schreibt an seinem ersten Roman Buddenbrooks, der 1901 erscheint und ihn sofort berühmt macht. Der Literaturnobelpreis, den er 1929 erhält, beruht vor allem auf diesem ersten Buch – Mann, nicht uneitel, erwartet die Auszeichnung allerdings schon 1927. Trotz seiner homoerotischen Neigungen heiratet er 1905 die reiche Jüdin Katia Pringsheim. Sie haben sechs Kinder, darunter Klaus, Erika und Golo Mann, die ebenfalls als Schriftsteller bekannt werden. Weil Thomas den Ersten Weltkrieg zunächst befürwortet, kommt es zwischen ihm und seinem Bruder Heinrich zum Bruch, der mehrere Jahre andauert. 1912 erscheint die Novelle Der Tod in Venedig, 1924 der Roman Der Zauberberg. In den 1930er Jahren gerät er ins Visier der Nationalsozialisten, gegen die er sich in öffentlichen Reden ausspricht; seine Schriften werden verboten. Nach der Machtergreifung Hitlers kehrt er von einer Vortragsreise nicht mehr nach Deutschland zurück. Zunächst leben die Manns in der Schweiz, 1938 emigrieren sie in die USA, 1944 nimmt Mann die amerikanische Staatsbürgerschaft an. 1947 erscheint Doktor Faustus, eine literarische Auseinandersetzung mit der Naziherrschaft. Nach dem Krieg besucht Thomas Mann Deutschland nur noch sporadisch; die von ihm vertretene Kollektivschuldthese verschafft ihm nicht nur Anhänger. Als die Manns 1952 nach Europa zurückkehren, gehen sie wieder in die Schweiz. Thomas Mann stirbt am 12. August 1955 in Zürich.

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