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Tristan und Isold

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Tristan und Isold

Insel Verlag,

15 Minuten Lesezeit
10 Take-aways
Text verfügbar

Was ist drin?

Tristan und Isold: Eine „Amour fou“ aus dem Mittelalter.


Literatur­klassiker

  • Epos
  • Mittelalter

Worum es geht

Das berühmteste Liebespaar des Mittelalters

Tristan und Isold: Das ist eine Liebe, die stärker ist als alle Vernunft. Sie ist von Anfang an nur um den Preis von Lügen und Betrug zu haben und verletzt die Ehre der drei ranghöchsten Menschen im Staat Cornwall. Der Stoff einer so überwältigenden leidenschaftlichen Liebe gegen alle gesellschaftlichen Konventionen hat sich als Mythos durch die Jahrhunderte gezogen. Gottfried von Straßburg war nicht der Erste, der diesen Mythos gestaltete, und mit der Wahl der prekären Geschichte machte er es sich alles andere als leicht: Der fortgesetzte Ehebruch passt weder in ein christliches noch in ein feudales Eheverständnis, und der ansonsten mit sämtlichen ritterlichen Tugenden beschlagene Tristan hat eben den gravierenden Makel, dass er seinen Herrn und Onkel betrügt. Aber leicht machen, das betont Gottfried von Straßburg immer wieder, will er es weder sich noch seinen Liebenden noch seinen Lesern: Die Liebe ist nicht als reine Freude zu haben. Wer liebt, der leidet immer auch Qualen, ja, der Tod selbst ist die dunkle Seite der Liebe.

Take-aways

  • Gottfried von Straßburgs Tristan und Isold ist eine der bekanntesten Fassungen der berühmten Liebesgeschichte.
  • Inhalt: Der musterhafte Ritter Tristan besteht bravourös viele Abenteuer. Für seinen Onkel, König Marke, wirbt er die schöne Isold als Braut. Doch dann trinken Tristan und Isold versehentlich einen Liebestrank und verlieben sich unsterblich ineinander. Sie leben ihre Liebe heimlich, bis sie zur Trennung gezwungen werden.
  • Zentral ist die Dualität der Liebe: Glück ist nicht ohne Leid zu haben.
  • Gottfried versetzt die Schilderung dieser absoluten Liebe mit religiösen Anklängen.
  • Die ehebrecherische Liebe von Tristan und Isold fordert das Recht auf individuelles Glück und verstößt damit gegen die Normen der Gesellschaft.
  • Das Epos ist Fragment geblieben, es bricht nach 19 548 Versen ab.
  • Gottfried von Straßburg, einer der bedeutendsten Dichter des Mittelalters, starb um 1210. Über sein Leben ist fast nichts bekannt.
  • Als Vorlage für Tristan und Isold diente ihm Thomas von Britanniens Version.
  • Richard Wagner ließ sich für seine Oper Tristan und Isolde von Gottfried inspirieren.
  • Zitat: „Wem nie durch Liebe Leid geschah, / der hat auch nie Freude durch Liebe erfahren. / Freude und Leid, die waren bei der Liebe / von jeher untrennbar verbunden.“

Zusammenfassung

Die tragische Geschichte der Eltern

Riwalin Canelengres, der Herrscher von Parmenien, ist jung, schön und in sämtlichen ritterlichen Disziplinen beschlagen. Er befindet sich in ständigem Krieg mit seinem Feind Morgan. Einen Waffenstillstand nutzt Riwalin für eine Reise zu König Marke, dem Herrscher von Cornwall und England. Sein Land lässt er in seiner Abwesenheit vom Marschall Rual verwalten. Als Marke ein einmonatiges Hoffest veranstaltet, glänzt Riwalin bei den Ritterspielen. Die schöne Blanscheflur, Markes Schwester, verliebt sich in ihn und er sich in sie. Nach einer Phase der qualvollen Sehnsucht geben sie einander ihre Liebe durch Blicke zu verstehen. Dann wird Riwalin im Kampf gegen einen von Markes Feinden so schwer verwundet, dass niemand mit seinem Überleben rechnet. Die verzweifelte Blanscheflur verschafft sich heimlich Zutritt zu seinem Krankenlager, und die beiden geben sich ihrer Liebe hin. Wider Erwarten wird Riwalin wieder gesund, und die heimlich Liebenden schweben im höchsten Glück. Dann erreicht Riwalin die Nachricht, dass sein Feind Morgan ein großes Heer gegen ihn zusammenzieht. Als er Abschied von Blanscheflur nehmen will, offenbart sie ihm, dass sie schwanger ist. Riwalin nimmt sie heimlich mit nach Parmenien und heiratet sie dort. Bald darauf wird Riwalin von Morgan getötet. Blanscheflur windet sich in Qualen, als sie die Nachricht erhält, gebiert mit letzter Kraft ihr Kind und stirbt.

