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Metamorphosen

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Metamorphosen

Diogenes Verlag,

15 Minuten Lesezeit
12 Take-aways
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Was ist drin?

Das „Buch der Verwandlungen“ ist das berühmteste Werk des römischen Dichters Ovid.


Literatur­klassiker

  • Erzählsammlung
  • Römische Antike

Worum es geht

Mythologisches Kompendium

„Neue Gestaltung, in die sich Körper verwandeln, zu künden, treibt es mein Herz“ – so beginnt der römische Dichter Publius Ovidius Naso, besser bekannt als Ovid, sein größtes und berühmtestes Werk. Metamorphosen, also Verwandlungen, bilden das Grundmuster für eine beispiellose Sammlung von über 250 Mythen, Sagen, Kleinstepen und Dichtungen. Viele der bekanntesten Geschichten aus der römischen und griechischen Mythologie kennen wir nur aus Ovids Werk. Zu den Mythen, die er verarbeitet, verändert oder einfach aus anderen Quellen übernommen hat, gehören der Fall des Phaëton und die unheilvollen Flugversuche des Icarus, Jupiters Verführungen diverser Frauen, das Ende des eitlen Narcissus, die tragische Liebesgeschichte von Orpheus und Eurydice und nicht zuletzt einige Episoden des berühmten Kampfes um Troja und der Flucht des Aeneas. Durch geschickte Verbindungen schafft es der Dichter, die einzelnen und teilweise ganz und gar nicht zusammenpassenden Fragmente zu einem großen Ganzen zusammenzufügen, das vom Chaos des Weltbeginns bis in Ovids Gegenwart reicht. Goethe hat die Metamorphosen geliebt, denn er sah in ihnen etwas, was auch heute noch zutrifft: einen farbigen, fesselnden Mythenschatz, mit dem man sich garantiert nicht langweilt.

Take-aways

  • Die Metamorphosen des Ovid gehören zu den größten Dichtungen des Goldenen Zeitalters der lateinischen Literatur unter Kaiser Augustus.
  • Um den über 250 Verwandlungsgeschichten in den Metamorphosen Gestalt zu geben, schöpfte Ovid aus vielfältigen, vor allem griechischen Quellen.
  • Viele der Sagen und Mythen sind uns nur über Ovids Werk überliefert.
  • Aus dem Chaos des Anfangs erschaffen die Götter die Erde und die Menschen.
  • Nach dem Ablauf des Goldenen Zeitalters verfinstert sich das Wesen der Menschen: Sie werden böse, sodass Jupiter sie in einer Sintflut vernichten muss.
  • Deucalion und seine Frau Pyrrha überleben als Einzige und gründen ein neues Menschengeschlecht.
  • Jupiter nutzt sein Verwandlungsgeschick dazu, mehrere Frauen zu verführen: Dazu gehören Io, die Tochter eines Flussgottes, die Nymphe Callisto und die schöne Europa, die Jupiter in Gestalt eines weißen Stieres nach Kreta entführt.
  • Auch von großen Helden berichtet Ovid: Perseus etwa gelingt es, das Haupt der Medusa abzuschlagen, mehrere Kämpfe zu überstehen und Andromeda vor einem Meerungeheuer zu retten.
  • Orpheus und Eurydice gehören zu den bekanntesten Liebespaaren der Dichtung: Orpheus reist in die Unterwelt, um seine tote Geliebte wieder ins Leben zurückzuholen. Durch seine Neugierde verliert er sie ein zweites Mal.
  • Ovid schrieb an den Metamorphosen etwa zwischen 1 v. Chr. und 10 n. Chr.
  • Er war mit dem Gesamtergebnis nicht zufrieden und vernichtete es. Abschriften durch Freunde retteten das Werk für die Nachwelt.
  • Die Nachwirkung der hier versammelten Mythen ist in ihrer Vielfalt grenzenlos und reicht bis in die heutige Popkultur und Werbesprache hinein.

