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Kaltblütig

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Kaltblütig

Wahrheitsgemäßer Bericht über einen mehrfachen Mord und seine Folgen

Kein & Aber,

15 Minuten Lesezeit
10 Take-aways
Text verfügbar

Was ist drin?

Nichts ist so brutal wie die Realität. Dieses Prinzip machte sich Truman Capote zunutze: Sein Roman schildert detailgenau einen Mordfall und seine Aufklärung.


Literatur­klassiker

  • Kriminalroman
  • Gegenwartsliteratur

Worum es geht

Roman eines realen Mordfalls

In einem kleinen Ort in Westkansas wird eines Nachts im Jahr 1959 eine Familie brutal ermordet. Es gibt kein erkennbares Motiv, die Polizei tappt im Dunkeln. Durch den Hinweis eines Gefängnisinsassen können die Täter schließlich doch dingfest gemacht werden. Bei beiden gibt es Anzeichen einer psychischen Störung, trotzdem werden sie zum Tod verurteilt und schließlich gehängt. Truman Capotes Roman Kaltblütig ist die authentische Darstellung des Mordfalls und seiner Aufklärung. Mithilfe von Dokumenten, Aussagen und Erinnerungen der Beteiligten setzte Capote nicht nur mosaikartig den Ablauf der Ereignisse zusammen, sondern versuchte auch, die Persönlichkeit der Täter und ihre Vorgeschichte zu beleuchten. Damit gelang ihm mehr als ein spannender Krimi. Das Buch geht unter die Haut, weil es ein wirkliches Verbrechen schildert und weil nicht nur die Opfer, sondern auch die Verbrecher in ihrer Menschlichkeit dargestellt werden. Ein beklemmender Roman, der als Vorläufer des „New Journalism“ in die Geschichte einging.

Take-aways

  • Kaltblütig ist der erfolgreichste Roman von Truman Capote. Er gilt als Vorläufer des „New Journalism“.
  • Inhalt: In der kleinen Ortschaft Holcomb wird eine Farmersfamilie ermordet. Zunächst gestaltet sich die Aufklärung schwierig, doch dann erhält die Polizei einen entscheidenden Hinweis von einem Gefängnisinsassen: Die Mörder sind die ehemaligen Strafgefangenen Dick und Perry, die sich erhofft hatten, im Haus der Familie große Mengen Bargeld zu finden. Sie werden festgenommen und gestehen die Tat. Obwohl sie als psychisch krank gelten, werden sie zum Tod verurteilt.
  • Capote schildert in dem Buch detailgetreu die Aufklärung eines realen Mordfalls, der sich im November 1959 in den USA zugetragen hat.
  • Er verarbeitete unzählige Dokumente wie Zeugenaussagen, Briefe oder Tagebuchnotizen zu einem nichtfiktionalen Roman.
  • Die Handlung wird aus mehreren, sehr unterschiedlichen Perspektiven erzählt.
  • Mit den Opfern und den Tätern prallen zwei Welten aufeinander: das wohlhabende Bürgertum und die Außenseiter der Gesellschaft.
  • Capotes Schilderungen wecken nicht nur Mitleid für die ermordete Familie, sondern auch für die Mörder, deren Vorgeschichte beleuchtet wird.
  • Der Autor lernte die Täter persönlich kennen und wurde im Lauf der Zeit zu einer Bezugsperson für sie.
  • Kaltblütig war auf Anhieb ein großer Erfolg. Das Buch wurde dreimal verfilmt.
  • Zitat: „Das Verbrechen war ein Unfall, die Folge einer Verkettung ungünstiger psychologischer Umstände, es hatte mit den betroffenen Personen an und für sich nichts zu tun; die Opfer hätten ebenso gut vom Blitz erschlagen werden können.“

