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Die Uhrwerk-Orange

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Die Uhrwerk-Orange

Klett-Cotta,

15 Minuten Lesezeit
10 Take-aways
Text verfügbar

Was ist drin?

Nichts für schwache Nerven: Burgess’ skandalöser Zukunftsroman.


Literatur­klassiker

  • Fantastik
  • Nachkriegszeit

Worum es geht

Theologisch unterfütterte Gewaltorgie

In Die Uhrwerk-Orange zeigt Burgess den Menschen von seiner schlechtesten Seite. Prügeln, randalieren, vergewaltigen – das ist so ziemlich das Einzige, worauf Alex und seine Freunde Lust haben. Doch die Gegenseite, die bürgerliche Gesellschaft, kommt auch nicht viel besser weg; sie ist von Egoismus, Machtgier und Bigotterie getrieben. Allein Alex’ Leidenschaft für klassische Musik deutet an, dass im Menschenbild seines Schöpfers auch Platz für Schönheit ist. Seine Begeisterung dafür erscheint wie eine göttliche Gnade. In diesem Motiv steckt, kunstvoll verborgen, die Position des frühchristlichen Philosophen Augustinus: Die Erbsünde bestimmt den Menschen dazu, verdorben zu sein. Von Natur aus schlecht, kann nur die Gnade Gottes ihn erlösen. Die Gegenposition wird im Buch von einem liberalen Schriftsteller vertreten, der nicht Alex für seine Taten verantwortlich macht, sondern die Gesellschaft. Die theologische Dimension des Werks erschließt sich einem weniger christlich orientierten Leser nur bedingt. Ihm bleibt Burgess’ vitale, farbenreiche Sprache, die das etwas vereinfachende Schwarz-Weiß seines theologischen Denkens wettmacht.

Take-aways

  • Der Zukunftsroman Die Uhrwerk-Orange ist das berühmteste Werk des britischen Schriftstellers Anthony Burgess.
  • Inhalt: Der sadistische Alex erzählt von den Grausamkeiten, die er und seine Bande an ihren Mitmenschen verüben. Er landet im Knast und wird einer Gehirnwäsche unterzogen, die ihm die Lust an Mord und Vergewaltigung austreiben soll. Geheilt und wieder auf freiem Fuß wird er von der Rache seiner früheren Opfer ereilt und fast getötet. Schließlich entscheidet er sich für eine bürgerliche Existenz.
  • Alex bedient sich für seine Geschichte oft des „Nadsats“, einer von Burgess konstruierten Fantasiesprache mit größtenteils russischen Wurzeln.
  • Das Buch löste bei seinem Erscheinen einen Skandal aus. Von konservativer Seite wurde Burgess Gewaltverherrlichung vorgeworfen.
  • In den USA erschien der Roman ohne das letzte Kapitel, in dem Alex, obwohl wieder zur Gewalt fähig, freiwillig ein friedfertiges Leben anstrebt.
  • Die Uhrwerk-Orange wurde von Stanley Kubrick verfilmt und dadurch endgültig zum Klassiker.
  • Burgess haderte zeitlebens mit dem Ruhm, den ihm der Roman und dessen Verfilmung einbrachten. Er selbst hielt das Werk für nicht besonders gelungen.
  • 1959 wurde bei Burgess ein inoperabler Hirntumor festgestellt; die Ärzte gaben ihm noch ein Jahr. Burgess widmete seine ganze Kraft dem Schreiben und produzierte in den folgenden 34 Jahren einen Roman nach dem anderen.
  • Neben seiner literarischen Arbeit betätigte sich Burgess als Komponist. Er schrieb Opern, Symphonien und Kammermusik.
  • Zitat: „Will Gott den guten Menschen, oder will er den Menschen, der das Gute wählt? Ist ein Mensch, der das Böse wählt, gar besser als einer, dem das Gute aufgezwungen wird?“