Zusammenfassung

Die vier Zeitalter des Anfangs

Am Anfang ist das Chaos. Aus diesem wüsten Durcheinander formen die Götter die Erde, den Himmel, das Meer und die vier Winde. Alle Lebewesen der Welt werden ebenso erschaffen. Als Krone der Schöpfung wird der Mensch nach dem Abbild der Götter aus feuchtem Lehm geformt. Das Goldene Zeitalter beginnt: Die Menschen sind gut, auch ohne Gesetze. Überall treibt die Erde Früchte ganz ohne Feldarbeit hervor: ein wahres Paradies auf Erden. Doch im Götterhimmel gibt es eine Revolution: Der Gott Jupiter schickt seinen Vater Saturn in den Tartarus, die unterste Stufe der Unterwelt, und besteigt selbst den Thron. Er führt die Jahreszeiten ein, und das Silberne Zeitalter beginnt: Die Menschen müssen sich Häuser bauen, um sich vor dem Winter zu schützen, und die Felder bestellen, wenn sie Nahrung haben wollen. Im Ehernen Zeitalter beginnen sich die Menschen zu bewaffnen, und im Eisernen Zeitalter kommt der Krieg in die Welt: Die Zeit des Friedens ist vorbei, jeder Mensch wird der Feind jedes anderen. Die Giganten, mächtige Riesen, gieren nach der Wohnstatt der Götter und häufen Berge auf, um in den Olymp zu gelangen. Jupiter zerstört diese mit seinen Blitzen, sodass die Giganten erschlagen werden. Aus den Leichen erhebt sich ein weiteres, mordlustiges Menschengeschlecht.

Die Sintflut, Apoll und Daphne

Jupiter ruft den Götterrat zusammen und beratschlagt mit ihm, was mit den furchtbaren Menschen geschehen soll. Unlängst sei er bei Lycaon zu Gast gewesen. Dieser habe ihm Menschenfleisch vorgesetzt, um zu prüfen, ob der Göttervater es bemerken würde. Voller Zorn verwandelte Jupiter Lycaon in einen Wolf. Nun fällt Jupiter die Entscheidung, die Menschen durch eine Sintflut zu vernichten. Einzig der gottesfürchtige Deucalion und seine Frau Pyrrha überleben die Strafaktion. Gestrandet am Fuße des Parnass befragen sie das Orakel von Delphi, wie es denn nun weitergehen soll mit der öden Welt. Das Orakel sagt ihnen – in einem Rätselspruch verschlüsselt –, sie sollen die Steine auf der Erde hinter sich werfen. Und siehe da: Aus den Steinen wachsen neue Menschen und in der Folge alle anderen Lebewesen. Leider auch der furchtbare Drache Python, dem jedoch der Gott Apoll den Garaus macht. Gleich darauf macht sich dieser über den kleinen Bogen des Liebesgottes Cupido lustig. Cupido rächt sich auf höchst originelle Weise: Er schießt einen goldenen Pfeil auf Apoll, der ihn in brennender Liebe zu Daphne, der Tochter des Flussgottes Peneios, entflammen lässt. Daphne jedoch bekommt einen bleiernen Pfeil ab, der sie allergisch auf jeden Liebesschwur reagieren lässt. Wie sehr Apoll sie auch bedrängt: Sie flieht vor ihm und wird schließlich von ihrem Vater in einen Lorbeerbaum verwandelt.

Der Stier Io und das leidvolle Ende des Phaëton

Auch Io, die Tochter eines anderen Flussgottes, muss sich der Nachstellung eines hohen Gottes erwehren: Niemand geringerer als Jupiter raubt ihr die Unschuld. Als Jupiters Frau Juno ihren Gatten sucht, erwischt sie ihn beinahe in flagranti. Allerdings schafft es Jupiter gerade noch, seiner Geliebten die Gestalt eines Stiers zu geben, den er Juno auf ihre Bitte hin schenkt. Die Göttergattin weiß wohl insgeheim, welchen Fang sie da gemacht hat, und lässt den Stier von dem hundertäugigen Argus bewachen. Jupiter schickt daraufhin seinen Sohn Mercur, der Argus mit einer Geschichte einschläfert und ihm dann den Kopf abschlägt.