Zusammenfassung

Der letzte Tag

Holcomb, ein Kaff in der Weizenhochebene von Westkansas. Hier lebt die Farmersfamilie Clutter. Herbert Clutter ist 48 Jahre alt und hat es durch eigene Anstrengung zu einigem Wohlstand gebracht. Er ist ein angesehener Mann, der in verschiedenen Verbänden und Vereinen aktiv ist. Seine Frau Bonnie ist psychisch sehr labil und war deswegen mehrfach in Behandlung. Die Clutters haben vier Kinder. Eveanna, die Älteste, ist bereits verheiratet; die zweite Tochter Beverly absolviert in Kansas City eine Ausbildung zur Krankenschwester. Die beiden jüngsten Kinder leben noch bei den Eltern: der 15-jährige Kenyon und seine um ein Jahr ältere Schwester Nancy, ein hübsches, quirliges und beliebtes Mädchen. Nancy ist seit ein paar Jahren mit Bobby Rupp befreundet. Ihr Vater sieht diese Verbindung nicht so gern, denn Bobby – den er eigentlich mag – ist katholisch, die Clutters dagegen sind aktive Mitglieder der Methodistengemeinde.

„Der kleine Ort Holcomb liegt in der Weizenhochebene von West-Kansas, einer abgeschiedenen Gegend, die selbst Einheimische als ‚hinterm Mond‘ empfinden.“ (S. 9)

Der 14. November 1959, ein Samstag, beginnt für die Clutters als ganz normaler Tag: Herbert sieht auf der Farm nach dem Rechten. Bonnie ist in melancholischer Stimmung und verbringt einen großen Teil des Tages im Bett. Kenyon bastelt an einer Aussteuertruhe für Beverly, die bald heiraten wird. Nancy hat den Tag mit zahlreichen Aktivitäten verplant. Abends kommt ihr Freund Bobby zum gemeinsamen Fernsehen vorbei. Er verabschiedet sich um elf Uhr. Gegen Mitternacht geht Nancy als Letzte zu Bett.

Zwei Knastbrüder

Was die Clutters nicht ahnen: Zwei Männer, die nichts Gutes im Schilde führen, sind bereits auf dem Weg zu ihnen: Richard Eugene Hickock, genannt Dick, und Perry Edward Smith. Die beiden sind um die 30 Jahre alt und haben sich im Gefängnis kennengelernt. Dick war als Junge ein guter Schüler, konnte aber nicht studieren, weil seinen Eltern das Geld fehlte. Er heiratete früh und ist nun schon zweimal geschieden. Weil er sich in der Vergangenheit finanziell übernommen hatte, versuchte er immer wieder, durch Scheckbetrügereien an Geld zu kommen. Seit einem schweren Autounfall vor neun Jahren – er wurde am Kopf verletzt – ist sein Gesicht entstellt.

„Ich sag dir, Schätzchen, wir tapezieren die Wände mit denen ihrem Hirn.“ (Dick zu Perry, S. 39)

Auch Perry ist nach einem Unfall gesundheitlich eingeschränkt: Seine Beine waren mehrfach gebrochen und sind jetzt kürzer; außerdem hat er seither oft starke Schmerzen, die er mit Aspirin bekämpft. Perrys Mutter war Cherokee-Indianerin und arbeitete im Zirkus; dort lernte sie Perrys Vater kennen, einen Iren. Nach dem Ende der Zirkuskarriere geriet die Familie in finanzielle Schwierigkeiten. Die Mutter begann zu trinken, die Familie zerbrach. Perry blieb bei seinem Vater, fing aber schon als kleiner Junge an zu stehlen und landete in diversen Erziehungsheimen, wo er als Bettnässer gequält wurde und man ihn aufgrund seiner indianischen Abstammung diskriminierte. Perry ist vernarrt in Bücher und musisch begabt, er hatte aber nie eine Chance auf Bildung. Er träumt davon, in Südamerika nach Schätzen zu tauchen und damit reich zu werden.

