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Die Vögel

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Die Vögel

Reclam,

15 Minuten Lesezeit
10 Take-aways
Text verfügbar

Was ist drin?

Anspielungsreich, witzig und obszön – eine der unvergänglichen Komödien der Antike.


Literatur­klassiker

  • Komödie
  • Griechische Antike

Worum es geht

In Wolkenkuckucksheim

Das Stück Die Vögel von Aristophanes, das 414 v. Chr. erstmals aufgeführt wurde, zählt heute zu den meistgelesenen antiken Komödien. Darin gründen zwei von der Prozessflut in Athen genervte Männer gemeinsam mit den Vögeln einen neuen Staat namens Wolkenkuckucksheim. Sie entwerfen die politische Utopie eines freiheitlichen Gemeinwesens, doch schon bald entartet die Demokratie zur Alleinherrschaft. Trotz aller tagespolitischen Anspielungen, die das zeitgenössische Publikum – im Gegensatz zum heutigen – sofort verstand, hat Die Vögel etwas Zeitloses, Allgemeingültiges. Gleichsam aus der Vogelperspektive beobachtet Aristophanes das Treiben der Menschen und der Götter, die als ewig lüsterne, habgierige und verfressene Tunichtgute erscheinen. Er will das Publikum zum Lachen bringen, doch in den Spaß mischt sich beißende Kritik an den Zuständen seiner Zeit. In derber, respektloser Sprache verspottet er prominente Persönlichkeiten, Dichter und Denker und zielt dabei mit Vergnügen unter die Gürtellinie. Ein Glanzstück gesellschaftskritischen Kabaretts der Antike, das nicht einmal vor Zeus Halt macht.

Take-aways

  • Aristophanes’ Die Vögel zählt zu den meistgelesenen antiken Komödien.
  • Inhalt: Die beiden Athener Peisetairos und Euelpides haben die vielen Gerichtsverfahren in ihrer Heimat satt. Zusammen mit den Vögeln wollen sie einen neuen Staat zwischen Himmel und Erde gründen. Doch der Plan eines freien, demokratischen „Wolkenkuckucksheims“ scheitert, da Peisetairos die Alleinherrschaft an sich reißt.
  • Trotz mancher tagespolitischer Anspielungen ist Die Vögel eher eine märchenhafte Komödie.
  • Aristophanes entwirft darin eine politische Utopie nach dem Vorbild des demokratischen Athen.
  • Aus der Vogelperspektive philosophiert er kritisch über das Treiben der Menschen und der Götter im Allgemeinen.
  • Aristophanes verspottet auch ganz konkret prominente Dichter und Philosophen seiner Zeit.
  • Die Vögel ist gekennzeichnet durch eine direkte, derbe Sprache und eine überbordende Lust am Sprach- und Wortspiel.
  • Das Stück wurde erstmals 414 v. Chr. bei den attischen Dionysos-Festspielen aufgeführt.
  • Der Begriff „Wolkenkuckucksheim“ ist als Bezeichnung für eine abgehobene Utopie in die deutsche Sprache eingegangen.
  • Zitat: „Wahrhaftig, ich sehe einen großen Plan im Volk der Vögel und Macht, die entstehen könnte, wenn ihr euch von mir überreden ließet.“

Zusammenfassung

Auf der Suche nach einem Lebensort

Auf der Suche nach Tereus haben sich Euelpides und Peisetairos im Wald verirrt. Von Tereus erhoffen sich die beiden einen Tipp, wohin sie auswandern müssen, um den lästigen und kostspieligen Prozessen, mit denen sie in Athen überzogen werden, zu entkommen. Wie sie selbst war Tereus einst hoch verschuldet, bevor er sich in einen Vogel verwandelte. Er ist weit herumgekommen und kennt, so glauben die beiden, sicher einen Ort, an dem es sich von Gerichten unbehelligt und ohne Ärger leben lässt.

