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Kabale und Liebe

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Kabale und Liebe

Ein bürgerliches Trauerspiel in fünf Aufzügen

dtv,

15 Minuten Lesezeit
12 Take-aways
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Was ist drin?

Die Bürgerstochter als tragische Figur: Schillers Drama „Kabale und Liebe“ ist der Prototyp des bürgerlichen Trauerspiels.


Literatur­klassiker

  • Tragödie
  • Sturm und Drang

Worum es geht

Bürgertum versus Adel

Friedrich Schiller packte mit seinem Trauerspiel Kabale und Liebe ein heißes Eisen an: die Liebesbeziehung zwischen einer Bürgerlichen und einem Adligen. Eine solche Liebe war im 18. Jahrhundert praktisch chancenlos. Adlige nahmen sich zwar Mätressen aus dem bürgerlichen Stand, aber gewiss keine Ehefrauen. Der junge Schiller hatte bereits durch sein Sturm-und-Drang-Drama Die Räuber Furore gemacht, bevor er mit Kabale und Liebe feudalistische Ausbeutung und Misswirtschaft anprangerte. Aber nicht nur das: Indem er die Bürgerliche Louise zur tragischen Figur emporhebt, thematisiert Schiller erstmals auch die Defizite des Bürgertums. Denn dieses hat, obwohl es zunehmend selbstbewusster wird, den adligen Herren kein politisches Konzept entgegenzusetzen. Seine Waffen, Moral und Religion, sind stumpf und reichen nicht, um dem korrupten Adel Paroli zu bieten. Kabale und Liebe ist ein bürgerliches Trauerspiel in Reinform, das heute vor allem durch die unaufhaltsam auf die Katastrophe zustrebende Struktur und die Mischung zwischen Tragik und Komik fasziniert. Das Drama bietet so viele Deutungsmöglichkeiten, dass es die Theater zu immer neuen Umsetzungen reizt.

Take-aways

  • Kabale und Liebe ist eines der wichtigsten Exemplare des so genannten bürgerlichen Trauerspiels, in dem erstmals Bürgerliche, nicht Adlige, als tragische Figuren erscheinen.
  • Der Adlige Ferdinand von Walter und die Bürgerstochter Louise Miller verlieben sich ineinander.
  • Präsident von Walter, Ferdinands Vater, ist gegen die Verbindung. Der Sohn soll stattdessen Lady Milford heiraten, eine Mätresse des Herzogs, die dieser loswerden will.
  • Ferdinand widersetzt sich den Plänen seines Vaters und hält zu Louise.
  • Der Vater schmiedet eine Intrige (Kabale), um die Liebenden zu trennen: Louises Eltern werden ins Gefängnis geworfen.
  • Um ihre Eltern vor dem Schafott zu retten, soll Louise einen anderen Liebhaber vortäuschen und ihm einen Brief schreiben.
  • Dieser Brief wird Ferdinand in die Hände gespielt. Er fällt auf die Intrige herein und fühlt sich von Louise verraten.
  • Ferdinand tötet seine Geliebte und sich selbst mit Gift.
  • Das Drama wurde 1784 uraufgeführt, fünf Jahre vor der Französischen Revolution. Historischer Hintergrund ist die Emanzipation des Bürgertums von der Vorherrschaft des Adels.
  • Mit einer kraftvollen, emphatischen Sprache nimmt Schiller die despotische höfische Welt ebenso kritisch ins Visier wie das Bürgertum.
  • Die Liebe zwischen Louise und Ferdinand ist keine Privatangelegenheit: In ihr spiegelt sich die Tragödie eines ganzen Zeitalters.
  • Gegen die absolutistische Staatsräson setzt Schiller Werte wie Liebe und Empfindsamkeit.