„Dick gelangte zu der Ansicht, dass Perry zu jener äußerst seltenen Spezies des ‚geborenen Mörders‘ gehöre – geistig gesund, aber gewissenlos und ohne Weiteres imstande, seinem Opfer, ob mit oder ohne Motiv, kaltblütig den Todesstoß zu versetzen.“ (S. 89)

Um seinem draufgängerischen Zellengenossen Dick zu imponieren, hat Perry damit geprahlt, einmal ohne Grund einen Menschen getötet zu haben. Das stimmte zwar nicht, aber von da an sah Dick in Perry einen gewissenlosen Killer, den er vielleicht auch einmal für eigene Zwecke einspannen könnte. Sie wurden aus der Strafanstalt entlassen, und einige Zeit danach bekam Perry von Dick den Hinweis, dass sie zusammen ein ganz großes Ding drehen könnten. Er stellte ihm eine Menge Geld in Aussicht und schlug vor, sich nach dem Coup nach Mexiko abzusetzen. Perry möchte eigentlich nicht mitmachen, er fährt hauptsächlich deshalb zum vereinbarten Treffpunkt, weil er in der Nähe eine andere Gefängnisbekanntschaft besuchen will. Dieser Strafbruder ist aber nicht mehr zu finden. So trifft er sich mit Dick, und die beiden brechen an diesem 14. November in einem schwarzen Chevrolet nach Holcomb auf. Perry nimmt seine gesamten Habseligkeiten in einigen Kartons mit. Unterwegs kaufen sie Handschuhe, Klebeband und 100 Meter Nylonseil.

Die grausige Entdeckung

Am nächsten Morgen – es ist Sonntag – wird Nancy Ewalt, eine Freundin von Nancy Clutter, von ihrem Vater zum Haus der Clutters gebracht, mit denen sie zum Gottesdienst gehen will. Doch an diesem Morgen öffnet niemand die Tür. Das Haus scheint menschenleer. Haben die frommen Clutters den Gottesdienst verschlafen? Das kann nicht sein. Das Mädchen ist verwirrt und lässt sich zu Nancy Clutters Freundin Susan Kidwell fahren. Susan versucht die Clutters anzurufen – vergeblich. Also fährt Mr. Ewalt seine Tochter und Susan zurück zum Haus der Clutters. Wie in Holcomb üblich, sind die Türen unverschlossen. Die beiden Mädchen betreten das Zimmer ihrer Freundin. Nancy Clutter liegt im Bett: tot und blutüberströmt. Selbst die Wand hinter ihr ist rot bespritzt. Schreiend rennen die Mädchen aus dem Haus.

„Aber diese Familie verkörperte praktisch alles, was den Leuten hier hoch und heilig ist, und dass es gerade sie getroffen hat – das ist, als ob einem Gott genommen würde.“ (eine Lehrerin über die Clutters, S. 138)

Mr. Ewalt holt den Sheriff. Auch die übrigen drei Clutters werden tot aufgefunden, alle auf komplizierte Weise gefesselt und erschossen. Nancy und ihre Mutter liegen in ihren Betten, Kenyon im Hobbyraum auf der Couch, Mr. Clutter auf einem Karton im Heizungskeller. Ihm wurde zusätzlich die Kehle durchschnitten. Ein Kampf hat anscheinend nicht stattgefunden, und auch gestohlen wurde offenbar nichts, außer einem Radio und einem geringen Geldbetrag. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn Mr. Clutter war zwar wohlhabend, bewahrte aber nur wenig Bargeld zu Hause auf und zahlte üblicherweise mit Schecks. Spuren haben die Mörder nicht hinterlassen – außer blutigen Fußabdrücken auf dem Karton, auf dem Mr. Clutter lag. Für die Einwohner von Holcomb ist das Verbrechen ein Schock. In dem kleinen Ort, wo jeder jeden kennt und bisher niemand um sein Leben fürchten musste, breiten sich Angst und Misstrauen aus.