„Neue Gestaltung, in die sich Körper verwandeln, zu künden, / Treibt es mein Herz. O Götter, ihr habt ja jene verwandelt, / Fördert meinen Entschluss. Vom ersten Anfang der Schöpfung / Fort bis auf unsere Zeit seid stets meines Liedes Geleiter.“ (S. 1)

Phaëton, der Sohn des Sonnengottes Phöbus, leidet unter Minderwertigkeitskomplexen: Man nimmt ihm nicht ab, dass er ein Göttersohn ist. Darum sucht er seinen Vater in dessen herrlichem Palast auf und bittet um die Erlaubnis, einen Tag lang den Sonnenwagen über den Himmel fahren zu dürfen. Schweren Herzens gibt Phöbus nach. Es kommt, wie es kommen muss: Phaëton kann die Pferde nicht bändigen, sie geraten von der Bahn und der feurige Wagen setzt die halbe Erde in Flammen. Jupiter sieht sich gezwungen einzugreifen: Mit einem Blitz holt er den übermütigen Sohn des Sonnengottes vom Himmel, und Phaëton verglüht wie eine Sternschnuppe.

Jupiters Liebschaften: Callisto und Europa

Jupiter bringt die verbrannte Erde wieder in Ordnung. Bei seinen Streifzügen fällt ihm die reizende Nymphe Callisto auf. In Gestalt Dianas, der Göttin des Waldes, verführt er sie. Acht Monate später erkennt Diana, dass eine der Nymphen aus ihrem Gefolge schwanger ist: Sie verstößt Callisto, die im Wald einen Sohn zur Welt bringt. Als diese schließlich auch noch von der eifersüchtigen Juno gefunden wird, ist alles aus: Jupiters Gattin verwandelt Callisto in eine Bärin. 15 Jahre später ist es ausgerechnet ihr eigener Sohn, der die Bärin beinahe zur Strecke bringt – wenn nicht Jupiter eingreifen würde: Er verwandelt die beiden zu Gestirnen und setzt sie als „Großer Bär“ und „Bärenhüter“ an den Nachthimmel. Jupiter kann von seinen amourösen Abenteuern einfach nicht genug bekommen. Er bittet Mercur, eine Herde Rinder an die phönizische Küste zu treiben, vorbei an der schönen Europa. Er selbst verwandelt sich in einen schneeweißen Stier, den das ahnungslose Objekt seiner Begierde auch sogleich besteigt. Langsam und bedächtig trabt der Stier ins Wasser und entführt so die schöne Europa. An Kretas Küste verwandelt sich Jupiter wieder zurück und, wie üblich, vergeht nicht viel Zeit, bis Europa ihm Nachwuchs schenkt.

Cadmus, Semele und die seltsame Geburt des Bacchus

Währenddessen ist Europas Vater blind vor Zorn: Er schickt ihren Bruder Cadmus aus, um sie zu suchen. Das Orakel von Delphi gebietet diesem, an einer bestimmten Stelle eine Stadt zu gründen. Doch zuvor muss er einen erbitterten Kampf mit einer Riesenschlange bestehen. Als er das Tier schließlich besiegt hat, erscheint die Göttin Minerva und weist ihn an, die Zähne der Schlange in den Boden einzusäen. Diese Saat geht sofort auf: und zwar in Gestalt von bewaffneten Männern, die sich gegenseitig angreifen. Nur fünf von ihnen überleben: Mit diesen baut Cadmus die Stadt Theben auf. Juno, die immer noch über die Europa-Affäre erbost ist, nimmt nun heimtückische Rache an einer von Jupiters Liebschaften: an Semele, einer Tochter des Cadmus. Sie stachelt das arme Mädchen dazu an, von Jupiter zu verlangen, sie in seiner wahren Gestalt aufzusuchen. Das tut er auch, doch geblendet von seiner Herrlichkeit geht die arme Semele in Flammen auf. Gerade noch kann Jupiter ihr ungeborenes Kind retten und trägt es – welch Wunder – in seinem Oberschenkel aus. Den kleinen Bacchus, den späteren Gott des Weines, gibt er bei Nymphen zur Pflege.

