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Der arme Mann im Tockenburg
Buch

Der arme Mann im Tockenburg

Zürich, 1789
Diese Ausgabe: Diogenes Verlag, 1993 Mehr

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Literatur­klassiker

  • Autobiografie
  • Empfindsamkeit

Worum es geht

Ein lebenslanger Kampf gegen die Armut

Er wird in eine arme Familie hineingeboren, und noch im letzten Jahr seines Lebens muss er Konkurs anmelden: Ulrich Bräker. Seine in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts niedergeschriebene Lebensgeschichte Der arme Mann im Tockenburg ist das bewegende, innerhalb der deutschen Literatur wohl einzigartige Zeugnis eines Mannes, der ein Leben lang um eine bessere Existenz kämpft und sogar bereit ist, dafür seine schweizerische Heimat zu verlassen und in die Fremde zu gehen. Doch statt des erhofften materiellen Wohlstands erlebt er die Schinderei in der preußischen Armee und einen trotz seiner Kürze erschütternden Einsatz im Siebenjährigen Krieg. Nach Desertion und Rückkehr in die Heimat ist er so arm und verzweifelt wie zuvor, auf Phasen der finanziellen Besserung folgt immer wieder der erneute Absturz in die Misere. Bei seiner Frau stößt der schriftstellernde Bräker auf pures Unverständnis, zwei seiner Kinder werden von einer Seuche dahingerafft. Einzig Lesen und Schreiben eröffnen ihm eine Gegenwelt und verschaffen ihm etwas Erleichterung. Der lange Zeit als unbeholfen und amateurhaft belächelte Lebensroman des Toggenburger Bauern ist eines der originellsten, erfrischendsten und zugleich bewegendsten Werke der deutschen Literatur. Seine Stellung als Klassiker ist heute unbestritten.

Zusammenfassung

Geboren kurz vor Weihnachten

Ulrich Bräker wird am 22. Dezember 1735 in einem armen Dorf in der schweizerischen Region Toggenburg geboren, am Weihnachtstag findet in Wattwil die Taufe statt. Die Bauernfamilie Bräker ist seit Generationen arm. Kaum trägt Ulrich die ersten Hosen, nimmt ihn sein Vater zum Salpeterbrennen mit, wobei der Junge ein erstes Mal in Lebensgefahr gerät: Er will einen Bach überqueren und wird beinahe vom Wasser mitgerissen. Ulrichs strenger, aber gerechter und im Grunde gutmütiger Vater kauft sich in der Gemeinde Krynau das kleine Gut Dreyschlatt. Dafür stürzt er sich in Schulden, die ihm 13 Jahre lang ein Leben in Not und Armut aufzwingen. Alle zwei Jahre hat die Familie Nachwuchs, und so muss Ulrich schon bald sein unbeschwertes Bubenleben aufgeben, um als Geißhirte zu arbeiten. Obwohl der Alltag streng und ermüdend ist, genießt er die Unabgängigkeit von seinem Vater und das Zusammensein mit anderen Hirten; allerdings stürzen ihn deren Zoten oft in peinliche Verwirrung. Nach ein paar Jahren ist Ulrich groß genug, um seinem Vater als Knecht zur Hand zu gehen, was aber derart mühselig ist, dass er ab und zu in Versuchung gerät, sich heimlich aus dem...

Über den Autor

Ulrich Bräker wird am 22. Dezember 1735 als Sohn eines armen Kleinbauern, Tagelöhners und Salpetersieders in Näbis im ostschweizerischen Toggenburg geboren. Schon in früher Kindheit muss er arbeiten, um einen Beitrag zum Unterhalt der Großfamilie zu leisten. Für die Schule bleibt wenig Zeit, doch liest der junge Ulrich unter Anleitung seines Vaters und des Dorfpfarrers die Bibel und andere religiöse Schriften. Entscheidend für Bräkers Leben sind zwei Wendepunkte: 1755 wird er als Söldner für das preußische Heer angeworben, wonach er im Siebenjährigen Krieg an der Schlacht von Lobositz teilnimmt und desertiert. Die in seinen Lebenserinnerungen aufgestellte Behauptung, er sei in Schaffhausen nichts ahnend in die Fänge von Rekrutenanwerbern geraten, wird allerdings heute von den Historikern angezweifelt, denn die Stadt sei damals in der ganzen Schweiz als Hochburg von Rekrutierungen bekannt gewesen. Das zweite für Bräkers Existenz bedeutsame Ereignis fällt ins Jahr 1776: Die Lichtensteiger "Moralische Gesellschaft" veranstaltet einen Aufsatzwettbewerb, bei dem Bräker einen Preis gewinnt. Danach wird er Mitglied dieser exklusiven bürgerlichen Vereinigung von Ärzten, Pfarrern, höheren Beamten, Lehrern und Fabrikanten, womit er auch Zugang zu einer großen Bibliothek erhält. Außerdem lernt er prominente Persönlichkeiten wie Lavater und seinen späteren Verleger Füssli kennen. In seiner spärlichen Freizeit liest und schreibt Bräker unablässig, wobei er allmählich von seinen konventionell-religiösen Vorstellungen abrückt und sich zu einem kritischen, aufgeklärten Geist entwickelt. Bräkers 1761 geschlossene Ehe ist unglücklich, vor allem, weil seine dominante Gattin die literarischen Ambitionen ihres Mannes ablehnt. Bräkers Alltag ist auch nach seiner Rückkehr aus Preußen voller Sorgen und Not: Armut, Schulden, der Tod des Vaters und zweier Kinder. Obwohl er es als Tuchhändler zeitweise zu bescheidenem Wohlstand bringt, holt ihn die Armut immer wieder ein. Noch kurz vor seinem Tod am 11. September 1798 muss er sich bankrott erklären. Neben den Lebenserinnerungen umfasst Bräkers Werk tausende Tagebuchseiten, ein Theaterstück sowie einen Roman. Bekannt geworden sind ferner seine Zusammenfassungen und Würdigungen von William Shakespeares Schauspielen.


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