Der Traum von Mexiko

Als die Leichen der Clutters gefunden werden, sind Perry und Dick Hunderte von Meilen entfernt. Perry schläft sich in einem kleinen Hotelzimmer in Olathe aus, Dick verbringt den Tag bei seinen Eltern, die dort in der Nähe wohnen. Er und Perry haben kein Bargeld, wollen aber ihren Traum vom Reichsein trotzdem wahr werden lassen. Mit ungedeckten Schecks kaufen sie teure Sachen ein, die sie anschließend in der Pfandleihe versetzen. Dann machen sie sich mit ihrem neu erworbenen Reichtum auf nach Mexiko. Am Ziel ihrer Träume angelangt, erweist sich ihr Leben jedoch als gar nicht traumhaft: Dick leidet an Gewissensbissen wegen der Scheckbetrügereien. Sie werden bald auffliegen, und Dick weiß, dass sein Vater versuchen wird, die erschwindelten Summen zu ersetzen, obwohl er nicht das Geld dazu hat. Perry ist ebenfalls unruhig. Ihr Vermögen haben die beiden in Mexiko bald verjubelt. Auch aus Perrys Schatztaucherplänen wird nichts: Wegen seiner missgestalteten Beine traut er sich gar nicht erst, Badehosen anzuziehen. Die beiden brauchen schon bald wieder Geld. Dick sieht sich widerwillig nach einer Arbeit um, gibt jedoch wieder auf, weil ihm der Lohn zu niedrig ist. Schließlich sieht er keinen anderen Ausweg mehr, als mit dem letzten Geld zurück in die USA zu reisen. Perry hält das für unvorsichtig, geht aber mit. Er möchte sich von Dick nicht trennen, weil er sich in dessen Gegenwart sicherer fühlt. Seine Habseligkeiten kann er nicht alle selbst transportieren, deshalb schickt er einiges davon als Paket postlagernd nach Las Vegas.

Der Zeuge

In Holcomb haben Sheriff Al Dewey und seine Assistenten die Ermittlungen aufgenommen. Sie befragen viele Personen aus dem Umfeld der Clutters, aber eine heiße Spur finden sie nicht. Der Mord bleibt völlig rätselhaft: Es ist kein Tatmotiv zu erkennen, und niemand hat etwas Verdächtiges gesehen oder gehört. Was die Beamten noch nicht wissen: Es gibt einen Zeugen, auch wenn der nicht am Tatort war. Er heißt Floyd Wells und ist ein Häftling im Staatsgefängnis von Kansas. Er teilte sich eine Zeit lang mit Dick die Zelle. Er hat bereits am Tag der Tat aus dem Radio von den Morden erfahren und ahnt, wer die Mörder sind. Floyd war vor Jahren Landarbeiter bei den Clutters und hat die Familie in bester Erinnerung. Später kam er wegen eines Einbruchs ins Gefängnis, lernte Dick kennen und erzählte ihm manches aus seinem Leben, auch von seiner Zeit bei der wohlhabenden Familie Clutter.

„,Mit jemandem, der so was fertig bringt, kann doch irgendwas nicht stimmen‘, sagte Perry. – ‚Da muss ich passen, Baby‘, sagte Dick. ‚Ich bin normal.‘“ (S. 169)

Dick, der bald entlassen werden sollte, interessierte sich für dieses Thema besonders. Wichtig war ihm vor allem die Frage, ob die Clutters einen Safe hätten. Floyd war sich damals nicht mehr ganz sicher, bejahte aber. Daraufhin ließ sich Dick die Familie, das Haus der Clutters und die Umgebung ganz genau beschreiben. Erst danach erzählte er Floyd, was er vorhatte: Nach seiner Entlassung wollte er mit seinem Kumpel Perry die reichen Clutters umbringen, um an ihr Geld zu kommen. Floyd versuchte damals, Dick davon abzuhalten. Aber nun ahnt er, dass ihm das nicht gelungen ist und dass sein Zellenkumpan mit Perry den Plan in die Tat umgesetzt hat. Erst will Floyd seinen Verdacht für sich behalten. Er hat Angst, selbst in Schwierigkeiten zu geraten, weil er Dick seinerzeit Informationen geliefert hat. Auch fürchtet er sich vor der Rache der ehemaligen Mithäftlinge, wenn er die beiden verrät. Doch irgendwann kann er die Situation nicht mehr ertragen und vertraut sich dem stellvertretenden Gefängnisdirektor an. Sheriff Dewey bekommt so die erste vielversprechende Spur. Er lässt Dicks Eltern verhören und erfährt, dass ihr Sohn am Tatwochenende mit Perry unterwegs war. Im Haus der Eltern findet sich ein Gewehr: Es könnte die Tatwaffe sein.

