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Effi Briest

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Effi Briest

Diogenes Verlag,

15 Minuten Lesezeit
12 Take-aways
Text verfügbar

Was ist drin?

Fontanes berühmtester Roman: Die junge Effi Briest betrügt ihren Ehemann und zerbricht an den gesellschaftlichen Konventionen.


Literatur­klassiker

  • Gesellschaftsroman
  • Realismus

Worum es geht

Der Schritt vom Wege

Neben Anna Karenina und Madame Bovary gehört Effi Briest zu den berühmtesten Frauengestalten und Ehebrecherinnen der Weltliteratur. Die deutsche Variation dieses Themas stammt von Theodor Fontane und ist zu seinem beliebtesten Roman geworden. Im distanzierten Plauderton erzählt Fontane die Geschichte einer Frau, deren Jugendträume zerbrechen, weil sie einen Schritt vom vorgezeichneten Weg abweicht. Ihre Eltern drängen sie in die Ehe mit einem 20 Jahre älteren preußischen Beamten, der ihr eine gute Stellung, aber kaum Liebe und Zärtlichkeit bieten kann. Es kommt, wie es kommen muss: Die gelangweilte Ehefrau verstrickt sich in eine Affäre mit einem schneidigen Major; doch sie ist eigentlich froh, als diese vorbei ist und das Versteckspiel ein Ende hat. Jahre später kommt der Betrug doch noch heraus, und ein von gesellschaftlichen Konventionen ausgelöstes Gewitter entlädt sich mit voller Wucht über Effis Kopf. Am Ende stirbt sie allzu jung in ihrem Elternhaus, nachdem sie mehrere Jahre verfemt und von ihrem Kind getrennt dahinvegetieren musste. Fontanes Gesellschaftsroman thematisiert die erstarrten Konventionen und die menschenverachtende preußische Offiziersehre im Wilhelminischen Deutschland. Doch Effis Schicksal steht im Vordergrund: Wer sie kennen gelernt hat, vergisst sie nicht wieder.

Take-aways

  • Effi Briest, die Geschichte einer Ehebrecherin, ist Fontanes berühmtester Roman.
  • Als 17-jähriges Mädchen wird Effi Briest von ihren Eltern mit dem aufstrebenden Beamten Baron von Innstetten verheiratet.
  • Mit dem Ehealltag kehrt bei Effi schnell Ernüchterung ein: Ihr - mehr als doppelt so alter - Mann widmet ihr nicht die Aufmerksamkeit, die sie sich wünscht.
  • In der ersten Nacht, die Effi allein in Innstettens Haus verbringen muss, hat sie Geistererscheinungen und fürchtet sich.
  • Effi bringt eine Tochter zur Welt. Bei der Taufe lernt sie Major Crampas kennen, der sich um sie bemüht und dessen leichtsinnige Art ihr gefällt.
  • Effi beginnt eine Affäre mit Crampas, ist aber froh, dass diese ein Ende nimmt, als ihr Mann nach Berlin versetzt wird und sie mit ihm zieht.
  • Sechs Jahre später entdeckt Innstetten die Liebesbriefe von Crampas: Er verstößt Effi, verweigert ihr den Umgang mit ihrer Tochter und erschießt Crampas im Duell.
  • Nach Jahren der Einsamkeit darf die inzwischen nervenkranke Effi zu ihren Eltern zurückkehren, wo sie nach einem halben Jahr stirbt.
  • Fontane gestaltete den Roman nach der historischen Vorlage der Elisabeth von Ardenne, die ihren Ehemann betrog, worauf dieser den Liebhaber erschoss und sie verstieß.
  • Der Gesellschaftsroman malt ein realistisches Bild seiner Zeit und kritisiert die erstarrten gesellschaftlichen Konventionen im deutschen Kaiserreich.
  • Die Hauptakteure können nicht anders handeln, als es ihnen die Konvention vorschreibt: So strebt die Geschichte scheinbar unaufhaltsam ihrem dramatischen Ende entgegen.
  • Das Buch wurde schon zu Fontanes Lebzeiten zum Bestseller und musste in mehreren Auflagen nachgedruckt werden.

