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Die Kraft und die Herrlichkeit

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Die Kraft und die Herrlichkeit

dtv,

15 Minuten Lesezeit
10 Take-aways
Text verfügbar

Was ist drin?

Ein Priester zwischen Sünde, Schmutz und Seligkeit: Greenes Religionsthriller aus Mexiko.


Literatur­klassiker

  • Kriminalroman
  • Moderne

Worum es geht

Ein katholischer Thriller

Die Kraft und die Herrlichkeit ist das Ergebnis eines erstaunlichen Zusammenpralls: des bürgerlichen Briten Graham Greene mit dem mexikanischen Elend der 1930er Jahre. Greene sollte ursprünglich die Verfolgung katholischer Priester dokumentieren, doch dafür kam er zu spät; das Unrecht war bereits ausgestanden. Er beschrieb es dennoch – in einem Roman, der weit über die Darstellung eines fanatischen Regimes hinausreicht. Mithilfe seiner Hauptfigur, dem verfolgten und schließlich hingerichteten Priester, beleuchtet er exemplarisch das Verhältnis von heilloser Welt und christlicher Heilserwartung. In einer von niedrigen Trieben, bitterer Armut und kreatürlichem Leid geprägten Welt deutet nichts auf Gottes Macht und Güte hin. Auch der Priester selbst ist ein glückloser Sünder. Trotzdem kann einzig der Glaube helfen, der Trostlosigkeit zu entkommen; nur er rettet die menschliche Seele aus dem Schlamm der weltlichen Existenz. Mit fast schon experimenteller Schärfe entfaltet Greene, selbst ein kritischer und von der „Sünde“ oft versuchter Katholik, den Gegensatz von bitterem Dasein und süßer Jenseitshoffnung. Darüber hinaus ist Die Kraft und die Herrlichkeit ein beeindruckendes Stück Spannungsliteratur, rasant und aufwühlend erzählt. Mühelos macht Greene auch Nichtgläubige zu mitfiebernden Lesern.

Take-aways

  • Die Kraft und die Herrlichkeit ist ein Seelendrama und zugleich ein Thriller aus dem postrevolutionären Mexiko.
  • Inhalt: Ein Priester ist im Mexiko der 1930er Jahre auf der Flucht vor der Polizei eines regionalen Regimes, das ihn als letzten Vertreter der Kirche gnadenlos verfolgt. Seine Gegenspieler sind ein fanatischer Leutnant und das eigene Gewissen: Der Trinker und Vater einer Tochter sieht sich selbst als schwachen Sünder. Dennoch stirbt er am Ende als Märtyrer für seinen Glauben.
  • Greene bereiste Mexiko 1938. Diese Reise inspirierte ihn zu dem Roman.
  • Für das antikatholische System, das sein Buch beschreibt, gab es ein reales Vorbild im mexikanischen Bundesstaat Tabasco.
  • Der Roman inszeniert den Kampf zweier Weltanschauungen: Christentum gegen weltlichen Egalitarismus.
  • Der Priester ist ein Antiheld: dem Alkohol hingegeben, der Unzucht erlegen, im Busch auf verlorenem Posten.
  • Greene erzählt eine moderne Heiligengeschichte: Der sündige Priester wird zum Märtyrer.
  • Dank Elementen der Unterhaltungsliteratur wird das zentrale Gewissensdrama äußerst packend entwickelt.
  • Greenes Buch stellt die Welt als hoffnungsloses Jammertal dar, aus dem einzig der Glaube einen – wenn auch ungewissen – Ausweg weist.
  • Zitat: „Werdet nie müde der Leiden. Die Polizei, die euch bewacht, der Soldat, der die Steuern eintreibt, die Schläge, die ihr vom Jefe bekommt, weil ihr zu arm seid zu zahlen, Blattern, Fieber und Hunger ... das alles ist ein Teil des Himmels – die Vorbereitung.“

Zusammenfassung

Ein Priester auf der Flucht

In einer namenlosen mexikanischen Hafenstadt beobachtet der englischstämmige Zahnarzt Tench die Ankunft eines Flussdampfers, der bald darauf nach Vera Cruz weiterfahren wird. Ein ärmlich gekleideter Mann gesellt sich zu ihm. Zu Tenchs Überraschung spricht er Englisch. In Tenchs Wohnung teilen die beiden ein Fläschchen Schnaps – im Geheimen, denn Alkoholkonsum ist offiziell verboten. Dann spricht ein Junge vor und bittet den Fremden, dessen Ankunft sich offenbar herumgesprochen hat, seiner sterbenden Mutter beizustehen. Seufzend willigt der Mann ein, obwohl er eigentlich auf den Dampfer wollte.

