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Hagakure

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Hagakure

Der Samurai-Weg

Goldmann,

15 Minuten Lesezeit
12 Take-aways
Text verfügbar

Was ist drin?

Die berühmte „Bibel der Samurai-Krieger“ aus Japan.


Literatur­klassiker

  • Philosophie
  • Frühe Neuzeit

Worum es geht

Die japanische "Samurai-Bibel"

Noch immer üben die Samurai, die Angehörigen der legendären Kriegerkaste Japans, ihre Faszination auf die westliche Welt aus. Mehr oder weniger gelungene Samurai-Filme füllen ganze Regale, und regelmäßig erscheinen Bücher, die den Versuch unternehmen, die Lebensregeln der japanischen Krieger auf den Managementbereich zu übertragen. Kein Buch aber hat mehr zu unserem Wissen über die Samurai beigetragen als das Hagakure von Tsunetomo Yamamoto. Der umfangreiche Text besteht aus Notizen, die ein Schüler und Freund Tsunetomos über Jahre von den Gesprächen mit ihm aufgezeichnet hat. Jahrhundertelang nur als verbotenes Geheimwissen in den Kreisen der Samurai weitervermittelt, wurden erste Auszüge des Hagakure in Japan erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts veröffentlicht. Die umfangreiche Sammlung von Anekdoten über Krieger, Fürsten und Kriegsherren mitsamt einer umfassenden Ethik avancierte schnell zu einer Art "Samurai-Bibel", dem ultimativen Referenzwerk über den "Weg des Kriegers" (Bushidô). Das Hagakure bietet einen faszinierenden Einblick in die Welt und den Ehrenkodex der Samurai. Viele der Lehren wirken auch heute noch erstaunlich modern und können durchaus als Beitrag zum Thema "Besser leben" verstanden werden, der es mit vielen heutigen Ratgebern problemlos aufnehmen kann.

Take-aways

  • Hagakure (wörtlich: Hinter den Blättern) ist das japanische Standardwerk über Bushidô, die Kunst des Kriegers.
  • Es enthält zahlreiche Anekdoten, die das Denken und Handeln der regionalen Fürsten und der Samurai im frühen 18. Jahrhundert illustrieren, sowie moralische Anleitungen.
  • Tsunetomo Yamamotos Familie stand im Dienst der Fürsten des regionalen Nabeshima-Clans.
  • Sowohl sein Vater als auch andere Verwandte waren für Tsunetomo Vorbilder für die Verwirklichung des Samurai-Kodex.
  • Naoshige Nabeshima, der Dynastiegründer des Fürstentums, war ein Mann von großer Entschlossenheit und Tapferkeit.
  • Er und seine Nachfahren achteten vor allem darauf, gute Samurai an sich zu binden und sie richtig zu behandeln.
  • Laut Tsunetomo ist das Leben kurz wie ein Traum und sollte mit Würde und Sinn verbracht werden.
  • Ein guter Krieger ist stets auf alle Eventualitäten vorbereitet.
  • Nur wer sich selbst besiegt, kann auch äußere Siege erringen.
  • Das Leben ist eine Abfolge von Augenblicken, und der gegenwärtige Augenblick ist immer der wichtigste.
  • Erst durch die Bereitschaft, notfalls in Ausübung seiner Pflicht zu sterben, erhält der Krieger die innere Freiheit, mutig und erfolgreich zu leben.
  • Noch heute beeinflusst die Philosophie des Hagakure das japanische Denken. Das Verständnis dieses Werks ist auch bei geschäftlichen Kontakten mit Japanern nützlich.

Zusammenfassung

Tsunetomos Vater

Jin’uemon Yamamoto, Tsunetomos Vater, gab ein gutes Beispiel für die rechte Haltung eines Samurai ab. Angeblich hatte er mehrmals den gleichen Traum, in dem ihm der Gott Gongen wegen der Armut der Familie einen Topf voller Geld anbot, den er sich auf dem Berg der Gottheit abholen sollte. Der Vater stieg dann auch wirklich auf den Berg, aber nicht um den Schatz zu erhalten, sondern nur um zu beten, dass es seiner Sippe und deren Nachkommen gut gehen solle. Später soll der Vater immer lachend gesagt haben, dass deswegen alle Nachkommen im Dienst der Fürstenfamilie ständen, aber alle auch arm geblieben seien, weil er den göttlichen Schatz zurückgewiesen habe. Dem Fürsten dienen zu können, war für ihn das Wichtigste. Auch die eigenen Bediensteten behandelte er gut: Er entließ z. B. schlechte Diener erst am Ende des Jahres und vermied es so, sie bloßzustellen. Damit schaffte er es auch, sich nicht unnötig Feinde zu machen. Er ermahnte dazu, allzeit kampfbereit zu sein: Man solle andere mit Respekt und Höflichkeit behandeln, aber beim Sprechen nie die Augen von ihnen abwenden. Ebenso sei es gefährlich, die Hände in die Schlitze der Kleidung zu stecken. Als er unter starken Schmerzen starb, soll er sich geweigert haben, auch nur einen Klagelaut von sich zu geben.

