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Die Pickwickier

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Die Pickwickier

Diogenes Verlag,

15 Minuten Lesezeit
10 Take-aways
Text verfügbar

Was ist drin?

Erfolgreicher Einstand eines literarischen Genies: In Charles Dickens’ Debütroman wimmelt es von kuriosen Gestalten.


Literatur­klassiker

  • Roman
  • Viktorianische Ära

Worum es geht

Straßenweisheiten fürs breite Publikum

Eigentlich sollte der junge und unbekannte Charles Dickens lediglich die Begleittexte zu den Zeichnungen des berühmten Illustrators Robert Seymour liefern. Doch dann kam alles anders: Nachdem das zweite Kapitel des geplanten Fortsetzungsroman fertiggestellt war, beging Robert Seymour Selbstmord. Dickens übernahm selbstbewusst die Führung des Projekts. Von Monat zu Monat veröffentlichte er ein weiteres Kapitel und reagierte dabei jeweils spontan auf den Geschmack des Lesepublikums. Beliebte Figuren bekamen größere Rollen, weniger beliebte wurden gestrichen. Der Erfolg war für damalige Verhältnisse beispiellos: Die Pickwickier geriet zu einem der ersten Bestseller der Literaturgeschichte und Dickens wurde zum berühmtesten Schriftsteller seiner Zeit. Der pfiffige Diener Sam Weller ist heute noch das Highlight in dem umfangreichen Schmöker. Seine auch als Wellerismen bezeichneten Straßenweisheiten haben kaum an Witz verloren.

Take-aways

  • Die Pickwickier ist Dickens’ erster Roman. Er machte ihn schlagartig berühmt.
  • Ursprünglich als Serienheft in monatlichen Fortsetzungen veröffentlicht, ist das Buch eher eine Episodensammlung als ein Roman im klassischen Sinn.
  • Inhalt: Mr. Pickwick und seine Gefährten unternehmen diverse Forschungsreisen in Südengland. Mit ihrer Naivität und Weltfremdheit sind die Pickwickier, wie sie sich nennen, jedoch ein gefundenes Fressen für alle Arten von Betrügern. Durch die Machenschaften zweier geldgieriger Anwälte landet Pickwick sogar vorübergehend in einem Schuldgefängnis.
  • Der Figurenreichtum des Romans ist enorm: Mehr als 50 Charaktere werden namentlich genannt.
  • Dickens improvisierte die Handlung und ging auf die Wünsche der Leser ein.
  • Der als Nebenfigur eingeführte Schuhputzer Sam Weller kam so gut an, dass Dickens ihn als Gehilfen Pickwicks wieder auftauchen ließ und zu einer der Hauptfiguren machte.
  • Wellers launisch-sozialkritische Bemerkungen waren sehr beliebt, sodass neben dem Roman auch Sam-Weller-Zitatsammlungen veröffentlicht wurden.
  • Bei aller Heiterkeit nimmt die Beschreibung des Schuldgefängnisses den düsteren Ton späterer Dickens-Werke voraus.
  • Die Pickwickier war einer der ersten Bestseller der Literaturgeschichte.
  • Zitat: „Die Sonne, die pünktliche Allerweltdienerin, war eben aufgegangen (...), als sich Mr. Samuel Pickwick, einer zweiten Sonne gleich, von seinem Lager erhob, das Fenster seines Schlafgemachs öffnete und auf die Welt zu seinen Füßen hinabblickte.“

Zusammenfassung

Die Gründung des Pickwick-Klubs

Der südenglische Gelehrte Samuel Pickwick ist Verfasser der Spekulativen Untersuchungen über die Quelle der Fischteiche von Hampstead nebst einigen Bemerkungen über die Theorie des Froschsprungs. In seinem Freundeskreis gilt die Arbeit als Geniestreich, weshalb man sich im Mai 1817 entschließt, den Pickwick-Klub zu gründen. Zum Wohl von Wissenschaft und Allgemeinheit wollen Pickwick und seine Freunde Reisen durch England unternehmen und ihre Entdeckungen veröffentlichen. Mitglieder des Klubs sind neben Pickwick der Frauenliebhaber Tracy Tupman, der melancholische Hobbydichter Augustus Snodgraß und der begeisterte Jäger Nathaniel Winkle.