Tristan kommt zu König Marke

Das neugeborene Waisenkind hat Glück: Marschall Rual und seine Frau ziehen es als ihr eigenes Kind auf. Sie geben ihm den Namen Tristan, weil es unter so traurigen Umständen gezeugt und geboren wurde. Tristan wächst heran und entwickelt sich prächtig, er beherrscht bald alle höfischen Künste. Eines Tages kommt ein Kaufmannsschiff aus Norwegen an. Tristan geht es anschauen und vertieft sich mit einem der Seeleute in ein Schachspiel. Unter der Aufsicht seines Erziehers Curvenal darf er die Partie zu Ende spielen. Doch als die Norweger ablegen, entführen sie Tristan. Curvenal setzen sie auf einem Boot aus. Er findet zurück zu Tristans verzweifelten Zieheltern. Bald gerät das Kaufmannsschiff in einen schweren Sturm, und die Seeleute glauben, dass Gott sie damit für die Entführung bestraft. Sie setzen Tristan an der nächsten Küste aus: Es ist Cornwall. Dort trifft er auf zwei Pilger, die mit ihm in Richtung Tintagel gehen, dem Regierungssitz seines Onkels Marke. Nach einer Weile begegnen sie Markes Jägern, und Tristan schließt sich ihnen an. Er führt sie in die viel höher entwickelte Waidmannskunst Parmeniens ein – die Jäger staunen und bringen ihn zum König. Marke macht Tristan zu seinem Jägermeister.

Zwischen Cornwall und Parmenien

Unterdessen kann Rual es nicht verwinden, dass Tristan verschwunden ist, und macht sich auf die Suche nach ihm. Er fährt zuerst nach Norwegen, dann nach Irland. Als seine Mittel aufgebraucht sind, reist er als Bettler weiter. Im vierten Jahr seiner Suche trifft er in Dänemark auf die beiden Pilger, denen Tristan begegnet ist; sie geben Rual den Hinweis auf Tintagel. Dorthin reist er und findet Tristan, der inzwischen ein junger Mann geworden ist. Rual enthüllt Tristan und seinem Onkel Marke das Geheimnis von Tristans Identität. In einer prachtvollen Zeremonie wird Tristan zum Ritter ernannt, und Marke setzt ihn als seinen Thronfolger ein: Dem Neffen zuliebe will er unverheiratet bleiben. Doch Tristan lässt es keine Ruhe, dass der Mord an seinem Vater ungesühnt ist. Er kehrt nach Parmenien zurück, findet Morgan in der Bretagne und tötet ihn. Zudem siegt sein Heer gegen das von Morgan. Damit hat Tristan sein Land rechtmäßig in Besitz genommen. Hin- und hergerissen zwischen Parmenien und Cornwall, entscheidet er sich schließlich für seinen Onkel Marke.

Der Kampf mit Morold und der Weg nach Irland

Kaum zurück in Cornwall, erfährt Tristan, dass der schreckliche Morold hergekommen ist, um von Marke Tribut zu fordern. Morold ist ein irischer Herzog von gewaltiger Körperkraft; er ist der Schwager des irischen Königs Gurmun. Tristan wagt es, gegen Morold anzutreten, und es gelingt ihm, ihn zu töten. Allerdings trägt er auch selbst eine schlimme Wunde davon, und Morold hat ihm vor seinem Tod gesagt, dass sein Schwert vergiftet war und niemand außer seiner Schwester Isold ihn retten könne – sie allein wisse um die erforderlichen Heilkräuter. Während Tristan in Cornwall als Held gefeiert wird, trauert in Irland die Königsfamilie um Morold, und König Gurmun erlässt den Befehl, jeden zu töten, der aus Cornwall kommt. Tristans Körper wird derweil von dem Gift immer schwächer, und seine Wunde stinkt abscheulich. Weil kein Mittel hilft, entschließt er sich, trotz aller Gefahren nach Irland zu fahren und Königin Isold aufzusuchen. Vor der Küste Dublins setzt er sich mit seiner Harfe in ein Boot, bewegt die Herzen der Küstenwacht mit seinem Spiel und gibt vor, er sei von Piraten überfallen worden. Bald erfährt die Königin vom Schicksal des kranken Spielmanns, der sich Tantris nennt, lässt ihn zu sich bringen, erkennt das Gift und heilt ihn. Dafür unterrichtet Tristan ihre schöne Tochter, die ebenfalls Isold heißt, im Harfenspiel und in anderen höfischen Künsten.