„Deshalb gehen wir diesen Gang und irren mit Korb und Topf und Myrtenzweigen auf der Suche nach einem Ort ohne Ärger, wo wir uns niederlassen und unser Leben verbringen können.“ (Euelpides, S. 11)

Endlich finden sie Tereus in einem zwischen Felsen und Büschen versteckten Haus. Er tritt ihnen in Gestalt eines ziemlich zerrupften Wiedehopfs entgegen. Sie tragen ihr Anliegen vor. Doch alle Städte, die Tereus ihnen als möglichen Zufluchtsort vorschlägt, lehnen die beiden ab. Da hat Peisetairos eine Idee: Wie wäre es, wenn sie gemeinsam im leeren Raum zwischen dem Himmel, dem Reich der Götter, und der Erde, dem Reich der Menschen, eine Stadt der Vögel gründeten? Man könnte über die Menschen herrschen wie über Heuschrecken und von den Göttern für den Opferrauch, der zum Himmel emporsteigt, Zoll einfordern. Tereus ist begeistert, muss aber erst einmal die anderen Vögel um Zustimmung fragen.

„Wahrhaftig, ich sehe einen großen Plan im Volk der Vögel und Macht, die entstehen könnte, wenn ihr euch von mir überreden ließet.“ (Peisetairos, S. 23)

Auf Tereus’ Rufe kommen verschiedene Vögel herbei. Als Tereus ihnen von Peisetairos und Euelpides berichtet, zeigen sie sich empört: Wie konnte er nur sie, die Vögel, die ihn einst als Freund aufnahmen, dieser Gefahr durch Menschen aussetzen? Die Fremden sollen zerfetzt und aufgefressen werden! Doch Tereus stellt sich schützend vor die Athener. Ihrer Abstammung nach seien sie zwar Feinde, doch sie seien freundlich gesinnt und wollten den Vögeln etwas Nützliches beibringen. Zudem sei von Feinden ja mehr zu lernen als von Freunden. Wer brachte den Städtern bei, sich durch hohe Mauern zu schützen – ihre Freunde oder ihre Feinde? Die Feinde. Man solle darum die klugen Männer zumindest anhören.

Die Vögel als neue Götter

Peisetairos – unterstützt von seinem Freund Euelpides – schmeichelt den Vögeln: Als erste Lebewesen seien sie früher Könige über Himmel und Erde gewesen. Ursprünglich hätten nicht die Götter über die Menschen geherrscht, sondern die Vögel. Der erste Herrscher über die Perser war der Hahn – daher stolziert er heute noch mit aufrechtem Kopf einher und bringt durch seinen Morgengesang alle Menschen dazu, aufzuspringen und zur Arbeit zu eilen. Der Kuckuck hat über Ägypter und Phönizier geherrscht. Wenn er „Kuckuck“ rief, schritten sie zur Getreideernte. In alten Zeiten waren Vögel heilig; auf sie, nicht auf die Götter, leistete man Schwüre. Und heute? Sie werden für Idioten gehalten, man bewirft sie mit Steinen, fängt sie in Netzen, brät sie und serviert sie mit Käse oder fettigen Soßen.

„Nun, von ihren Feinden lernen ja die Weisen viel.“ (Tereus, S. 43)

Nach dieser Rede fassen die Vögel allmählich Vertrauen zu den beiden Fremden, die ihnen die verlorene Herrschaft zurückbringen wollen. Peisetairos erklärt ihnen, was zu tun ist: Die Vögel sollen eine Stadt gründen, die Luft zwischen Himmel und Erde mit einer Mauer umfassen und von Zeus die Herrschaft zurückfordern. Wenn der sich weigert, sollen sie ihm den Krieg erklären und den Göttern fortan verbieten, auf der Suche nach irdischen Liebesabenteuern ihr Staatsgebiet zu durchqueren. Den Menschen sollen sie klarmachen, dass sie künftig zunächst ihnen, den Vögeln, und erst dann den Göttern ihre Opfer darzubringen haben. Und wenn die Menschen die Vögel nicht als ihre neuen Götter anerkennen? Nun, dann werden sich Scharen von Spatzen und Krähen auf die Felder stürzen und die Saat verschlingen. Und die Raben werden den für den Ackerbau benötigten Zugtieren und den Schafen die Augen aushacken. Mal sehen, ob den Menschen ihre alten Götter dann noch helfen können!

