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Jakob von Gunten
Buch

Jakob von Gunten

Berlin, 1909
Diese Ausgabe: Suhrkamp, 1985 Mehr

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Literatur­klassiker

  • Roman
  • Moderne

Worum es geht

Jakob und wie er die Welt sah

Der Schweizer Robert Walser galt unter Schriftstellerkollegen - wenn auch nicht beim breiten Publikum - immer schon als einer der wichtigen Autoren des 20. Jahrhunderts. Und Jakob von Gunten wird heute als sein bedeutendstes Werk gesehen. Der Titelheld, ein junger Mann von vornehmer Abstammung, begibt sich zur Ausbildung aus freien Stücken in eine Dienerschule, das Institut Benjamenta. Dessen oberste Prinzipien lauten Geduld und Gehorsam. Als Diener steht der Mensch auf der untersten Stufe der sozialen Hierarchie, er ist wie ein Schatten: stumm, beinahe unsichtbar und trotzdem allgegenwärtig, immer dienstbereit und ohne eigenen Willen. Jakob nimmt diese Position ganz bewusst ein, aus dieser Perspektive will er die Welt erfahren und von ihr lernen. Walsers Jakob von Gunten steht stellvertretend für die große Masse aller abhängig arbeitenden, werktätigen Menschen. Von unten beobachtet er "die da oben" und sieht überall die Mechanismen der Gesellschaft, die das Lebendige im Menschen töten. Am Ende zeichnet sich als einzige Veränderungsmöglichkeit der radikale Ausbruch ab. Walsers Bücher fanden zwar nie ein großes Publikum, gleichwohl ist er einer der "geheimen Klassiker" des 20. Jahrhunderts.

Zusammenfassung

Eintritt ins Institut Benjamenta

Jakob von Gunten tritt als junger Mensch in das Erziehungsinstitut Benjamenta ein. Hier werden Knaben zu Dienern ausgebildet. Geleitet wird die Schule von dem Inhaber und Vorsteher, dem riesenhaften und mürrischen Herrn Benjamenta, und seiner Schwester, dem etwas altjüngferlichen Fräulein Lisa Benjamenta. Das Institut liegt in einem gewöhnlichen Hinterhaus in der Großstadt. Jakob ist freiwillig hierher gekommen. Er muss den zunächst desinteressiert wirkenden Vorsteher regelrecht überreden, ihn aufzunehmen. Erst als Jakob die unverzügliche Barzahlung des Schulgeldes anbietet, akzeptiert Herr Benjamenta die Bewerbung mit den Worten: "So gib es her. Rasch!", um kurz danach hinzuzufügen: "Schlingel wie du erhalten keine Quittungen."

Jakob stammt aus gutem, adligem Haus. Doch er möchte weder ein Abkömmling sein, noch hat er den Ehrgeiz, ein Emporkömmling zu sein, sondern er hegt den Wunsch, ganz unten anzufangen, von der Pike auf zu lernen und nur zu dienen. Er will sich bewusst von hochmütigen Traditionen abwenden und sich einer Erziehung durch das Leben unterwerfen, gemäß den obersten Prinzipien des Instituts Benjamenta: Geduld und Gehorsam...

Über den Autor

Robert Walser wird am 15. April 1878 in Biel im Kanton Bern geboren. Hier absolviert er nach der Schulzeit eine Banklehre. In den Jahren 1896-1905 lebt er überwiegend in Zürich, arbeitet dort als Angestellter in Banken und Versicherungen, als Buchhändler und technischer Gehilfe eines Ingenieurs, aber auch - nach einer entsprechenden Ausbildung in Berlin - in Oberschlesien als Diener. Erste Gedichte verschaffen ihm Zugang zu literarischen Kreisen. Nach Erscheinen seines Debüts, Fritz Kochers Aufsätze (1904), folgt Walser 1906 seinem Bruder Karl nach Berlin, der dort als Maler und Bühnenbildner arbeitet und ihn in die Künstlerszene einführt. Walser verfasst in rascher Folge die Romane Geschwister Tanner (1907), Der Gehülfe (1908) und Jakob von Gunten (1909). Trotz der Anerkennung durch Künstlerkollegen kehrt er Berlin wieder den Rücken. Überzeugt davon, literarisch gescheitert zu sein, reist er 1913 in seine Heimatstadt Biel zurück. Im Hotel "Blaues Kreuz" mietet er eine Mansarde, wo er unter ärmlichsten Bedingungen lebt und schreibt. Hier entstehen eine Sammlung von Kurzprosatexten und die Erzählung Der Spaziergang (1917). Trotz der Präsenz in literarischen Zeitschriften kommt es nur noch zu einer Buchveröffentlichung: Die Rose (1925). Den so genannten Räuber-Roman von 1925 hinterlässt er nur als Entwurf, in mikroskopisch kleiner Schrift (Mikrogramm). Die Entzifferung soll mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Wegen psychischer Labilität lässt sich Walser 1929 in die psychiatrische Klinik Waldau bei Bern einweisen. Bis 1933 schreibt er weiter, danach muss er aufgeben und wird gegen seinen Willen in die Heilanstalt Herisau im Kanton Appenzell überstellt. Dort vegetiert er weitere 23 Jahre dahin, unerkannt und unbeachtet. Auf einem einsamen Spaziergang im Schnee verstirbt er am 25. Dezember 1956.


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