Melden Sie sich bei getAbstract an, um die Zusammenfassung zu erhalten.

Endstation Sehnsucht

Melden Sie sich bei getAbstract an, um die Zusammenfassung zu erhalten.

Endstation Sehnsucht

Drama in drei Akten

Fischer Tb,

15 Minuten Lesezeit
12 Take-aways
Text verfügbar

Was ist drin?

Die verblühende Südstaatenschönheit Blanche flüchtet nach dem Verlust ihres Guts zu ihrer Schwester nach New Orleans. Deren grobschlächtiger Mann macht ihr das Leben zur Hölle. Ein Meisterwerk von Tennessee Williams.


Literatur­klassiker

  • Drama
  • Moderne

Worum es geht

Lebenslügen in New Orleans

Es war eine Paraderolle für den jungen, muskelbepackten Marlon Brando: der grobschlächtige Einwanderersohn Stanley Kowalski in Tennessee Williams' Endstation Sehnsucht, verfilmt im Jahr 1951. Brando spielte auch schon in der Theaterproduktion des Stoffes, die 1947 ihre Broadway-Premiere feierte. Es war (nach Die Glasmenagerie) das zweite Erfolgsstück des amerikanischen Autors, der dafür seinen ersten Pulitzerpreis erhielt. Die Handlung spielt in einem heruntergekommenen Viertel von New Orleans: Hier trifft das zarte Südstaatenpflänzchen Blanche Du Bois auf den rohen, zupackenden Realismus, verkörpert durch Stanley Kowalski, den Mann ihrer Schwester. Langsam, aber sicher enthüllt dieser Machotyp die Lebenslügen der empfindlichen Schwägerin und beschwört damit eine Tragödie herauf. Denn Blanche ist gar nicht so unschuldig, wie sie tut. Sie gehört zu den tragischen Figuren, die von ihrer Vergangenheit heimgesucht und letztlich vernichtet werden. Williams gelingen feine Charakterzeichnungen und eine überzeugende psychologische Geschichte, die auch heute noch auf den Bühnen der Welt zu Hause ist – oder eben im heimischen DVD-Player.

Take-aways

  • Endstation Sehnsucht gehört zu den bekanntesten und erfolgreichsten Dramen von Tennessee Williams.
  • Es spielt in einem heruntergekommenen Haus im French Quarter von New Orleans.
  • Dort wohnt Stella mit ihrem grobschlächtigen, selbstbewussten Mann Stanley Kowalski, einem Sohn polnischer Einwanderer.
  • Stellas feinsinnige und zerbrechliche Schwester Blanche flüchtet nach der Zwangsversteigerung ihres Familienguts zu den beiden.
  • Aus der beengten Wohnsituation und den fortwährenden Konflikten zwischen Blanche und Stanley entwickelt sich ein explosives Gemisch.
  • Stanley findet heraus, dass Blanche promisk gelebt hat und deswegen aus ihrem Heimatort verjagt wurde.
  • Nach ihrer frühen Heirat entdeckte Blanche, dass ihr Mann homosexuell war. Sie schmähte ihn dafür, woraufhin er Selbstmord beging.
  • Die Konfrontation mit ihrer Vergangenheit führt dazu, dass Blanche mehr und mehr den Sinn für die Realität verliert.
  • Als Mitch, einer von Stanleys Freunden, Blanche einen Korb gibt und sie kurz darauf auch noch von Stanley vergewaltigt wird, ist ihr Leben vollends zerstört.
  • Blanche wird in eine Nervenheilanstalt gebracht, während Stanleys und Stellas Tage wieder ihren gewohnten Gang gehen.
  • Endstation Sehnsucht war 1947 ein großer Bühnenerfolg. Williams erhielt für das Werk den Pulitzerpreis.
  • Ebenso erfolgreich wurde die Verfilmung mit Marlon Brando und Vivien Leigh in den Hauptrollen.