„Es gibt Mystiker, von denen behauptet wird, sie hätten Gott selbst erlebt. Er war auch ein Mystiker, und was er erlebt hatte, war Leere – die volle Gewissheit der Existenz einer sterbenden, sich langsam abquälenden Welt, mit menschlichen Wesen, die vom Tier abstammten, ohne Sinn und Zweck.“ (über den Leutnant, S. 29)

Auf der Polizeistation der Provinzhauptstadt trifft ein junger Leutnant auf den Polizeichef. Der hat gerade eine Rüge vom Gouverneur erhalten: Noch immer geistert ein Priester durch die Provinz – der womöglich letzte Flüchtige seiner Art. Die übrigen Vertreter des Klerus sind bereits vor Jahren vom Regime verjagt oder erschossen worden. Vor ein paar Tagen sei der flüchtige Priester beinahe entkommen, auf dem Boot nach Vera Cruz. Der Leutnant schlägt eine gnadenlose Fahndung von Dorf zu Dorf vor. Er hasst die Kirche aus tiefstem Herzen, denn früher lebten deren Vertreter feist und selbstzufrieden und verlangten den Ärmsten unmäßige Opfer ab. Um ihr eigenes Wohlleben zu garantieren, hielten sie das Volk im trostreichen christlichen Irrglauben und logen damit über die Leere der menschlichen Existenz hinweg, so die Meinung des Leutnants.

„Für sie kämpfte er. Er würde aus ihrer Kindheit alles tilgen, (...) was arm, abergläubisch und verdorben war. Sie verdienten nichts Geringeres als die Wahrheit – ein leeres Universum und eine kühlende Welt, das Recht, auf ihre Weise glücklich zu sein.“ (über den Leutnant und einige Kinder, S. 72)

Der einzige ehemalige Priester, der noch in der Stadt lebt, ist der alte Padre José. Er hat sich dem Dekret des Regimes gebeugt und – gegen sein religiöses Gelübde – geheiratet. So fristet er nun ein Dasein in permanenter Sünde. Er macht sich Vorwürfe wegen seiner Schwäche und vergeht fast vor Selbsthass, während seine Frau ihn ungeniert herumkommandiert.

Heimgesucht von den eigenen Sünden

Auf einem Maultier trottet der Priester durch den Busch jenem Dorf entgegen, in dem er vor der Flucht heimisch war. Es ist sein erster Besuch seit sechs Jahren. Willkommen ist er nicht. Denn inzwischen hat sich die Fahndungsstrategie des Leutnants herumgesprochen: In jedem Dorf wird ein Bewohner als Geisel genommen. Gibt es Indizien, dass die Dörfler den Priester verbergen oder seine Flucht decken, wird die Geisel hingerichtet und eine nächste Geisel genommen. Im Dorf trifft der Priester auf Maria. Mit ihr hat er vor Jahren ein Kind gezeugt – eine Sünde, neben der sein Alkoholismus wie ein geringes Vergehen wirkt. Die siebenjährige Brigitta scheint aufgrund fehlender Zuneigung zu einem leicht gestörten Kind herangewachsen zu sein. Der Priester empfindet dennoch sofort eine unmäßige väterliche Liebe zu ihr.