Tiresias’ Weissagungen

Einen Streit zwischen Jupiter und Juno schlichtet der Gelehrte Tiresias. Die beiden streiten sich darüber, ob der Mann oder die Frau mehr Spaß am Sex hat. Weil er selbst einmal für sieben Jahre im Körper einer Frau gelebt hat, stimmt Tiresias Jupiter zu, dass die Frau mehr Spaß an der körperlichen Liebe habe. Zur Strafe für diese Parteilichkeit lässt Juno den Gelehrten erblinden, Jupiter aber verleiht ihm als Ausgleich die Sehergabe. Der Mutter des schönen Narcissus prophezeit Tiresias, dass ihr Sohn sterben wird, wenn er „sich selbst erblickt“. Als Knabe wird Narcissus von Jungen und Mädchen in gleicher Weise umworben. Doch er zeigt sich spröde und wenig interessiert. Schließlich verwünscht ihn ein abgewiesener Jüngling: Möge er sich doch auch einmal verlieben und seine Liebe unerwidert bleiben. Die Rachegöttin erfüllt den Wunsch: Narcissus erblickt sein eigenes Spiegelbild im Wasser und verzehrt sich vor Liebe zu sich selbst. Er schwindet dahin – zurück bleibt nur eine Blume: die Narzisse.

Perseus und der Raub der Proserpina

Ein echter Held und (noch ein) Sohn des Jupiter ist Perseus. Ihm gelingt es, ausgerüstet mit allerlei Spezialwaffen wie beispielsweise einer Tarnkappe, das Haupt der scheußlichen Medusa abzuschlagen. Aus ihrem Blut entsteht das geflügelte Pferd Pegasus. Mit dem abgetrennten Kopf gelingt es Perseus auch, den Riesen Atlas in ein Gebirge zu verwandeln, weil der Blick der Medusa alles und jeden zu Stein werden lässt. Schließlich kann er sogar Andromeda von einem Felsen befreien, an den sie als Opfergabe an ein Meerungeheuer angekettet worden ist. Das Haupt der Medusa schenkt er der Göttin Athene, die es auf ihren Schild nagelt.

„Ehe denn Meer und Land und der alles deckende Himmel, / Bot der gesamte Kreis der Natur einen einzigen Anblick, / Den man Chaos benannt: ein rohes, verworrnes Gemenge, / Nichts als träge Last und ineinandergeballte / Zwistige Keime von jetzt noch übel verbundenen Dingen.“ (S. 1)

Eine der Musen berichtet Athene vom Raub der Proserpina durch Pluto, den Herrn der Unterwelt. In Liebe zu ihr entflammt, entführt er sie in sein unterirdisches Reich. Ihre Mutter Ceres, die Göttin der Fruchtbarkeit, lässt auf der Suche nach ihr ganze Landstriche veröden. Schließlich befiehlt Jupiter seinem Bruder Pluto, Ceres’ Tochter freizulassen. Weil sie aber bereits vom Granatapfelbaum der Unterwelt gegessen hat, ist sie fortan gezwungen, jeweils die Hälfte des Jahres im Totenreich zu verbringen.

Philomela, Daedalus und Icarus

Schlimmes geschieht in Athen: Den Krieg gegen die Barbaren gewinnt der Stadtstaat vor allem wegen der Hilfe des Thrakers Tereus. Zum Dank für seinen Kampfesmut erlangt er die Hand der Königstochter Procne, die er in seine Heimat mitnimmt. Doch schon bald entbrennt er in Liebe zu ihrer Schwester Philomela. Er entführt sie, vergewaltigt sie mehrmals und trennt ihr schließlich die Zunge aus dem Mund, damit sie ihn nicht verraten kann. Sie webt jedoch ein Tuch mit einer Botschaft, die ihre Schwester Procne sogleich begreift. Gemeinsam schlachten sie Tereus’ Sohn und setzen ihn seinem Vater zur Mahlzeit vor. Bevor dieser sich wiederum rächen kann, wird er in einen Wiedehopf verwandelt.