Zusammenfassung

Eine verbotene Liebe

Der Stadtmusikant Miller ist absolut fassungslos: Baron Ferdinand, der Sohn des Präsidenten von Walter, hat sich in seine Tochter Louise verliebt. Und zu allem Übel scheint es dieser Baron auch noch ernst mit dem Mädchen zu meinen. Miller will sofort zum Präsidenten eilen, der am Hof eines deutschen Fürsten amtiert: Die Liebe zwischen den beiden jungen Menschen soll so rasch es geht unterbunden werden. Millers Frau hingegen ist dieser Verbindung gar nicht so abgeneigt - der junge gnädige Herr habe immerhin wunderschöne Liebesbriefe geschrieben. Miller beschimpft sie als Kupplerin.

Der Sekretär freit um Louise

Wurm, der Sekretär des Präsidenten, betritt Millers Haus. Auch er hat ein Auge auf Louise geworfen und will sie besuchen. Frau Miller erklärt, dass ihre Tochter in der Kirche sei. Stolz erzählt sie Wurm, dass Louise wohl bald eine gnädige Frau werde. Miller versucht seine Frau, die gerne plaudert, in die Küche zu schicken. Sekretär Wurm ist verblüfft darüber, dass es sich bei seinem Konkurrenten um einen Adligen handelt. Er verweist auf die Ernsthaftigkeit seines Werbens um Louise. Miller erklärt, dass er seine Tochter zu nichts zwinge. Doch wenn sie selbst einverstanden sei, stehe er einer Ehe nicht im Weg. Er wirft Wurm an den Kopf, dass er nicht viel von Männern halte, die den Vater brauchen, um die Tochter zu gewinnen. Wurm geht fort. Miller schimpft seine Frau aus, weil sie ausgerechnet dem schwatzhaften Sekretär von der Liebe zwischen Ferdinand und Louise erzählt hat. Jetzt werde es sofort der ganze Hof erfahren.

Louise und Ferdinand

Louise kommt herein. Sie schwärmt von ihrer Liebe zu Ferdinand. Vater Miller wünscht von Herzen, seine Tochter hätte den jungen Adligen nie kennen gelernt. Louise entgegnet, dass ihre Liebe erst im Jenseits Erfüllung finden werde, wenn alle Standesunterschiede eingeebnet seien. Die Eltern verlassen das Zimmer, als Ferdinand hereinkommt. Der ist erschrocken, weil Louise so blass aussieht. Er beteuert, dass niemand den Bund ihrer Herzen trennen könne. Doch Louise ist verzweifelt und ohne Hoffnung.

Der Präsident erfährt alles

Sekretär Wurm erzählt dem Präsidenten von Walter, dass sein Sohn sich in eine Bürgerliche verliebt habe, in die Tochter eines Musikers. Er habe ernsthafte Absichten. Der Präsident kann das kaum glauben, merkt aber gleich, dass sein Sekretär selbst gern Louise zur Frau hätte. Er hat nichts gegen ein Techtelmechtel seines Sohnes, sogar für ein Enkelkind käme er auf. Wurm wirft er Eifersucht vor: Er wolle nur den adligen Nebenbuhler aus dem Weg räumen. Wichtiger ist für den Präsidenten aber eine ganz andere Nachricht: Sein Herr, der Herzog, will seine Mätresse Lady Milford auf elegante Weise loswerden: Sie soll heiraten. Der Präsident plant, die Lady seinem Sohn Ferdinand zur Frau zu geben, um sich das Vertrauen des Herzogs und seine Macht zu sichern. Wurm gibt zu bedenken, wie ernst Ferdinands Liebe zu Louise sei. Der Präsident beschließt, sofort zu handeln. Hofmarschall von Kalb wird beauftragt, Ferdinands Vermählung mit Lady Milford überall bekannt zu machen.