Der Nutzen der Vögel

Die Vögel sind skeptisch. Die Menschen lieben Reichtum und Gesundheit, und woher sollen sie dies künftig bekommen, wenn nicht von den Göttern? Auch da weiß Peisetairos Rat: Die Vögel können den Menschen die reichsten Quellen nennen und die sichersten Wege dorthin beschreiben. Sie allein wissen, wo große Schätze vergraben sind, und wenn sie die Menschen reich machen, schenken sie ihnen damit zugleich Gesundheit. Für die Opferrituale bedarf es nicht einmal steinerner Tempel – Büsche und Bäume werden ihre heiligen Stätten sein.

„So hielten euch alle früher für groß und heilig; doch jetzt für Sklaven, Dummköpfe, Trottel. Jetzt sogar werfen sie wie nach Tollwütigen Steine nach euch.“ (Peisetairos zu den Vögeln, S. 55)

Da nun die letzten Zweifel ausgeräumt sind, stimmen die Vögel einen Lobgesang auf sich selbst an: Das sterbliche, kraftlose, flügellose Geschlecht der Menschen soll die Vögel, die älter sind als alle Götter des Olymps, als ihre neuen Götter anerkennen. Sie sind es, die für Unvergänglichkeit, Liebe und Erotik sorgen, sie zeigen verlässlich die Jahreszeiten an und besitzen prophetische Kräfte. Anders als Zeus sitzen sie aber nicht hochnäsig zwischen den Wolken, sondern sind stets für die Menschen da, geben ihnen Frieden und Vergnügen, Feiern und Tänze und schöne Lieder. Was bei den Menschen verpönt ist, bei den Vögeln ist es erlaubt – selbst den eigenen Vater zu verhauen. Überhaupt sind Flügel das Beste, was man sich wünschen kann. Hätten die gelangweilten und hungrigen Zuschauer im Publikum Flügel, könnten sie jetzt einfach kurz nach Hause fliegen, um Mittag zu essen, und dann zurückkommen. Jeder könnte zum Scheißen mal eben eine Runde fliegen und sich dann wieder setzen. Entdeckte einer unter den Zuschauern den Ehemann seiner Geliebten, könnte er diese schnell besuchen, ficken und wieder zurückfliegen.

In Wolkenkuckucksheim

Durch den Genuss einer Wurzel bekommen Peisetairos und Euelpides Flügel und können tatkräftig helfen. Ein Name für die geplante Stadt ist schnell gefunden: Wolkenkuckucksheim. Während Euelpides die Vögel beim Mauerbau in der Luft unterstützt, will Peisetairos die Stadt segnen und den neuen Göttern opfern. Es treten ein Priester, ein Dichter und ein Orakeldeuter auf. Doch der Priester zeigt sich inkompetent und der Dichter ist, ebenso wie der Orakeldeuter, nur auf Geschenke aus. Peisetairos schickt sie allesamt zum Teufel.

„Erkennt ihr uns also als Götter an, / dann habt ihr als musische Wahrsager uns / im Winter, im Sommer, zu jeder Zeit, / in mäßiger Hitze.“ (Chorführer, S. 75)

Auch Meton, der herbeigeeilt ist, um mit seinen Geräten die Luft zu vermessen, einen Inspektor mit zwei Gerichtsurnen unter dem Arm sowie einen Volksbeschlussverkäufer, der den Wolkenkuckucksheimern neue Gesetze verkaufen will, jagt Peisetairos davon. Und so wird das Opferritual ohne menschliche Hilfe abgehalten. Ihre Gesetze geben sich die Vögel selbst. Sie versprechen, die Menschen zu beschützen und ihre Ernten gegen feindliche Tiere und Insekten zu verteidigen. Das Fangen und Quälen aller Vogelarten wird unter Strafe gestellt. Wer einen Vogel gefangen hält, soll selbst gefangen und angepflockt werden.