„Da aber hüllte der Gott das weite Gelände in finstre / Schatten und hemmte die Flucht und raubte dem Mädchen die Ehre.“ (über Jupiter und Io, S. 22)

Jahre später spielt der mächtige König Minos, ein Sohn aus Jupiters Verbindung mit Europa, den Athenern übel mit: Er lässt sich von dem genialen Erfinder Daedalus ein Labyrinth bauen, in das er den Minotaurus einsperrt, ein Zwitterwesen, halb Mensch halb Stier. Die von Minos bezwungenen Athener müssen dem Untier in regelmäßigen Abständen Kinder zum Fraß vorwerfen. Dem Helden Theseus gelingt es jedoch, das Monster zu bezwingen. Aus dem Labyrinth findet er nur deshalb zurück, weil ihm die kretische Prinzessin Ariadne mit einem Faden, der den Weg markiert, hilft. Daedalus lebt wegen einer Untat an seinem Neffen in der Verbannung auf Kreta. Irgendwann wird es ihm aber zu langweilig und er beschließt, mit seinem Sohn Icarus nach Athen zurückzukehren. Er bastelt Flügel, die er mit Wachs an seinen und den Armen seines Sohnes befestigt. Gemeinsam erheben sie sich in die Lüfte. Icarus jedoch wird übermütig, kommt der Sonne zu nah und das Wachs schmilzt – er stürzt ab und findet den Tod.

Orpheus und Eurydice

Zu den herzergreifendsten Liebesgeschichten gehört die Verbindung zwischen Orpheus und Eurydice. Kaum sind die beiden Verliebten Mann und Frau geworden, wird Eurydice von einem Schlangenbiss dahingerafft. Orpheus will sich diesem Schicksal aber nicht fügen: Er reist in die Unterwelt und klagt den Göttern seinen Kummer. Dabei erweicht er sogar die Eumeniden, die Göttinnen der Rache. Sein Wunsch wird ihm gewährt: Eurydice tritt aus den Schatten und darf mit ihm die Unterwelt wieder verlassen. Nur eine Bedingung gibt es: Orpheus darf sich unterwegs nicht nach ihr umdrehen. Das tut er aber leider doch – und verliert sie erneut. Frustriert will Orpheus nun nichts mehr von der Liebe zu Frauen wissen. Den Tieren und Bäumen singt er fortan seine Lieder. Zum Beispiel über Pygmalion, der die Frauen wegen ihrer Lasterhaftigkeit meidet. Stattdessen schnitzt er sich seine Traumfrau aus Elfenbein und bittet Venus, ihm eine solche Geliebte zu schenken. Sie erhört den Wunsch, und das Elfenbeinmädchen wird lebendig.

Der Kampf um Troja und die Abenteuer des Aeneas

Mit dem Raub der schönen Helena durch Paris beginnt der Trojanische Krieg. Als sich die Griechen auf Aulis sammeln, weissagt der Seher Kalchas anhand eines Vogelnestes, dass der Krieg neun Jahre dauern werde. Als die Flotte aufbrechen will, verhindert ein ungünstiger Wind die Weiterfahrt. Kalchas erkennt dahinter Dianas Zorn und fordert die Opferung einer Jungfrau. Iphigenie, die Tochter Agamemnons, soll es treffen. Doch in letzter Sekunde wird sie von Diana gerettet. In Troja trifft der unverwundbare Achill auf Cygnus, einen Sohn des Neptun. Der Herrscher der Meere ist über diesen Zweikampf so erbost, dass er Apoll bittet, Achill zu verderben. Apoll lenkt daraufhin einen Pfeil des Paris in Achills Ferse – seine einzige verwundbare Stelle.

„Als aber Phaëton nun, der Unglückselige, schaute / Hoch vom Himmel die tief, tief unten liegenden Länder, / Wurde er bleich und ihm bebten die Knie in plötzlichem Schrecken, / Und bei dem blendenden Licht umzog ihm Dunkel die Augen.“ (S. 35)

Aus Troja, das schließlich dank der List des Odysseus fällt, flieht Aeneas, der sich über die Insel Delos und an den scheußlichen Ungeheuern Scylla und Charybdis vorbei nach Latium durchschlägt, wo er über alle seine Gegner triumphiert und zum Gründer der Stadt Rom wird. Einer seiner Nachfolger ist der Kaiser Caesar: Er herrscht im Rom der Gegenwart als lebendiger Gott und wird nach seinem Tod in einen Kometen verwandelt. Sein würdiger Nachfolger ist der rühmenswerte Augustus.