Zusammenfassung

In elysischen Gefilden

In einem heruntergekommenen Hinterhof im French Quarter von New Orleans liegt das Haus, in dem Stella und Stanley Kowalski eine kleine, schäbige Wohnung haben. Diese besteht aus nur zwei Zimmern, die lediglich durch einen Vorhang voneinander getrennt sind. Aus den umliegenden Kneipen dringt permanent Jazzmusik. Eben nähert sich Stanley. Er trägt ein in blutiges Zeitungspapier gerolltes Stück Fleisch herbei, das er Stella im Vorbeigehen entgegenwirft. Dann setzt er seinen Weg fort, um mit seinem Kumpel Mitch zum Kegeln zu gehen. Stella fragt, ob sie zusehen darf, und eilt den beiden Männern nach. Auf der Treppe trifft sie auf Eunice, der das Haus gehört und die mit ihrem Mann die obere Wohnung bewohnt.

„Ich bin, bei Licht besehen, ein Bild vollkommenen Ruins.“ (Blanche, S. 18)

Auftritt Blanche Du Bois: Stellas etwa fünf Jahre ältere Schwester wirkt in ihrem hübschen Kleid und ihrem zerbrechlichen, nachtfalterartigen Äußeren fehl am Platz. Sie hat einen Koffer dabei und scheint etwas zu suchen. Eunice spricht sie an. Irritiert erklärt Blanche, dass sie die „Elysischen Gefilde“ Nr. 632 suche, das Haus, in dem ihre Schwester wohnt.

Polka im Kopf

Als Eunice ihr erklärt, dass sie an der richtigen Adresse sei, ist Blanche schockiert angesichts des heruntergekommenen Hauses. Eunice lässt Blanche in die Wohnung des Paares. Blanche stürzt zum Schrank, zieht den Whiskey hervor und leert die Flasche. Dann erscheint Stella: Blanche begrüßt ihre Schwester überschwänglich, macht allerdings keinen Hehl daraus, dass sie die Wohnverhältnisse schrecklich findet. Stella wiegelt ab. Blanche berichtet, dass ihr der Direktor der Schule von Laurel, in der sie als Lehrerin arbeitet, einen Urlaub angeboten hätte, weil ihre Nerven blank liegen – nach dem Verlust des Familiensitzes Belle Reve. Stella hört das zum ersten Mal und ist entsetzt: Das Gut soll tatsächlich verloren sein? Blanche fühlt sich angeklagt und redet sich in Rage: Die ganze Familie sei tot, die Begräbnisse hätten das vorhandene Geld verzehrt. Sie macht Stella sogar den Vorwurf, geflüchtet zu sein, während sie sich allein um den Hof habe kümmern müssen. In diesem Augenblick kehrt Stanley vom Kegeln zurück. Der muskulöse, unbekümmerte Mann begrüßt Blanche freundlich, aber letztlich teilnahmslos. Blanche weiß nicht, wie sie sich verhalten soll, wirkt verkrampft. Stanley fragt sie nach ihrer Arbeit als Lehrerin und nach ihrer Ehe aus. Als das Gespräch auf Blanches verstorbenen Mann kommt, erklingt in ihrem Kopf die Melodie einer entfernten Polka …

Belle Reve, der schöne Traum

Am nächsten Tag bereitet sich Stella darauf vor, mit Blanche auszugehen, während Stanley seine Freunde zum Pokern eingeladen hat. Blanche nimmt ein Bad, „um ihre Nerven zu beruhigen“. Stella weist Stanley darin ein, wie er ihre Schwester zu behandeln habe. Er wird misstrauisch: Dass das Gut Belle Reve verloren ist oder, wie er meint, verkauft wurde, gefällt ihm ganz und gar nicht. Schließlich müsse das Vermögen von Ehemann und Ehefrau geteilt werden. Deswegen fühlt er sich um seinen Anteil betrogen. Er mutmaßt, dass Blanche das Geld in teure Kleider und Schmuck investiert hat. Stella ist verärgert über seine Unterstellungen. Als Blanche lediglich mit einem Bademantel bekleidet das Zimmer betritt, verlässt er den Raum nur widerwillig. Blanche will ihn offenbar reizen und Komplimente von ihm hören, aber Stanley geht nicht darauf ein. Er will von ihr lieber klipp und klar wissen, was mit dem Gut passiert ist. Als Blanche in ihrem Koffer kramt, kommen dabei Liebesbriefe von ihrem verstorbenen Mann zum Vorschein: Stanley entreißt sie ihr grob und überprüft, ob es sich nicht doch etwa um Verkaufsdokumente handelt. Offenbar wurde das Haus mit Hypotheken belegt. Stanley will den ganzen Stapel Dokumente einem befreundeten Anwalt zur Prüfung vorlegen. Die inzwischen hysterisch gewordene Blanche gibt ihr Einverständnis.