Zusammenfassung

Ein alter Bekannter

Im brandenburgischen Hohen-Cremmen, auf dem Familiensitz der von Briests, wird an einem sonnigen Tag hoher Besuch erwartet: Es handelt sich dabei um den Baron Geert von Innstetten, einen Landrat aus dem pommerschen Kessin. Die 17-jährige Effi, die ihre Mutter Luise bei der nachmittäglichen Knüpfarbeit mit allerlei Turnübungen und Akrobatik unterhält, erzählt drei Freundinnen davon, was es mit dem Besucher auf sich hat: Als der Baron noch keine 20 Jahre alt war, war er in Effis Mutter verliebt. Doch wegen seiner Jugend verhinderte Luises Vater die Bindung. Daraufhin trat Innstetten ins Militär ein und kämpfte 1870 im Krieg gegen Frankreich. Davor und danach widmete er sich der Juristerei.

Blitzverlobung

Effi ist noch ein wenig zerzaust von der Spielerei im Garten, als ihre Mutter sie hereinruft und ihr eröffnet, dass der Baron um Effis Hand angehalten habe. Ein wenig schockiert ist das junge Mädchen schon - schließlich ist der Baron 20 Jahre älter als sie -, aber auch sehr geschmeichelt. Die Mutter hält die Verbindung für ausgezeichnet: Effi blicke einer glänzenden, gut abgesicherten Zukunft entgegen und zudem sei der Graf ein Mann von gutem Charakter. Noch am gleichen Tag kommt es zur Verlobung, und das Mittagessen wird kurzerhand zum Verlobungsmahl umgewandelt. Innstetten muss wegen eines nur kurzen Urlaubs schnell wieder abreisen, schreibt aber täglich einen Brief und erwartet - sehr zu Effis Freude -, dass man ihm nur einmal wöchentlich antwortet. Effis Mutter verhandelt mit ihm die Ausstattung des gemeinsamen Heims und nimmt Effi auf eine Reise nach Berlin mit, wo Aussteuer und Hochzeitszubehör eingekauft werden.

Zukunftsträume

In Hohen-Cremmen runzelt der alte Briest zwar die Stirn über die hohen Rechnungen, findet die Waren und Kleider aber äußerst chic und apart. Effi kann sich ihre zukünftige Heimat Kessin nicht so recht vorstellen. So weit östlich muss es dort furchtbar kalt sein, vielleicht sogar so kalt wie in Sibirien? Sie malt sich ihre Ehe aus und wünscht sich an erster Stelle Zärtlichkeit und Liebe. Ihr Vater hält das für "Papperlapapp". Darum folgt diesem frommen Wunsch sogleich die Hoffnung auf Ehre, Glanz und Zerstreuung. Effi will sich niemals langweilen müssen. Sie gesteht ihrer Mutter, dass ihr Verlobter ihr irgendwie Angst macht: Sein Alter ist es zwar nicht, schließlich ist er ein schneidiger und stattlicher Mann. Sie ängstigt sich viel mehr, dass er ein Mann mit Grundsätzen ist, wie alle behaupten. Das erscheint Effi bedrohlich, wo sie doch selbst keine hat ...

Hochzeitsreise und die Einkehr ins neue Heim

Im Herbst ist Hochzeit. Direkt danach geht es zur Hochzeitsreise nach Italien. Die zurückgelassenen Schwiegereltern sinnieren über ihre Tochter nach. Effis Mutter kommt zu dem Schluss, dass Effi zwei Dinge mit in die Ehe bringt: Ehrgeiz und Vergnügungssucht. Ersteren wird die Ehe mit Innstetten sicherlich befriedigen können, denn der Baron ist ein "Karrieremacher". Bei letzterer allerdings, fürchtet sie, wird er ihre Tochter enttäuschen. Mitte November ist die Hochzeitsreise beendet. Braut und Bräutigam setzen nach einem kurzen Zwischenstopp bei den Brauteltern ihre Reise nach Kessin fort. Unterwegs erzählt Innstetten seiner jungen Frau von den Leuten in seiner Stadt. Etwas beunruhigt Effi: Wegen der Nähe zum Hafen sind auch sehr viele Fremde dort sesshaft geworden; darunter war auch ein Chinese, der aber schon begraben auf dem Kirchhof liegt. Das Haus Instettens erscheint Effi ein wenig unheimlich, weil es sehr exotisch eingerichtet ist: Türkische Teppiche, ein ausgestopfter Haifisch und ein Krokodil hängen an der Wand. Die Dienerschaft, allen voran das Hausmädchen Johanna, findet Effi sehr sympathisch.