Auge in Auge mit dem Todfeind

Der Priester beugt sich der Angst der Dorfbewohner: Er wird nur eine Nacht im Dorf bleiben. Eine Stunde vor Morgengrauen sitzen zwei Dutzend Dörfler in einer Hütte zusammen und hören ihm zu: Alles Unrecht, sagt er, Unterdrückung, Schläge, Krankheit, Hunger, sollten sie als Teil des Himmelreichs, nämlich als Vorbereitung darauf, annehmen. Das Abendmahl teilt er improvisiert und in Eile aus, bevor die Dorfbewohner wieder in ihre Hütten fliehen, denn schon umstellen Polizisten das Dorf. Der Priester kann nicht mehr entkommen.

„Werdet nie müde der Leiden. Die Polizei, die euch bewacht, der Soldat, der die Steuern eintreibt, die Schläge, die ihr vom Jefe bekommt, weil ihr zu arm seid zu zahlen, Blattern, Fieber und Hunger ... das alles ist ein Teil des Himmels – die Vorbereitung.“ (der Priester, S. 87 f.)

Die Polizisten treiben alle Bewohner zusammen und der Leutnant erklärt seine Mission. Er sucht nach zwei Männern: dem Gringo, einem aus den USA entflohenen Mörder, und einem einheimischen Priester, einem Verräter an der Republik, der den Himmel predige und den Hunger ignoriere. Die Dorfbewohner schweigen, obwohl auf den Priester eine hohe Belohnung ausgesetzt ist. Der Leutnant fragt alle Männer aus, allerdings erkennt er den Priester nicht. Schließlich nimmt er eine Geisel. Der Priester bietet sich als Alternative an, mit dem Argument, dass er im Unterschied zum anderen zur Feldarbeit ohnehin nicht mehr zu gebrauchen sei. Doch der Leutnant lehnt das Angebot ab und reitet mit seinen Männern und der Geisel weiter. Maria drängt den Priester zum Aufbruch. Seine Sünden und die mangelnde Sorge für das Kind wird sie ihm weiterhin übel nehmen.

Ein unangenehmer Fluchtbegleiter

Der Priester könnte nach Norden fliehen und versuchen, sich in die sichere Nachbarprovinz abzusetzen, wo katholische Geistliche nicht verfolgt werden. Doch vorerst mag er sich nicht aus seiner Verantwortung stehlen. Die armen Menschen ringsum bedürften seiner Tröstung, meint er, und wenn er auch ein schlechter, schwacher Priester sei. Also flieht er nach Süden und folgt damit – in gebotenem Abstand – dem Weg der Polizisten, die nun wahrscheinlich seinen Geburtsort Carmen passieren.

„Die Welt lag schon in ihrem Herzen wie ein Fleckchen Fäulnis in einer Frucht.“ (über Brigitta, S. 102)

Unterwegs schließt sich ihm ein Mestize an. Dieser vermutet in ihm den gesuchten Priester und nennt sich selbst einen guten Christen. Der Priester verdächtigt ihn jedoch als Heuchler, der insgeheim auf die Belohnung aus ist. Von Misstrauen getrieben, versuchen beide, den anderen aus der Reserve zu locken. Unterwegs bekommt der Mestize Fieber – die Gelegenheit für den Priester, sich mit dem Maultier aus dem Staub zu machen. Doch stattdessen hilft er dem Kranken in den Sattel. Als sich die beiden Carmen nähern, treibt der Priester das Maultier in Richtung Dorf und biegt selbst in eine andere Richtung ab. So rettet er den Mestizen vor der Entkräftung und sich selbst vor dem Verrat an die Polizei.

Als Trinker verhaftet

Der Priester erreicht die Provinzhauptstadt. Ein Bettler führt ihn zu jemandem, bei dem er für sein letztes Geld etwas zu trinken kaufen kann. Insbesondere ist er auf Wein aus, den er später, gut dosiert, als Messwein einsetzen will. Auf dem Weg sieht er den Mestizen in Begleitung einiger Polizisten vorübergehen. Der Vetter des Gouverneurs hat eine Flasche Wein und verkauft sie dem Priester zusammen mit Schnaps. Leider muss der Priester gleich einen Schluck anbieten. In munterer Runde mit dem Vetter, dem Bettler und dem zufällig hereinschneienden Polizeichef geht der Wein zügig zur Neige, was dem Priester die Tränen in die Augen treibt. Vom nichts ahnenden Polizeichef erfährt er beiläufig, dass man den Priester in der Stadt vermute und dass der Mestize, der sein Gesicht kenne, ihn wie ein Spürhund auftreiben solle.