„Wir laufen nicht weg / und sitzen nicht oben hochnäsig da, / dort zwischen den Wolken, wie Zeus es tut, / sondern sind für euch da und geben euch selbst, / euren Kindern und Kindeskindern dazu / Reichtumsgesundheit, / Leben, Frieden, Glückseligkeit / und Jugend und Lachen und Tänze und Fest / und Vogelmilch.“ (Chorführer, S. 75)

Derweil, so berichtet ein Bote, haben die Vögel ihr Werk vollendet. Von nah und fern sind sie herbeigeflogen, um die riesige Stadtmauer zu bauen: 30 000 Kraniche haben auf ihren Köpfen die Steine transportiert, 10 000 Störche Ziegelsteine hergestellt, Flussvögel Wasser herbeigeschafft, Reiher den Lehm gebracht, den zuvor die Gänse mit ihren Füßen in Eimer geschaufelt hatten; Enten haben Ziegelsteine gelegt, Schwalben die Mauer mit Lehm verputzt, Spechte mit ihren Schnäbeln laut hämmernd die Tore zurechtgehackt, die nun von Dohlen bewacht werden.

„Wenn verbringen will sein Leben einer von euch Zuschauern / angenehm mit Vögeln künftig, nun, dann komme er zu uns!“ (Chorführer, S. 77)

Ein zweiter Bote stürmt herein und bringt eine schlechte Nachricht: Unbemerkt von den Dohlen hat einer von den Göttern den Luftraum von Wolkenkuckucksheim durchquert. 30 000 Falken, dazu Bussarde, Geier und andere Raubvögel haben die Verfolgung aufgenommen. Da kommt die geflügelte Götterbotin Iris herein. Auch sie hat die Stadtgrenze unbehelligt passiert. Sie ist auf dem Weg vom Olymp zu den Menschen, um diese aufzufordern, Schafe als Opfer für die Götter zu schlachten. Doch Peisetairos klärt sie auf: Die Vögel seien jetzt die Götter, ihnen müssten die Menschen Opfer bringen, nicht mehr den Göttern. Iris empfindet das als Provokation und droht mit der schrecklichen Rache des Zeus, doch Peisetairos weist sie in ihre Schranken: Wenn Zeus ihn weiter ärgere, werde er die Vögel zum Angriff hinaufschicken und seinen Palast in Brand stecken. Und wenn sie, Iris, ihn weiter ärgere, werde er es ihr mal gründlich besorgen, dafür sei er noch lange nicht zu alt.

Menschliche Höhenflüge

Ein Herold, der auf die Erde geschickt worden ist, kehrt zurück und überbringt Peisetairos die Ehrbekundungen der Sterblichen: Die Menschen beten ihn als Gründer der Himmelsstadt an und eifern den Vögeln nach. Vor der Gründung der Stadt waren sie ungepflegt, hungerten und hingen den Lehren des Sokrates an. Jetzt aber eilen sie morgens vom Bett aus direkt ins Gericht und zu den Buchläden und verschlingen gierig die Volksbeschlüsse. Viele von ihnen wollen jetzt auch Federn haben und die Lebensweise der Vögel annehmen. Peisetairos ist einverstanden: Jeder soll die Federn bekommen, die am besten zu ihm passen, ob es nun musische Federn sind oder prophetische oder solche für das Meer.

„Glückselig ist der Vögel Stamm, / der geflügelten, die zur Winterszeit / nicht in einen Mantel sich hüllen. / Und im Sommer erhitzt uns nicht der Strahl, / der heiße, der weithin leuchtet.“ (Chor, S. 107)

Schon eilt ein junger Mann herbei und wünscht sich, bei den Vögeln wohnen und nach ihren Gesetzen leben zu dürfen. Besonders gefällt ihm, dass es bei den Vögeln erlaubt ist, den eigenen Vater zu schlagen. Er möchte nämlich seinen Vater erwürgen und dann dessen Besitz erben. Doch Peisetairos hat eine bessere Idee: Der junge, kampfestaugliche Mann soll sich lieber mit Helm, Schild und Speer ausrüsten, nach Thrakien in den Krieg ziehen und so Geld verdienen – und den Vater in Ruhe leben lassen.