Tsunetomo wird Mönch

Tsunetomo leidet darunter, dass es ihm aufgrund der friedlichen Zeitumstände nicht möglich ist, Großes im Dienste seines Fürsten, des Daimyô, zu leisten. Er bemüht sich, so gut er kann, ein perfekter Samurai zu sein, und arbeitet ständig an sich. In seiner Jugend führte er sogar ein Tagebuch, in dem er seine täglichen Fehler auflistete. Da es aber seiner Meinung nach zu viele waren, gab er das später auf. Beim Tod von Fürst Mitsushige Nabeshima, dem Enkel des Dynastiegründers, hätte Tsunetomo die zu Ehren des toten Fürsten früher übliche Selbsttötung gerne begangen, aber der Fürst selbst hatte diesen Brauch noch zu Lebzeiten verboten. So gibt Tsunetomo im Alter von 42 Jahren lediglich sein weltliches Leben als Samurai auf und zieht sich als Mönch in eine Klause zurück. Trotzdem bleibt er auch als Einsiedler stets um das Wohl "seiner" Fürstenfamilie Nabeshima besorgt, und er empfindet es als schmählich, dass keiner der hochrangigen Gefolgsleute Mitsushiges seinem Beispiel folgt.

Andere Verwandte

Im Koreafeldzug zeigte Tsunetomos Großvater Jin’uemon Nakano an der Seite des Fürsten Naoshige Nabeshima großen Mut. Auch seine Pflicht zur Mitmenschlichkeit nahm er ernst. Als am Neujahrstag ein Nachbar starb, überließ er den trauernden Angehörigen das vorbereitete Festessen der eigenen Familie, obwohl seine Gefolgsleute fürchteten, dies könne Unglück bringen. Tsunetomos Onkel Takumi Nakano verweigerte einmal den Dienst als Berater des Fürsten, weil er meinte, man könne so keine großen Taten vollbringen. Erst wurde er deswegen dazu verurteilt, das Leben eines Rônin, eines stellenlosen Samurai, zu führen, dann aber befördert. Auch sein Sohn wurde später Berater des Fürsten.

Die Fürstenfamilie Nabeshima

Der Daimyô Naoshige Nabeshima, der Begründer der Fürstenfamilie, wuchs als einfacher Samurai auf, der sich durch seine Entschlossenheit und Tapferkeit auszeichnete. Auch als Fürst vergaß er die Samurai-Tugend des Mitgefühls nicht: In einer besonders kalten Winternacht ließ das Fürstenpaar den Gefängnisinsassen mitten in der Nacht heißen Reisbrei servieren, weil diese am meisten unter der Kälte litten. Später, als er bereits abgedankt hatte, baten er und seine Frau ihren Sohn um Gnade für einen bewährten alten Samurai, der aus Hunger eine Ladung Reis gewaltsam an sich genommen hatte und dafür zum Tode verurteilt worden war. Auch Naoshiges Nachfolger zeichneten sich durch Sorge um das Wohl ihrer Gefolgsleute aus. Sein Sohn Katsushige und dessen Enkel Mitsushige neigten als Fürsten dazu, Fehler ihrer Samurai möglichst zu übersehen. Mitsushige nahm sich immer eine längere Bedenkzeit, bevor er ein gefordertes Todesurteil verhängte. Es war ein Prinzip der Familie, im Zweifelsfall jeweils eine möglichst niedrige Strafe zu wählen.