Tantris’ Enttarnung

Nach Cornwall zurückgekehrt, lebt Tristan weiter als Liebling des Hofes bei Marke – bis Neid unter den Höflingen aufkommt. Sie drängen Marke zur Heirat, damit Tristan nicht mehr der Thronfolger ist. Marke soll die schöne Isold von Irland heiraten, und Tristan soll das Heiratsgesuch überbringen. Wegen der Feindschaft mit Irland spekulieren sie dabei auf Tristans Tod. Tristan lässt sich gegen Markes Willen darauf ein. Vor der Küste Dublins gibt er sich als gestrandeter Kaufmann aus. Sein Ziel ist es aber, einen Drachen zu töten, denn als Lohn dafür ist die schöne Isold ausgesetzt. Er tötet das Ungeheuer tatsächlich; zum Beweis schneidet er ihm die Zunge heraus. Dieser Zunge entströmen giftige Dämpfe, die ihn fast töten, als er sich, vom Kampf ermattet, hinsetzt.

„Gedenkt man derer im Guten nicht, / von denen den Menschen Gutes geschieht, / so wäre es alles so viel wie nichts, / was Gutes unter Menschen geschieht.“ (S. 119)

Unterdessen entdeckt der Hofverwalter des Königs, der schon lange in Isold verliebt ist, den toten Drachen und behauptet, er sei der Bezwinger. Dafür schneidet er dem Tier den Kopf ab. Isold hasst diesen Hofverwalter. Ihre Mutter sieht im Traum, wie es sich wirklich zugetragen hat. Mutter und Tochter suchen den fremden Drachentöter, und die junge Isold findet ihn. Die Königin flößt ihm ein Heilmittel ein, er erholt sich, und sie erkennen Tantris in ihm. Tristan sagt, er habe den Drachen erschlagen, um als Kaufmann Schutz und Gunst der Iren zu erwerben. Die Königin garantiert ihm diesen Schutz lebenslang. Tristan entlarvt den Hofverwalter als Betrüger. Er selbst wiederum wird von Isold entlarvt: Sie entdeckt eine Scharte an Tantris’ Schwert, holt einen Splitter herbei, und er passt: Damit weiß sie, dass ihr Onkel Morold mit diesem Schwert erschlagen wurde. Nun fällt ihr auch die Ähnlichkeit der Namen Tristan und Tantris auf. Sie findet Tristan im Bad und hebt das Schwert; nur ihre Mutter, die gerade hereinkommt, verhindert, dass sie ihn tötet. Auch sie fühlt sich betrogen, aber sie hält ihr Versprechen, sein Leben zu schützen. Bald darauf gelingt es Tristan, das Heiratsgesuch für seinen Onkel zu überbringen. Der König und die Königin nehmen es an.

Der Liebestrank und die Hochzeit

Königin Isold mischt einen Liebestrank, der diejenigen, die ihn trinken, in unentrinnbarer Liebe aneinanderschmiedet. Isold soll ihn in ihrer Hochzeitsnacht zusammen mit Marke trinken, dafür soll Brangäne sorgen, die Nichte der Königin. Auf dem Schiff nach Cornwall ist Isold sehr niedergeschlagen, weil sie in die Fremde fahren muss, um einen Unbekannten zu heiraten. Tristan möchte sie trösten, aber sie hasst ihn noch immer für den Mord an ihrem Onkel. Als Tristan einmal in Isolds Kabine ist, gibt ein Hoffräulein den beiden vermeintlich Wein zu trinken – in Wirklichkeit ist es der Liebestrank. Kurz darauf kommt Brangäne herein und begreift, was geschehen ist. Isolds Hass ist augenblicklich erloschen, sie und Tristan verfallen einander. Tristan hindert zwar seine Treue gegenüber Marke, und er versucht wie Isold, gegen seine Gefühle anzukämpfen – doch vergeblich. Schließlich gestehen sie sich ihre Liebe erst durch Blicke, dann durch Worte. Brangäne gewährt ihnen schweren Herzens auch die Gelegenheiten zur Liebe in ihrer Kabine.