„Dieser Ort war wie die Welt, angefüllt mit Lust, Verbrechen und unglücklicher Liebe, es stank zum Himmel, doch ihm wurde klar: Es war, nach allem, möglich, hier Frieden zu finden (...)“ (über den Priester im Gefängnis, S. 155 f.)

Der Priester geht. In einer Kneipe sucht er Schutz vor dem Regen. Bei einer Rempelei wird seine Flasche Schnaps entdeckt. Das provoziert einen jungen Moralapostel, der den Priester wegen des Alkohols festsetzen will. Der Priester flüchtet auf das Grundstück von Padre José, seinem Glaubensbruder. Dessen Angst ist jedoch zu groß: Er wirft ihn umgehend wieder hinaus, um selbst nicht in Verdacht zu geraten, dem Priester Obdach gewährt zu haben. Vor der Tür wird der Priester von der Polizei gestellt. Doch niemand erkennt in ihm den Gesuchten. Er wird wegen der verbotenen Flasche Schnaps verhaftet und in eine dunkle Massenzelle gesteckt.

Der Leutnant lässt den Gesuchten gehen

In der Zelle ist es eng und stickig, es stinkt, irgendwo haben sogar Sex, vor aller Ohren. Der Priester gibt sich offen als Geistlicher zu erkennen. Eine fromme Bürgerfrau rückt näher und streicht vor ihm ihre Rechtgläubigkeit heraus. Den Priester stößt ihre Frömmelei – die er einst im Dienst bestimmt gepriesen hätte – nun innerlich ab. Mehr Mitgefühl empfindet er für die Sünder aus dem einfachen Volk. Am Morgen wird er zum Latrinendienst abkommandiert – und trifft auf den Mestizen, der sich in einer Zelle aufhält, allerdings als Gast, nicht als Gefangener. Der Mestize erkennt den Priester zwar wieder, verrät ihn aber vorerst nicht. Denn nur bei einer Denunziation außerhalb des Gefängnisses rechnet er sich Chancen auf die Belohnung aus. Während der Mestize auf Patrouille geht, wird der Priester vor den Leutnant zitiert, der noch immer nicht weiß, wen er vor sich hat. Er entlässt den Gefangenen und gibt ihm sogar noch 5 Pesos mit auf den Weg. „Sie sind ein guter Mensch“, sagt der Priester zum Abschied.

„Ihm schien zuweilen, dass die lässlichen Sünden – Ungeduld, Notlüge, Hochmut oder eine Unterlassung – einen von der Gnade weiter entfernten als die allerschlimmsten.“ (über den Priester, S. 172)

Der Priester beschließt, nun doch über die Berge in den Nachbarstaat zu flüchten. In einer verlassenen Siedlung trifft er auf eine alte Indiofrau. Sie hütet ein angeschossenes, sterbendes Kind und bittet den Priester, sie mitzunehmen. Auf einem Hochplateau erreichen sie einen alten christlichen Friedhof. Dort bleibt die Frau mit dem toten Kind zurück, während der Priester weiter in die Berge hinaufsteigt. Er hat inzwischen Fieber bekommen, die Kräfte verlassen ihn. Er glaubt, allein im Wald sterben zu müssen. Doch er schafft es bis zum nächsten Dorf. Dort steht sogar noch eine Kirche, wenngleich sie versiegelt ist.

