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Geist der Utopie
Buch

Geist der Utopie

Berlin, 1918
Diese Ausgabe: Suhrkamp, 2018 Mehr

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Literatur­klassiker

  • Philosophie
  • Moderne

Worum es geht

Marx und Messias

Während des Ersten Weltkriegs, als der junge Ernst Bloch Geist der Utopie verfasste, hatten Erneuerungsbewegungen Hochkonjunktur. Expressionisten und Esoteriker, Sozialisten und jüdische Messianisten, sie alle verband die Hoffnung auf Erlösung, ob nun durch Kunst oder Rausch, Revolution oder Religion. Ernst Blochs fulminantes Debüt vereint all diese auf den ersten Blick unvereinbaren Strömungen zu einem streckenweise schwer verdaulichen Mix. In bester kulturkritischer Manier wettert der Autor gegen die geistig flache und triviale Moderne. Rettung bieten laut Bloch die organisch-expressionistische Kunst, Tagträume und religiöse Vorstellungen, die dem Menschen den Weg zu seinem eigenen Innern, zu seinem utopischen Noch-nicht-Bewussten und einem gelungenen Leben weisen. Blochs überschäumendes Pathos, sein Sendungsbewusstsein und messianischer Impetus mögen heute befremdlich wirken – seine Botschaft, hinter dem Schein des Tatsächlichen das Wahre zu erkennen, spricht jedoch nach wie vor viele Menschen an.

Zusammenfassung

Das Wahre hinter dem Tatsächlichen

Das Leben ist leer geworden, es gibt nur grauenvolle Erinnerung. Die Nichtswürdigen wurden verteidigt von den Jungen, die fahnenschwingend in den Krieg gezogen sind, und nun sind sie tot. Dummheit und Mittelmäßigkeit haben triumphiert, unter dem Jubel der Intellektuellen, die nur Phrasen dreschen. Es gibt keinen sozialistischen Gedanken mehr, keine Idee dessen, warum eine Gemeinschaft bestehen sollte. Wohl verspüren wir eine vage Sehnsucht, aber wir schreiten nicht zur Tat, denn es mangelt uns an Aussichten, zu überwindenden inneren Widerständen, Zielen – kurz: an einer Utopie. Hinter dem bloß Tatsächlichen müssen wir die Wahrheit finden, für die es sich zu leben lohnt.

Das Organische in der Kunst

Neben den kunstvoll gestalteten antiken Krügen wirkt der braune Krug aus der rheinfränkischen Gegend grob und unscheinbar. Und doch ist er jenen kostbaren, bewusst modellierten, dabei aber oberflächlichen Exemplaren vorzuziehen. In ihm erkennt man noch das Dunkle, Verschrobene, Gewachsene uralter Zeiten. Wer diesen alten Krug lange genug betrachtet, nimmt seine Farbe und Form in sich auf. Der alte...

Über den Autor

Ernst Bloch wird am 18. Juli 1885 in Ludwigshafen geboren. Er entstammt einer Familie jüdischen Glaubens und wächst in kleinbürgerlichen Verhältnissen auf. Schon früh ist er von den Schriften Schellings fasziniert. Er studiert in München und Würzburg Philosophie und schließt 1908 mit einer Promotion über Heinrich Rickert ab. In den folgenden Jahren gehört Bloch in Heidelberg zum Kreis um Max Weber. Von 1917 bis 1919 lebt der Pazifist aus Protest gegen den Ersten Weltkrieg als Emigrant in der Schweiz. Dort schließt Bloch sein 1918 veröffentlichtes Werk Geist der Utopie ab, worin er sich zum ersten Mal als undogmatischer Marxist profiliert, der sich auch an Themen der religiösen Offenbarung orientiert. In den 1920er-Jahren arbeitet er als freier Publizist in Berlin, von wo aus er nach der Machtergreifung der Nazis emigriert, zuerst wieder in die Schweiz, dann nach Wien und Prag. In jener Zeit entsteht ein dunkler Fleck in Blochs Biografie: Gegenüber seinen Freunden Georg Lukács und Theodor W. Adorno verteidigt er vehement Stalins Schauprozesse, eine Position, die Bloch erst 1956 im Zuge der Entstalinisierung der Sowjetunion aufgeben wird. 1938 emigriert er in die USA und beginnt dort die Arbeit an seinem Hauptwerk Das Prinzip Hoffnung. Mit hohen Erwartungen an den sozialistischen Neuaufbau kehrt Bloch 1949 in die DDR zurück, wo er eine Professur in Leipzig erhält. Das Prinzip Hoffnung erscheint in drei Bänden zwischen 1954 und 1959 in der DDR. Dort wird Bloch wie ein Staatsphilosoph behandelt – bis er die Staatsführung wegen der Unterdrückung des Ungarnaufstandes 1956 offen kritisiert. Das wird zum äußeren Anlass des Bruches. 1957 wird er zwangsemeritiert. Als Walter Ulbricht 1961 die Mauer errichten lässt, entschließt sich Bloch, der DDR den Rücken zu kehren, und nimmt eine Gastprofessur in Tübingen an. Dort stirbt er am 4. August 1977.


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