Jäger und Gejagte

Dick und Perry haben inzwischen aus Geldmangel ihr Auto verkauft. Per Anhalter reisen sie zurück in die USA und dann kreuz und quer durch das Land. Auf ihrer Tour suchen sie ein Opfer: Sie wollen sich von jemandem mitnehmen lassen, der wohlhabend wirkt und allein unterwegs ist, ihn dann umbringen und anschließend mit seinem Auto und seinem Geld weiterreisen. Nach ein paar Tagen haben sie das perfekte Opfer gefunden: Mr. Bell, einen Handelsvertreter. Sie sind schon mit ihm unterwegs, aber gerade als Perry zuschlagen will, stoppt der Mann den Wagen, um einen weiteren Anhalter mitzunehmen. So wird nichts aus den Mordplänen. Schließlich überredet Dick seinen Kumpel, es wieder mit Scheckbetrügereien zu versuchen. Mit dem so ergaunerten Geld verbringen sie Weihnachten in Miami, dann kehren sie nach Las Vegas zurück. Inzwischen ist ihnen die Polizei auf den Fersen, von Tag zu Tag dichter. Am 30. Dezember werden sie in Las Vegas verhaftet. Perry hat gerade das Paket mit seinen Sachen von der Post abgeholt; darin sind seine Schuhe, deren Sohlenmuster genau zu den Spuren passen, die die Mörder im Haus der Clutters hinterlassen haben. Doch abgesehen davon hat die Polizei noch kaum Beweismittel in der Hand.

Das Geständnis

Dick und Perry werden verhört. Zunächst streiten sie alles ab. In die Enge getrieben, gibt Dick schließlich zu, im Haus der Clutters gewesen zu sein; die Schuld an den Morden aber schiebt er auf Perry. Nach Dicks Aussage gibt auch Perry seinen Widerstand auf. Aus den Geständnissen der beiden lässt sich die Tat rekonstruieren. Dick war nach Floyds Berichten der festen Meinung, die Clutters hätten einen gut gefüllten Safe im Haus. Aus diesem Grund drangen sie in jener Nacht in das Haus der Clutters ein und wollten den Hausherrn zwingen, sein Geld herauszurücken. Der beteuerte angstvoll, aber freundlich, es gebe keinen Safe. Sie glaubten ihm nicht. Also fesselten sie die vier Clutters und durchsuchten das Haus. Sie fanden nur sehr wenig, etwa 50 Dollar. Dick wollte Nancy vergewaltigen, doch Perry, der laut Eigenaussage Mitleid mit den Leuten hatte, hielt ihn davon ab. Um keine Zeugen zu hinterlassen, brachten sie die Clutters schließlich um und flüchteten mit dem Geld und ein paar Wertgegenständen.

Das Urteil

Nach ihrem Geständnis werden die beiden in das Gefängnis von Garden City gebracht. Am 22. März 1960 beginnt der Prozess. Die beiden Pflichtverteidiger geben sich einige Mühe, ihre Mandanten vor der Hinrichtung zu bewahren. Sie lassen Dick und Perry von einem Psychiater untersuchen, der bei beiden psychische Störungen feststellt. Perry hat schizophrene Züge, vermutlich eine Folge von Vernachlässigung während der Kindheit. Dick gibt pädophile Neigungen zu und sagt, sein Hauptmotiv für den Überfall sei eine geplante Vergewaltigung gewesen. Außerdem hat sich sein Verhalten nach seinem schweren Autounfall deutlich verändert, es besteht ein begründeter Verdacht auf eine hirnorganische Störung. Vor Gericht allerdings kann sich der Fachmann zu diesem Thema nicht äußern; laut Strafrecht darf er nur eine kurze Aussage zur Schuldfähigkeit machen. Perry und Dick werden vom Gericht schuldig gesprochen und zum Tod verurteilt. Man bringt sie ins Gefängnis von Lansing. Fünf Jahre bleiben die beiden im Todestrakt. Dick empfindet die Verurteilung nicht als fair, seiner Ansicht nach waren die Zeugen voreingenommen. So schreibt er aus dem Gefängnis lange Briefe an die zuständigen Stellen, bis der Fall schließlich neu aufgerollt wird. Aber seine Bemühungen bleiben vergeblich, die Gerichte weisen alle Berufungen ab. Am 14. April 1965 werden Dick Hickock und Perry Smith gehängt.