Die trügerische Rettung

Allmählich kommt der Priester wieder zu Kräften. Innerhalb weniger Tage will er in die Stadt weiterziehen. Vorher gilt es noch, im Dorf eine Messe zu halten. Für Kindstaufen kann er Geld verlangen, so wird er seine Reise in die Stadt finanzieren. Außerdem reichen die Gebühren für ein paar Flaschen Alkohol. Vor der Messe nimmt der Priester Dutzende Male die Beichte ab – seit drei Jahren war kein Geistlicher mehr im Dorf. Unmittelbar nach der Messe will er in Richtung Stadt aufbrechen. Doch unversehens taucht der Mestize wieder auf und bittet ihn, mit zurück über die Grenze zu kommen, wo der Gringo, der gesuchte Mörder aus den USA, in einer Hütte im Sterben liege und die letzte Ölung erflehe. Der Priester vermutet natürlich eine Falle. Trotzdem gibt er nach. Plötzlich erscheint ihm die geglückte Flucht wie ein seltsamer Traum, aus dem er nun zurück in die bittere Wirklichkeit gesogen wird. Er bedauert, dass er in der Stadt nicht mehr seine eigenen Sünden beichten kann. Dann fügt er sich in sein Schicksal und folgt dem Mestizen zurück über die Grenze.

Die Falle schnappt zu

Tatsächlich liegt der Gringo sterbend in einer Hütte. Doch von einer letzten Ölung will er nichts wissen. Immer wieder fordert er nur den Priester auf, schnell vor den Soldaten zu fliehen. Er stirbt ohne Absolution, in den Augen des Priesters unerlöst. Kaum ist der Tod eingetreten, wird der Hinterhalt offensichtlich. Der Priester ist von Polizisten umstellt, der Leutnant nimmt ihn fest. In der Stadt wird man ihm wegen Hochverrats den Prozess machen.

„,Ich nehme an‘, sagte der Leutnant finster, ,Sie hoffen auf ein Wunder.‘ (...) – ,Nein.‘ –,Glauben Sie nicht an Wunder?‘ – ,Doch, aber nicht für mich.‘“ (der Leutnant und der Priester, S. 248)

Allerdings verhindert starker Regen den Aufbruch. Im Schutz einer Hütte kommen der Leutnant und der Priester ins Gespräch. Beide empfinden Respekt füreinander, auch wenn sie die Ideen des jeweils anderen verurteilen. Besonders groß ist der Hass des Leutnants auf die Kirche, die obrigkeitsverliebt war, kein soziales Gewissen erkennen ließ und den Ärmsten noch hochmütig Geld abpresste. Der Priester lässt die Kritik gelten. Doch er zweifelt daran, dass das neue Regime das Unglück des Volkes und die grassierende Ungerechtigkeit auf Dauer reduzieren kann. Die Kirche dagegen brächte immerhin Trost ins irdische Jammertal.

Tod ohne Erlösung

Auf dem Ritt in die Stadt bittet der Priester den Leutnant, ihm die Beichte bei Padre José zu ermöglichen. Der Leutnant willigt ein, spricht sogar selbst bei Padre José vor und bittet ihn, den Priester im Gefängnis aufzusuchen. Doch nicht einmal diesen letzten Gang im Dienst seines Glaubens vermag der Padre gegen seine herrische Frau durchzusetzen. Der Leutnant richtet es dem Priester aus und informiert ihn auch über den Schuldspruch des Gerichts. Die Hinrichtung wird am kommenden Morgen stattfinden. Für die letzte Nacht hat der Leutnant dem Priester Schnaps mitgebracht – gegen das Gesetz. Als der Priester wieder allein ist, beginnt er eine einsame Beichte, bezichtigt sich der Unzucht, des Hochmuts, des Mangels an Barmherzigkeit. Nicht eine Seele habe er gerettet, mit leeren Händen trete er vor Gott. Mit etwas Mut hätte dagegen ein Heiliger aus ihm werden können. Allein das hätte gezählt.

„Er fühlte nur grenzenlose Enttäuschung, weil er mit leeren Händen vor Gott treten sollte, weil er so gar nichts geleistet hatte. Jetzt schien ihm, es wäre ein Leichtes gewesen, ein Heiliger zu sein.“ (über den Priester, S. 260)

Eine Mutter liest ihren Kindern vor dem Schlafengehen die Geschichte des jungen Juan vor, der zum Priester ernannt und bald darauf erschossen wird. Ihr Sohn träumt in der Nacht, dass der tags zuvor auf dem städtischen Platz hingerichtete Priester in ihrem Haus aufgebahrt werde, dass die Mutter seine Geschichte vortrage und der Tote ihm am Ende zublinzle. Der Junge wacht auf. Es hat an der Tür geklopft, mitten in der Nacht. Vor der Tür steht ein Fremder und bittet um Einlass. Er sagt, er sei ein Priester.