„Ich denke an Menschen anderer Art, / an solche, die beieinander im Herzen tragen / süße Bitternis und freudiges Leid, / Herzensfreude und Liebesqual, / frohes Leben und quälenden Tod, / frohen Tod und quälendes Leben (...)“ (S. 13 f.)

Getrübt wird das Liebesglück auf dem Schiff nur durch das, was kommen wird: Isold muss einen ungeliebten Mann heiraten und ist zudem keine Jungfrau mehr. Sie bittet deshalb die noch unberührte Brangäne, die ersten Stunden der Hochzeitsnacht mit Marke zu verbringen; Brangäne, die sich schuldig für die tragische Liebe fühlt, willigt ein. Der Trick funktioniert: Marke schläft statt mit Isold mit Brangäne und bemerkt nichts.

Die Intrigen Marjodos und Melots

Nach der Hochzeit können Tristan und Isold ihre Liebe zunächst ungehindert weiterleben, denn niemand ahnt etwas von ihrem Geheimnis. Doch sie bleiben nicht lange von Intrigen verschont: Der Hofverwalter Marjodo, heimlich in Isold verliebt, folgt eines Nachts Tristans Fußspuren im Schnee, die ihn direkt zum Liebeslager der beiden führen. Er sagt dem König, dass Gerüchte über Isold und Tristan in Umlauf seien. Von da an ist es mit Markes Seelenfrieden vorbei. Er stellt seiner Frau Fangfragen. Mit ihren Antworten macht sie sich zunächst verdächtig, sie kann sich aber, taktisch unterstützt durch Brangäne, wieder herausreden. So schwankt Marke zwischen Verdacht und Vertrauen. Die Liebenden erfahren von den Gerüchten und haben kaum noch Gelegenheit, sich allein zu sehen. Brangäne hilft ihnen, es trotzdem möglich zu machen, doch dann kommt Melot, Marjodos Helfer, hinter die heimlichen Verabredungen. Zusammen mit dem König klettert er kurz vor einem arrangierten Treffen auf einen Baum, unter dem sich die Liebenden jeweils treffen. Doch Tristan und Isold bemerken die Schatten der beiden und gehen nicht in die Falle, sie spielen ihnen eine unverfängliche Szene vor. Wieder einmal ist Marke von seinem Zweifel befreit, er spricht Isold und Tristan sein Vertrauen aus.

Das Gottesgericht

Bald gelingt es Marjodo und Melot erneut, beim König Zweifel zu wecken. Marke findet Indizien, aber keine Beweise. Weil die nicht abreißenden Gerüchte seine Ehre im ganzen Land bedrohen, beruft er seine Landesherren zu einer Versammlung ein. Isold soll zu den Vorwürfen Stellung nehmen und in einem Gottesgericht eine Probe mit einem glühenden Eisen bestehen. Isold bittet Tristan, am Tag der Versammlung zur Stelle zu sein. Er erscheint als Pilger verkleidet, und Isold befiehlt, dass er sie vom Schiff an Land tragen soll. Sie weist ihn an, dort einen Sturz zu inszenieren. Dabei kommt sie kurz wie aus Versehen in seinen Armen zu liegen. Vor Gericht schwört sie dann unter Eid vor Marke, dass niemals ein anderer in ihren Armen gelegen habe als er, Marke, ausgenommen der arme Pilger. Anschließend besteht sie die Probe mit dem glühenden Eisen: Sie hält es in der Hand, ohne sich zu verbrennen. Wieder sind die Markes Zweifel ausgeräumt.