Ferdinand streitet mit seinem Vater

Präsident von Walter hat seinen Sohn rufen lassen. Er gibt sich besorgt, erklärt ihm, dass er sein Amt doch nur für ihn ausübe. Auch seinen Vorgänger habe er nur für Ferdinand aus dem Weg räumen lassen. Ferdinand will mit diesem Verbrechen seines Vaters nicht in Verbindung gebracht werden. Der Präsident ist aufgebracht, weil er für den Sohn gute Karriereaussichten geschaffen hat, die dieser nun ablehnt. Ferdinand erklärt frei heraus, er habe andere Ideale. Als der Vater ihm daraufhin darlegt, er habe Lady Milford als Ehefrau für ihn vorgesehen, ist Ferdinand empört, weil die Lady eine Mätresse des Herzogs ist. Gut, meint Präsident von Walter dann, er könne sich auch mit der Gräfin von Ostheim verloben. Ferdinand erklärt, er könne auch diese Gräfin nicht lieben. Der Vater ist außer sich, weil der Sohn sich gegen ihn auflehnt. Wütend schickt er ihn zu Lady Milford. Er soll ihr sagen, dass er ihr Bräutigam ist.

Lady Milford verschenkt Juwelen

Lady Milford ist mit ihrer Zofe Sophie allein. Sie bekennt, dass sie sich in den Baron Ferdinand verliebt hat und mit ihm bis ans Ende der Welt fliehen möchte. Die geplante Hochzeit sei aber gar nicht das Werk des Präsidenten oder des Herzogs, sondern sie selbst habe intrigiert, um Ferdinand zum Ehemann zu bekommen. Auch wenn der Herzog ihr die Ehre geraubt habe, ihr Herz sei immer frei geblieben. Ein Kammerdiener erscheint mit auserlesenen Brillanten, die der Herzog zur Hochzeit schickt. Diese sind durch Blutgeld erkauft, wie der Diener auf Nachfrage der Lady düster erzählt: Hunderte junger Männer sind umgekommen, die dagegen aufbegehrten, vom Herzog als Soldaten nach Amerika geschickt zu werden. Lady Milford ist entsetzt über das Verbrechen. Die Juwelen sollen Menschen helfen, die kürzlich durch einen Brand in Not geraten sind.

Die Lady wird enttäuscht

Baron Ferdinand tritt ein und meldet sich bei der Lady an. Er komme auf Befehl seines Vaters, erklärt er unmissverständlich, nicht aus eigenem Willen. Dieser Affront trifft die Dame völlig unvorbereitet. Ob er denn nicht mehr zu sagen habe, fragt sie ungläubig. Ferdinand ergänzt, er wundere sich, dass eine stolze Britin wie Lady Milford sich mit Haut und Haaren an den Herzog verkaufen konnte. Ferdinand gibt ihr die Schuld daran, dass das Land durch Misswirtschaft ausblutet. Da beschließt Lady Milford, ihm ihre Lebensgeschichte zu erzählen. Als mittellose Waise sei sie ins Herzogtum gekommen. Der Herzog habe sich in sie verliebt und sie aufgenommen. Sie habe ihm in einer Liebesnacht den Eid abgenommen, etwas gegen das Elend und das Unrecht in seinem Land zu unternehmen. Die Ehe mit Ferdinand sei die Entschädigung für alles, was sie erlitten habe. Ferdinand ist beschämt. Er bekennt, dass er Louise, eine Bürgerliche, liebt und die Lady daher nicht heiraten kann.

Machtkampf zwischen Vater und Sohn

Im Hause Miller herrscht Aufregung. Vater Miller will mit seiner Tochter fliehen. Ferdinand kommt hinzu. Völlig aufgelöst berichtet er, dass er Lady Milford heiraten soll. Louise wirft sich ihrem Vater in die Arme. Ferdinand will sich seinem Vater entschlossen widersetzen, Louise sieht jedoch keine Hoffnung für ihre Liebe und fürchtet sich vor dem Präsidenten. Da betritt dieser auch schon das Zimmer, in seinem Gefolge zwei Gerichtsdiener. Präsident von Walter ist außer sich, beschimpft Louises Eltern und auch seinen Sohn. Erst duckt sich Vater Miller, später verteidigt er sich und will den Gast zur Tür hinauswerfen. Präsident von Walter droht, die Eheleute Miller einkerkern und Louise an den Pranger stellen zu lassen. Ferdinand geht dazwischen: Er werde der ganzen Residenz verraten, wie sein Vater an seinen Titel gekommen ist, wenn dieser Louise mitnehme. Von Walter lässt Louise frei und geht seinem davoneilenden Sohn nach.