„Die Sonne, die pünktliche Allerweltdienerin, war eben aufgegangen und begann mit ihren Strahlen den Morgen des dreizehnten Mais Eintausendachthundertsiebenundzwanzig zu erhellen, als sich Mr. Samuel Pickwick, einer zweiten Sonne gleich, von seinem Lager erhob, das Fenster seines Schlafgemachs öffnete und auf die Welt zu seinen Füßen hinabblickte.“ (S. 13)

Die erste Reise führt nach Rochester. Die Pickwickier lernen den erfolglosen Schauspieler Alfred Jingle kennen, der sich von den Herren durchfüttern lässt und am Abend mit Tupman einen Wohltätigkeitsball besuchen möchte. Da Jingle keinen Anzug besitzt, entleiht Tupman heimlich den blauen Frack seines Freundes Winkle, den der Wein schläfrig gemacht hat. Auf dem Ball spannt Jingle dem Regimentsarzt Dr. Slammer die Tanzpartnerin aus, weshalb es am nächsten Morgen zu einer Verwechslung kommt: Der Besitzer des blauen Fracks wird zum Duell gefordert. Winkle glaubt, er habe den Arzt vielleicht im Weinrausch beleidigt und könne sich nur nicht daran erinnern, weshalb er die Forderung annimmt. Fast kommt es zum Schusswechsel, doch Dr. Slammer erkennt in letzter Sekunde, dass er den falschen Gegner vor sich hat und es sich um ein Missverständnis handeln muss.

Jingles erste Intrige

Die Pickwickier reisen weiter, um ihren Freund Mr. Wardle auf seinem Landsitz in Dingley Dell zu besuchen. Bemerkenswert ist Wardles fetter Dienstjunge Joe: Sobald es nicht ums Essen geht, schläft er ein, es sei denn, jemand zwickt ihn in die Waden.

„Er besaß hinreichend Scharfblick, um zu bemerken, dass sein keckes Benehmen dem schönen Gegenstande seiner Wünsche keineswegs missfiel, und glaubte, annehmen zu dürfen, dass sie auch in dem Besitze des wünschenswertesten aller Erfordernisse, nämlich eines unabhängigen Vermögens, sei.“ (über Jingle und Rachael, S. 100)

Am ersten Morgen gehen die Herren zum Krähenschießen. Winkle, der sich großspurig als Jäger ausgegeben hat, kann nicht im Geringsten mit einem Gewehr umgehen und erwischt Tupman mit einem Streifschuss. Wardles altjüngferliche Schwester Rachael übernimmt die Pflege, und prompt verliebt sich Tupman in sie. Leider taucht Jingle auf und wirft ebenfalls ein Auge auf Rachael – da er sie für sehr wohlhabend hält. Als Tupman und Rachael vom fetten Joe bei einem Stelldichein im Garten erwischt werden, spinnt Jingle eine Intrige. Er erzählt Tupman, dass Rachael die Liebe zukünftig geheim halten wolle und er sie zur Tarnung ignorieren und mit einer ihrer Nichten flirten solle. So geschieht es. Daraufhin brennt die eifersüchtige Rachael mit Jingle in einer Postkutsche durch. Pickwick und Wardle verfolgen die beiden bis nach London und können eine Hochzeit nur verhindern, indem sie dem gierigen Jingle eine saftige Abfindung zahlen.

Ein Scherz auf Pickwicks Kosten

Bei der Verfolgung Jingles hat Pickwick den einfachen Stiefelputzer Sam Weller kennen gelernt. Er beschließt, ihn als persönlichen Gehilfen anzustellen. Als Pickwick seiner Haushälterin Mrs. Bardell erklärt, er werde den Unterhalt für eine weitere Person zahlen, glaubt sie, er mache ihr einen Heiratsantrag.