Die Nacht der Pokerspieler

Obwohl er seiner Frau versprochen hat, nichts davon zu erwähnen, berichtet Stanley Blanche, dass Stella schwanger ist. Während die Pokerfreunde die Wohnung betreten, machen sich Stella und Blanche in die Nacht davon. Gegen halb drei Uhr in der Früh ist die Pokerrunde noch in vollem Gang. Mitch, der als einziger der Männer keine Frau hat, will gehen, weil seine Mutter krank im Bett liegt. Stanley macht sich darüber lustig. Als Blanche und Stella nach Hause kommen, reagiert Stanley unwirsch auf Stellas Versuche, die Männer hinauszukomplimentieren. Blanche findet, dass Mitch etwas Besonderes ist: Er wirkt auf sie sensibler als die anderen. Die beiden Frauen tuscheln und kichern im Schlafzimmer. Stanley hört das und fühlt sich gestört. Als Blanche das Radio anstellt, kommt er wutschnaubend herüber und macht es demonstrativ aus. Auf dem Weg zum Bad betritt Mitch das Schlafzimmer und beginnt eine Unterhaltung mit Blanche. Er bietet ihr eine Zigarette an und zeigt ihr ein Gedicht, das auf seinem Zigarettenetui eingraviert ist: Es handele sich um ein Geschenk einer verstorbenen Freundin, die er sehr geliebt habe. Blanche hat einen chinesischen Papierlampion gekauft und bittet Mitch, ihn über die Glühlampe zu ziehen, weil sie das grelle Licht nicht erträgt.

Streit und Versöhnung

Stella tritt hinzu. Blanche schaltet das Radio erneut ein und beginnt zu tanzen. Plötzlich reißt Stanley den Vorhang beiseite, ergreift das Radio und wirft es aus dem Fenster. Stella wird wütend und bedeutet den anderen Männern, dass es nun wirklich besser sei, zu gehen. Stanley treibt seine Frau in die Ecke und schlägt sie, worauf die Männer Stanley packen und ihn aufs Sofa zerren. Während Blanche und Stella zu Eunice in die obere Wohnung fliehen, verpassen die Männer Stanley eine kalte Dusche, damit er wieder nüchtern wird, und verlassen das Haus. Langsam kommt Stanley zu sich und ruft bei Eunice an: Er will „sein Baby“ zurückhaben. Er tritt auf die Veranda hinaus und brüllt, jammert, fleht Stella an, zu ihm zurückzukommen. Schließlich wiederholt er das Ganze im Treppenhaus - bis Stella schließlich nachgibt. Er sinkt vor ihr in die Knie und heult wie ein Schlosshund. Im Bett feiert das Paar Versöhnung.

Stanley das Tier

Am nächsten Morgen ist Stella sehr entspannt. Stanley ist in die Autowerkstatt gefahren und hat das Radio mitgenommen, um es reparieren zu lassen. Blanche hingegen ist aufgeregt: Sie versteht nicht, wie ihre Schwester mit diesem Kerl zusammenleben kann. Blanche spinnt Pläne, wie sie mit Stella das Haus verlassen und einen eigenen Laden aufmachen könnte. Aber diese ist daran gar nicht interessiert. Sie findet alles nur halb so wild und offenbart der Schwester, dass es vor allem der Sex mit Stanley ist, der sie über die gelegentlichen blauen Flecken hinwegtröstet. Blanche ist empört, dass ihre Schwester bereit ist, ihrer Begierde alles zu opfern. Für Blanche ist Stanley nichts weiter als ein Tier: primitiv, ordinär, zu keiner kultivierten menschlichen Regung fähig. Stanley, der Blanches Hasstirade heimlich mitgehört hat, nähert sich nun den beiden. Über und über mit Maschinenöl bedeckt, nimmt er Stella in die Arme und wirft sie hoch in die Luft. Blanche weicht zurück.