Lebensphilosophie

Der wahre Krieger (Bushi) zeichnet sich durch seine einzigartige geistige Haltung aus. Er weiß, dass das menschliche Leben traumhaft und flüchtig ist, und konzentriert sich darauf, es mit richtigem Handeln zu verbringen. Die meisten Menschen sind wie Marionetten: Sie sind Opfer ihrer Lüste und Launen und vergessen dabei, worauf es im Leben wirklich ankommt. So wurden z. B. immer wieder Samurai zum Tode verurteilt, weil sie beim verbotenen Glücksspiel erwischt wurden. Es ist wichtig, das eigene Schicksal anzunehmen, ohne sich dem unaufhaltsamen Lauf der Dinge zu widersetzen. Wie Fürst Naoshige seinen Enkel lehrte: Jedes Fürstenhaus, egal wie mächtig, wird eines Tages fallen, wenn seine Zeit gekommen ist. Wer sich dieser Realität widersetzt, wird nur schweres Leid auf sich ziehen. Die richtige Haltung besteht darin, die Zeit, in der man lebt, so anzunehmen, wie sie ist. Man sollte das Beste aus den Umständen machen, ohne seine Prinzipien aufzugeben und Schande über sich und seine Familie zu bringen. Die meisten Samurai vernachlässigen jedoch mittlerweile ihre wahren Pflichten. Sie sind verweichlicht und nur auf Luxus und den Erhalt des eigenen Lebens aus. Sie achten vor allem auf Äußerlichkeiten und versuchen nur, den guten Schein zu wahren.

Bescheidenheit und Geduld

Große Ziele müssen geduldig angestrebt werden, ohne zu viel auf einmal erringen zu wollen. Fürst Naoshige weigerte sich einmal, an einem Attentat auf einen gegnerischen Kriegsherrn teilzunehmen, weil es zwar leicht sei, seinen Machtbereich auszudehnen, aber schwer, die Herrschaft über ein größeres Gebiet während vieler Generationen im Familienbesitz zu halten. Man sollte auch nicht glauben, alles zu wissen, oder seine eigene Meinung für die absolute Wahrheit halten. Stattdessen sollte man seine eigenen Einstellungen und Motive stets kritisch hinterfragen und bewusst den Rat kluger Menschen suchen. Im Leben gibt es für keinen Vollkommenheit. Ein wahrer Meister ist nie selbstzufrieden, sondern strebt danach, sich unablässig weiterzuentwickeln.

Führungsprinzipien

Das Wichtigste für einen Herrscher ist es, tüchtige Männer in Loyalität an sich zu binden. Dazu ist es erforderlich, gute Leute ehrlich und von ganzem Herzen zu lieben und zu ehren. Tsunetomos Vater betonte immer wieder, wie wichtig es sei, gute Gefolgsleute zu haben. Man müsse nicht nur dafür sorgen, dass sie genug zu essen haben, sondern auch bereit sein, im Notfall die letzte Schale Reis mit ihnen zu teilen. Als sich Fürst Mitsushiges Tochter einmal beklagte, dass die Krieger ihres Vaters bei der Parade immer die hässlichsten seien, erklärte er ihr, dass die anderen Fürstenhäuser auf den äußeren Schein achten und gut aussehende Krieger anheuern würden, während seine Gefolgsleute seit Generationen als Erblehensmänner seiner Familie dienten und daher loyal und zuverlässig seien. Ein guter Führer übersieht großzügig manche Fehler seiner Untergebenen und mischt sich möglichst nicht in ihr Privatleben ein. Und so mancher Mensch, der einen Fehler begangen hat, erweist sich als besonders zuverlässig, wenn man ihm danach eine zweite Chance gibt.

Erfolg durch Selbstbeherrschung

Wer andere besiegen will, muss zuerst lernen, sich selbst zu besiegen. Wer seinen Körper nicht mit der Kraft des Geistes besiegt, ist wie ein Heerführer mit einer großen Armee, dessen Soldaten seinen Befehlen aber nicht befolgen. Wer sich große Krieger - egal ob einfache Samurai, Fürsten und Kriegsherren oder den Shôgun selbst - zum Vorbild nimmt und diesen nacheifert, wird selbst zu einem großen Samurai werden. Man kann sich das eigene Vorbild auch aus den herausragendsten Stärken verschiedener Krieger zusammensetzen. Viele neigen dazu, sich vor allem auf die Schwächen ihrer Mitmenschen zu konzentrieren. Viel sinnvoller ist es aber, auf ihre Stärken zu achten und diese nachzuahmen.