„,Ah‘, sagte der kleine Mann, ,Sie sind ein Spaßvogel, wie ich merke.‘ ,Mein ältester Bruder litt an dieser Krankheit‘, entgegnete Sam. ,Vielleicht ist sie ansteckend.‘“ (S. 118)

Sam Weller ist zufrieden mit seiner neuen Position und begleitet die Pickwickier auf ihrem nächsten Ausflug nach Eatanswill, wo gerade Wahlen stattfinden. Nach einem turbulenten Wahltag werden die Herren auf ein Kostümfest eingeladen, zu dem auch Jingle erscheint. Er gibt sich als reicher Gentleman aus, ergreift aber die Flucht, als er die Klubmitglieder bemerkt. Pickwick und Sam folgen ihm in die Stadt Bury, um zu verhindern, dass erneut jemand durch Jingles Betrügereien zu Schaden kommt.

„,Glauben Sie, dass es bedeutend teurer käme, zwei Personen zu erhalten, als eine einzige?‘ ,Ach Gott, Mr. Pickwick‘, rief Mrs. Bardell aus, bis an den Rand ihrer Haube errötend, da sie in den Augen ihres Mieters ein heiratslustiges Blinzeln zu bemerken glaubte. ,Ach Gott, Mr. Pickwick, was ist das für eine Frage?‘“ (S. 145)

Im Gasthof in Bury lernt Sam Hiob Trotter kennen, Jingles Bediensteten. Trotter erzählt, sein Herr sei wiederum als Heiratsschwindler unterwegs und wolle eine junge Frau entführen. Er als Diener habe moralische Bedenken und wolle Pickwick nachts in das Haus der Braut einlassen. So könne man Jingle auf frischer Tat ertappen. Leider entpuppt sich die Sache als Scherz auf Pickwicks Kosten: Dieser klettert um Mitternacht über die ihm beschriebene Mauer, schleicht sich durch einen Garten, klopft an die Hintertür eines Hauses – und muss sich dann vor wildfremden Menschen rechtfertigen, die von einem Brautraub nichts wissen. Pickwick schwört empört, Jingle nicht noch einmal entkommen zu lassen.

Ärger in Ipswich

In London braut sich neues Unheil zusammen. Mrs. Bardell hat die Anwälte Dodson und Fogg beauftragt, eine Klage wegen Nichterfüllung eines Eheversprechens einzureichen. Pickwick besucht in Begleitung Sams die Anwaltskanzlei, wo er feststellen muss, dass er gegen die geldgierigen Advokaten nichts ausrichten kann.

„Wenn de jejen die funfzig kommst und Neijungen fühlst, dir mit irjend ne Person zu verheiraten, jleichviel, wer et is, so schließe dir in ne Kammer ein, wenn de eene hast, und verjifte dir unverzüchlich.“ (Mr. Weller zu Sam, S. 278)

Inzwischen ist Jingle in Ipswich gesehen worden. Dorthin gereist, verläuft sich Pickwick nachts im Gasthaus: Er legt sich in das falsche Bett und erschreckt damit die eigentliche Bewohnerin des Zimmers, Miss Witherfield, zu Tode. Der zukünftige Bräutigam der Dame ist am nächsten Tag außer sich vor Eifersucht, weshalb Miss Witherfield fürchtet, es könnte zu einem Duell zwischen ihm und Pickwick kommen. Sie erstattet Anzeige beim Bürgermeister. Pickwick soll verhaftet werden, doch er erklärt, dass er nur nach Ipswich gekommen sei, um dem Betrüger Jingle das Handwerk zu legen, der sich zurzeit unter falschem Namen dort herumtreibe. Der Bürgermeister ist entsetzt: Genau dieser Mensch plant, seine Tochter zu heiraten! Er lässt Jingle im hohen Bogen aus seinem Haus werfen.

„Eine junge Frau mit einem Kind auf den Armen, das vor Magerkeit und Elend kaum kriechen zu können schien, ging mit ihrem Manne, der keinen anderen Platz hatte, um ihren Besuch zu empfangen, den Gang auf und ab. Als sie an Mr. Pickwick vorbeikamen, konnte er die Frau bitterlich schluchzen hören, und einmal brach sie in ein so heftiges Jammern aus, dass sie sich an der Wand halten musste, indes der Mann das Kind in seine Arme nahm und sie zu beruhigen versuchte.“ (S. 488)

Sam Weller, der sich in Mary, das hübsche Stubenmädchen des Bürgermeisters, verliebt hat, reist nach Dorking, um seinen Vater Tony Weller zu besuchen. Die Stimmung ist gereizt, da sich Sams Stiefmutter Susanne mit dem zwielichtigen Prediger Stiggins angefreundet hat, der sich im Haushalt durchschnorrt und Mr. Weller auf die Nerven geht. Vater und Sohn füllen Stiggins während einer Kutschfahrt mit Grog ab, woraufhin sich der Prediger auf einer Versammlung von Alkoholabstinenzlern bis auf die Knochen blamiert.