„Denn durch Worte schwingt sich der Geist auf und der Mensch wird in die Höhe gehoben.“ (Peisetairos, S. 137)

Als Nächstes kommt der Dichter Kinesias und verlangt nach Flügeln, um singen zu können wie eine Nachtigall. Peisetairos gebietet den hochfliegenden Künstlerträumen jedoch Einhalt. Kinesias solle lieber als Chorleiter mit den Vögeln das Krächzen einstudieren – was dieser jedoch ablehnt. Gleich darauf bittet ein Denunziant um Flügel. Sie würden es ihm erlauben, die von ihm Beschuldigten auszurauben, während sie in Athen im Gericht sitzen. Peisetairos empfiehlt ihm, das Denunzieren aufzugeben und sich lieber eine anständige Arbeit zu suchen. Er will ihn durch Worte beflügeln, doch der Denunziant bleibt stur – und erhält von Peisetairos statt Flügel eine Tracht Prügel.

Der Frieden mit den Göttern

Da taucht der abtrünnige Prometheus, der die Götter hasst, bei den Vögeln auf und verrät Peisetairos heimlich, Zeus sei erledigt: Seit die Vögel sich hier oben breitgemacht hätten, opferten die Menschen den Göttern nicht mehr. Kein Rauch von gebratenem Fleisch dringt mehr durch das Vogelreich in den Himmel, sogar die Barbarengötter leiden Hunger und drohen mit einem Aufstand. Prometheus empfiehlt Peisetairos, den geplagten Göttern Friedensbedingungen zu diktieren. Er soll die schöne Basileia zur Frau fordern, die die Aufsicht über Zeus’ Blitze sowie über Gesetze und Sitten hat.

„Es opfert nämlich keiner von den Menschen mehr irgendetwas den Göttern, und kein Duft von Schenkelstücken ist zu uns heraufgekommen seit jener Zeit, sondern wie an den Thesmophorien fasten wir ohne Opfer.“ (Prometheus, S. 143)

Tatsächlich kommen schon bald Poseidon und Herakles in Begleitung des ungehobelten Barbarengottes Triballos als Gesandte der Götter aus dem Himmel nach Wolkenkuckucksheim, um Peisetairos ein Friedensangebot zu machen. Der brät gerade Vögel, die gegen die Demokratie revoltiert haben. Unter der Voraussetzung, dass die Vögel von Zeus das Zepter der Herrschaft erhalten, würde er das Friedensangebot annehmen. Davon, so verspricht er, würden auch die Götter profitieren: Wenn die Menschen künftig Meineide ablegten, würden die Raben sich auf sie stürzen und ihnen die Augen aushacken. Und wenn die Menschen mit Opfern geizten, würden die Vögel schon dafür sorgen, dass die Götter bekämen, was ihnen zustehe: Eine Weihe werde ihnen nämlich die entsprechende Menge Geld wegnehmen, während sie es zählen.

„Alalalai! Iäh! Paian! / Hurra für deinen schönen Sieg, / Höchster aller Götter, du!“ (Chor zu Peisetairos, S. 163)

Und noch eine Bedingung stellt Peisetairos: Er will von Zeus das schöne Mädchen Basileia zur Frau erhalten. Während Herakles, den Duft der gebratenen Vögel in der Nase, mit allem einverstanden ist, gehen Poseidon diese Forderungen zu weit. Empört redet er auf Herakles ein: Falls Zeus den Vögeln die Herrschaft überlasse, würde ihm, Herakles, als Zeus’ Sohn, nach dessen Tod das ganze väterliche Vermögen entgehen. Das gibt Herakles dann doch zu denken, und er schwankt. Doch Peisetairos belehrt ihn eines Besseren: Als Sohn einer Ausländerin stehe er in der Erbfolge ohnehin hinter den Brüdern von Zeus. Sein Onkel Poseidon habe nur sein eigenes Interesse im Blick, denn er sei der rechtmäßige Erbe des Zeus; Herakles jedoch werde leer ausgehen.