Eingewöhnungszeit

Am ersten Morgen im neuen Heim verschläft Effi. Ihr Mann hat jedoch mit dem Frühstück auf sie gewartet. Sie konnte schlecht einschlafen, weil sie immer ein unheimliches, schleifendes Geräusch gehört hat. Es stellt sich heraus, dass es die Gardinen im Nebenzimmer waren, die im Windhauch über den Parkettboden wehten. Sie will sie kürzen lassen, worauf ihr Mann nicht gerade euphorisch reagiert. Effi ist ansonsten von der Pracht und der Einrichtung des Hauses fasziniert: Es erscheint ihr wie in einem Bilderbuch aus Persien, das sie als kleines Kind gehabt hat. Innstetten freut sich darüber, dass es ihr gefällt. Er erwartet den Besuch von Apotheker Gieshübler. Weil dieser aber bis elf Uhr nicht erscheint, muss sich Innstetten in die Kanzlei begeben und lässt seine Frau allein zu Haus. Als Gieshübler doch noch erscheint, verstehen sich die beiden ganz prächtig. Er lobt ihre Schönheit und Jugend und sie seine Freundlichkeit und Galanterie. Insgeheim verliebt er sich sofort in Effi.

Spuk und Einsamkeit

In den folgenden Wochen stehen Pflichtbesuche bei den Bekannten in der Stadt und beim Landadel an, wo die junge Ehefrau kritisch beäugt wird. Schließlich wird Innstetten nach Varzin eingeladen, dem Gut von Reichskanzler Bismarck. Effi ist nun zum ersten Mal länger als zwölf Stunden von ihrem Mann getrennt und ängstigt sich in dem großen Haus. Sie versucht zu lesen und gerät prompt an eine Gespenstergeschichte. Dann geht sie zu Bett, wacht schreiend wieder auf und wähnt den Geist des verstorbenen Chinesen in ihrem Schlafzimmer. Johanna versucht sie zu beruhigen. Als Effi ihrem Mann am nächsten Morgen von dieser Horrornacht erzählt und ihn sogar anfleht, aus dem Spukhaus auszuziehen, spielt er das herunter. Effi fühlt sich missverstanden. Allerdings besänftigt sie eine Einladung von Apotheker Gieshübler zu einem Musikabend. Vorher machen sie noch eine Schlittenfahrt, um die angespannte Effi ein wenig abzulenken. Dabei kommen sie an dem Grab des Chinesen vorbei und Innstetten erzählt seiner Frau dessen Geschichte: dass er der Diener eines Kapitäns gewesen sei und auf der Hochzeitsfeier von dessen Enkelin mit dieser getanzt habe und dass sie daraufhin spurlos verschwunden sei. Der Abend beim Apotheker findet allgemeinen Anklang, besonders die Sängerin Tripelli imponiert Effi.