Verlorener Prozess und geglücktes Rendezvous

In der Auseinandersetzung mir Mrs. Bardell kommt es zum Prozess. Pickwick wird verurteilt und soll 750 £ Strafe zahlen. Da jedoch offensichtlich ist, dass die Anwälte Dodson und Fogg den Fall vorsätzlich bis vors Gericht getrieben haben, um an ihre Provision zu kommen, kündigt der zornige Pickwick an, er werde sich lieber ins Schuldgefängnis werfen lassen, als diesen Gaunern ihren Gewinn zu zahlen.

„,Guter Mensch‘, sagte Jingle und fasste seine Hand mit abgewandtem Gesicht. ,Undankbarer Schurke – kindisch zu jammern – kann’s nicht lassen – böses Fieber – schwach – krank – hungrig. Alles wohl verdient, aber viel gelitten – sehr viel.‘“ (Jingle zu Pickwick, S. 504)

Bevor es so weit ist, unterstützt er jedoch seinen Freund Winkle bei einem amourösen Abenteuer in Bristol. Winkle hat in Dingley Dell die schöne Arabella Allen kennen gelernt. Deren Bruder Benjamin Allen möchte allerdings, dass Arabella den verlotterten Chirurgen Bob Sawyer heiratet. Da Benjamin ahnt, dass seine Schwester ihr Herz anderweitig vergeben hat, hält er sie hinter einer hohen Gartenmauer versteckt. Pickwick, Sam und Winkle machen sich auf nächtliche Geheimmission: Sam hilft Winkle über die Gartenmauer, während Pickwick Schmiere steht – mit einer derart hellen Laterne, dass er von fern für einen Kometen gehalten wird und die drei vor einem herbeieilenden Wissenschaftler flüchten müssen. Winkle erzählt, sein Stelldichein mit Arabella sei dennoch ein Erfolg gewesen.

Ein Wiedersehen im Gefängnis

Pickwick macht Ernst: Er zahlt keinen Cent an Dodson und Fogg. Bei seiner Rückkehr nach London lassen die Anwälte ihn deshalb in das Schuldgefängnis in der Fleet Street werfen. Die Mitinsassen saufen und rauchen, die Räume sind verdreckt. Pickwick ist einsam und unglücklich. Er beschließt, sich gegen ein Bestechungsgeld ein Einzelzimmer zu mieten. Gutherzig besichtigt er auch den Gefängnisflügel, in dem die Armen untergebracht sind. Dort trifft er einen alten Bekannten: Jingle. Der Schwindler ist halb verhungert und so verzweifelt, dass Pickwick ihm verzeiht. Damit auch Jingle und sein Diener Hiob Trotter sich im Gefängnis ein besseres Leben leisten können, sorgt Pickwick für finanzielle Unterstützung.

„Ich habe niemals jehört oder in Jeschichtsbüchern gelesen oder auf Jemälden was jesehen von Engeln mit engen Hosen und Gamaschen (...), aber (...) er is trotzdem n echter und vollkommener Engel (...)“ (Sam über Pickwick, S. 538)

Da Pickwick nicht möchte, dass Sam sich im Gefängnis aufhalten muss, entlässt er ihn aus seinem Dienst. Der treue Sam jedoch geht zu seinem Vater, leiht sich 25 £, kündigt an, das Geld niemals zurückzahlen zu wollen, und bittet darum, angezeigt zu werden. Mr. Weller kommt dem Wunsch amüsiert nach. Daraufhin wird Sam ebenfalls ins Fleet-Gefängnis gesteckt, wo ihn der gerührte Pickwick wieder in seine Dienste nimmt.