Zum Text

Aufbau und Stil

Kaltblütig ist ein Werk ganz eigener Prägung, einer der ersten Tatsachenromane. Das Buch ist in vier große Teile gegliedert, die sich an den wesentlichen Punkten der Haupthandlung – Mord, Flucht, Verhaftung und Verurteilung – orientieren. Doch die Struktur des Romans ist komplizierter, als diese Gliederung ahnen lässt: Schon die Haupthandlung, also der Mord und seine Aufklärung, ist bis zum Punkt der Verhaftung in zwei Stränge geteilt, das Geschehen in Holcomb und die Aktivitäten der beiden Mörder. Ähnlich wie in einem Film wird hin- und hergesprungen, oft in rascher Folge. Die Tat selbst wie auch die Motive der Täter werden zunächst ausgeblendet und kommen erst später in den Verhören zur Sprache. Capote unterbricht die Handlung oft, um einzelne Personen zu Wort kommen zu lassen. Dazu baut er die unterschiedlichsten Textformen in seinen Roman ein: Zeugenaussagen, Berichte, Briefe, Tagebuchnotizen. Auf diese Weise gibt es zahllose Rückblenden, Parallelhandlungen und Perspektivenwechsel. Diese Form entspricht Capotes Anspruch auf Authentizität; er lässt die Beteiligten selbst zu Wort kommen und zeichnet, einer journalistischen Reportage ähnlich, ein facettenreiches Bild der Tat und ihrer Vorgeschichte. Stilistisch ist der Text, dem Aufbau entsprechend, sehr variantenreich; das Spektrum reicht von poetischen Landschaftsbeschreibungen bis hin zur vulgären Sprache der Mörder.

Interpretationsansätze

  • Capote lässt mit der Familie Clutter und ihren Mördern zwei Welten aufeinanderprallen, die für zwei Gesichter der amerikanischen Gesellschaft stehen.
  • Die Clutters, arbeitsam, fromm und wohlhabend, verkörpern das Bürgertum. Der moralisch integre Herbert Clutter, der seinen Wohlstand selbst erwirtschaftet hat, ist ein typisches Beispiel für den American Dream.
  • Die beiden Mörder dagegen sind typische Außenseiter der Gesellschaft. Dick sieht das Verbrechen als einzige Möglichkeit, zu Geld zu kommen. Perry hatte als armer Versager indianischer Abstammung von klein auf unter Diskriminierung zu leiden.
  • Dass ausgerechnet die Clutters ermordet werden, erscheint als purer, sinnloser Zufall; die Tat wird als Verkettung unglücklicher Umstände geschildert.
  • Mit seiner detailreichen Wiedergabe der Realität zwingt Capote die Leser zur Anteilnahme: Er schildert nicht das Leid von Romanfiguren, sondern jenes von wirklichen Menschen.
  • Dabei ist es das Anliegen des Autors, Mitleid zu wecken, und zwar nicht nur für die Opfer, sondern auch für die Täter. Er ist bemüht, ihre Persönlichkeit und Vorgeschichte zu beleuchten, und legt nahe, auf eine einfache Trennung in Gut und Böse zu verzichten. Damit wendet sich der Roman auch eindringlich gegen die Todesstrafe.
  • Bei aller Faktentreue legt es Capote darauf an, die Spannung eines Kriminalromans zu erzeugen. Die Mörder sind dem Leser zwar von Anfang an bekannt, aber ihre Motive bleiben lange im Dunkeln, und auch der Tatablauf wird erst spät dargestellt.