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Aufbau und Stil

Ovids Metamorphosen sind ein Riesengedicht, ein Kompendium der Götter- und Heldensagen, das in insgesamt 15 Büchern oder Kapiteln daherkommt. Jedes Buch umfasst 700–900 Verse. Die von Ovid verwendete Versform ist der Hexameter: Jeweils sechs Daktylen (dreihebige Versfüße, bei denen die erste Silbe lang, die zweite und die dritte kurz gesprochen wird) bilden die Standarderscheinung dieses Versmaßes. Allerdings verwendet der Dichter mitunter auch Spondeen (zwei lang gesprochene Silben hintereinander): Diese klingen im Unterschied zu den leichten, agilen Daktylen schwer und gewichtig. Die Metamorphosen sind ein Epos, eine Großform der erzählenden Dichtung. Epen zeichnen sich gemeinhin durch einen besonders hohen, erhabenen Stil und Inhalt aus. Ovid hat sich aber von der Erhabenheit eines Homer oder Hesiod entfernt: Mitunter erscheinen seine Verse eher frivol und burlesk.

Interpretationsansätze

  • Mythen erklären die Welt: So auch der Mythenschatz, den Ovid in seinen Metamorphosen versammelt. Viele der Geschichten beschreiben, wie sich Begriffe, Tiere oder Phänomene entwickelt haben. Nachdem z. B. Daphne die Liebe des Apoll abgelehnt hat, wird sie in einen Lorbeerbaum verwandelt: Daraus entwickelt sich der Lorbeer zu „Apolls Baum“ und wird von römischen Kaisern und Feldherren als Ehrenzeichen angesehen.
  • Die römische Mythologie wurde stark von der griechischen beeinflusst. Das geht sogar so weit, dass man heute kaum noch rekonstruieren kann, wie die ursprüngliche Religion der frühen Römer ausgesehen hat. Zu den ältesten römischen Gottheiten zählen z. B. der doppelgesichtige Janus, Vesta als Göttin des Herdes und Ceres als Göttin der Feldfrüchte.
  • Die wichtigsten in den Metamorphosen vorkommenden römischen Götter haben ihre Pendants in der griechischen Mythologie: Göttervater Jupiter entspricht Zeus, seine Gattin Juno Hera, der Götterbote Hermes heißt bei den Römern Mercur, der Weingott Dionysos trägt den Namen Bacchus usw.
  • Anders als sein viel geschätzter Zeitgenosse Vergil, der in seiner Aeneis die Gründung Roms verherrlicht und bei dem die Götter als gerechte Herrscher über die Welt wachen, zeichnet Ovid ein menschliches Bild der Götter: Sie sind engstirnig, rachsüchtig, heimtückisch, nachtragend, begehrlich – kurz: Sie sind allzu menschlich und in mehr als einer Episode einfach nur peinlich. Es kommt bei Ovid also zu einer Entzauberung der alten Göttermythen.

Historischer Hintergrund

Das Augusteische Zeitalter

Ovid lebte in einer Zeit des Römischen Reiches, die als Augusteisches Zeitalter bezeichnet wird. Kaiser Augustus hieß eigentlich Octavian und war Lieblingsneffe und Haupterbe Julius Cäsars. Als Octavian im März des Jahres 44 v. Chr. von der Ermordung Cäsars erfuhr, übernahm er ein Reich, das von einem heftigen Bürgerkrieg zerrissen war. Octavian nahm ebenfalls den Titel „Caesar“ an, wurde jedoch von Julius Cäsars Weggefährten Marcus Antonius nicht anerkannt – wohl aber vom Volk. Zusammen mit Marcus Antonius und Marcus Aemilius Lepidus bildete er das so genannte zweite Triumvirat: Die drei herrschten gemeinsam und gingen mit Gewalt gegen ihre republikanischen Gegner vor. Die ständigen Reibereien zwischen den drei Herrschern führten dazu, dass Octavian die anderen beiden ausschaltete: Lepidus geriet unter den Verdacht, ein Kollaborateur der Gegner zu sein, und Marcus Antonius verwickelte sich in eine Liebschaft mit der ägyptischen Königin Kleopatra, was der Senat nicht gerne sah. Mit der Ernennung zum Augustus (lat. „der Erhabene“) und zum Princeps (lat. „der Erste“) blieb die Republik zwar formal weiter bestehen, doch der neue Kaiser Augustus hatte die volle Herrschaft inne. Die Geschichtsschreibung bezeichnet das Jahr 27 v. Chr. als Ende der Republik und Beginn des römischen Kaiserreichs.