„Wer nicht jederzeit zum Sterben bereit ist, wird unweigerlich auf gemeine Art sterben. Wie sollte dagegen ein Mann, der allzeit zum Sterben bereit ist, ein ordinäres Verhalten an den Tag legen?“ (S. 137)

Das richtige Denken besteht darin, dass man andere an die erste Stelle setzt und nach der Erfüllung der vier Gelübde strebt, die da lauten:

  1. Auf dem Weg des Kriegers von niemandem übertroffen werden.
  2. Seinem Herrn stets von Nutzen sein.
  3. Die Kindespflicht gegenüber den Eltern sorgsam erfüllen.
  4. Anderen Menschen mit großem Mitgefühl begegnen und sich für sie einsetzen.
„Viele Leute neigen dazu, sich in erster Linie auf die Schwächen anderer Menschen zu konzentrieren und die guten Seiten zu übersehen. Das führt gewöhnlich dazu, dass die Leute auch eher die Schwächen eines Menschen nachahmen als seine Stärken.“ (S. 165)

Ein Krieger sollte den anderen durch seine Entschlossenheit, seinen Mut und seine positive Lebenshaltung ein Vorbild sein.

Wachsamkeit und Entschlossenheit

Ein guter Krieger ist stets wachsam. So nahm Fürst Katsushige zwar jeden Abend einen Schlaftrunk zu sich, während er die Wachsoldaten aufsuchte, ging aber erst zu Bett, nachdem er wieder vollkommen nüchtern war. Tsunetomos Großvater war einmal über einen Besucher verärgert, der auf die Frage, was es in der Provinzhauptstadt Neues gäbe, schlicht "Nichts" sagte. Er hätte stattdessen den versammelten Kindern und Dienern zum Vorbild sagen sollen, dass es zwar nichts Neues gäbe, die Krieger aber auf der Hut seien, weil sich das jederzeit ändern könne. Der Weg des Samurai besteht darin, Tag und Nacht wachsam zu sein. Unvorhergesehene Umstände können ständig auftreten und ein einziger Augenblick kann über Sieg oder Niederlage entscheiden. Es gilt deshalb wachsam zu sein, damit man wichtige Gelegenheiten nicht versäumt, wenn sie sich einem plötzlich bieten. Selbst im Alltag sollte die Aufmerksamkeit des Kriegers stets auf die Erreichung seines höchsten Ziels gerichtet sein. Entscheidungen sollten schnell und entschlossen getroffen werden. Ein wahrer Krieger ist ein Mann der Tat.

Das Leben als Abfolge von Augenblicken

Im Grunde ist das ganze Leben nichts als eine endlose Reihe von Augenblicken. Deshalb gibt es nichts Wichtigeres als den gegenwärtigen Augenblick. In ihm schaffen wir jeweils das, was am Ende zur Realität unseres Lebens werden wird. Viele übersehen den Wert des Augenblicks und suchen immer nur nach dem großen Sinn des Lebens, ohne zu bemerken, dass diese Kette von Augenblicken ja ihr eigentliches Leben darstellt. Das Wichtigste für den Geist des Kriegers ist es, in jedem einzelnen dieser Augenblicke danach zu streben, das hohe Ziel des vollkommenen Dienstes zu erreichen.

Die richtige Einstellung zum Tod

Wir alle müssen eines Tages sterben. Deshalb lohnt es sich nicht, feige unter allen Umständen am Leben festzuhalten. Wer als Samurai jederzeit bereit ist zu sterben und gleichzeitig seine Kampfkünste gewissenhaft täglich weiterentwickelt, wird erfolgreich leben können. Wer dagegen den Tod fürchtet, wird eines Tages unweigerlich ein schlechtes und unrühmliches Ende erleiden. Ein Samurai sollte stets den eigenen Tod vor Augen haben. Er sollte immerzu gewillt sein, das Richtige ungeachtet einer Gefahr für das eigene Leben zu tun. Auch sollte er seine Ziele hoch stecken und konsequent verfolgen, statt aus Feigheit oder Angst um seine Stellung zaghaft und zögerlich zu leben. Ein Mensch mit einer solchen Einstellung wird viel vollbringen können und er wird respektiert werden. Eine solche mutige Entschlossenheit kann man aber nur dann im entscheidenden Augenblick zeigen, wenn man sich täglich in der richtigen inneren Haltung übt, die darin gipfelt, dass man jederzeit bereit ist, große Risiken mutig einzugehen und sogar sein Leben aufzugeben, wenn das die angemessene Reaktion auf eine Situation ist. Das Ziel eines wahren Samurai sollte es sein, mit Entschlossenheit und Weisheit zu leben und einen guten Tod zu sterben.