Zusammenfassung

Ein Abend wie jeder andere

Alex, Georgie, Doofie und Pete hängen in der Korowa-Milchbar ab. Dort werden synthetische Drogen verkauft, aufgelöst in Milch. Mit einem solchen Drink bringen sich die vier Jungs in Stimmung, dann gehen sie raus, um Leute aufzumischen. Auf der Straße begegnen sie einem alten Mann, der mit einem Bücherstapel unter dem Arm aus der Bibliothek kommt. Mit ihm treiben die vier ihre Späße. Als er sich wehrt, verprügeln sie ihn. Dann steuern sie das Duke of New York an, eine üble Kaschemme, wo sie ihr Geld verprassen. Anschließend überfallen sie kurzerhand einen Kiosk in der Nachbarschaft; den Ladenbesitzer und seine Frau schlagen sie krankenhausreif.

Überraschungsbesuch

Ihr nächstes Opfer ist ein alter Säufer, den sie mit Schlägen und Tritten bearbeiten, bis das Blut aus seinem Mund quillt. Zufrieden setzen sie ihren Streifzug fort. Dabei treffen sie auf Billyboy und seine Jungs. Die sind im Begriff, ein kleines Mädchen zu vergewaltigen. Als sie die mit ihnen verfeindete Gang bemerken, lassen sie von ihrem Opfer ab. Gleich entbrennt ein wilder Kampf, den Alex und seine Leute trotz Unterzahl für sich entscheiden können. Sie stehlen ein Auto und fahren ein bisschen durch die Gegend. Als Höhepunkt des Abends planen sie einen so genannten Überraschungsbesuch: Dabei klingeln sie jeweils an einer beliebigen Haustür, um die Menschen dahinter zu terrorisieren. Diesmal trifft es einen Schriftsteller und seine Frau. Der Widerstand des Hausherrn ist schnell gebrochen. Während Doofie ihn in die Mangel nimmt, reißt Alex sein Manuskript mit dem Titel „Die Uhrwerk-Orange“ in Fetzen. Anschließend vergewaltigen sie die Frau.

Doofie muckt auf

Den Rest des Abends verbringen sie, müde und ausgelaugt, in der Korowa-Milchbar. Dort gerät Alex mit Doofie aneinander. Auslöser ist Doofies respektloses Verhalten gegenüber einer jungen Frau, deren Gesangseinlage er mit obszönen Gesten kommentiert. Alex fühlt sich von der Melodie berührt und gibt Doofie kurzerhand eins drauf. Der will sich das nicht bieten lassen. Pete und Georgie kommen Doofie zu Hilfe, der schließlich aber nachgibt. Auf dem Weg nach Hause merkt Alex, dass sein Appetit auf Musik geweckt ist. Nach einem hastigen Abendessen – seine Eltern sind schon im Bett – zieht er sich in sein Zimmer zurück und dreht die Stereoanlage auf. Zu den Klängen von Mozart und Bach gibt er sich ekstatischen Massenmordfantasien hin.

Beethoven

Alex döst in den Vormittag hinein, bis die Türklingel ihn weckt. Es ist sein Bewährungshelfer P. R. Deltoid. Der zeigt sich wenig amüsiert über Alex’ Schulschwänzen und seine Attitüde insgesamt. Voller Sarkasmus malt er ihm eine düstere Zukunft aus und mahnt ihn, sich schnellstens zu einem tugendhafteren Leben durchzuringen. Alex gibt sich seinem Bewährungshelfer gegenüber unschuldig. Nachdem dieser fort ist, frühstückt er und macht sich dann auf den Weg in seinen Lieblingsplattenladen, wo, so hofft er, endlich die Schallplatte angekommen ist, auf die er schon so lange wartet: Beethovens Neunte. Er hat gleich doppelt Glück: Nicht nur nimmt er die begehrte Platte mit nach Hause, sondern auch gleich noch zwei vorlaute Schulmädchen, die er im Plattenladen aufgerissen hat. Er macht sie betrunken und vergewaltigt sie brutal zu Beethovens Meisterwerk.