Das Augusteische Zeitalter gilt als eine Ära besonderer Stabilität des Römischen Reiches. Die Grenzen nach Osten konnten befestigt und die nach Westen erweitert werden. Wohlstand und Frieden führten zu einer kulturellen Blütezeit. Augustus selbst war ein Freund und Förderer der Künste und Wissenschaften. Sein Berater Maecenas (auf den der Begriff „Mäzen“ zurückgeht) sorgte für eine großzügige Unterstützung der Künstler. Die Regierungszeit des Augustus wird als das Goldene Zeitalter der lateinischen Dichtkunst bezeichnet, die mit Horaz, Ovid und Vergil ihre wichtigsten Vertreter hervorbrachte.

Entstehung

Ovid schrieb die Metamorphosen etwa zwischen 1 v. Chr. und 10 n. Chr. Über den genauen Entstehungsprozess und die Situation des Autors weiß man heute recht wenig. Bekannt ist allerdings, dass der überaus ambitionierte Dichter, der kurz vor der Fertigstellung des Manuskripts vom Kaiser aus Rom verbannt wurde, mit seinem Werk überhaupt nicht zufrieden war: Er warf es ins Feuer. Nur die Abschriften von Freunden bewahrten die Sagensammlung vor dem völligen Untergang. Ovids Quellen sind in Schulkompendien und Mythensammlungen zu suchen, aber auch in den Schriften Homers und Vergils und bei den alten hellenistischen Tragödiendichtern und Elegikern. Ovids Werk beinhaltet unterschiedliche Stile und Textformen, deren Vorbilder sich recht gut rekonstruieren lassen: Da wären beispielsweise die Aitia des Kallimachos, die als Ursprungssagen die Herkunft bestimmter Bräuche erklären, oder die Katasterismoi, die von Verwandlungen in Sternbilder berichten, vor denen auch die Metamorphosen geradezu bersten. Die Epyllien, wieder ein Werk des Kallimachos, dienten Ovid genauso als Vorbild wie Idyllen, erotische Liebesgeschichten und Verse der Bukolik (Hirtendichtung).

Wirkungsgeschichte

Da Ovid sein Werk eigenhändig dem Feuer überantwortete, gerieten lediglich unterschiedliche Handschriften an die Öffentlichkeit, die alle voneinander abwichen, sodass keine Edition „letzter Hand“ vorhanden ist. Kaiser Augustus, bei dem der Dichter in Ungnade fiel, ließ alle Schriften Ovids aus den Bibliotheken entfernen. Trotzdem: Von den Metamorphosen sind etwa 150 Handschriften aus dem Mittelalter, darunter auch Übersetzungen ins Deutsche, erhalten, sodass sich sagen lässt, dass die Metamorphosen zu den meistgelesenen Werken der Antike und des Mittelalters zählen. Der Klerus verdammte das Buch: Konrad von Hirsau beispielsweise verglich es mit einem Misthaufen, in dem man zwar ab und zu ein Goldstück finden könne, danach aber fürchterlich stinke. Der italienische Dichter Dante Alighieri zählte Ovid zu seinen ganz großen Vorbildern und ließ ihn auch in der Göttlichen Komödie auftreten. Der italienische Sonettdichter Francesco Petrarca hielt dagegen wenig von Ovids Leistungen: Spöttisch bemerkte er, dass er wohl zu Recht vom Bannstrahl des Kaisers getroffen worden war. Giovanni Boccaccio wiederum war ein Fan Ovids.