Die Liebesgrotte und der Abschied

Doch Markes Verdacht flammt erneut auf, und schließlich sieht er an Tristans und Isolds Blicken, dass sie sich lieben. Er verbannt die beiden von seinem Hof. Er erkennt, dass nichts sie auseinanderbringen kann, und will ihnen nicht länger im Weg stehen, aber auch nicht länger die Ehrverletzung dulden. Das Paar reitet zu einer Höhle im Wald, die Tristan einst auf der Jagd entdeckt hat: eine prächtige Grotte für die Liebenden, in der Mitte steht ein Bett aus Kristall. In dieser einsamen Idylle verbringen die beiden ihre schönste Zeit. Marke aber vermisst seine schöne Frau. Auf der Jagd entdeckt er zufällig die Grotte: Von oben sieht er durch eine Öffnung Isold und Tristan schlafend auf dem Kristallbett, aber mit Abstand und einem Schwert zwischen sich – die beiden haben sich so hingelegt, weil sie gewarnt worden sind. Der leidende Marke möchte ihnen das gern als Keuschheit auslegen. Er will Isold zurückhaben, lässt nach den beiden schicken und versichert ihnen, keinen Groll gegen sie zu hegen. Sie kommen zurück an seinen Hof, um Gott und ihrer Ehre willen. Nun sind sie wieder von Aufpassern umstellt. Schließlich lässt Isold in ihrem Baumgarten ein Bett herrichten und bittet Tristan trotz größter Gefahr dorthin. Der König findet sie prompt, erstmals eindeutig ineinander verschlungen. Er will Zeugen holen, damit die Ehebrecher gerichtlich verurteilt werden können. Doch Tristan hat den König bemerkt. Bevor er flieht, nehmen Tristan und Isold Abschied und schwören einander ewige Treue.

Isold mit den weißen Händen

Tristan nimmt das erstbeste Schiff und sucht in Deutschland Ablenkung in ritterlichen Heldentaten. Dann erfährt er von einem Krieg im Herzogtum Arundel und hilft auch dort, um seinen Liebesschmerz besser zu ertragen. Es gelingt ihm, den Krieg mithilfe seiner parmenischen Armee zu beenden. Der Herzog hat eine Tochter mit Namen Isold – Isold mit den weißen Händen. Sie verliebt sich in ihn, und auch er fühlt sich von ihr angezogen. Einerseits lenkt ihn das von seinem großen Schmerz ab, andererseits erinnert ihn diese Isold aber an seine wahre Liebe. So schwankt er verwirrt zwischen Hin- und Abwendung. Er fragt sich, ob er seinem Schmerz mit einer neuen Liebe begegnen darf und tendiert schließlich zu einem Ja.

Zum Text

Aufbau und Stil

Das 19 548 Verse umfassende Epos Tristan und Isold ist ein Fragment: Es bricht kurz vor Tristans Heirat mit Isold Weißhand ab; die weitere Entwicklung und der zuvor mehrfach angedeutete Tod der Hauptfiguren werden nicht mehr geschildert. Für ein mittelhochdeutsches Werk ist das Epos außergewöhnlich stark durchgeformt: Zahlreiche Wortpaare, -spiele und -neuschöpfungen sorgen zusammen mit klanglichen Mitteln wie Alliterationen sowie einer raffinierten Verskunst für einen geradezu musikalischen Stil. Gottfried benutzt viele Sprachbilder, die das Geschehen zugleich poetischer und plastischer machen und subtile Verbindungen zwischen einzelnen Handlungsepisoden schaffen. Eine zentrale Position kommt dem Erzähler zu: Er kommentiert das Geschehen, bisweilen sogar ironisch, er macht Vorausdeutungen und leistet sich abschweifende Betrachtungen zu bestimmten Themen, im berühmten „Literaturexkurs“ etwa zu den Dichtern seiner Zeit. Er deutet eigene Erfahrungen, auch in Liebesdingen, an und thematisiert seinen Schreibprozess, wobei etwa seine Schreibhemmungen angesichts berühmter Vorgänger zur Sprache kommen.