Der Weg des Samurai

Der Kern des Weges des Samurai ist dessen Bereitschaft zu sterben. Das Leben ist im Grunde wie ein kurzer Traum, und nur derjenige, der bereit ist, das Richtige zu tun, auch wenn er damit sein eigenes Leben in die Waagschale wirft, kann außergewöhnliche Taten vollbringen. Todesmut und Entschlossenheit sind der Schlüssel zu großen Erfolgen. Was zählt, ist der Wille, seine Aufgaben im Leben korrekt zu erfüllen. Für den Samurai ist das an erster Stelle der Dienst zum Wohle seines Herrn. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Herr selbst ein guter oder ein schlechter Führer ist, denn es ist allein die innere Haltung und die Bereitschaft, sein Leben richtig einzusetzen, die dem Samurai selbst seinen Wert verleiht.

Zum Text

Aufbau und Stil

Ursprünglich als Notizen von Gesprächen mit Tsunetomo Yamamoto angefertigt, besteht das Hagakure aus insgesamt 1343 meist kurzen Texten. Später wurden diese von dem Verfasser der Notizen, Tsuramoto Tashiro, einem Schüler und Freund Tsunetomos, in elf Bänden zusammengefasst und mit einem Vorwort versehen. Nach einleitenden Bemerkungen folgen in Band eins und zwei moralische Lehren, die Bände drei bis fünf enthalten Texte über den Fürst Naoshige Nabeshima, den Begründer des Nabeshima-Clans, sowie die weiteren Fürsten bis zur dritten Generation des Fürstentums. In den Bänden sechs bis neun werden die Taten (und Untaten) der Gefolgsleute des Nabeshima-Clans aufgelistet. Band zehn enthält die Worte und Taten von Kriegern (Bushi) anderer Clans, und zwar sowohl von einfachen Samurai als auch von höher stehenden Fürsten und Kriegsherren. Die restlichen Texte sind in Band elf versammelt, darunter weitere moralische Lehren, autobiographische Anmerkungen und Anekdoten über Tsunetomos Familie, die Nakano- und Yamamoto-Sippe. Da sie auf Gesprächen basieren, sind die Texte meist prägnant und leicht zu lesen. Jim Jarmusch, der Regisseur des Films Ghost Dog, in dem die im Hagakure dargelegten Prinzipien des Bushidô (Weg des Kriegers) eine zentrale Rolle spielen, bemerkte zum Buch völlig zu Recht: "Hagakure ist ein formschönes Buch, da es - wie ein geistlicher Text - aus kleinen Paragraphen besteht."

Interpretationsansätze

  • Im Hagakure werden uns die wesentlichen Prinzipien des Bushidô überliefert, nach denen die Samurai alter Schule zu leben suchten. Dabei steht die bedingungslose Unterwerfung des Samurai unter seinen Fürsten im Mittelpunkt - gerade dies ist aber auch der Grund, warum Bushidô heute allgemein nicht mehr als zeitgemäß angesehen wird.
  • In dem Werk wird die auch stark vom Zen-Buddhismus geprägte Lebensphilosophie Tsunetomos in eindringlicher Sprache und prägnanten Merksätzen vermittelt.
  • Die Worte und Taten der erfolgreichen Fürsten des Nabeshima-Clans und die Anekdoten über andere Fürsten und über Tsunetomos Familie vermitteln einleuchtende Lebens- und Führungsprinzipien. In der lockeren Folge von lehrreichen Anekdoten und kurzen Morallehren bietet Hagakure so ein Instrument zum Selbstmanagement, das durch seinen meditativen und intuitiven Zugang die Verinnerlichung wichtiger Prinzipien fördert.
  • Anders als in den vielen gekürzten Hagakure-Ausgaben mit ihrer oft einseitigen Textauswahl wird im Gesamtwerk häufig für Mitgefühl und Menschlichkeit als unerlässliche Bushidô-Prinzipien geworben.
  • Das Werk bietet einen interessanten Einblick in die Denk- und Lebenswelt des historischen Japan zur Blütezeit der Samurai und zur Zeit ihres Niedergangs.
  • Manche der von Tsunetomo geäußerten Ansichten erinnern an die Lehren der im westlichen Kulturraum einflussreichen Philosophenschule der Stoiker.
  • Entgegen einseitiger Verzerrungen seiner Lehren plädiert Tsunetomo nicht für Todessehnsucht, sondern dafür, dass erst ein richtiges Todesbewusstsein und eine potenzielle Todesbereitschaft den mentalen Freiraum für ein mutiges und sinnvolles Leben eröffnet.