Herakles und Triballos, verlockt durch die Aussicht auf ein Festmahl, überstimmen Poseidon. Mit dem Segen der Götter heiratet Peisetairos die schöne Basilea und wird so zum neuen Weltherrscher. Die Vögel umkreisen das glückliche Brautpaar, singen ihm Lieder, preisen es in den höchsten Tönen – und geleiten es schnurstracks zum Hochzeitsbett.

Zum Text

Aufbau und Stil

Aristophanes’ Komödie Die Vögel folgt vom Prolog (dem Vorspiel) über den Agon (dem Hauptteil mit Rede und Gegenrede) bis zum Exodos (der Schlussszene) einem festen Kompositionsprinzip, das sich aus dem Zusammenwirken von Chor und Schauspielern ergibt. Während dem Chor – der die Vögel repräsentiert – die gesungenen Partien zufallen, rezitieren die Schauspieler überwiegend im Versmaß des jambischen Trimeters, das der gesprochenen Sprache am nächsten kommt. Im wichtigsten Teil der Komödie, dem Agon, entfaltet sich üblicherweise ein heftiges Streitgespräch zwischen Chor und Protagonisten. In Die Vögel geht es jedoch nur noch um die Klärung von Details – grundsätzlich herrscht zwischen Vögeln und Menschen Einigkeit über das Projekt „Wolkenkuckucksheim“. Kennzeichnend für die Sprache des Stücks ist Aristophanes’ überbordende Lust an Sprachspielen, Wortneuschöpfungen und Wortmalereien, die das Publikum zum Lachen bringen sollen. Gelegentlich lässt er Figuren und Chor durch Zeilen wie „Tiotiotiotiotinx“ oder „Kikkabau, kikkabau“ sogar Vogelgezwitscher imitieren. Wenn es um Sex oder um die Verspottung prominenter Zeitgenossen geht, ist die Sprache direkt und teils überaus obszön. Immer wieder wird in Die Vögel die Handlung durch Kommentare oder direkte Ansprachen der Figuren an die Zuschauer unterbrochen, was – ähnlich wie beim „epischen Theater“ Bertolt Brechts – zur Zerstörung der dramatischen Illusion führt.

Interpretationsansätze

  • Aristophanes entwirft in Die Vögel mit dem Luftstaat Wolkenkuckucksheim eine politische Utopie nach dem Muster des demokratischen Athen seiner Zeit. Die Vögel hat jedoch – anders als andere utopische Entwürfe bei Aristophanes – weniger Bezug zur attischen Tagespolitik und ist eher im Reich des Märchens und des Mythos angesiedelt.
  • Zugleich parodiert Aristophanes das utopische Genre: Im Lauf des Stücks kommt immer deutlicher zum Vorschein, dass Peisetairos keineswegs beabsichtigt, den Vögeln ihre alten Herrschaftsrechte zurückzugeben, sondern dass er vielmehr einen heiligen Krieg führen und die Weltherrschaft erlangen will. Seine diktatorischen Züge zeigen sich schließlich völlig unverhohlen, als er die antidemokratischen Vögel brät.
  • Die Vögel ist trotz allen Gegenwartsbezugs von zeitloser Gültigkeit. Aristophanes beabsichtigte, sein Publikum durch slapstickartige Szenen, absurde Übertreibungen und Anspielungen auf Personen des öffentlichen Lebens zum Lachen zu bringen. Dennoch ruht das Gewicht des Stücks auf den allgemeinen Betrachtungen über Götter und Menschen sozusagen aus der Vogelperspektive.
  • Die Bewohner des Olymps kommen in Die Vögel nur als lächerliche Figuren vor: Sie sind habgierig und verfressen, egoistisch und sexbesessen. Mit seiner respektlosen Darstellung der Götter stellt Aristophanes zwar deren Macht über die Menschen, niemals aber den Glauben an ihre Existenz infrage.
  • Nicht nur die Götter, auch zeitgenössische Dichter und Philosophen werden verspottet: Wenn Aristophanes etwa Peisetairos den Vögeln „beweisen“ lässt, sie hätten ursprünglich die Herrschaft über die Welt besessen, persifliert er – für das Publikum seiner Zeit auf höchst amüsante Weise – die spitzfindige, rhetorisch versierte Argumentationsweise der von ihm verachteten Sophisten.