Mrs. Bardells späte Reue

Auf einem seiner nächtlichen Spaziergänge durch das Gefängnis erlebt Pickwick eine weitere Überraschung: Er begegnet seiner ehemaligen Haushälterin Mrs. Bardell. Auch sie ist von den Anwälten Dodson und Fogg ins Schuldgefängnis geworfen worden, da sie die Prozesskosten nicht hat zahlen können und die gierigen Anwälte aufgrund von Pickwicks Störrigkeit bisher leer ausgegangen sind. Mrs. Bardell nimmt die Klage zurück und erklärt, sie habe sich lediglich von den Anwälten bis vor Gericht treiben lassen. Würde Pickwick nun die Prozesskosten übernehmen, wären sie beide frei. Seine Entscheidung wird von einem zweiten Vorfall beeinflusst: Winkle und Arabella besuchen ihn im Gefängnis. Sie haben heimlich geheiratet, wissen aber nicht, wie sie diese Neuigkeit Arabellas jähzornigem Bruder mitteilen sollen. Es gebe nur einen Menschen, der Benjamin schonend von der Ehe in Kenntnis setzen könne. Pickwick willigt ein und verlässt – samt Sam – das Gefängnis.

Eine weitere Eheschließung

Benjamin Allen und Bob Sawyer sitzen wie so oft bei einem Bier zusammen. Benjamin erzählt, dass Arabella bei ihrer Heirat ein Vermögen überschrieben bekomme. Er drängt seinen Freund, ihr noch einmal ausdrücklich einen Antrag zu machen, und Bob stimmt zu, obwohl sie beide bereits vermuten, dass es einen Kontrahenten gibt. Sie würden diesem – ohne zu wissen, um wen es sich handelt – am liebsten den Hals umdrehen. Entsprechend aufgebracht reagieren sie, als Pickwick zu Besuch kommt und verkündet, sein Freund Winkle habe Arabella geehelicht. Es braucht einiges diplomatisches Geschick – und eine Flasche starken Schnaps –, bis Benjamin und Bob sich beruhigen und auf das Glück des Paares anstoßen.

„Wenn ich nur wenig Gutes getan habe, so glaube ich doch, noch weniger Böses getan zu haben, und hoffe, dass meine sämtlichen Abenteuer mir an meinem Lebensabend nur eine Quelle angenehmer und ergötzlicher Erinnerungen sein werden.“ (Pickwick, S. 645)

Sam erhält die Nachricht, dass seine Stiefmutter überraschend an einem Schnupfen verstorben ist. Er fährt zu seinem Vater nach Dorking, wo am selben Tag bereits die Beerdigung stattgefunden hat. So sehr der alte Weller die Frau zu Lebzeiten verflucht hat, vermisst er sie jetzt doch. Als der schnorrende Prediger Stiggins auftaucht, um herauszufinden, ob ihm die Verstorbene etwas hinterlassen hat, verpasst ihm Mr. Weller eine gehörige Tracht Prügel. Wie sich herausstellt, war die Tote tatsächlich recht wohlhabend. Ihr gesamtes Hab und Gut hat sie Sam und seinem Vater vermacht.

Das glückliche Ende des Pickwick-Klubs

Pickwick löst Jingle und Hiob Trotter aus dem Schuldgefängnis aus. Jingle bekommt eine Arbeit in der englischen Kolonie Demerara in Südamerika, und Trotter folgt ihm, weil er sich von seinem einzigen Freund in der Welt nicht trennen will. Beide Männer sind Pickwick zutiefst dankbar für seine Hilfe und bereuen ihre früheren Betrügereien. Aus Dingley Dell reist Mr. Wardle an. Er ist sehr aufgebracht, da Emilie, seine Tochter, Snodgraß heiraten will. Der sorgende Vater lässt sich jedoch von Pickwick beruhigen, und später sitzen die Klubmitglieder und die gesamte Familie Wardle bei einem Wein mit dem neuen Liebespaar glücklich vereint beisammen.