Meuterei

Am nächsten Abend passen Alex’ Kumpels ihm vor der Haustür ab. Pete, Doofie und Georgie nehmen die Ereignisse des vorigen Abends zum Anlass, ihren Unmut in Worte zu fassen. Sie setzen Alex von ihrem Sinneswandel in Kenntnis: Ab sofort soll sein Wort nicht mehr gelten als ihres. Außerdem soll Schluss sein mit dem kriminellen Klein-Klein, ein richtig großes Ding wollen sie drehen! Alex hört sich die Unabhängigkeitserklärung an, macht zunächst gute Miene zum bösen Spiel, bis er aus heiterem Himmel mit dem Rasiermesser auf Georgie losgeht. Das anschließende Messerduell gewinnt er; der unterlegene Georgie hält sich die blutende Hand. Doch Alex hat noch nicht genug, er will klare Verhältnisse schaffen. Also knöpft er sich Doofie vor. Der muss sich ebenfalls geschlagen geben. Einstweilen ist Alex wieder Herr im Haus.

Der Bruch

Voller Großmut gewährt er nun seinen Fußsoldaten den Wunsch nach einem richtig großen Ding. Georgie berichtet von einem Haus in der Altstadt, in dem er reiche Beute vermutet. Alex lässt sich auf den Plan ein und die vier machen sich auf den Weg. Im Erdgeschoss des Hauses brennt Licht. Eine alte Frau ist gerade dabei, ihre Katzen zu füttern. Sie klingeln. Alex gibt vor, einen Arzt für seinen verletzten Freund rufen zu wollen, und fragt, ob er kurz das Telefon benutzen dürfe. Doch die Alte riecht Lunte und lässt ihn nicht herein. Also steigt Alex, nachdem ein paar Minuten verstrichen sind, durch ein Fenster. Drinnen ist es dunkel, aus einem Zimmer tönt die Stimme der Alten, die mit ihren Katzen spricht. Da hat Alex eine Idee: Warum nicht den Bruch alleine durchziehen? Den Kumpels mal zeigen, wo der Hammer hängt? Die Alte ist jedoch eine schwierigere Gegnerin, als Alex erwartet hat. Mit ihrem Gehstock setzt sie sich zur Wehr. Alex schlägt ihr mit einer Statuette so heftig über den Schädel, dass sie leblos liegen bleibt. Plötzlich hört er das Heulen von Sirenen. Er will fliehen, da wartet die nächste Überraschung, nämlich Doofie, der ihm seine Kette um die Ohren schlägt. Doofie sucht das Weite, Alex bleibt benommen zurück und wird verhaftet. Auf der Polizeiwache hat man schlechte Nachrichten: Die alte Frau ist im Krankenhaus ihren Verletzungen erlegen.

Im Gefängnis

Alex wird der Prozess gemacht. Das Urteil: 14 Jahre. Zwischen verrohten Schwerkriminellen und brutalen Wärtern fristet er sein Dasein. Eines Tages stattet der Innenminister dem Gefängnis einen Besuch ab und hält den Insassen einen Vortrag: Der traditionelle Strafvollzug sei überholt, da er die Kriminalität nicht beseitige, sondern sie vielmehr erzeuge. Er redet von neuartigen Methoden, die den Verbrechern ihre Kriminalität kurzerhand austreiben würden, als wäre es eine Krankheit. Alex, der durch einen Zwischenruf die Aufmerksamkeit auf sich zieht, wird als Versuchskaninchen ausgewählt. Man bringt ihn zum Gefängnisdirektor, der ihm den neuen Ansatz erklärt: Wenn Alex willens sei, sich der so genannten Rückgewinnungsbehandlung zu unterziehen, werde er binnen zwei Wochen auf freien Fuß gesetzt. Alex erklärt sich dazu bereit.