In der Renaissance bekamen die Metamorphosen eine zentrale Stellung als Quelle alter Mythen und Sagen. Nun begann auch die überreiche Illustrationsgeschichte des Werks. Zu den bekanntesten Kunstwerken gehören sicherlich die Bilder Sandro Botticellis (u. a. Die Geburt der Venus). Aber auch Albrecht Dürer, Rembrandt, Lorenzo Bernini, Peter Paul Rubens, Pablo Picasso und Salvador Dalí haben sich der farbenfrohen Geschichten im Laufe der Jahrhunderte künstlerisch angenommen. Der junge Goethe war geradezu in die Metamorphosen vernarrt: „Da ich bald die ovidischen Metamorphosen gewahr wurde und fleißig studierte: so war mein junges Gehirn schnell genug mit einer Masse von Bildern und Begebenheiten, von bedeutenden und wunderbaren Gestalten angefüllt, und ich konnte niemals Langeweile haben.“ Viele der Episoden wurden auch musikalisch umgesetzt, z. B. von Jacques Offenbach in seiner Operette Orpheus in der Unterwelt. Sogar das Musical My Fair Lady geht indirekt auf eine der Geschichten aus den Metamorphosen zurück, nämlich die Pygmalion-Episode. Mit seinem gefeierten Roman Die letzte Welt (1988) wandelte der österreichische Schriftsteller Christoph Ransmayer auf Ovids Spuren. Namen aus Ovids Werk haben auch ihren festen Platz in der Pop- und Trivialkultur, ja sogar in der Werbung gefunden: Ein Venenmittel heißt „Ikarus“, eine Windkraftanlage „Aeolus“, Detekteien schmücken sich mit „Argus“ und Luxuskarossen heißen „Phaëton“ (ironischerweise, denn Phaëton hatte ja einen Verkehrsunfall).

Über den Autor

Ovid – sein richtiger Name lautet Publius Ovidius Naso – wird 43 v. Chr. in Sulmo in den Abruzzen geboren, ein Jahr nach der Ermordung Julius Cäsars. Sein Vater ist ein wohlhabender römischer Adliger, der für ihn eine hohe Stellung als Anwalt oder Beamter vorsieht. Daraus wird jedoch nichts: Zwar studiert Ovid Rhetorik, auf einer Bildungsreise nach Athen entdeckt er aber seine dichterischen Fähigkeiten. Nach dem Tod des Vaters kann er sich mit dem großzügigen Erbe einen luxuriösen, mitunter ausschweifenden Lebensstil leisten. Er verfasst die Amores betitelten Liebeselegien (16 v. Chr.) und die Heroides (10 v. Chr.), fiktive Liebesbriefe berühmter mythologischer Liebespaare (etwa von Penelope an Odysseus oder von Dido an Aeneas). Das Gedicht über die Kunst der Liebe und der sinnlichen Verführung, die Ars amatoria (ca. 2 n. Chr.), wird dem Dichter dann jedoch zum Verhängnis, zumindest der Überlieferung nach. Angeblich stößt sich Kaiser Augustus an den freizügigen Schilderungen des Dichters und verbannt seinen einstigen Schützling 8 n. Chr. an die nordöstliche Grenze des Imperiums: nach Tomi am Schwarzen Meer. Der 50-jährige Ovid hat zu diesem Zeitpunkt seine Metamorphosen (Metamorphoseon libri, um 8 n. Chr.) und die Fasti, einen römischen Festkalender, noch nicht vollendet. Dass Ob die Ars amatoria der wirkliche Grund für die Verbannung ist, bleibt fraglich: Von Zeitgenossen erwähnte freche Spitzen gegen den Kaiser oder gar eine Affäre mit Augustus’ Tochter bzw. Enkelin ergeben triftigere Gründe für das harte Urteil. Trotz der Bitte Ovids holt ihn Augustus nicht zurück nach Rom, und auch dessen Nachfolger Tiberius bleibt hart. In der Verbannung verfasst der Dichter nur noch melancholische Schriften. Er stirbt 17 n. Chr. in Tomi.

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