Das Hotel Flamingo

Mehrere Wochen vergehen. Blanche schreibt einem texanischen Ölmulti, den sie einmal kennengelernt hat, einen Brief. Darin lügt sie das Blaue vom Himmel herunter. Stanley fragt argwöhnisch, ob Blanche in Laurel einem gewissen Shaw im Hotel Flamingo begegnet sei – offensichtlich hat ihm dieser davon erzählt. Blanche bestreitet dies vehement – sie würde ein solches Etablissement nie auch nur betreten. Als Stanley weg ist, fragt sie nervös, ob Stella auch irgendwelche Gerüchte über sie gehört habe. Sie räumt ein, Fehler gemacht zu haben, weil der Kampf um Belle Reve sie zu stark belastet habe und sie sich außerdem Sorgen um ihre schwindende Jugend mache. Sie gibt zu, Trugbilder von sich selbst aufzubauen, um die Männer neugierig zu machen. So etwas hat sie auch mit Mitch vor, den sie über ihre Vergangenheit und ihr Alter im Unklaren lässt. Am Abend wollen die beiden ausgehen. Zuvor flirtet sie aber mit einem jungen Mann, der die Abogebühren der Tageszeitung kassieren kommt. Sie küsst ihn auf den Mund, schickt ihn dann aber fort, um Mitch zu empfangen.

Blanches Geheimnis

Später in der Nacht bringt Mitch Blanche heim. Da Stanley und Stella noch nicht wieder zu Hause sind, bittet sie Mitch auf einen Gutenachtdrink herein. Obwohl sie ihm noch vor der Tür eindringlich klargemacht hat, dass sie nicht leicht zu haben sei, fragt sie ihn kurz darauf, ob er mit ihr schlafen wolle - allerdings auf Französisch, sodass Mitch sie nicht versteht. Die beiden kommen sich näher, plaudern, albern sogar ein wenig herum. Der Frage nach ihrem Alter weicht sie aus, beichtet Mitch aber, wann sie das erste Mal verliebt war. Damals war sie erst 16. Sie heiratete einen sehr empfindsamen jungen Mann. Jedoch fand sie später heraus, dass ihr Gatte homosexuell war, und erwischte ihn mit einem älteren Mann in ihrem Schlafzimmer. Als sie ihm beim Polkatanz unumwunden erklärte, ihn zu verachten, beging er Selbstmord. Das Licht der Liebe sei für sie seitdem erloschen. Mitch ist gerührt und meint, dass sie beide einsam und füreinander gemacht seien. Sie küssen sich.

Eine trübe Geburtstagsparty

Einige Wochen später ist Blanches Geburtstag. Während sich das Geburtstagskind in der Wanne aalt, bereitet Stella das Festessen vor – sehr zu Stanleys Missfallen. Er legt seiner Frau nun mit sichtlichem Vergnügen ein paar Erkenntnisse über Blanche auf den Tisch, die er von seinem Kollegen gehört hat, der öfters geschäftlich in Laurel ist. Demnach sei Blanche in besagtem Hotel Flamingo abgestiegen und habe es dort toll getrieben. So toll, dass selbst der Bürgermeister von Laurel ihr nahegelegt habe, die Stadt zu verlassen. Ihren Job als Lehrerin habe sie verloren, weil sie etwas mit einem 17-jährigen Schüler angefangen habe. Stella ist entrüstet, insbesondere weil Stanley Mitch bereits alles erzählt hat. Das Geburtstagsessen verläuft in trüber Stimmung, einzig Blanche ist gespielt fröhlich. Mitch, der auch eingeladen wurde, ist gar nicht erst erschienen. Als Stella Stanley für sein rüpelhaftes Benehmen beim Essen rügt und ihn dann auch noch auffordert, das Geschirr abzuräumen, wird er wütend. Er überreicht Blanche anschließend eine Rückfahrkarte nach Laurel als „Geburtstagsgeschenk“, worauf diese unter Tränen ins Badezimmer stürzt. Stella beschimpft Stanley. Als sie ihn davon abhalten will, zum Kegeln zu gehen, schleudert er sie in eine Ecke. Sie krümmt sich vor Schmerzen; Stanley bringt sie daraufhin ins Krankenhaus.