Historischer Hintergrund

Die attische Komödie als Gegenwartskritik

Nachdem die dramatische Form der Tragödie bereits vollendet war, entstand im Lauf des fünften Jahrhunderts v. Chr. in Griechenland die Komödie. Laut dem Philosophen Aristoteles diente sie ursprünglich dazu, die festlichen Umzüge bei den jährlich stattfindenden Feiern zu Ehren des Dionysos zu einer einheitlichen Aufführung zusammenzuführen. Bei diesen auf uralte Fruchtbarkeitsriten zurückweisenden Umzügen – in Athen als „komoi“ bezeichnet – trugen grotesk maskierte Bürger einen künstlichen Phallus umher, tanzten und sangen dabei derbe Spottlieder. Die Komödie folgte dem Vorbild der Tragödie, indem sie Chorlieder und Dialoge zu einer konzisen Handlung verband, fand aber schon bald zu ihrer ganz eigenen Form.

486 v. Chr., rund 50 Jahre nach der Einführung des Tragödienschauspiels, beschloss man in Athen, fortan auch Komödien bei den Dionysien aufführen zu lassen. Vor der Darbietung mussten Theaterdichter ihre Entwürfe beim Archonten, dem obersten Beamten in Athen, einreichen. Dieser wählte Stücke aus und wies ihnen einen reichen Sponsor zu, der die Kosten für die Aufführung übernahm. Behandelten die frühen Komödien, in denen derbe Späße und Prügelszenen viel Raum einnahmen, noch vorwiegend Märchen und mythische Stoffe, so rückte ab der Mitte des fünften Jahrhunderts die Gegenwartskritik in den Vordergrund. Führende Staatsmänner, prominente Dichter und Philosophen sowie die politische und soziale Situation im Stadtstaat Athen wurden auf der Bühne dem Spott preisgegeben.

415 v. Chr., im Zuge des Peloponnesischen Krieges zwischen Athen und Sparta, entschied sich Athen zu einer Invasion Siziliens, um der Stadt Segesta gegen Syrakus beizustehen, das daraufhin Unterstützung von Sparta erhielt. Insbesondere die attische Jugend, unter Führung des ehrgeizigen Alkibiades, träumte davon, Sizilien und das ganze westliche Meer bis Karthago zu erobern und ein Weltreich – groß und mächtig wie das Persische Reich – zu gründen. Das Ausmaß dieser militärischen Expedition, die einen kleinen Staat wie Athen heillos überfordern musste, erfüllte viele Zeitgenossen mit Sorge.

In der Nacht vor dem Auslaufen der Schiffe zerstörten Unbekannte sämtliche Hermen – eine Art von Statuen – in der Stadt, die man in Athen zur Abwehr von Unheil vor die Türen zu stellen pflegte. Es folgte eine Zeit großer Verwirrung und Unruhe. Demokraten verdächtigten Angehörige aristokratischer Kreise, die eine Oligarchie anstrebten, der Verschwörung zum Sturz der Demokratie. Eine Partei beschuldigte die andere, es gab viele Verhaftungen, Anklagen, falsche Geständnisse und sogar Hinrichtungen. Auch Alkibiades, den die Oligarchen stürzen wollten, wurde der Tat bezichtigt und vom sizilianischen Feldzug zurückgeordert, woraufhin er die Fronten wechselte und sich nach Sparta absetzte.