Sam und sein Vater haben insgesamt mehr als 1000 £ geerbt. Da Mr. Weller als einfacher Kutscher mit so viel Geld nichts anzufangen weiß, will er es Pickwick überlassen. Dem jedoch fällt ein hervorragender Verwendungszweck für die Erbschaft ein. Er will Sam aus seinem Dienst entlassen und ihm ein kleines Geschäft kaufen, damit dieser sein eigenes Auskommen hat und das Dienstmädchen Mary heiraten kann. Sam ist aber eine zu treue Seele: Nie und nimmer will er Pickwick alleinlassen. Die Sache ist mit Mary bereits abgesprochen. Sam bleibt im Dienst, und sie liebt ihn, auch ohne dass sie verheiratet sind.

Der Pickwick-Klub wird schließlich aufgelöst. Pickwick fühlt sich zu alt für die ständigen Reisen. Er kauft sich ein Haus außerhalb Londons, in das er mit Sam und Mary einzieht. Zur Einweihungsparty wird die Hochzeit von Emilie und Snodgraß gefeiert, und Pickwick hält eine gefühlvolle Rede, in der er seinen gerührten Freunden noch einmal dafür dankt, dass sie ihn auf so vielen Abenteuern begleitet haben.

Zum Text

Aufbau und Stil

Die Pickwickier ist ein Episodenroman. Eine durchgängige Handlungsentwicklung sucht der Leser vergeblich, stattdessen finden sich locker aneinandergereihte, oft voneinander unabhängige Anekdoten. Die Pickwickier erinnert an den Schelmenroman des 16. Jahrhunderts, vor allem an dessen berühmtesten Vertreter Don Quijote: In die Haupthandlung eingeschoben sind zahlreiche kleine Geschichten, die den Klubmitgliedern von ihren meist zufälligen Reisebekanntschaften erzählt werden. Der Ton des Romans ist – insbesondere für ein Buch von Dickens – sehr heiter und leicht. Lediglich in den eingeschobenen Anekdoten und in den Gefängniskapiteln am Ende des Romans klingt die düstere Atmosphäre an, von der die späteren Werke des Autors geprägt sind. Das Personal ist mehr als nur beachtlich: Über 50 Figuren werden namentlich vorgestellt. Fast alle Charaktere sind satirisch verfremdet, in manchen Fällen ist beißende Sozialkritik das Ergebnis. Auffällig ist aber auch die menschliche Wärme, mit der Dickens seine Figuren zeichnet. So fragwürdig und verwerflich ihre Handlungen teilweise sein mögen, als Leser ist man geneigt, selbst dem größten Bösewicht zu verzeihen.

Interpretationsansätze

  • Der Roman kontrastiert Naivität und Intrigantentum: Die Pickwickier laufen wie Kinder durchs Leben, allen voran ihr Anführer und Namensgeber. Als Pickwick die ohnmächtige Mrs. Bardell in den Armen hält, übersieht er die Zweideutigkeit der Situation vollkommen. Er durchschaut die bösen Absichten anderer nicht und fällt deshalb auf Jingle und die Anwälte herein. Wie ein Kind wird Pickwick auch von Sam an der Hand genommen, als er sich im Gasthaus verläuft.
  • Für Pickwick sind Gerechtigkeit und Moral Naturgesetze. Er muss ins Gefängnis, weil er sich weigert, die ihm zu Unrecht auferlegte Strafsumme zu zahlen. Da er zunächst vorhat, seine Meinung niemals zu ändern, muss er von einer lebenslänglichen Haft ausgehen. Trotzdem hat er gute Laune, als er das Gefängnis betritt: Er hat sich nichts vorzuwerfen, es gibt für ihn keine andere Möglichkeit, sich zu verhalten.
  • Wie in anderen Dickens-Romanen steht das Gefängnis für die Schattenseiten einer vordergründig glücklichen Gesellschaft. Hier herrschen Alkoholismus, Hunger, Missgunst und Korruption. Pickwick verliert in dieser Umgebung all seine Lebensenergie. Mit einem scheinbar unverwüstlichen Glauben an das Gute im Menschen zieht er in das Gefängnis ein, verlässt es aber müde und ernüchtert.
  • Mit der Gerichtsszene nimmt Dickens einen Albtraum der Moderne vorweg. Pickwick wird verurteilt, ohne nachvollziehen zu können, warum oder wofür. Ein alltäglicher Brief etwa, in dem er seiner Haushälterin mitteilt, was er zu essen wünscht, wird zum Beweis seiner Schuld hochstilisiert. Eine Situation, wie sie später die Hauptfiguren in Kafkas Prozess oder Hitchcocks Der unsichtbare Dritte durchleben.
  • Ein zentrales Motiv des Romans ist die Vergebung. Obwohl Jingle ihm übel mitgespielt hat, verzeiht Pickwick dem Betrüger schließlich und ermöglicht ihm sogar ein neues Leben. Damit ist die Naivität letztlich der Intrige überlegen: Jingle ist von Pickwick abhängig, nicht umgekehrt*