Schatten der Vergangenheit

Später am Abend sitzt Blanche allein im Zimmer. In ihrem Kopf erklingt erneut die Polkamusik, die damals spielte, als sich ihr Mann erschoss. Mit Alkohol betäubt sie die Vorahnung drohenden Unheils. Draußen verkauft ein Weiblein „Blumen für die Toten“, als Mitch erscheint. Blanche spielt die Beleidigte, lässt ihn aber doch herein. Mitch erwähnt, dass er Blanche noch nie im Licht gesehen hat. Daraufhin schaltet er alle Lampen an und reißt auch den Papierlampion von der nackten Glühbirne. Schonungslos klärt Mitch sie darüber auf, dass er über ihre Vergangenheit Bescheid weiß. Blanche gibt alles zu und gesteht, dass sie nach dem Selbstmord ihres Mannes nur mit wechselnden Männerbekanntschaften die Leere in ihrem Leben füllen konnte. Sie berichtet von den sterbenden Menschen auf Belle Reve und von ihrem Lebenshunger. In Mitch habe sie erstmalig jemanden erblickt, der sie braucht - so wie sie ihn. Blanche fordert ihn auf, sie zu heiraten. Dafür sei sie nicht „rein“ genug, erklärt er ihr rundheraus. Sie jagt ihn aus dem Haus. Danach beginnt sie hemmungslos zu trinken, zieht sich ein verlottertes Kleid an und träumt sich auf eine Abendveranstaltung in Belle Reve. Irgendwann kommt Stanley nach Hause: Stella liege im Krankenhaus und erwarte in dieser Nacht ihr Baby. Blanche findet den Gedanken unerträglich, mit Stanley allein zu sein. Sie fantasiert ihm etwas von einem Telegramm vor, das ihr ein früherer Verehrer geschickt habe. Stanley sagt ihr auf den Kopf zu, dass sie erneut in Träume und Fantasien flüchte. Er provoziert sie, bis Blanche einer Flasche den Kopf abschlägt und ihn damit bedroht. Er fackelt nicht lange, verdreht ihr den Arm und trägt sie aufs Bett …

Eine letzte Verabredung

Einige Tage später ist im Hause Kowalski wieder eine Pokerpartie im Gange. Stella ist inzwischen aus dem Krankenhaus zurück und hat das Baby für den Abend bei ihrer Nachbarin abgegeben. Sie packt den Koffer für Blanche. Im Gespräch mit der Nachbarin Eunice wird klar, dass Blanche den Sinn für die Realität vollends verloren hat und glaubt, sie reise zu ihrem früheren Verehrer. In Wirklichkeit hat Stella einen Nervenarzt bestellt, der Blanche in die Heilanstalt bringen soll. Doch nun beschleichen sie doch noch Zweifel. Eunice beruhigt sie: Nach ihrer Behauptung, dass Stanley sie vergewaltigt habe, sei kein Zusammenleben mit Blanche mehr möglich. Der Arzt erscheint zusammen mit einer Helferin, die Blanche sehr grob anfasst, sodass sie sich weigert, mitzugehen. Dann jedoch spricht der Arzt selbst sehr sanft und vertrauensvoll zu ihr. Sie folgt ihm. Stella ist vollkommen aufgelöst, Stanley nimmt es mit größter Gelassenheit. Neben Stella scheint einzig Mitch den Ausgang der Geschichte zu betrauern.