Nachwuchs

Mit dem Winter kommt die Langeweile, die nur über die Weihnachtsfeiertage und durch einen Silvesterball unterbrochen wird. Effi schreibt einen langen Brief an ihre Mutter, in dem sie sich über ihre Einsamkeit und die Angst vor dem "Spukhaus" auslässt. Allerdings kann sie eine freudige Ankündigung machen: Sie ist schwanger, worüber Innstetten sehr glücklich ist. Erst im Frühling kehrt mit der beginnenden Badesaison wieder Leben in Kessin ein. Effi findet kaum gesellschaftlichen Anschluss. Einzig der Apotheker Gieshübler versteht es, sie mit kleinen Aufmerksamkeiten, Geschenken, Zeitungsausschnitten und Plauderstunden abzulenken. Effi liebt ihren Mann, jedoch zeigt ihre Empfänglichkeit für Gieshüblers Aufmerksamkeiten, dass sie diese in ihrer Ehe schmerzlich vermisst. Im Juli wird "Lütt-Annie" geboren. Der Name stammt von Effis neuer Kinderfrau Roswitha, die Effi zufällig getroffen und sogleich angestellt hatte, weil sie ihr so sympathisch war. Bei der Taufe ist auch das Ehepaar Crampas anwesend: Major von Crampas ist der neue Landwehrbezirkskommandeur. Kurz nach der Taufe reist Effi mit ihrer Tochter und Roswitha zu ihren Eltern nach Hohen-Cremmen, ein Besuch, den sie schon lange herbeigesehnt hat.

Eine harmlose Affäre?

In ihrer neuen Rolle als Mutter geht Effi voll auf und hat kaum noch Kontakt zu anderen Menschen. Sie bittet Innstetten um einen Ausritt, an dem auch Crampas teilnimmt. Dabei kommt es zu verbalen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Herren, weil Crampas der verbotenen Robbenjagd frönen möchte und dafür sogar die Bestechung der Hafenpolizei in Kauf nehmen würde. Für ihn gehört Leichtsinn zum Leben dazu und er möchte sich auch einmal über Gesetze hinwegsetzen dürfen. Effi applaudiert, aber Innstetten findet diese Ansichten - noch dazu von einem Militär - unverantwortlich. Immer häufiger kommt es dazu, dass Innstetten fort bleibt, während Crampas und Effi weiterhin ausreiten. Crampas meint, dass Innstetten, der immer schon einen Hang zu Spuk und Spukhäusern gehabt habe, seine junge Frau mit der Geschichte vom spukenden Chinesen wohl "erziehen" wollte. Denn die Angst vor einem Geist würde für Zucht und Ordnung sorgen, wenn der Herr des Hauses einmal länger weg sei. Die Gespräche auf den Ausritten werden anzüglich, sodass Effi ganz froh ist, als der Winter kommt. In der Weihnachtszeit kommt es dann dazu, dass auf einer Schlittenfahrt nach einem gemeinsamen Abendessen nicht Innstetten und Effi, sondern Effi und Crampas alleine in einem Schlitten sitzen. Er bestürmt und küsst sie heiß und innig. Obwohl Effi das Ganze unangenehm ist und sie sich bei ihrem Mann in Lügen verstrickt, kommt sie sich doch zu Hause allein gelassen und wie eine Gefangene vor. Auf den vom Arzt verschriebenen Spaziergängen trifft sie Crampas nun häufiger zum Rendezvous.

Verräterische Briefe

Als Innstetten ihr erzählt, dass er Ministerialrat in Berlin werden soll, ist Effi erleichtert: Sie gibt vor sich zu freuen, dem Spukhaus zu entfliehen, in Wahrheit flieht sie aber vor der Affäre mit Crampas. Sie verabschiedet sich von Gieshübler und allen Bekannten in Kessin und reist nach Berlin, um dort die gemeinsame Wohnung auszusuchen und einzurichten. Sie spürt, dass für sie ein neues Leben beginnt. Innstetten lädt sie zu einer Reise nach Rügen und Kopenhagen ein. Die Zeit in Berlin vergeht schnell. Nach sieben Jahren Ehe sorgt sich Innstetten darum, dass Effi noch immer nicht wieder schwanger ist und ihm noch keinen Sohn geschenkt hat. Sie konsultieren einen Arzt, der Effi gleich zwei Kuren verschreibt, zumal sie auch ab und zu von Lungenkatarrhen heimgesucht wird. In der fünften Kurwoche, in der sie von ihrem Mann getrennt ist, stolpert ihre inzwischen siebenjährige Tochter Annie daheim in Berlin beim Spielen. Die Bediensteten brechen bei der Suche nach Verbandszeug den Schrank ihrer Herrin auf. In diesem Augenblick tritt Innstetten herein. Er findet in Effis Sachen ein Päckchen Briefe mit einer roten Schleife: Briefe von Crampas aus der inzwischen sechs Jahre zurückliegenden Zeit in Kessin. Er liest von heimlichen Treffen hinter den Dünen. Von Leichtsinn. Von Trennung. Von Hingabe. Innstetten wird bleich, als ihm bewusst wird, dass seine Frau eine Affäre gehabt hat. Er wurde betrogen.