Die Kabale beginnt

Der Präsident und Sekretär Wurm überlegen, wie sie aus dieser Misere wieder herauskommen. Wurm weiß Rat: Louises Eltern sollen ins Gefängnis geworfen werden. Er schlägt vor, dass sie nur dann dem Schafott entgehen sollen, wenn Louise einen Brief an Hofmarschall von Kalb schreibt und ihn als ihren Liebhaber ausgibt. Dieser Brief soll Ferdinand in die Hände gespielt werden, um seine Liebe zu Louise abzutöten. Der Präsident weiht den Hofmarschall in den Plan ein. Wurm lässt Vater Miller in den Gefängnisturm stecken und dessen Frau ins Arbeitshaus. Unterdessen will Ferdinand Louise zur Flucht überreden. Sie beharrt aber darauf, ihm aus Pflichtgefühl ihren Eltern gegenüber nicht folgen zu können. Ferdinand glaubt, sie könnte ihm untreu geworden sein, und geht fort. Wurm eilt zu Louise, um ihr den Brief zu diktieren. Die verzweifelte Louise glaubt keine andere Wahl zu haben, wenn sie ihre Eltern retten will. Sie schreibt den Brief, in dem sie ihre Liebe zu von Kalb bekennt.

Ferdinand fühlt sich verraten

Ferdinand hat Louises Brief zugespielt bekommen und fühlt sich verraten. Er ist erschüttert, lässt den Hofmarschall rufen und bedroht ihn mit Pistolen. In Todesangst verrät von Kalb dem Baron, dass er betrogen worden ist. Ferdinand glaubt jedoch, von Kalb lüge, um seine Haut zu retten. Er läuft zu seinem Vater und bekennt, dass er sich in Louise getäuscht habe. Währenddessen hat Lady Milford Louise zu sich eingeladen. Sie fragt die junge Frau aus und will sie, die ihr Alter mit 16 Jahren angibt, als Zofe einstellen. Sie könne bei ihr Manieren lernen und bürgerliche Vorurteile ablegen. Auch die bürgerliche Unschuld?, fragt Louise zurück. Die Lady ist beeindruckt von der Standhaftigkeit des Mädchens. Louise erklärt Lady Milford, dass sie, Louise, ihr Glück nie wieder erlangen könne. Die Lady versucht, sie davon zu überzeugen, Ferdinand freizugeben. Das tut Louise und kündigt ihren Selbstmord an. Erschüttert beschließt Lady Milford, ihr Leben zu ändern und das Land zu verlassen.

Vater Miller und Louise

Vater Miller, aus dem Gefängnis entlassen, sucht Louise, die allein im dunklen Zimmer sitzt. Bevor er sie bemerkt, sagt er zu sich selbst, wie abgöttisch er seine Tochter liebe. Louise ist völlig erschöpft und gibt zu erkennen, dass sie da ist. Sie bittet ihren Vater, Ferdinand einen Brief zu bringen. Der Vater nimmt den Brief an sich und liest ihn sofort. Er fragt, was wohl die Worte bedeuten sollen, dass sich die beiden Liebenden an einem "dritten Ort" wieder treffen wollen. Im Grab, antwortet Louise. Miller erschrickt und macht seiner Tochter deutlich, dass er Selbstmord für die schlimmste Sünde hält. Aber sie könne ruhig sterben, wenn ihr die Liebe zu Ferdinand wichtiger sei als die Liebe zum Vater. Das bringt Louise zur Besinnung, sie zerreißt den Brief und erklärt, die Familie müsse von hier weggehen.