Die Behandlung

Ein Arzt erklärt ihm die Prozedur, die so genannte Ludovico-Behandlung, die ihm nun bevorsteht: Er soll bloß ein paar Filme anschauen, außerdem bekomme er einige Spritzen, es sei alles halb so wild. Alex kann sein Glück kaum fassen und macht schon Pläne für später. Am nächsten Tag geht es los. Im Behandlungssaal, der halb Kino, halb Labor ist, wird Alex auf einer Art Zahnarztstuhl festgeschnallt, man fixiert seinen Kopf, seine Augenlider werden mit Klammern offen gehalten. Die Filme, die man ihm nun vorführt, zeigen brutalste Gewalt in allen erdenklichen Spielarten. Zunächst staunt Alex darüber, wie realistisch die Exzesse dargestellt sind, doch bald befällt ihn Übelkeit, die sich mit jedem weiteren Film steigert.

Auf dem Weg der Besserung

So geht es die nächsten Tage weiter. Immer perverser werden die Gewaltorgien auf der Leinwand, immer unerträglicher der Ekel, den Alex bei deren Betrachtung verspürt. Bald ist er psychisch und körperlich am Ende. Der Arzt zeigt sich äußerst zufrieden. Er erklärt Alex das Prinzip der Behandlung: Vor jeder Sitzung wird ihm eine Droge gespritzt, die dafür sorgt, dass er auf den Anblick von Gewalt mit heftiger Übelkeit reagiert. Durch einfache Konditionierung soll ihm so jede Neigung zu Gewalt ausgetrieben werden. Dann sind die 14 Tage um und die Entlassung steht bevor. Eine finale Sitzung soll die Prozedur beschließen. Zu diesem Ereignis hat sich ein illustres Publikum eingefunden. Diesem wird Alex als friedfertige Kreatur vorgeführt, die keiner Fliege etwas zuleide tun kann.

Freiheit

Schließlich wird er als geheilt entlassen. Gleich zieht es ihn nach Hause. Sein sehnlichster Wunsch: in Ruhe Musik hören. Doch daraus wird nichts, denn seine Eltern haben sein Zimmer inzwischen an einen gewissen Joe untervermietet, der für sie zu einer Art Ersatzsohn geworden ist. Die Einrichtung von Alex’ Zimmer ist überdies von der Polizei konfisziert und verkauft worden. Mit dem Erlös wurden die von ihm angerichteten Schäden kompensiert. Die Eltern machen Alex klar, dass er nicht bleiben kann. Unter Tränen räumt er das Feld. In der Korowa-Milchbar bestellt er sich die übliche „Milch plus“; aus dem anschließenden Drogenrausch wacht er zutiefst ernüchtert und mit der Erkenntnis auf, dass ihn nichts mehr am Leben hält. Um sich über Suizidmethoden zu informieren, geht er in die Bücherei.

Wiederbegegnung mit den Opfern

Dort stößt er auf den Mann, den er und seine Kumpels an jenem Abend vor zwei Jahren misshandelt haben. Der erkennt ihn wieder und schreit Zeter und Mordio. Alex, zu physischer Gegenwehr unfähig, ist darauf angewiesen, dass die Polizei ihn vor dem Zorn des Mannes rettet. Doch damit ist er vom Regen in die Traufe geraten: Die Polizisten entpuppen sich als alte Bekannte, es sind Doofie und Billyboy, die noch eine Rechnung mit ihm zu begleichen haben. Sie fahren mit ihm aufs Land. Dort lassen sie ihrer Rachsucht freien Lauf – Alex hat ihnen nichts entgegenzusetzen. Als sie mit ihm fertig sind, lassen sie ihn schwer verletzt zurück. Ziellos irrt Alex durch die Dunkelheit. Der Zufall will es, dass er unvermittelt vor dem Haus des Schriftstellers steht, dem Opfer des „Überraschungsbesuchs“. Auch er erkennt Alex, jedoch nicht als seinen Peiniger von damals, sondern aus der Zeitung, als Versuchskaninchen der neuen Methode. Er lässt ihn herein, versorgt seine Wunden, gibt ihm zu essen und zu trinken. Alex erzählt seine Geschichte, wenn auch stark verharmlost. Der Mann, offenbar ein politischer Aktivist, zeigt sich empört. Seine Frau, so stellt sich nebenbei heraus, ist seinerzeit an den Folgen der Misshandlung gestorben.