Entstehung

Als Aristophanes das Stück schrieb, war die katastrophale Niederlage, die Athen 413 v. Chr. in Sizilien erleiden sollte, noch nicht absehbar. Aristophanes geht mit keinem Wort auf die sizilianische Expedition oder den sogenannten Hermenfrevel ein, auch wenn es vereinzelte Anspielungen auf das Großmachtstreben und die grassierende Prozesswut gibt, die das Klima in Athen vergiftete. Stattdessen, so scheint es, wendet der Autor sich verbittert von den Menschen ab und verlagert die Handlung seiner Komödie ins Reich der Vögel, die bei den Griechen seit jeher in hohem Ansehen standen. Die Vögel wurde im Komödienwettbewerb der Dionysos-Festspiele im Frühjahr 414 v. Chr. uraufgeführt.

Wirkungsgeschichte

Bei den Dionysos-Festspielen errangen Die Vögel nur den zweiten Platz, was möglicherweise mit dem Umfang des Stücks, das zu den längsten griechischen Dramen überhaupt zählt, zusammenhängt. Ab der Spätantike stießen die überschäumende Fantasie des Aristophanes, seine volkstümliche Sprache und der als grobschlächtig empfundene Humor eher auf Ablehnung. Noch Johann Wolfgang von Goethe, der 1780 selbst eine Bearbeitung von Die Vögel verfasste, äußerte sich abfällig über den „Hanswurst“ Aristophanes.

Eine Neubewertung erfuhr die Komödie zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch eine Übersetzung Christoph Martin Wielands und durch Friedrich Schlegels positives Urteil. Die deutschen Romantiker schätzten Aristophanes als Volksdichter und insbesondere Die Vögel als zeitlose politische Kritik. 1923 schuf Karl Kraus eine moderne Fassung des Stücks unter dem Titel Wolkenkuckucksheim. Der Begriff ist als Bezeichnung für Luftschlösser oder abgehobene Utopien in viele Sprachen und in die Weltliteratur eingegangen. Auch die heute noch gebräuchliche Wendung „Eulen nach Athen tragen“, im Sinne von: etwas Überflüssiges tun, hat in Die Vögel ihren Ursprung.

Über den Autor

Aristophanes wird um 450 v. Chr. geboren – ob in Athen oder auf der vorgelagerten Insel Ägina, auf der seine Familie über Grundbesitz verfügte, ist umstritten. Als freier Bürger des Athener Bezirks Kydathenai schreibt Aristophanes angeblich mehr als 40 Komödien. Die meisten dieser Stücke sind, wie seine erste Komödie Die Schmausbrüder (Thetalis, 427 v. Chr.), nur als Fragment oder aber gar nicht überliefert. Thema der erhaltenen elf Texte ist vor allem der geistige und moralische Umbruch der Gesellschaft in Athen während der Zeit des Peloponnesischen Krieges. Als Zeitgenosse von Sokrates und den Sophisten richtet Aristophanes seinen literarischen Spott vor allem auf Schwätzer, Gottesleugner und die unfähigen Politiker, die nach dem Tod des Perikles Athen regieren. Besonders Kleon, einer der ersten einflussreichen Politiker, die nicht aus einer angesehenen Familie stammen, wird Zielscheibe von Aristophanes’ Satiren. Bei den Dionysien, dem alljährlichen Komödien- und Tragödienwettbewerb in Athen, sorgt Aristophanes 426 v. Chr. mit seinem Siegerstück Die Babylonier (Babylonioi), in dem er Kleon und andere Politiker verhöhnt, für einen Skandal. In Die Ritter (Hippeis, 424 v. Chr.) spielt Aristophanes selbst den Kleon und handelt sich eine Klage ein, die aber ohne Folgen bleibt. Aufgrund seiner herausragenden sprachlichen und poetischen Fähigkeiten ist Aristophanes bereits zu Lebzeiten einer der berühmtesten und erfolgreichsten Komödiendichter Athens. Er verarbeitet und verspottet Werke seiner Kollegen und begleitet als Dichter kritisch die sozialen und politischen Umbrüche in seiner Zeit. Aristophanes stirbt, nachdem er rund 20 Jahre lang auch politischer Vertreter seines Stadtbezirks war, um 380 v. Chr. in Athen.

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