Ferdinand zu allem entschlossen

Ferdinand kommt. Louise schreit auf. Sie spürt, dass er sie ermorden will. Miller versucht den aufgebrachten Kerl wegzuschicken, aber ohne Erfolg. Ferdinand berichtet, dass Lady Milford geflüchtet sei, er könne seine Braut jetzt zum Altar führen. Er wirft Louise den Brief an den Hofmarschall hin und zwingt sie zu einer Aussage. Ja, sagt Louise dreimal hintereinander, sie habe diesen Brief verfasst. Ferdinand, außer sich, wiederholt, was Louise ihm bedeutet habe und wie sehr er sie liebte. Er schickt sie hinaus, sie soll Limonade holen. Miller bleibt zurück, erzählt von der Liebe zu seiner einzigen Tochter und geht dann auch hinaus. Millers Bekenntnis macht Ferdinand kurz stutzig; er überlegt, ob er wirklich zum Mörder von Millers einziger Tochter werden soll, beschließt dann aber, es sei besser, den Vater von dieser untreuen Natter zu befreien. Als Miller zurückkommt, wirft Ferdinand ihm einen Batzen Gold auf den Tisch: für Flötenstunden, die er früher bei dem Musikanten genommen hat. Miller will das Gold erst nicht annehmen, tut es aber dann für seine Tochter. Ferdinand schickt ihn zum Präsidenten, er soll ausrichten, dass er später komme.

Die vergiftete Limonade

Louise versucht Ferdinand abzulenken, ihn zum Klavier- oder Schachspiel zu überreden. Doch der beschimpft sie, probiert die Limonade und gibt sie schließlich an Louise weiter. Louise trinkt, auch Ferdinand nimmt einen weiteren Schluck und umarmt sie heftig. Er will wissen, ob sie wirklich den Hofmarschall liebe. Louise will erst nichts mehr dazu sagen. Plötzlich wird ihr übel. Kaltschnäuzig erklärt Ferdinand, er habe Louise mit Arsen vergiftet. Louise weint, weil sie so jung sterben muss. Das Mädchen fühlt sich im Sterben nicht mehr an den Eid gebunden, über den Brief zu schweigen. Sie erzählt Ferdinand, dass sie gezwungen wurde, ihn zu schreiben. Ferdinand zieht sein Schwert und will losstürmen, um seinen Vater umzubringen. Doch Louise erbittet im Sterben Vergebung für den Präsidenten.

Ferdinands letzte Stunde

Plötzlich stürzen Miller, der Präsident und Wurm ins Zimmer. Der Sohn wirft dem Vater das Glas vor die Füße und schreit, dass er ein Mörder sei. Miller erkennt verzweifelt, dass seine Tochter vergiftet wurde. Ferdinand erklärt seinen eigenen Vater zum Mittäter. Der Präsident versucht die ganze Verantwortung auf den Sekretär Wurm abzuschieben, der ihm den Rat gegeben hat. Wurm ruft nach den Gerichtsdienern, will sich festnehmen lassen und die Schandtaten des Präsidenten aufdecken. Wurm wird abgeführt, Miller wirft Ferdinand das Gold vor die Füße und rennt aus dem Zimmer. Ferdinand liegt im Sterben, er ruft, dass er Louise nachfolgen will. Er reicht seinem Vater die Hand und vergibt ihm. Der Präsident lässt sich von den Gerichtsdienern festnehmen.