Zwischen den Fronten

Am nächsten Tag findet im Haus des Schriftstellers ein Treffen von Systemgegnern statt. Die Gruppe stellt einen Plan auf: Alex soll als Opfer des teuflischen Systems vorgeführt werden und so zum Umsturz der Verhältnisse beitragen. Er möchte sich allerdings nicht für ihre Zwecke einspannen lassen und will gehen, wird aber von den Dissidenten daran gehindert. Mit dem Auto bringen sie ihn in eine Wohnung in der Stadt und lassen ihn dort zurück. Alex schaut sich um. Plötzlich ertönt von irgendwoher Musik. Da die Ludovico-Behandlung ihm nicht nur die Lust an Gewalt ausgetrieben hat, sondern, wie er inzwischen weiß, auch die klassische Musik mit Ekel belegt hat, wird ihm sofort schlecht. Seine Übelkeit steigert sich zu unerträglichen Qualen, doch die Musik spielt fort und fort. Schließlich sieht Alex nur noch einen Ausweg – er springt aus dem Fenster.

Geheilt!

Wie durch ein Wunder überlebt er den Sprung, wenn auch schwer verletzt. Im Nachhinein erkennt er, dass die Dissidenten ihn in den Suizid treiben wollten, um einen Märtyrer aus ihm zu machen. Nun liegt er im Krankenhaus, und die Besucher geben sich die Klinke in die Hand. Viele wollen ihn für ihre Seite gewinnen: die Dissidenten, der Innenminister, der Pfarrer. Aus Zeitungsberichten geht hervor, dass sein Fall tatsächlich die Regierung in eine Krise gestürzt hat. Und eine weitere Folge zieht der Sprung aus dem Fenster nach sich: Die Ludovico-Programmierung ist Vergangenheit, Alex ist wieder ganz der Alte! Auf der Stereoanlage, die ihm der Innenminister geschenkt hat, lauscht er Beethovens Neunter und schwelgt ohne jeden Ekel in den herrlichsten Mordfantasien.

Das neue, alte Leben

Alex sitzt in der Korowa-Milchbar mit seinen neuen Kumpels: Len, Rick und Bully. Was tun mit dem Abend? Was sie immer tun: rauben, prügeln, saufen. Doch Alex ist diesmal nicht richtig bei der Sache. Verdutzt registrieren seine Kumpels, dass mit ihrem Anführer nichts anzufangen ist. Schließlich setzt sich Alex ab. In einem Café bestellt er sich eine Tasse Tee und grübelt. Da erkennt er am Nachbartisch seinen alten Kumpel Pete. Der ist solide geworden, hat geheiratet und arbeitet bei einer Versicherungsfirma. Alex geht ein Licht auf: Das ist es, was ihn in seinem Leben erwartet, wofür es sich zu arbeiten und zu kämpfen lohnt: ein bürgerliches Leben mit Frau und Kindern.

Zum Text

Aufbau und Stil

Die Uhrwerk-Orange ist dreiteilig angelegt. Im ersten Teil berichtet der Ich-Erzähler Alex von den Untaten, die er und seine Kumpels an zwei aufeinanderfolgenden Abenden begehen. Im zweiten Teil sitzt er im Gefängnis und wird schließlich, nachdem er mittels Gehirnwäsche zu einem nützlichen Mitglied der Gesellschaft umprogrammiert worden ist, auf freien Fuß gesetzt. Im dritten Teil trifft er auf einige seiner früheren Opfer, deren Rache er wehrlos ausgesetzt ist; außerdem wird er beinahe in den Mühlen des politischen Systems zerrieben. Hinter dem formalen dreiteiligen Aufbau ist eine inhaltliche Zweiteilung erkennbar: Zunächst wird Alex als brutal und gewissenlos dargestellt, dann wird er selber Gewaltakten ausgesetzt; die Frage, wer hier letztlich wessen Opfer ist, bleibt in der Schwebe. Burgess verwendet größte Sorgfalt darauf, den Leser vom vorschnellen Urteilen abzuhalten. Ein besonderer Kunstgriff ist die fiktive Jugendsprache Nadsat, bei deren Konstruktion Burgess überwiegend auf russische Vokabeln zurückgegriffen hat. Der Ausdruck „horrorshow“ z. B. ist Nadsat für „gut“ und leitet sich vom russischen „khorosho“ ab. Das über 200 Wörter starke Nadsat-Vokabular wird dem Leser so geschickt untergejubelt, dass sich die Bedeutung der meisten Begriffe im Kontext erschließt. Mithilfe dieser Kunstsprache verleiht Burgess seinem Helden viel Witz und Kreativität. So wird es dem Leser möglich, wenigstens ein Fünkchen Sympathie für den eiskalten Sadisten zu empfinden. Ein weiterer Effekt des Nadsat ist die Distanz, die seine Verwendung zwischen dem Leser und den Beschreibungen schafft. Was in normaler Sprache reine Pornografie wäre, wird in Nadsat fast zu Poesie.