Die Katastrophe

Auch wenn ihm sein Vertrauter, der Geheimrat Wüllersdorf, abrät, gibt es für Innstetten nur eine Möglichkeit, seine Ehre zu retten: Er fordert Crampas zum Duell heraus. Beide treffen sich an der Mole in Kessin. Nach zehn Schritten feuern sie aufeinander. Crampas stirbt. Zurück in Berlin schreibt Innstetten an Effis Eltern. Effi wundert sich während ihres Kuraufenthaltes, dass sie keine Post mehr von ihrem Mann erhält. Dann jedoch bekommt sie einen eingeschriebenen Brief von ihren Eltern, der sie ohnmächtig werden lässt: Ihr Mann wird sich scheiden lassen, Annie wird bei ihm bleiben, die Eltern werden sie finanziell unterstützen, aber aus Gründen der gesellschaftlichen Ächtung nicht wieder in Hohen-Cremmen aufnehmen.

Zerstörtes Leben

Zeitsprung: Drei Jahre lang bewohnt Effi nun schon eine kleine Wohnung in Berlin. Kurz vor ihrem Umzug hat die gute, treue Roswitha bei ihr vorgesprochen und sie bei ihrem Umzug begleitet. Effi fühlt sich dennoch einsam. Zufällig sieht sie ihre Tochter und erwirkt bei der zuständigen Ministerin die Erlaubnis, Annie von Zeit zu Zeit sehen zu können. Das erste Treffen, dem Effi entgegenfiebert, verläuft aber nicht nach Plan: Annie ist einsilbig und wurde offenbar von ihrem Vater erzogen, die Mutter zu verachten. Effi ist niedergeschlagen und bedrückt: Sie will ihren Fehltritt bereuen, aber diese Missgunst kann sie nicht ertragen. Sie hasst ihren Mann, diesen "Streber", und nun hasst sie sogar ihr eigenes Kind. Sie wünscht sich den Tod. Ihr Arzt diagnostiziert ein Nervenleiden. "Ihre Tochter siecht dahin", schreibt er nach Hohen-Cremmen und bittet Effis Eltern, sie wieder bei sich aufzunehmen. Luise ist dagegen, aber Effis Vater setzt sich durch: Die Gesellschaft solle "auch einmal ein Auge zudrücken", meint er. Tatsächlich blüht Effi in ihrem Elternhaus wieder auf. Doch es ist nur ein kurzes Aufflackern, bevor ihre Flamme für immer verglüht. Auf ihrem Grabstein steht "Effi Briest", denn ihrem neuen Namen habe sie keine Ehre gemacht, sagt sie kurz vor ihrem Tod.

Zum Text

Aufbau und Stil

Von der Kritik wurde mehrfach vorgebracht, dass Fontane die Geschichte von Effi Briest "im Plauderton" erzählt. Tatsächlich fließt der Roman unaufgeregt und gelassen dahin. Man kann ihn lesen, ohne allzu sehr in Gefühlswallungen zu geraten. Ein heiterer, etwas abgehobener, teils ironischer, teils besorgter Stil herrscht in dem Roman vor, der sehr angenehm zu lesen ist. Von ein paar Zeitsprüngen abgesehen erzählt Fontane streng chronologisch und breitet die etwa zwölf Jahre in einem angemessenen Tempo vor dem Leser aus. Stellenweise tritt der Erzähler ganz zurück und bietet einer steten Wechselrede, wie in einem Drama, Platz. Die Charaktere enthüllen sich durch ihre Dialoge. Der Aufbau des Romans folgt einem klaren, an die fünfteilige Gliederung eines klassischen Dramas erinnernden Muster: Der erste Teil spielt in Hohen-Cremmen und beinhaltet die Verlobung, Hochzeit und Hochzeitsreise von Effi und Innstetten (Einleitung). Im zweiten Teil erfährt der Leser zum ersten Mal von Effis Langeweile und Unzufriedenheit in Kessin, während nach außen hin scheinbar alles in Ordnung ist (Konflikt). Mit dem Auftreten von Major Crampas beginnt der dritte Teil und die Affäre strebt auf einen Höhepunkt zu (Schicksalswende). Dieser wird jedoch um Jahre verlagert: Erst nach dem Umzug nach Berlin tritt die Katastrophe ein. Innstetten findet die Briefe, tötet Crampas und verstößt Effi (Scheinlösung). Der fünfte Teil erzählt von Effis Vereinsamung, ihrem Dahinsiechen in Berlin und ihrem Tod im Haus der Eltern (Lösung).