Zum Text

Aufbau und Stil

Schillers in Prosa geschriebenes, fünfaktiges Drama heißt im Untertitel programmatisch: Ein bürgerliches Trauerspiel. Der Bürger, Musiker Miller, hat denn auch das erste Wort in diesem Stück. Der Grobian mit dem weichen Herzen fällt durch kraftvolle Ausdrücke auf. Überhaupt verwendet Schiller in diesem Drama oft eine deftige Alltagssprache (Miller über Baron Ferdinand: "Hab ihn nicht in mein Haus geschwazt - hab ihm’s Mädel nicht nachgeworfen."). Ferdinand, der Geliebte Louises, stellt dagegen einen typischen Sturm-und-Drang-Vertreter dar, wie er in Schillers Jugenddramen öfter vorkommt, eine Figur voller Pathos und Übertreibungen (Ferdinand: "Wer kann den Bund zwoer Herzen lösen, oder die Töne eines Accords auseinander reissen? - Ich bin ein Edelmann - Laß doch sehen, ob mein Adelbrief älter ist, als der Riß zum unendlichen Weltall?"). Komische Elemente bietet der völlig überzeichnete, lächerlich manierierte Hofmarschall von Kalb. Schiller hat das Stück klar nach klassischer Manier gegliedert: Im zweiten Akt gibt es ein retardierendes Moment, eine Verzögerung, als Ferdinand sich schützend vor Louise wirft, die an den Pranger gestellt werden soll. Er kann das schreckliche Ende damit jedoch letztlich nicht verhindern. Lediglich die Begegnung von Lady Milford und Louise im vierten Akt fällt aus dem Rahmen, weil sie nicht in direkter Verbindung mit der unaufhaltsamen Katastrophe steht. Schiller könnte sie nachträglich eingeschoben haben, um die Figur der Lady Milford aufzuwerten. Auch Louise legt in dieser Szene ihre Zurückhaltung ab und wird hier zur selbstbewussten Bürgerin, die ihren Stand und ihre Liebe eindrücklich verteidigt.

Interpretationsansätze

  • Kabale und Liebe ist ein bürgerliches Trauerspiel: Das Bürgertum, repräsentiert durch die Familie Miller, gerät mit dem Adel in Konflikt. Fünf Jahre vor der Französischen Revolution thematisiert Schiller hier die zunehmende Emanzipation des Bürgertums vom Adel.
  • Ein Vorbild für Schiller könnte Shakespeares Romeo und Julia gewesen sein: Auch dort stehen sich zwei Familien feindlich gegenüber und wollen die Liebe ihrer Kinder verhindern. Während es bei Shakespeare aber noch gesellschaftlich gleichrangige Familien sind, bringt Schiller zusätzlich den Klassenunterschied ins Spiel.
  • Das Drama wird durch einen doppelten Eltern-Kind-Konflikt bestimmt: Louise will sich zunächst nicht den Moralvorstellungen ihres Vaters beugen. Ferdinand ist nicht bereit, das Erbe seines Vaters anzutreten. Beide Kinder sehnen sich nach Selbstbestimmung, die ihnen jedoch im Leben verwehrt wird; insofern ist das Stück auch eine Tragödie der Aufklärung. Louise und Ferdinand müssen erkennen, dass sie ihre Liebe nur in einer gesellschaftlichen Utopie verwirklichen können.
  • Beeindruckend ist Kabale und Liebe auch als psychologische Studie: Ferdinand wird durch die Radikalität und Ausschließlichkeit seiner Gefühle für Louise gehindert, die plumpe Intrige seines Vaters zu durchschauen.
  • Das stärkste Bollwerk des Bürgertums gegen den korrupten und ausbeuterischen Adel ist die Religion. Vater Miller droht seiner Tochter wirkungsvoll mit dem ewigen Gericht, als diese sich selbst umbringen will. Außerdem bringt Schiller zum Ausdruck, dass der Herzog und der Präsident im Himmel, vor dem höchsten Gericht, für ihre Untaten zur Verantwortung gezogen werden.