Historischer Hintergrund

Viktorianische Beschaulichkeit

Wohlhabende Herren konnten zu Beginn des Viktorianischen Zeitalters ein unbeschwertes Leben führen. Die Regierungszeit Königin Viktorias (1837–1901) verlief friedlich; es gab zwar kleine Kämpfe im Ausland, etwa während der Krimkrise, aber in England war davon wenig zu spüren. Die Eisenbahn wurde gerade erst gebaut; es waren die letzten Jahre, in denen Kutschfahrten durch die idyllische Landschaft noch üblich waren. Die gehobene Mittelschicht profitierte vom wirtschaftlichen Aufschwung infolge der industriellen Revolution, musste jedoch selbst in den Fabriken und Bergwerken nicht Hand anlegen. Großbritannien hatte einen erheblichen technologischen Vorsprung vor den anderen europäischen Ländern, und gerade deshalb konnten die besser gestellten Kreise es sich leisten, die guten alten Zeiten nostalgisch zu verklären.

Ähnlich beschaulich war das bürgerliche Frauenbild der Zeit: Die Frau sollte heiraten, Kinder gebären, für ihren Ehemann sorgen und dabei ein hochgeistiges Wesen bleiben. Schon die Arbeit außerhalb des Haushalts galt als unschicklich. Sprichwörtlich geworden ist die viktorianische Doppelmoral: Ausgerechnet in diesem hypermoralischen Zeitalter florierte die Prostitution wie niemals zuvor.

Alles andere als idyllisch war die Ära für die englische Unterschicht: Die Löhne waren gering, die Arbeitstage dauerten bis zu 16 Stunden, und selbst fünfjährige Kinder wurden zur Arbeit gezwungen.

Entstehung

Die Idee zu den Pickwickiern stammte ursprünglich von Dickens’ Verleger Edward Chapman, der eine Zusammenarbeit des Autors mit dem damals sehr erfolgreichen Illustrator Robert Seymour plante. Seymours humoristische Alltagszeichnungen und Karikaturen sollten in monatlicher Fortsetzung veröffentlicht werden; was noch fehlte, war ein Autor, der möglichst unterhaltsame Begleittexte zu den Bildern liefern konnte. Der junge Charles Dickens, der gerade mit einer Kurzgeschichtensammlung auf sich aufmerksam gemacht hatte, bekam den Job. Das erste Monatsheft erschien im März 1836; der Fortgang der Geschichte wurde in der Folge improvisiert. Dickens führte von Monat zu Monat neue Figuren ein und ließ andere nach ihrem ersten Auftritt verschwinden, je nachdem, wie gut die vorherige Folge beim Publikum angekommen war.

Am 20. April 1936, noch bevor das zweite Romanheft veröffentlich worden war, beging Robert Seymour Selbstmord. Dickens erklärte später im Vorwort zur Gesamtausgabe der Pickwickier, dass der Illustrator von sich aus keine Ideen zum Inhalt der Geschichte beigetragen, sondern ausschließlich auf die Vorgaben des Autors reagiert habe. Seymour sei verstorben, als erst 48 Seiten des Textes geschrieben worden seien. Dieser Anspruch Dickens’ auf die alleinige Urheberschaft der Geschichte ist zweifelhaft, da sehr wohl Zeichnungen Seymours existieren, die Handlungsmomente aus späteren Kapiteln darstellen. Unstrittig ist allerdings, dass der Roman erst nach Seymours Tod der sensationelle Erfolg wurde, als der er in die Literaturgeschichte einging.