Zum Text

Aufbau und Stil

Die Kraft und die Herrlichkeit ist ein realistisch erzählter Roman, der Elemente der Unterhaltungsliteratur und der kinematografischen Montage verwendet. Obwohl Greene im Kern ein weltanschauliches Thema umkreist, verwendet er viel Sorgfalt auf die atmosphärisch dichte Schilderung des Ambientes, in der seine Figuren ihr Leben fristen. Souverän baut er sowohl äußere wie innere Spannung auf: Während man einen Priester im Glaubenskampf verfolgt, wähnt man sich zugleich in einem Thriller. Insbesondere der erste der insgesamt vier Teile des Buches erinnert in seinen übergangslosen Schnitten von Schauplatz zu Schauplatz an einen Film. Statt den Protagonisten sofort ins Zentrum der Handlung zu stellen, schiebt Greene ihn erst mit der Zeit in den Vordergrund. Parallel dazu dringt der Leser Schritt für Schritt immer weiter ins Innere der Figuren vor. Erfährt man von den seelischen Nöten des Priesters anfangs so gut wie gar nichts, sind spätere Passagen weitgehend von seinem Blickwinkel und seinen Empfindungen bestimmt. Gegen Ende kehrt Greene noch einmal zur Multiperspektive zurück, die Nebenfiguren haben das letzte Wort. Vom Drama des Einzelnen wird wieder in die Umwelt zurückgeblendet.

Interpretationsansätze

  • Die Kraft und die Herrlichkeit ist eine moderne Heiligengeschichte. Der Priester, einst nichts als ein Rädchen im Getriebe des Klerus, wird nach Jahren auf der Flucht mit seiner eigenen Sündhaftigkeit konfrontiert. Erst dadurch entdeckt er die wahrhaftige christliche Demut und die bedingungslose Liebe zum Nächsten – er wird zum Märtyrer.
  • Greene zeigt den Kampf zweier Weltanschauungen um die menschliche Seele. Während der Leutnant im Angesicht einer entzauberten Welt einen radikalen Egalitarismus im Diesseits vertritt, hält der Priester an einem göttlich durchwirkten Dasein und an der Jenseitshoffnung fest. Beide Hauptfiguren bleiben namenlos, wodurch die Allgemeingültigkeit des Konflikts betont wird.
  • Obwohl Greene eindeutig für den Priester Partei ergreift, vermeidet er es konsequent, Hinweise auf die Existenz Gottes zu geben. Das macht den unerschütterlichen Glauben umso heroischer. Gott verweigert ein Wunder – Greene ebenso. Der Glaube wird so selbst zu etwas Wunderbarem: Er allein vertritt die Kraft und die Herrlichkeit auf Erden.
  • Ist der Glaube doch nur ein irrsinniger Traum? Der Priester, ein Antiheld, agiert bis zum Schluss erfolglos. Seine Zeremonien finden unter unwürdigen Umständen statt, indirekt ist er für mehrere Erschießungen verantwortlich, und nicht einmal seine Tochter kann er vor der Verderbnis bewahren. Dass nach seinem Tod plötzlich ein neuer Priester auftaucht, mag im Übrigen ein reiner Wunschtraum des Jungen sein, der den Märchen seiner Mutter glaubt. Es kann aber auch als Überleben des Religiösen schlechthin gedeutet werden.
  • Die Kraft und die Herrlichkeit trägt, auf den Autor bezogen, durchaus Züge der Selbstrechtfertigung: Auch in Greenes eigenem Leben kontrastierte der katholische Glaube mit einer „sündigen“ Lebensführung, weshalb die Seriosität seines Bekenntnisses oft bezweifelt wurde. Der Autor hat zugegeben, katholische Figuren auch zu benutzen, weil sie den dramatischen Effekt steigerten.