Interpretationsansätze

  • Effi Briest gehört zu den drei großen Ehebrecherinnen der Weltliteratur, die sich durch eine Affäre ins Unglück stürzen: Von diesen dreien scheint Madame Bovary von Gustave Flaubert noch am ehesten "Spaß" an ihrer Affäre zu haben, während Leo Tolstois Anna Karenina genau wie Fontanes Heldin hin- und hergerissen ist zwischen ihrer Leidenschaft für einen anderen Mann und der Zuneigung für ihren langweiligen Ehemann.
  • Die Frage, um die sich alles dreht, heißt: Wie weit darf man gehen, um der Ehre und den gesellschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden? Im Gegensatz zum Vertreter des Landadels (Effis Vater), der es als Privileg empfindet, nicht aggressiv ehrgeizig sein zu müssen, ist Innstetten stets an seinem beruflichen und gesellschaftlichen Aufstieg interessiert. Diesem Aufstieg und dem gesellschaftlichen Ansehen ordnet er auch sein Gewissen und seine Familie unter: Er will eigentlich weder Crampas töten noch Effi verstoßen, tut es aber dennoch um der Ehre willen.
  • Wie stark die gesellschaftlichen Zwänge sind, die auf Innstetten einwirken, und wie sehr sie Macht über ihn haben, zeigt sich daran, dass er den Fehltritt seiner Frau selbst nach über sechs Jahren noch sühnen muss - wobei er mit sich selbst hadert, ob die Schuld nicht längst verjährt ist.
  • Ein Theaterstück, das Crampas und Effi im Roman gemeinsam einstudieren, heißt "Der Schritt vom Wege". Der Titel hat symbolische Aussagekraft für das Vergehen, das Effis Leben zerstören wird: Eine harmlose Affäre und eine Achtlosigkeit (die Aufbewahrung der Briefe) stoßen sie vom "gesellschaftlichen Weg" ins Abseits.
  • Auch Effis Eltern, vor allem ihre Mutter, bestimmen das Schicksal ihrer Tochter: Obwohl Luise zugeben muss, dass Effi vielleicht zu jung ist, zwingt sie der stete "Blick nach oben", für ihre Tochter den gesellschaftlichen Aufstieg in Form einer "guten Partie" zu sichern. Von Liebe ist in dieser Ehekonzeption keine Rede: Das ist einer der Hauptgründe für Effis Scheitern.