Interpretationsansätze

  • Die schonungslose Darstellung von Gewalt in Die Uhrwerk-Orange konfrontiert den Leser mit seinen eigenen Aggressionen. Der Mensch, so die Botschaft, ist ein gewalttätiges Wesen. An dieser Tatsache ändert auch Alex’ Faible für schicke Klamotten und seine Begeisterung für Beethoven nichts. In seiner Figur ist die Natur des Menschen, wie Burgess sie sieht, konsequent zu Ende gedacht.
  • Burgess hat in Die Uhrwerk-Orange den so genannten pelagianischen Streit verarbeitet, den Disput zwischen dem Kirchenvater Augustinus und dem britischen Mönch Pelagius, der zu Beginn des fünften Jahrhunderts ausgetragen wurde. Augustinus verfocht dabei die Lehre von der Erbsünde, also dass der Mensch an sich schlecht sei und nur durch Gottes Gnade erlöst werden könne. Pelagius hielt dagegen, der Mensch sei keineswegs verworfen, sondern könne durch eigene Anstrengungen zur Erlösung kommen.
  • Alle drei Teile des Buches beginnen mit den Worten: „Was soll es denn geben, mh?“ Hiermit spielt Burgess auf nonchalante Weise auf das große Thema des Romans an: die Frage nach der Willensfreiheit des Menschen. Die Uhrwerk-Orange ist ein Plädoyer für die Willensfreiheit. Ohne diese, so der Tenor des Romans, ist der Mensch kein Mensch. Und solange es ihm nicht offensteht, das Böse statt des Guten zu wählen, ist dieses Gute moralisch gesehen wertlos.
  • Zu dem Titel Die Uhrwerk-Orange wurde Burgess durch den Cockney-Ausdruck „queer as a clockwork orange“ („seltsam wie eine Uhrwerk-Orange“) inspiriert.

Historischer Hintergrund

Der Verfall des britischen Empire

Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges etablierten sich die USA als führende Wirtschafts- und Militärmacht der westlichen Welt; das einstmals so stolze britische Empire hingegen büßte einen Großteil seiner politischen Bedeutung ein. Mit der Unabhängigkeit Indiens 1947 war das Ende des Kolonialzeitalters eingeläutet. Innenpolitisch gab es einen deutlichen Linksruck, einhergehend mit der Verstaatlichung von Schlüsselindustrien und dem Aufbau eines modernen Sozialsystems. Außenpolitisch wurde eine Anlehnung an die Schutzmacht USA betrieben. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung der 50er Jahre begannen die Einwohner Großbritanniens, auch den Lebensstil der ehemaligen Kolonie Amerika zu übernehmen. Wie beinahe überall in der westlichen Welt kam es überdies zu einem Generationenkonflikt: Die überkommenen Werte der britischen Ständegesellschaft wurden von einer zunehmend modern und hedonistisch orientierten Jugend infrage gestellt. Es bildeten sich Protestbewegungen sowohl im kulturellen Bereich (z. B. die Schriftstellergruppierung „Angry Young Men“) wie auch auf subkultureller Ebene (z. B. die Teddyboys, später Mods und Rocker). Das Establishment reagierte zum großen Teil mit Unverständnis und einem Rückzug auf extrem konservative Positionen. Der einsetzende Zustrom von Einwanderern aus den ehemaligen Kolonien sowie ein genereller Anstieg der Kriminalität erschreckten zudem viele Briten, die sich immer noch nach der Bettwärme der „goldenen“ Viktorianischen Zeit sehnten.