Historischer Hintergrund

Das postrevolutionäre Mexiko

Mexiko stand in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts im Zeichen der Revolution und ihrer Nachwirkungen. Die Revolution war 1910 durch einen eklatanten Wahlbetrug des Diktators Porfirio Díaz ausgelöst worden und führte zu einem jahrelangen Bürgerkrieg mit mehreren Hunderttausend Toten. Als 1924 Plutarco Elías Calles von der linken Arbeiterpartei Präsident wurde, war das Land leidlich stabilisiert. Calles ging bald daran, durch neue Gesetze den bisherigen Einfluss der katholischen Kirche im Land drastisch zu beschneiden. In vorrevolutionären Zeiten hatte die Kirche stets mit der Macht paktiert und von der spätfeudalistischen Ordnung auf dem Land profitiert. Als reformfeindliches Element sollte sie nun gesellschaftlich an den Rand gedrängt werden. Konservative und bäuerliche Kreise rebellierten allerdings gegen die neuen Gesetze und lösten damit die so genannte Guerra Cristera aus, einen Bürgerkrieg, der zwischen 1926 und 1929 abermals Zehntausende Opfer forderte.

Mit dem Kriegsende hörte die antiklerikale Politik nicht auf. In manchen Teilen des Landes wurde sie sogar noch verschärft. Ein regionaler Politiker, der besonders brutal gegen die katholische Kirche vorging, war Tomás Garrido Canabal, bis 1934 Gouverneur der Provinz Tabasco. Sämtliche Kirchen in Tabasco wurden geschlossen. Anschließend wurden sie teils zerstört, teils in Schulen oder Kasernen umgewandelt. Priester wurden vertrieben oder zur Heirat gezwungen. Paramilitärische Gruppen, Rothemden genannt, durchsuchten die Dörfer nach religiösen Symbolen oder Bildnissen; deren Besitzern drohten Gefängnisstrafen. Alle Maßnahmen dienten Garrido Canabal zufolge der „Freiheit“ des Menschen, die eingeschränkt sei durch religiösen Dogmatismus.

Entstehung

1938 reiste Graham Greene für fünf Wochen nach Mexiko. Ihm war ein dokumentarisches Buchprojekt über die Situation der katholischen Kirche in Mexiko vorgeschlagen worden; im Zuge der Revolution hatte man in verschiedenen Landesteilen die Ausübung der Religion verboten und Priester hingerichtet. Greene kam allerdings zu spät, die Unterdrückung war bereits ausgestanden. Ein Buch über seine Reise veröffentlichte er dennoch. In Gesetzlose Straßen kam Mexiko nicht gut weg. Greene klagte über die Hitze, den Schmutz und über die Passivität, Grausamkeit, Scheinheiligkeit und Korrumpierbarkeit der Menschen.

In jener Zeit hörte Greene auch von einem „Schnapspriester“, der lange im Busch allen Verfolgern ausgewichen war. Und er traf auf andere Menschen, die später als Figuren Eingang in Die Kraft und die Herrlichkeit fanden. Der Plan zu einem mexikanischen Roman entstand womöglich aus eigener Unzufriedenheit über Gesetzlose Straßen. Etwa im Spätherbst 1938 begann die Arbeit am Roman. Ohne den Schauplatz des Buches explizit zu nennen, orientiert sich die Handlung an der Situation der katholischen Kirche im Bundesstaat Tabasco während der Amtszeit des Gouverneurs Tomás Garrido Canabal. Weil er mit dem Roman nur schleppend vorankam und von Geldsorgen geplagt wurde, schrieb Greene parallel, unter dem Einfluss starker Aufputschmittel und binnen sechs Wochen, den Agententhriller Jagd im Nebel, der noch vor Die Kraft und die Herrlichkeit im Herbst 1939 veröffentlicht wurde. Der „mexikanische Roman“ erschien im März des Jahres 1940.