Historischer Hintergrund

Das bürgerliche Trauerspiel

Die Entstehung des bürgerlichen Trauerspiels ist eng mit der zunehmenden Emanzipation des Bürgertums im 18. Jahrhundert verbunden. Die Bürger wurden erfolgreicher beim Handeltreiben und beim Anhäufen von Reichtümern. Die Akzeptanz der gottgegebenen Herrschaft des Adels ebenso wie der Standesgrenzen schwand zusehends. Die neue Dramenform des bürgerlichen Trauerspiels thematisierte nicht nur die absolutistische Willkür und die Konfrontation zwischen Adel und Bürgertum, sondern auch die Auseinandersetzungen innerhalb des bürgerlichen Standes. Vorbild für Schiller war Gotthold Ephraim Lessing mit seinen Dramen Miss Sara Sampson (1755) und Emilia Galotti (1772). Anschauungsunterricht nahm Schiller aber nicht nur bei Lessing, sondern vor allem am württembergischen Hof. Vorbild für den Herzog im Drama, der durch Verschwendungssucht und despotische Züge gekennzeichnet ist, war Herzog Karl Eugen (1728-1793). Karl Eugen setzte auf dem Höhepunkt des Absolutismus alles daran, den württembergischen Hof zu einem der strahlendsten in ganz Europa zu machen. Es sollten die rauschendsten Feste gefeiert und die besten Künstler und Wissenschaftler verpflichtet werden. Dazu war ihm jedes Mittel recht: Er pflegte die damals übliche Praxis, junge Männer als "Freiwillige" an die Heere ausländischer Herrscher zu verleihen. Auch das Mätressenwesen war an Karl Eugens Hof verbreitet, ebenso üblich war es, die geschwängerten Damen anderweitig zu verheiraten. Lady Milford in Kabale und Liebe trägt die Züge der Mätresse und späteren zweiten Ehefrau des Herzogs, der Gräfin Franziska von Hohenheim.

Entstehung

Kabale und Liebe gehört wie Die Räuber, Die Verschwörung des Fiesco zu Genua und Dom Karlos zu Schillers Jugenddramen. 1782 arbeitete Schiller als Regimentsarzt in Stuttgart im Herzogtum Württemberg. Herzog Karl Eugen hatte ihn wegen seiner unerlaubten Reise nach Mannheim zur Uraufführung seines Dramas Die Räuber zu 14 Tagen Arrest verurteilt und ihm verboten, weitere Komödien "und dergleichen Zeugs" zu schreiben. Am 22. September 1782 floh Schiller daher mit seinem Freund, dem Musiker Andreas Streicher, nach Mannheim. Weil er befürchtete, an Karl Eugen ausgeliefert zu werden, zog er weiter nach Frankfurt. Schon auf dem Weg dahin fasste er Pläne für ein neues Drama. In diesem wollte er sich, wie Streicher später berichtete, "auf die bürgerliche Sphäre" herablassen. Später mietete Schiller sich in Oggersheim in einem Gasthaus ein. Dort entstanden die meisten Szenen des Stückes. Dann zog er weiter nach Bauerbach in Thüringen, wo er Zuflucht bei seiner Gönnerin Karoline von Wolzogen fand. Schiller arbeitete in der ländlichen Idylle auch am Dom Karlos. Im Frühjahr 1783 vollendete er aber zunächst Kabale und Liebe. Ursprünglich hatte Schiller seinem Stück den Titel Louise Millerin gegeben, weil das Mädchen im Mittelpunkt steht und zur tragischen Figur wird. Der Dramatiker und Schauspieler August Wilhelm Iffland riet Schiller nach der Lektüre, es unter dem plakativeren Titel Kabale und Liebe zu veröffentlichen. Der Intendant des Mannheimer Nationaltheaters, Wolfgang Heribert von Dalberg, bekundete Interesse an Schillers neuem Stück, nachdem er den Fiesco abgelehnt hatte. Schiller arbeitete Kabale und Liebe daraufhin für die Mannheimer Bühne um.