Wirkungsgeschichte

Der Erfolg der monatlich erscheinenden Fortsetzungsheftchen war im Publikationsgewerbe ein bis dahin beispielloses Phänomen. Die Pickwickier entwickelte sich nicht nur zu einem Bestseller, sondern zog eine wahre Hysterie nach sich. Illegale Kopien der Hefte machten auf dem Schwarzmarkt die Runde, die beliebtesten Szenen wurden als Theaterstück aufgeführt, es gab Bücher mit den gesammelten Sam-Weller-Zitaten und andere Fanartikel. Sam Weller gilt in der Literaturgeschichte als die Figur, durch die Charles Dickens berühmt wurde. Obwohl Sam ursprünglich für den weiteren Romanverlauf gar nicht eingeplant war, reagierte Dickens auf die Begeisterung seines Lesepublikums und räumte dem Diener eine immer zentralere Rolle ein. Mit seinem Cockney-Akzent und seiner Weltsicht, die typisch war für die Londoner Unterschicht, gab Sam Weller dem Roman einen neuen, sozialkritischen Aspekt, dem Dickens für den Rest seiner Autorenkarriere treu bleiben sollte. Die für Sam Weller typischen Sprüche, so genannte Sagworte (z. B. „Alles Gute kommt zurück, sagte der Seemann, als er in den Wind spuckte.“), werden noch heute als Wellerismen bezeichnet.

Medizinische Berühmtheit erlangte der fettleibige Dienstjunge Joe, der im Roman durch seinen ungezügelten Appetit und seine Müdigkeit auffällt. In Anlehnung an die Figur versteht man unter dem Pickwick-Syndrom heute eine hochgradige Fettsucht, die die Lungentätigkeit beeinflusst und eine ausreichende Sauerstoffaufnahme im Schlaf verhindert. Der Patient ist tagsüber unerholt und neigt – wie Joe – zu anfallartigen Schlafzuständen.

Über den Autor

Charles Dickens wird am 7. Februar 1812 in Landport bei Portsmouth als eines von acht Kindern eines Marinezahlmeisters geboren. Weil die Familie über ihre Verhältnisse lebt und der Vater Schuldscheine nicht einlösen kann, kommt sie in ein Schuldgefängnis. Der zwölfjährige Charles wird Hilfsarbeiter in einer Fabrik, um selbst seinen Unterhalt bestreiten zu können. Die Erlebnisse der Kinderarbeit traumatisieren den Jungen und prägen später einen Großteil seines literarischen Werks. Als die Familie aufgrund einer Erbschaft des Vaters wieder freikommt, kann Charles Dickens seine Schulausbildung fortsetzen. Mit 15 Jahren wird er Schreiber in einem Anwaltsbüro. Bald darauf steigt er zum Gerichts- und Parlamentsreporter auf. 1836 heiratet er Catherine Hogarth, die Tochter eines Journalistenkollegen. Als er 1836/37 seine Episodenreihe The Pickwick Papers (Die Pickwickier) veröffentlicht, erlangt er schnell in ganz England Berühmtheit. Der nachfolgende Fortsetzungsroman Oliver Twist (1837/38) festigt seine Popularität. Er gibt mehrere Zeitschriften heraus und verfasst Kurzgeschichten und Romane. 1849/50 arbeitet Dickens an David Copperfield, einem Werk, das stark autobiografische Züge trägt. Nach 1852 erscheinen seine großen Spätromane Bleak House (Bleakhaus), Hard Times (Schwere Zeiten) und Great Expectations (Große Erwartungen). 1858 trennt sich Dickens von seiner Frau, mit der er inzwischen zehn Kinder hat. Gegen Ende seines Lebens unternimmt er ausgedehnte Lesereisen in Europa und Amerika. Weil sich seine Gesundheit zunehmend verschlechtert, erwirbt er 1868 den Landsitz Gad’s Hill Place bei Rochester. Am 9. Juni 1870 stirbt er dort an einem Schlaganfall. Als Schriftsteller von nationaler Bedeutung wird er in der Dichterecke der Westminster Abbey beigesetzt.

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