Historischer Hintergrund

Der Niedergang der Samurai

Anfang des 18. Jahrhunderts stand Japan seit über 100 Jahren unter der Herrschaft des Tokugawa-Shôgunats, dessen Angehörige offiziell im Namen des Kaisers als Militärdiktatoren über das Land regierten. Da der Einfluss des Kaisers gering war, waren die Shôgune die eigentlichen Machthaber Japans. Sie schufen ein weitgehend befriedetes Land, in dem sich kaum mehr Möglichkeiten für militärische Heldentaten boten. Die Kriegerkaste der Samurai mutierte zur Verwaltungselite des Landes - mit entsprechenden Konsequenzen für die früheren Ideale der Samurai-Ethik. Alte Bräuche, wie die rituelle Selbsttötung (Junshi) loyaler Gefolgsleute beim Tod ihres Herrn, wurden landesweit verboten. Der Konfuzianismus wurde zur offiziellen Staatsreligion erhoben. Durch diese neue Friedensordnung erfolgte eine Machtverschiebung in der japanischen Gesellschaft. Obwohl die Kaufleute theoretisch den untersten Rang in der Ständegesellschaft einnahmen, konnten sie durch erfolgreiches Wirtschaften in diesen Friedenszeiten einen erheblichen Einfluss auf die anderen Stände (Krieger, Bauern, Handwerker) gewinnen. Während sie durch Handel reich wurden, verarmten viele Samurai. Ihnen war es verboten, Handel zu treiben, obwohl viele ihre Stellen verloren, weil sie in Friedenszeiten nicht mehr gebraucht wurden und die Fürsten sich keine große Schar an Gefolgsleuten mehr leisten konnten. Viele Samurai verschuldeten sich, und selbst die Fürsten mussten oft Kredite von den Kaufleuten aufnehmen, um den aufwändigen Lebensstil ihrer Familien weiter finanzieren zu können. Die bürgerliche Kultur erlebte eine Blüte. Die jüngeren Samurai begannen sich in ihren Wertvorstellungen zunehmend am Luxus und Wohlleben der Kaufleute statt an den traditionellen Werten der Kriegerklasse zu orientieren.

Entstehung

Tsunetomo Yamamoto wuchs in einer sehr traditionell geprägten Samurai-Familie auf. Von Jugend an interessierte er sich für die Heldentaten der Vergangenheit und den Samurai-Kodex. Zu seinem Leidwesen war es ihm aber persönlich nicht möglich, seinen Vorbildern nachzueifern, weil die Zeiten der kriegerischen Auseinandersetzungen in Japan weitgehend vorbei waren. Sogar die rituelle Selbsttötung nach dem Tod seines Herrn Mitsushige war ihm auf dessen eigene frühere Anordnung verwehrt. So wählte er stattdessen den symbolischen Tod und zog sich im Alter von 42 Jahren vom aktiven Samuraileben zurück. Fortan lebte er als buddhistischer Mönch in einer Klause in der Nähe der Provinzhauptstadt Saga. Dort führte er jahrelang Gespräche mit seinem Schüler und Freund Tsuramoto Tashiro, einem Rônin (Samurai ohne Anstellung). Von 1710 bis 1716 verfertigte Tsuramoto Gesprächsnotizen von seinen Unterhaltungen mit Tsunetomo. Nach Abschluss dieser Gespräche bat ihn Tsunetomo, seine Aufzeichnungen zu vernichten. Tsuramoto leistete dieser Bitte aber nicht Folge, sondern fasste die mit eigenen Anmerkungen versehenen 1343 Gesprächsnotizen in 11 Bänden thematisch geordnet zusammen und ließ die so entstandene Handschrift heimlich kopieren. Mehrere dieser alten Abschriften des Werks sind erhalten geblieben, während das Original verloren ging. Der Titel Hagakure (etwa: Blätterversteck) rührt wohl daher, dass die Gespräche zwischen den beiden Freunden in einer unter Blättern verborgenen Hütte stattfanden.