Entstehung

Im Frühjahr 1961 begann Anthony Burgess mit der Arbeit an Die Uhrwerk-Orange. Die ersten sieben Kapitel waren nach drei Wochen fertig. Etwas länger dauerte die Suche nach einem stimmigen Ende. Burgess war zwar ein notorischer Schnell- und Vielschreiber, doch dass es so rasant voranging, lag vor allem daran, dass die Zutaten zu Die Uhrwerk-Orange im Wesentlichen schon vorhanden waren und nur noch in die passende Form gebracht werden mussten. Besonders mit dem Grundthema war Burgess schon lange schwanger gegangen: der theologische Konflikt zwischen dem frühchristlichen Kirchenlehrer Augustinus, der die grundsätzliche Verworfenheit des Menschen durch die Erbsünde betonte, und dem Häretiker Pelagius, der dem Menschen einen freien Willen und die Möglichkeit, ohne Sünde zu leben, zugestand. Auch die Idee, einen Zukunftsroman zu schreiben, der sich mit dem eben aufkommenden Phänomen der jugendlichen Bandengewalt beschäftigte, hatte Burgess schon länger gehegt. Anlässlich einer Reise nach Leningrad konnte er die russische Version der englischen Teddyboys studieren, die so genannten „Stilyagi“, aus deren Lebensstil, einer Mischung aus verfeinertem Geschmack und roher Gewalt, Burgess wohl die Inspiration für Alex und seine Gang bezog. Aus Russland brachte Burgess auch die Grundzüge des Nadsat mit, jenes fiktiven Jugendslangs, mit dessen Hilfe er seinem Roman eine zeitlose sprachliche Form gab. Und nicht zuletzt muss Fjodor M. Dostojewskis Schuld und Sühne zu den Inspirationsquellen für Die Uhrwerk-Orange gezählt werden. Im Vorfeld seiner Russlandreise hatte sich Burgess intensiv mit diesem Werk, das sich ebenfalls mit der Frage nach dem freien Willen des Menschen befasst, auseinandergesetzt.

Wirkungsgeschichte

Es gibt zwei Versionen von Die Uhrwerk-Orange: die britische, die 21 Kapitel enthält und in der Alex am Ende aus freien Stücken mit seinem bisherigen Lebensstil bricht und sich für eine bürgerliche Existenz entscheidet; und die amerikanische, die nur 20 Kapitel enthält, weil der Verleger Alex’ Sinneswandel am Schluss für unglaubwürdig hielt. Diese Version endet damit, dass Alex nach seinem Selbstmordversuch im Krankenhaus aufwacht und wieder ganz der alte „Ultra-Brutalo“ ist. Die erste Version erschien 1962 und wurde weitgehend positiv aufgenommen, der große Erfolg kam jedoch erst mit der Veröffentlichung der US-Fassung ein Jahr später. Diese Version war es auch, die der Regisseur Stanley Kubrick seiner Verfilmung des Romans zugrunde legte. Mit dem Film wurde die Geschichte von Alex und seinen Kumpels endgültig zum Skandal. Die öffentliche Meinung empörte sich in den schrillsten Tönen über solch ästhetisierende Gewaltdarstellungen. Man befürchtete, dass Jugendliche sich mit Alex identifizieren und ihm nacheifern könnten.