Wirkungsgeschichte

Kabale und Liebe wurde am 13. April 1784 in Frankfurt uraufgeführt und zwei Tage später in Mannheim gespielt. Bei der Mannheimer Inszenierung war Schiller zugegen. Das Publikum war begeistert, wenn es auch von einem bürgerlichen Stück weniger Erschütterung als Erbauung erwartet hatte. Den Kritikern war das lebendige und deftige Stück dagegen zuwider. Der schärfste Gegner war der Autor Karl Philipp Moritz. Er ereiferte sich über "gotteslästerliche Ausdrücke" und den "pöbelhaften Witz". Moritz bezweifelte, dass eine Musikertochter, die sich in einen Adligen vergafft, tragische Züge haben könne. Noch Clemens Brentano erklärte 1814 in einer Kritik, er habe die Aufführung in der Mitte des dritten Aktes verlassen, weil die Geschichte weniger eine tragische als eine garstige sei. Er wolle seine Seele nicht länger misshandeln lassen. Auch für den Dramatiker Friedrich Hebbel war die Liebesaffäre als Ursache für die Konfrontation der beiden Stände nicht glaubhaft. Er schrieb 1847 in sein Tagebuch, wie überrascht er von der grenzenlosen "Nichtigkeit des Stückes" sei.

Warum konnte sich Schillers Drama dennoch behaupten, und warum verschwand es nicht in den Schubladen der Theaterintendanten? Ein Grund ist die starke Dynamik, die das Stück entfaltet und die auch beim Lesen spürbar wird. Bertolt Brecht hat die mitreißende dramatische Struktur gewürdigt, die ohne lähmende Reflexion auskomme. Noch heute gehört das Trauerspiel trotz der äußerst pathetischen Sprache, die für heutige Ohren leicht lächerlich klingt, zu den meistgespielten Stücken Schillers. Es ist außerdem Schullektüre, weil es vielfältig interpretiert werden kann und als Abbild einer ganzen Epoche gilt. Giuseppe Verdi machte aus Schillers Drama die Oper Luisa Miller (1849); das Stück wurde auch mehrfach verfilmt.

Über den Autor

Friedrich Schiller wird am 10. November 1759 in Marbach am Neckar als Sohn eines Offiziers geboren. Auf Befehl des württembergischen Landesherrn Karl Eugen wird er in dessen Eliteschule in Stuttgart aufgenommen. Schiller behagt der militärische Drill in diesem Internat überhaupt nicht, wenngleich die Lehrkräfte und die Ausbildung hervorragend sind. Er studiert zunächst Jura und dann Medizin. Viel stärker lockt den jungen Mann aber die Schriftstellerei. Mehr oder weniger heimlich schreibt er sein erstes Drama Die Räuber, das 1782 in Mannheim uraufgeführt wird. Als er gegen den Willen Karl Eugens die Landesgrenzen überschreitet, wird er mit Haft und Schreibverbot bestraft. Schiller entzieht sich dem Zwang durch neuerliche Flucht und setzt seine schriftstellerische Arbeit fort. Die frühen Dramen erscheinen: Die Verschwörung des Fiesko zu Genua (1783) und Kabale und Liebe (1784). Unter ständiger Geldnot leidend, zieht er 1785 zu seinem Freund und Gönner Christian Gottfried Körner nach Sachsen, wo er u. a. die durch Beethovens Vertonung bekannt gewordene Ode An die Freude sowie den Dom Karlos (1787) schreibt. Aufgrund seiner viel beachteten Studie Geschichte des Abfalls der Vereinigten Niederlande schlägt Goethe ihn 1788 für den Lehrstuhl für Geschichte in Jena vor. Hier verfasst Schiller seine ästhetischen und historischen Schriften und heiratet 1790 Charlotte von Lengefeld. Nach seinem Umzug nach Weimar im Jahr 1799 schließt Schiller Freundschaft mit Goethe. Daraus ergibt sich eine der fruchtbarsten Dichterbekanntschaften aller Zeiten: In der Nähe Goethes beendet Schiller sein erstes klassisches Geschichtsdrama, die Wallenstein-Trilogie. Es folgen Maria Stuart und Die Jungfrau von Orleans (beide 1801), Die Braut von Messina (1803) und Wilhelm Tell (1804), aber auch ein umfangreiches lyrisches Werk. 1802 erhält er den Adelstitel. Seine schlechte körperliche Konstitution zwingt ihn immer wieder aufs Krankenlager. Am 9. Mai 1805 stirbt Schiller in Weimar.

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