Zum Text

Aufbau und Stil

Endstation Sehnsucht besteht aus insgesamt elf Szenen, die auf drei Akte verteilt sind. Im ersten Akt werden die Protagonisten vorgestellt und der Grundkonflikt wird in Gang gesetzt. Zwischen der überzarten und gekünstelten Blanche und dem ordinären, zupackenden Stanley baut sich allmählich ein starker Gegensatz auf, der im zweiten Akt noch gesteigert wird. In der vorletzten Szene des dritten Akts kommt es dann zum Höhepunkt und zur Katastrophe. Mit detaillierten Regieanweisungen, die über eine bloße Beschreibung des Bühnenbilds und der Lichtstimmung weit hinausgehen, erfasst Williams auch die innere Entwicklung seiner Figuren. Dabei kommt es ihm vor allem auf Blanche an. Zu Beginn des zweiten Akts formuliert er ausdrücklich das Ziel: das Innere Blanches plastischer gestalten, ihr Bedeutung geben und ihrem Charakter mehr Tiefe verleihen. Der Gegensatz zwischen Blanche und Stanley findet sich auch in der Sprache wieder: Während sie einen gewählten, übertrieben vornehmen Ton bevorzugt, redet Stanley umgangssprachlich, teilweise nur in Wortfetzen und hat einen Hang zu ordinärem Slang. Musik wird im Stück leitmotivisch verwendet: Stanley begleiten die rauen Jazzrhythmen der umliegenden Bars; Blanche wird mit einer in ihrem Kopf spielenden Polka an den Tod ihres Mannes erinnert. Auch andere Lieder (vom „Papiermond“ und von der Zirkus- und Illusionswelt eines „Barnum und Bailey“) spiegeln ihren Hang zur Täuschung wider. Das Bühnenbild ist keinesfalls nebensächlich: Williams verknüpft Innen- und Außenwelt über die scheinbar belanglosen Ausrufe der Straßenverkäufer, etwa als eine Straßenhändlerin „Blumen für die Toten“ just in jenem Augenblick anpreist, in dem Mitch Blanche mit ihrer Vergangenheit konfrontiert.

Interpretationsansätze

  • Der Originaltitel A Streetcar Named Desire (wörtlich etwa: „Eine Straßenbahn namens Sehnsucht“) bezieht sich auf die Straßenbahnlinien, die im French Quarter von New Orleans fahren. Eine Linie heißt Desire, eine andere Cemetery (Friedhof): Damit benennt Williams das Grundthema von Liebe, Begierde und Tod, wie es sich in der Beziehung von Stanley und Stella, aber auch in der von Stanley und Blanche offenbart.
  • Der Klassenkonflikt zwischen altem, degeneriertem Südstaatenadel und arrivierten Einwanderern steht im Zentrum der Tragödie. Bildung und Eleganz, aber auch verweichlichter, gekünstelter Snobismus (Blanche) stehen der direkten, lebenspraktischen und kraftvollen Art von Stanley (ein „hundertprozentiger Amerikaner“ mit polnischen Vorfahren) gegenüber.
  • Blanche ist ein Musterbeispiel für eine Frau, die jeden Bezug zur Realität verloren hat und fortwährend damit beschäftigt ist, sich in Illusionen und Traumbilder zu flüchten. Ihre Abneigung gegen grelles Licht spiegelt ihre Abkehr von der Wirklichkeit wider: Sie will sich mit aller Gewalt inszenieren als etwas, das sie nicht (mehr) ist.
  • Mehrere sprechende Namen finden sich im Stück: Stella (lat. Stern) ist der „Fixstern“ für ihre Schwester, ein Refugium auf ihrer Flucht aus der Vergangenheit. Blanche Du Bois ist wörtlich übersetzt „die Weiße aus dem Wald“, was auf ihre vermeintliche Unschuld hindeutet – bis offenbar wird, dass dieses Idealbild nur ein „schöner Traum“ war, genau wie das Familiengut Belle Reve.
  • Die Straße „Elysische Gefilde“ ist der Gipfel ironischer Verzerrung: Denn hier begegnet Blanche keineswegs himmlischer Ruhe, sondern sie wird mit Rohheit, Gewalt und Sexualität konfrontiert.