Historischer Hintergrund

Der Gesellschaftsroman und das erste Kaiserreich

"Man ist nicht bloß ein einzelner Mensch, man gehört einem Ganzen an, und auf das Ganze haben wir beständig Rücksicht zu nehmen, wir sind durchaus abhängig von ihm", lässt Theodor Fontane Innstetten an einer entscheidenden Stelle im Roman sagen. Worauf er hierbei anspielt, ist der beständige Kampf des Menschen zwischen seinen Bedürfnissen als Individuum und den Forderungen der Gesellschaft. Ohne Zweifel ist Effi Briest ein Ehe- und Familienroman, aber mehr noch ein Gesellschaftsroman. Diese Romanform unterscheidet sich grundlegend vom Bildungs- oder Entwicklungsroman, weil es hierbei nicht primär um die Entwicklung eines Individuums geht, sondern um das Wechselspiel zwischen einem Individuum und seinen sozialen, politischen und ökonomischen Verhältnissen. Daher findet sich der Gesellschaftsroman vor allem im Umfeld des Realismus. Der Name dieser Literaturepoche (etwa 1830-1880) lässt sich auf eine kritische Beschreibung der realen sozialen Wirklichkeit zurückführen. Fontane beispielsweise richtet seinen Blick auf die erstarrten Konventionen und lebensfeindlichen Sittenkodizes des Adels und Bürgertums. Effi Briest schildert die Lebenswirklichkeit im Wilhelminischen Deutschland. Dabei geht der Autor sehr ins Detail: Die Geschäfte, Wege, Cafés und Plätze in Berlin sind den Lesern des Romans geläufig. Fontane schafft gemäß seiner Romankonzeption ein Bild der Zeit. Die Hauptschauplätze liegen allesamt in Preußen, das seinen Führungsanspruch im ersten, 1871 gegründeten Kaiserreich geltend macht. Gestalten wie der Kaiser Wilhelm I. und vor allem Reichskanzler Otto von Bismarck spielen auch im Roman eine Rolle.

Entstehung

Die Entstehung von Fontanes bekanntestem Roman ist mit einer für den Autor düsteren Zeit verbunden. Im Frühjahr 1892 nahm er sich die schon vorab skizzierten Entwürfe zu diesem Gesellschaftsroman vor, um sie auszuformulieren. Die Arbeit geriet jedoch ins Stocken. Fontane fühlte sich ausgebrannt und hatte Schreibblockaden. Nicht weniger als drei Mediziner suchte der Schriftsteller auf - und jeder stellte eine andere Diagnose. Bis in den Oktober schleppte sich Fontane in diesem Zustand der Schaffenskrise dahin, bis ihm sein Berliner Arzt riet, Effi Briest liegen zu lassen und etwas anderes zu beginnen. Denn: Er brauche die Arbeit, um glücklich zu sein. Der Mann sollte Recht behalten: Fontane begann mit seiner Biographie, die er später unter dem Titel Meine Kinderjahre veröffentlichte. Nach diesem "Gesundschreiben", wie er es selbst nannte, war der Weg frei für die Ausgestaltung von Effi Briest.

Die Geschichte hat Theodor Fontane nicht vollständig erdichtet. Sie geht vielmehr auf einen historischen Fall zurück, der in der Mitte der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts die Medien in und um Berlin beherrschte. Elisabeth Freiin von Plotho aus altem brandenburgischen Adel heiratete 1873, gerade 17-jährig, aus Gehorsam gegenüber ihren Eltern den fünf Jahre älteren Armand Léon Baron von Ardenne. Einige Jahre nach der Heirat traf Elisabeth auf den Maler Emil Hartwich aus Düsseldorf, der in mehreren Sitzungen ein Porträt von Elisabeth anfertigte. Die regelmäßigen Treffen nutzte der Maler aber offensichtlich auch dazu, die junge Frau zu verführen, die mit ihrer Ehe ganz und gar nicht zufrieden war. Baron von Ardenne öffnete einen der Briefe seiner Frau und kam der Affäre so auf den Grund. Der Baron beorderte Hartwich nach Berlin und forderte ihn zum Duell auf. Von mehreren Schüssen getroffen, starb Emil Hartwich. Elisabeth von Ardenne wurde übrigens - anders als Fontanes Effi Briest - 99 Jahre alt.