Wirkungsgeschichte

Von Anfang an war das Hagakure in Samuraikreisen geachtet und beliebt. Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts konnten die verschiedenen Abschriften des Werkes aber nur heimlich weitergereicht werden. Seine Veröffentlichung war verboten, weil es inhaltlich teilweise im Widerspruch zur von konfuzianischen Lehren geprägten Staatsphilosophie des Shôgunats stand. Erst 1906 wurde Hagakure in Japan in einer ersten Ausgabe teilweise veröffentlicht. Japanische Nationalisten und Militaristen nutzten eine bewusst selektive Auswahl an Texten des Hagakure während des Zweiten Weltkriegs, um die Bevölkerung mit einer entsprechend einseitigen und verzerrten Version des Bushidô auf die Opfer des Krieges einzustimmen und ihre Zustimmung zu den kriegerischen Handlungen zur vornehmen Pflicht hochzustilisieren. Die berüchtigten Kamikaze-Piloten trugen angeblich bei ihren Todesflügen eine solche gekürzte Version des Hagakure in ihrer Brusttasche. Auch der berühmte japanische Schriftsteller Yukio Mishima, der dreimal für den Literaturnobelpreis vorgeschlagen wurde, verfolgte die Lehren Tsunetomos geradezu fanatisch. Angeblich unter dem Einfluss des Geists des Hagakure vollzog er 1970 öffentlich die rituelle Selbsttötung (Seppuku).

Durch den Film Ghost Dog (1999) von Kultregisseur Jim Jarmusch, in dem ein schwarzer Mafiakiller nach den im Hagakure dargelegten Prinzipien des Bushidô lebt und stirbt, wurde das Werk auch im Westen bekannt. Seither sind auch einige hervorragende deutsche Teilübersetzungen des Werks erschienen. Auch im Bereich der Managementliteratur gab es Veröffentlichungen, in denen die Prinzipien des Hagakure auf die moderne Geschäftswelt angewandt werden. Trotz des Missbrauchs, den das Werk z. T. in der Vergangenheit erfahren hat, ist es ein wichtiges Buch zum Verständnis auch des modernen Japans, denn immer noch ist dieses Land vom Geist des Bushidô, wie er im Hagakure dargelegt wird, geprägt.

Über den Autor

Tsunetomo Yamamoto wird am 12. Juni 1659 als Sohn eines Samurai und Vasallen der Nabeshima-Fürsten der Provinz Hinzen auf der japanischen Insel Kyûshû geboren. Bei seiner Geburt ist sein Vater bereits 70 Jahre alt. Der Familie obliegt die Aufsicht über die Porzellanherstellung der Provinz, eine wirtschaftlich und kulturell wichtige Funktion, weil dort in ganz Japan begehrte Spitzenprodukte hergestellt werden. Als Tsunetomo elf Jahre alt ist, stirbt der hochbetagte Vater. Tsunetomo wird von einem älteren Cousin erzogen. Zuerst dient er dem Fürsten Mitsushige als Page und später als Schreiber und Sekretär. Die hohe Stellung des Karô, des offiziellen Spitzenberaters und Führers der alltäglichen Regierungsgeschäfte des Fürsten, bleibt ihm trotz vorbildlichen Verhaltens aber verwehrt, wohl auch deshalb, weil seine gesamte Familie zeitweise beim Fürsten in Ungnade gefallen ist. Sein Verhalten als Samurai auch bei unangenehmen Aufgaben gilt als vorbildlich. So muss er zweimal zur rituellen Selbsttötung (Seppuku) verurteilten nahen Verwandten als Sekundant dienen, eine Aufgabe, die darin besteht, dem Verurteilten, nachdem sich dieser selbst mit einem Kurzschwert den Bauch aufgeschlitzt hat, den Kopf abzuschlagen. Nach dem Tod des Fürsten Mitsushige im Jahr 1700 bleibt Tsunetomo die rituelle Selbsttötung zu Ehren des Toten (Junshi) aufgrund eines Verbots verwehrt. Deshalb zieht er sich stattdessen als Mönch und Einsiedler vom aktiven Samuraidienst zurück. Von 1710 bis 1716 führt er seine berühmten Gespräche mit seinem Schüler Tsuramoto Tashiro, die dieser dann - gegen den erklärten Willen Tsunemotos - als Hagakure veröffentlicht. Bevor er im Jahr 1719 stirbt, muss er noch den frühen Tod seiner beiden Töchter und seines ihm sehr nahe stehenden Schwiegersohns erleben.

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