Historischer Hintergrund

Die USA in den 1950er-Jahren

Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs erlebten die USA einen markanten wirtschaftlichen Aufschwung. Bei steigenden Löhnen konnten sich viele Menschen Dinge leisten, die zuvor Luxus waren: Autos, Telefone oder Fernseher. Der höhere Konsum kurbelte wiederum die Wirtschaft an. Viele Menschen erfüllten sich auch den Traum vom Wohnen im Grünen und zogen aus den Stadtzentren in die Vorstädte. Doch der Konsumrausch breiter Bevölkerungsschichten täuschte darüber hinweg, dass es in den USA nicht nur Wohlstand und Besitz gab, sondern weiterhin auch Armut. Diese andere Seite der Erfolgsgesellschaft wurde in der Öffentlichkeit wenig wahrgenommen. Da die Industrie durch die zunehmende Automatisierung immer weniger ungelernte Kräfte brauchte, hatten Menschen mit einer schlechten Ausbildung wenig Chancen, der American Dream blieb für die meisten von ihnen eine Illusion. Auch Schwarze und Angehörige anderer ethnischer Minderheiten standen auf der Schattenseite; Rassentrennung und Diskriminierung gehörten in den späten 50er-Jahren zum Alltag in den USA. Erst durch das Engagement der Bürgerrechtsbewegung in den 60er-Jahren sollte sich dies nach und nach ändern.

Entstehung

Am 16. November 1959 erschien in der New York Times auf einer der hinteren Seiten eine kurze Notiz über einen rätselhaften vierfachen Mord an einer angesehenen Familie in Holcomb, Kansas. Truman Capote las die Nachricht und beschloss, sich diesen Fall näher anzusehen. Schon länger hatte er den Plan, Journalismus und Literatur miteinander zu verbinden und einen Roman zu schaffen, der eine tatsächliche Begebenheit detailgenau darstellte. Nun hoffte er, endlich sein Thema gefunden zu haben. Kurze Zeit später reiste er nach Holcomb, um vor Ort zu recherchieren. Über mehrere Jahre hinweg sprach er mit Betroffenen und sichtete Unmengen von schriftlichem Material. Schließlich erhielt er sogar die Erlaubnis, die Mörder regelmäßig im Gefängnis zu besuchen und mit ihnen zu korrespondieren. Es entstand ein Roman mit dem Anspruch, bis ins Detail authentisch zu sein; selbst die Namen der Beteiligten übernahm Capote. Erfunden ist nur das Gespräch zwischen Sheriff Dewey und Susan Kidwell am Ende des Buches; Capote wollte damit dem Werk einen positiven Abschluss geben und es nicht mit der Hinrichtung enden lassen. Ein Problem erwuchs ihm, als die Hinrichtung der beiden Mörder über mehrere Jahre hinweg immer wieder verschoben wurde: Der Roman war fertig, nur das Ende fehlte noch – und dieses Ende wollte nicht kommen. Capote wünschte sich nichts sehnlicher, als sein Werk endlich abschließen und veröffentlichen zu können. Zugleich aber hatte er in der langen Zeit eine persönliche Beziehung zu den Mördern aufgebaut und war für die beiden zu einer wichtigen Bezugsperson geworden – ihren Tod konnte er eigentlich nicht wünschen. Hin- und hergerissen, empfand Capote diese Wartezeit als sehr zermürbend. Auf Bitten der beiden Häftlinge war er schließlich auch bei der Hinrichtung selbst anwesend und vollendete seinen Roman danach in kurzer Zeit.

Wirkungsgeschichte

Kaltblütig war von Anfang an ein Riesenerfolg. 1965 wurde der Roman in mehreren Folgen in der Zeitschrift New Yorker abgedruckt. Schon diese Hefte fanden reißenden Absatz, und der Autor wurde mit Lob überschüttet. Als das Werk dann im Januar 1966 in Buchform erschien, ging der Medienrummel erst richtig los. Truman Capote wurde mit Kaltblütig weltberühmt. Bereits 1967 wurde der Roman unter der Regie von Richard Brooks verfilmt, zum Teil an den Originalschauplätzen. 1996 entstand die zweite Filmfassung von Jonathan Kaplan, und 2005 verfilmte Bennet Miller die Entstehungsgeschichte des Romans (Capote). Trotz allem Erfolg wurde das Werk jedoch nie mit einem Preis ausgezeichnet, worüber Capote sehr enttäuscht war. Er selbst erhob den Anspruch, mit Kaltblütig eine neue Literaturgattung geschaffen zu haben, den Tatsachenroman („non-fiction novel“). Doch so sehr die Kritiker das Werk schätzten, den Rang einer neuen Gattung wollten sie ihm nicht zugestehen. Denn die Idee, einen literarischen Text aus Tatsachenberichten zu schaffen, war nicht ganz so neu, wie Capote sich dies wünschte.