Burgess, der zeitlebens darunter litt, dass sein umfangreiches und vielgestaltiges Schaffen oft auf diesen einen, wie er meinte, relativ unbedeutenden Roman reduziert wurde, konterte mit dem Hinweis auf die zahlreichen blutrünstigen Passagen im Alten Testament, an denen die Sittenwächter ja auch keinen Anstoß nähmen. Bis heute scheiden sich die Geister an der Frage, inwiefern Gewaltdarstellungen in Film, Literatur oder Kunst einen verderblichen Einfluss auf Jugendliche haben. Ob verderblich oder nicht – der Einfluss, den Die Uhrwerk-Orange auf die Pop- und Jugendkultur nahm, ist gewaltig. Kaum auf ein anderes Werk wird von Musikern, Filmemachern, Autoren und anderen Kreativen so oft zurückgegriffen. Die deutsche Punkband Die Toten Hosen landete 1988 mit Hier kommt Alex einen Hit. Zuletzt erklärte der Schauspieler Heath Ledger, seine Rolle als Joker in Batman – The Dark Knight nach der Figur des Alex modelliert zu haben.

Über den Autor

Anthony Burgess wird am 25. Februar 1917 in Manchester geboren. Das Milieu seiner Kindheit ist vorwiegend katholisch, proletarisch und von Härte und Lieblosigkeit geprägt. Burgess fühlt sich zur Literatur und besonders zur Musik hingezogen. Er schreibt Gedichte, spielt Klavier und komponiert mit großem Ehrgeiz Symphonien. 1940, nach Abschluss seines Studiums der englischen Literatur, wird er eingezogen. Zunächst tingelt er als Teil einer Armeekapelle durch britische Kasernen, später wird er nach Gibraltar versetzt, wo er Armeeangehörige in Zivilkunde und verschiedenen Sprachen unterrichtet. Auch nach dem Krieg bleibt er dem Lehrerberuf treu. Nebenher verfolgt er seine musikalischen und literarischen Ambitionen. Im Dienst des British Colonial Service tritt Burgess 1954 einen Posten als Collegedozent in Malaya an. Die exotische Umgebung liefert ihm reichlich Material für seine Geschichten. 1956 wird sein erster Roman Time for a Tiger veröffentlicht. Während es beruflich gut läuft, gibt es privat Probleme: Burgess’ Ehe wird vom Alkoholismus und zahllosen Affären seiner Frau überschattet. Seine Gesundheit leidet unter dem massiven Zigaretten- und Ginkonsum. 1959 bricht der exzentrische Lehrer, der inzwischen in Brunei arbeitet, vor den Augen seiner Klasse zusammen. Die Ärzte diagnostizieren einen inoperablen Hirntumor und geben Burgess noch ein Jahr zu leben. Er kehrt nach England zurück und widmet sich von nun an ganz dem Schreiben. Nach Ablauf des Jahres ist er noch am Leben, es geht ihm sogar besser denn je: Mit nahezu übermenschlicher Schaffenskraft produziert er ein Werk nach dem anderen, darunter 1962 seinen größten Erfolg A Clockwork Orange (Die Uhrwerk-Orange). Burgess tut sich in fast allen literarischen Genres hervor und ist sich auch für journalistische Arbeit nicht zu schade. Nach dem Tod seiner Frau heiratet er 1968 seine langjährige Geliebte, mit der er an wechselnden Orten in Europa lebt. Er stirbt am 25. November 1993 in London.

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    A. vor 10 Jahren
    Der amerikanische Verleger hatte schon recht, als er «A Clockwork Orange» ohne das 21. und letzte Kapitel veröffentlichte. Die amerikanische Version endet damit, dass Alex sich eine neue Gang organisiert und praktisch alles wieder von vorne beginnt – gelernt hat Alex nichts, die Gehirnwäsche hat jedoch ihre Wirkung verfehlt und Alex ist wieder der Alte. In der englischen Originalversion mit dem 21. Kapitel hingegen endet Alex als völlig verspiesserter Familienvater. Die Gehirnwäsche hat ihren Zweck erfüllt. Oder wie es die Toten Hosen mit dem Refrain schön auf den Punkt bringen:
    * Hey, bye bye Alex!
    * Nur noch ein Clown,
    * traurig anzuschaun
    Fazit: Wer keinen Kitsch mag, soll das letzte Kapitel einfach weglassen.

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