Historischer Hintergrund

Der Verfall des Südstaatenadels

Die Hauptfigur von Endstation Sehnsucht, Blanche Du Bois, gehört zum so genannten Südstaatenadel, jener wohlhabenden Oberschicht aus Plantagenbesitzern, die ihr Geld vor allem mit dem Anbau von Baumwolle in den Südstaaten der USA machte und dafür Sklaven einsetzte. Dieser „Adel“ war zahlenmäßig nur klein, beherrschte aber Wirtschaft und Politik der Südstaaten. Im Unterschied zum industrialisierten Norden der USA, wo die Sklaverei schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts abgeschafft worden war, hielten die Südstaaten an ihren billigen Arbeitskräften fest. Spätestens mit der Wahl Abraham Lincolns zum US-Präsidenten im Jahr 1860 begann der Niedergang des Südens, der sich bis weit ins 20. Jahrhundert fortsetzte. Nach Lincolns Wahlsieg erklärten nacheinander die Südstaaten South Carolina, Mississippi, Florida, Alabama, Georgia, Louisiana und Texas ihren Austritt aus dem amerikanischen Bündnis und gründeten die Konföderierten Staaten von Amerika. Am 11. März 1861 verabschiedete ihr Konvent eine eigene Verfassung, die zwar den Sklavenhandel verbot, die Sklavenhaltung aber erlaubte. Die Konföderierten begannen damit, Forts zu besetzen und den Norden vom Nachschub abzuschneiden, was letztendlich zum Sezessionskrieg führte.

Die Südstaaten waren auch gegen die so genannten Homestead Laws, die 1962, während des Bürgerkriegs, von der Regierung Lincoln verabschiedet worden waren: Diese Gesetze besagten, dass jeder neue Siedler, der US-Bürger, Familienvater, mindestens 21 Jahre alt oder Veteran der US-Armee war, ein rund 60 Hektar großes Stück Land im Westen erwerben konnte. Die Figur des Stanley Kowalski in Endstation Sehnsucht ist ein Repräsentant dieser neuen Klasse von US-Bürgern, die dem alten, langsam verarmenden Südstaatenadel den Rang abliefen.

Entstehung

Im Jahr 1947 war Tennessee Williams bereits ein gemachter Mann. Sein erstes Erfolgsstück Die Glasmenagerie hatte im Februar 1944 eine rauschende Premiere gefeiert, ihn quasi über Nacht berühmt gemacht und ihm den Preis der New Yorker Theaterkritiker eingebracht. Williams genoss die neu gewonnene finanzielle Unabhängigkeit. New Orleans schien ihm der geeignete Ort dafür zu sein. Dort stürzte er sich 1947 auch in die Arbeit an einem neuen Stück, mit dem er schon kurz nach dem Bühnenerfolg seines Erstlings begonnen hatte, das jedoch nicht so recht vorangehen wollte. Der vorläufige Titel lautete Poker Night. Das Thema war der Gegensatz zwischen einem Kerl aus dem Arbeitermilieu und zwei aristokratisch anmutenden Damen aus dem Süden. Williams nahm das Stück auch mit nach Key West. Dort, am südlichsten Punkt der USA, in einem freigeistigen, entspannten Klima und einer fast schon karibischen Atmosphäre hatte sich der Autor ein Refugium aufgebaut, in das er immer wieder zurückkehrte. Hier feierte er ausgelassene Partys, lebte seine homosexuelle Neigung aus und genoss das süße Leben unter einem strahlend blauen Himmel. Er sei in einem „wahren Schaffensrausch“, schrieb Williams damals: Binnen kurzer Zeit beendete er das Stück, das er nun A Streetcar Named Desire getauft hatte.

Wirkungsgeschichte

Endstation Sehnsucht feierte am 3. Dezember 1947 in New York Premiere. Nach dem Schlussvorhang soll das Publikum einen Augenblick lang in absoluter Stille verharrt haben – um anschließend volle 30 Minuten Beifall zu klatschen. Das Stück wurde erst ein Sensationserfolg am Broadway und später ein Welterfolg. Tennessee Williams erhielt dafür seinen ersten Pulitzerpreis. Endstation Sehnsucht führte nicht nur dazu, dass er nun vollends als Theatergenie angesehen wurde, sondern machte auch den Darsteller des Stanley Kowalski berühmt: Für Marlon Brando war die Rolle des groben Einwanderersohns das Sprungbrett zu einer Weltkarriere. Dies insbesondere deshalb, weil er auch in der 1951 gedrehten Verfilmung mitspielte, bei der Elia Kazan, Regisseur der Uraufführung, Regie führte. Bis auf Jessica Tandy in der Rolle der Blanche, die für die Filmversion durch Vivien Leigh ersetzt wurde, übernahmen alle Bühnendarsteller ihre jeweiligen Rollen. Die amerikanische Zensur sorgte dafür, dass explizite, sexuell anzügliche Zeilen gestrichen und die berühmte Treppenszene, in der Stanley Stella anfleht, zu ihm zurückzukommen, gekürzt wurde. Schon in der Bühnenversion waren die sexuellen Anspielungen für viele Leute im Publikum zu grob gewesen, andere fanden das Stück gerade deswegen besonders reizvoll. Der Film wurde für zwölf Oscars nominiert, gewann vier und schrieb sich in die Filmgeschichte ein. Das Bühnenstück steht bis heute auf dem Spielplan des modernen Theaters. Mit Blanche Du Bois schuf Williams einen Frauentyp, der in den Dramen von Eugene O’Neill ebenso anzutreffen ist wie z. B. in Filmklassikern von Billy Wilder, etwa in der Gestalt des vergessenen Stummfilmstars Norma Desmond aus Sunset Boulevard.