Sein Werk wurde als eines der ersten dem „New Journalism“ zugerechnet, einer Literaturströmung der 60er- und 70er-Jahre, die journalistische Stilformen in die Literatur einführte. So ließ sich zum Beispiel Norman Mailer von Capotes Realismus inspirieren. Einige Kritiker versuchten zu zeigen, dass Capote seinem Anspruch auf detailgenaue, realistische Darstellung nicht gerecht wurde. Sie konnten ihm jedoch nur wenige Ungenauigkeiten nachweisen. Harsche Kritik kam von Kenneth Tynan, einem britischen Rezensenten: Er warf Capote vor, nichts für die Rettung der Verurteilten getan zu haben, obwohl er wusste, dass ein Gutachter die beiden als psychisch krank angesehen hatte. Capote habe sich, so Tynans Vorwurf, deswegen passiv verhalten, weil er den Roman mit einer Hinrichtung habe beenden wollen und kein Interesse daran gehabt habe, die beiden vor dem Strang zu bewahren.

Über den Autor

Truman Capote wird am 30. September 1924 als Truman Streckfus Parsons in New Orleans geboren. Die Ehe seiner Eltern ist zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon zerbrochen. Für ihren Sohn haben beide Elternteile keine Zeit, der kleine Truman wird seiner Großmutter anvertraut. Nach der Scheidung der Eltern heiratet die Mutter 1932 Joseph Capote, holt den Sohn aber erst einige Zeit später zu sich. 1935 wird er von seinem Stiefvater adoptiert und nimmt dessen Namen an. Das Verhältnis zu seiner Mutter bleibt distanziert; bald kommt der Junge ins Internat. Dort macht er erste homosexuelle Erfahrungen. Schon mit acht Jahren hat er Schriftsteller werden wollen, und kaum hat er die Schule verlassen, setzt er diesen Plan in die Tat um. Bereits 1946 gelingt ihm der Durchbruch, als seine Erzählung Miriam mit dem O. Henry Award ausgezeichnet wird. Capote gilt als literarisches Wunderkind. Weiteren Ruhm bringen ihm der Roman Andere Stimmen, andere Räume (Other Voices, Other Rooms, 1948) sowie die Erzählungen Die Grasharfe (The Grass Harp, 1951) und Frühstück bei Tiffany (Breakfast at Tiffany’s, 1958). Damit etabliert sich der exzentrische junge Mann mit der kleinen Gestalt und der hohen Stimme, der sich offen zu seiner Homosexualität bekennt, in der amerikanischen Literaturszene. Kaltblütig (In Cold Blood, 1966), eine dem „New Journalism“ zugerechnete, literarisch aufbereitete Schilderung eines realen Mordfalls, wird sein größter Erfolg – und zugleich sein letzter. Capote ist plötzlich reich und berühmt, aber dieser Ruhm überfordert ihn. Er veröffentlicht keine wichtigen Werke mehr, pflegt einen luxuriösen Lebensstil und wird alkohol- und drogenabhängig. Den angekündigten Schlüsselroman Erhörte Gebete (Answered Prayers) kann er über lange Jahre nicht fertigstellen. 1987 wird das Sittengemälde der High Society unvollendet veröffentlicht und führt unter anderem zum Selbstmord der darin porträtierten Millionärswitwe Ann Woodward. Die letzten Lebensjahre Capotes sind von zunehmendem psychischem und körperlichem Verfall geprägt. Am 25. August 1984 stirbt er in Los Angeles an einer Überdosis Tabletten.

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