Wirkungsgeschichte

Zum Zeitpunkt seines Erscheinens – kurz nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs – hatte ein Buch wie Die Kraft und die Herrlichkeit praktisch keine Chance, ein großer Erfolg zu werden. Nachrichten vom Krieg nahmen die Aufmerksamkeit gefangen, da musste eine – fast schon wieder historische – Geschichte aus dem fernen Mexiko geradezu abseitig wirken. Die Reaktionen auf Greenes Roman waren dennoch fast durchweg positiv. Der Schriftsteller Hugh Walpole nannte Greene in diesem Zusammenhang „den besten englischen Autor seiner Generation“, und die Times schwärmte, dass bisher keines von Greenes Büchern „ein derart vollendetes Werk“ hätte ahnen lassen.

John Ford verfilmte das Buch 1947 unter dem Titel The Fugitive mit Henry Fonda in der Hauptrolle. Greene kritisierte die Verfilmung dafür, „dem Priester alle Integrität und dem Leutnant alle Korrumpiertheit“ zuzuweisen. 1953, als der Ruhm des Buchs längst gewachsen war, kritisierte ein vatikanischer Kardinal die „paradoxe Rolle“ der sündhaften Welt in Greenes Buch sowie verschiedene „Extremsituationen“, die die Leser zu einer falschen Lesart verführen könnten. Als der Kardinal Änderungen anmahnte, beschied ihm Greene, das Copyright liege beim Verlag. Die Affäre verlief im Sand, und als Greene 1965 Papst Paul VI. traf, sagte ihm dieser: „Manche Passagen in ihren Büchern werden sicherlich einige Katholiken kränken. Geben Sie nichts darauf.“ Heute zählt man Die Kraft und die Herrlichkeit zu den besten englischsprachigen Romanen des 20. Jahrhunderts.

Über den Autor

Graham Greene wird am 2. Oktober 1904 in Berkhamsted (Hertfordshire) in England geboren. Als Kind ist Greene ein schüchterner Junge, der sich schnell einigelt und von Gleichaltrigen abwendet. Dass sein Vater Schuldirektor ist, macht ihm den Kontakt zu anderen Kindern nicht einfacher. So wird Greene zum Einzelgänger und Außenseiter, der sich immer öfter in die fantastische Welt der Literatur flüchtet. Die Schule wird für ihn zur Qual: Sein Hass darauf wird so stark, dass er sogar Selbstmordversuche unternimmt und seine Eltern mit 15 Jahren mit dem Entschluss konfrontiert, die Schule nicht mehr zu besuchen. Die Eltern schicken ihn zu einem Therapeuten nach London, der Greene dazu ermutigt, zu schreiben. Greene beginnt ein Geschichtsstudium am Balliol College in Oxford, das er nach eigenen Angaben „betrunken und schuldengeplagt“ 1925 beendet. Es folgen mehrere Anstellungen bei unterschiedlichen Redaktionen, unter anderem beim Nottingham Journal, wo er seine spätere Frau Vivien Dayrell-Browning kennenlernt. In diese Zeit fällt auch seine Konversion zur katholischen Kirche, die sein weiteres Werk entscheidend beeinflussen wird. Eine Anstellung bei der Times führt ihn nach London. Sein erster veröffentlichter Roman Zwiespalt der Seele (The Man Within, 1929) wird so erfolgreich, dass sich Greene fortan ganz auf die Schriftstellerei konzentriert. Um neues Material zu finden und seine Abenteuerlust zu befriedigen, begibt er sich auf größere Reisen: Seinen Aufenthalt in Schweden verarbeitet er in dem Buch Ein Sohn Englands (England Made Me, 1935); Der Weg nach Afrika (Journey Without Maps, 1936) resultiert aus seiner Reise durch Liberia; seine Arbeit für den britischen Auslandsgeheimdienst MI6 in Sierra Leone findet Niederschlag in Das Herz aller Dinge (The Heart of the Matter, 1948); und die Erlebnisse in Mexiko fließen in Die Kraft und die Herrlichkeit (The Power and the Glory, 1940) ein. Viele von Greenes Romanen werden verfilmt, Der dritte Mann (The Third Man, 1950) wird sogar direkt für die Verfilmung geschrieben. Greene stirbt am 3. April 1991 in Vevey in der Schweiz.

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