Über den Autor

Tennessee Williams gehört zu den bekanntesten amerikanischen Dramatikern. Er wird unter dem Namen Thomas Lanier Williams am 26. März 1911 in Columbus im US-Bundesstaat Mississippi geboren. Der ständige Streit innerhalb der Familie wird später zu einem bestimmenden Faktor in Williams' Werk. Mit einer Unterbrechung von mehreren Jahren, in denen er auf Wunsch seines Vaters in der Schuhindustrie arbeitet, studiert Williams an den Universitäten von Missouri und Iowa. 1937 schließt er sein Studium mit einem Bachelor of Arts ab. Nachdem er das Stück Gespenster von Henrik Ibsen gesehen hat, will er Schriftsteller werden. Eine Zeit des Herumreisens folgt, in der es Williams nach New Orleans, Jacksonville und New York City verschlägt. Bei seinem Umzug nach New Orleans ändert er seinen Vornamen in Tennessee, nach dem Geburtsstaat seines Vaters. Nach mehreren nicht erfolgreichen Theaterstücken kommt mit The Glass Menagerie (Die Glasmenagerie, 1944) der Durchbruch. Das Stück gewinnt den New York Drama Critics' Circle Award und macht Williams bekannt. 1947 landet er mit A Streetcar Named Desire (Endstation Sehnsucht) ebenfalls einen Hit: Das Stück wird mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet. In den 50er Jahren liegt Williams' produktivste Schaffensperiode. Zu den Höhepunkten zählen The Rose Tattoo (Die tätowierte Rose, 1950) und Cat on a Hot Tin Roof (Die Katze auf dem heißen Blechdach, 1955). Letzteres Stück gewinnt ebenfalls einen Pulitzerpreis. 1961 stirbt Williams' langjähriger Freund und Lebensgefährte Frank Merlo an Krebs. Dieses Ereignis stürzt den Autor in eine tiefe, lang andauernde Depression, die mit Medikamenten- und Alkoholmissbrauch einhergeht. In den 70er Jahren kann Williams aber zu seiner alten Form zurückfinden. Er veröffentlicht weitere Dramen, u. a. Small Craft Warnings (Sturmwarnung, 1972), Romane, Kurzgeschichten, Gedichte und seine Autobiografie. Am 25. Februar 1983 stirbt Williams im Hotel Elysée in New York City. Vermutlich erstickt er an einem Flaschenverschluss; manche glauben auch, er sei ermordet worden.

Hat Ihnen die Zusammenfassung gefallen?

Buch oder Hörbuch kaufen

Diese Zusammenfassung eines Literaturklassikers wurde von getAbstract mit Ihnen geteilt.

Wir finden, bewerten und fassen relevantes Wissen zusammen und helfen Menschen so, beruflich und privat bessere Entscheidungen zu treffen.

Für Sie

Entdecken Sie Ihr nächstes Lieblingsbuch mit getAbstract.

Zu den Preisen

Für Ihr Unternehmen

Bleiben Sie auf dem Laufenden über aktuelle Trends.

Erfahren Sie mehr

Studenten

Wir möchten #nextgenleaders unterstützen.

Preise ansehen

Sind Sie bereits Kunde? Melden Sie sich hier an.

Kommentar abgeben