Wirkungsgeschichte

Effi Briest erschien als Fortsetzungsroman in der Zeitschrift Deutsche Rundschau zwischen Oktober 1894 und März 1895. Die Buchausgabe folgte 1895 im Verlag von Fontanes Sohn Friedrich. Der Roman bescherte dem 75-jährigen Autor den lange ersehnten Alterserfolg. Das Buch wurde ein Bestseller: Innerhalb eines Jahres mussten fünf Auflagen hergestellt werden, um die große Nachfrage zu befriedigen. Bis 1905 brachte es der Roman auf 16 Auflagen. Dass das Publikum hauptsächlich mit Effi sympathisierte, war dem Autor allerdings gar nicht recht: Er wollte auch Innstetten als Opfer der starren Konventionen der Gesellschaft verstanden wissen. Die größte Huldigung erfuhr der Roman von Thomas Mann, der das Buch als "Meisterwerk" klassifizierte und zu den wichtigsten Romanen überhaupt zählte: "Eine Romanbibliothek der rigorosesten Auswahl, und beschränkte man sich auf ein Dutzend Bände, auf zehn, auf sechs, - sie dürfte Effi Briest nicht vermissen lassen."

Der Roman hatte eine ungeheure Breitenwirkung. Das führte dazu, dass er insgesamt viermal verfilmt wurde: 1939 von Gustaf Gründgens unter dem Titel Der Schritt vom Wege, 1956 in der an Fontane nur angelehnten Version Rosen im Herbst, 1969 in einer DDR-Version mit Angelica Domröse als Effi und 1974 in der ehrgeizigen Verfilmung von Rainer Werner Fassbinder mit Hanna Schygulla in der Titelpartie. Dass Effi Briest auch ein Thema für zeitgenössische Autoren ist, zeigen zwei Veröffentlichungen, die sich der Romangestalt von unterschiedlichen Seiten nähern: Effis Nacht (1996) von Rolf Hochhuth ist ein Monolog, in dem das historische Vorbild von Effi Briest als Nachtschwester in einem Krankenhaus ihre Vergangenheit aufrollt. Der Roman Ein weites Feld (1995) von Günter Grass bezieht seinen Titel aus einer Redewendung des alten Herrn von Briest.

Über den Autor

Theodor Fontane wird am 30. Dezember 1819 in Neuruppin als Sohn einer hugenottischen Apothekerfamilie geboren. Mit 16 Jahren tritt er eine Apothekerlehre an. Er leidet darunter, dass er nur eine kümmerliche Schulbildung genossen hat. Als Apothekergehilfe arbeitet er in Leipzig, Dresden und Berlin, wo er sein Staatsexamen als Apotheker ablegt und Diakonissinnen unterrichtet. 1844 schließt er sich dem Berliner Dichterverein „Tunnel über der Spree“ an. Fontanes Balladen treffen den Geschmack seiner Zeit und in dem Verein findet er die literarische Anerkennung, die er braucht. 1849 gibt er seinen ungeliebten Beruf auf und heiratet ein Jahr später Emilie Rouanet-Kummer. Das Paar bekommt sieben Kinder, von denen drei noch im Säuglingsalter sterben. Als freier Schriftsteller und Journalist kann Fontane seine Familie kaum ernähren. Unterstützt vom Vater, geht er 1852 als Korrespondent der Preußischen Zeitung nach London. 1855–1858 folgt ein zweiter Aufenthalt, bei dem er für die preußische Regierung und für mehrere deutsche Zeitungen arbeitet. Nach seiner Rückkehr wird er Redakteur der Kreuzzeitung; aufgrund seiner selbstständigen Arbeit können in dieser Zeit die Wanderungen durch die Mark Brandenburg (1862–1888) entstehen. Als Kriegsberichterstatter nimmt er an den Kriegen von 1864, 1866 und 1870/71 teil, später schreibt er Theaterkritiken für die Vossische Zeitung. Seiner Frau zuliebe versucht er 1876 ein letztes Mal, eine feste Stelle anzutreten. Er wird Sekretär der Königlichen Akademie der Künste zu Berlin, kündigt jedoch bald wieder. Fontane ist ein schreibwütiger Autor, dessen Korrespondenz rund 10 000 Briefe umfasst. Bekannt wird er durch Balladen wie Die Brück’ am Tay (1880), John Maynard (1886) oder Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland (1889). Fontanes berühmte Romane entstehen erst in seinem letzten Lebensjahrzehnt: Vor dem Sturm (1887), Irrungen, Wirrungen (1888), Frau Jenny Treibel (1893), Effi Briest (1894/95) und Der Stechlin (1897). Er stirbt am 20. September 1898 in Berlin.

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