Interpretationsansätze

  • Zentral an der Liebesauffassung in Tristan und Isold ist die Koexistenz von Glück und Leid: Auf Phasen reinen Glücks folgen solche der Qual. Für Tristan und Isold ist diese Qual lebensbedrohlich. Der Tod als die dunkle Seite der Liebe ist schon bei Tristans Eltern angelegt.
  • Die absolute Liebe von Tristan und Isold hat religiöse Anklänge: Durch die Verewigung in der Dichtung soll das Paar vom Tod auferstehen; der Akt des Lesens wird mit dem Abendmahl gleichgesetzt („Ihr Leben, ihr Tod sind unser Brot“); und die Liebesgrotte erinnert an eine christliche Kathedrale.
  • Die leidenschaftliche, ehebrecherische Liebe von Tristan und Isold fordert das Recht auf individuelles Glück gegen die Normen der Gemeinschaft. Allerdings leiden Tristan und Isold unter dem Verlust ihres gesellschaftlichen Ansehens: Deshalb kehren sie aus dem einsamen Idyll der Liebesgrotte an Markes Hof zurück.
  • Im Handlungsverlauf spielt der Zufall eine bedeutende Rolle – ein Zufall, der sorgfältig Regie führt, um die Liebenden zu vereinen. Der Unterschied zwischen Zufall und Bestimmung ist ohnehin schwer auszumachen, denn nach der mittelalterlichen Fortuna-Auffassung billigt Gott die Wechselhaftigkeit des Weltenlaufs aus heilspädagogischen Gründen.
  • Die List ist ein zentrales strategisches Mittel im Roman und Bestandteil zahlloser Episoden. Sie wird in den meisten Fällen durch den Erzähler legitimiert und nimmt sozusagen das Recht der Klügeren für Tristan und Isold in Anspruch. Höhepunkt ist das durch Isold manipulierte Gottesurteil – hier trägt sogar Gott die List mit.
  • Die Hofgesellschaft ist die zentrale gesellschaftliche und kulturelle Sphäre des Romans. Markes Königshof erscheint zunächst sowohl für Tristan als auch schon für seinen Vater als Idealgesellschaft, dann aber sind fast alle Funktionsträger des Hofes Negativfiguren. Ob Gottfried damit nun menschliche Korrumpierbarkeit oder Schwächen des Systems aufzeigen will: Jedenfalls wirft er ein kritisches Licht auf das Leben bei Hofe.

Historischer Hintergrund

Ritter im Hochmittelalter

Ende des zwölften, Anfang des 13. Jahrhunderts wandelte sich das Bild des Ritters innerhalb der feudalen Ständegesellschaft. Waren die adligen, berittenen Krieger im Frühmittelalter noch in erster Linie auf eigene territoriale Vorteile und private Fehden aus, gestaltete sich ihre Rolle nach den Geboten des Landfriedens im elften Jahrhundert und vor allem nach den Erlebnissen der ersten Kreuzzüge im zwölften Jahrhundert grundlegend anders. Der neue ideale Ritter war ein Bewahrer des Christentums, ein Beschützer der Pilger, ein gereister, gebildeter Kämpfer und loyaler Streiter für seinen Herrn. Er kämpfte nicht mehr im Eigeninteresse, sondern vertrat höhere, christlich motivierte und gerechte Ziele. Auch war der Ritterstand kein Geburtsprivileg des Adels mehr: Unfreie und ehemalige Hofbedienstete hatten die Möglichkeit, sich mit besonderen Leistungen die rituelle Aufnahme in den Ritterstand zu verdienen.

Das vormalige Kräftemessen in Stammesfehden wurde in Friedenszeiten durch Kampfspiele ersetzt. Die zunehmende Gewaltenteilung von Klerus und Adel nach dem Investiturstreit und dem Wormser Konkordat 1122 sorgte dafür, dass der Ritterstand gleichzeitig zwei Herren diente: der Kirche und einem Fürsten. Im Spannungsfeld der unterschiedlichen Loyalitäten entwickelte sich das Rittertum zu einer gesellschaftlichen Gruppe mit eigener Ethik und eigener Kultur. Mit der zunehmenden Idealisierung durch Literatur und Liedgut wurde das ritterliche Ethos zum Leitbild des höfischen Lebens. Eine Renaissance antiker Autoren bei den hochmittelalterlichen Dichtern sorgte zudem für den Einfluss griechischer Heldensagen auf das überlieferte Bild des Ritters. Der Begriff „ritterlich“ wurde zum Synonym für tugendhaft.

Entstehung

Literatur im Hochmittealter erhob keinen Anspruch auf Innovation. Es ging nicht um die Erzählung einer nie zuvor gehörten Geschichte, sondern um die Gestaltung eines bereits bekannten, tradierten Stoffs. Diese Stoffe waren zumeist mündlich und in Liedern überliefert, oftmals auch als ältere Textversion vorhanden. Der Tristan-Stoff war dem zeitgenössischen Publikum in unterschiedlichen Fassungen geläufig. Hauptquelle für Gottfrieds Bearbeitung war eine Tristan-Fassung Thomas von Britanniens, die der Autor selbst im Prolog nennt. Die ältesten Vorstufen der Geschichte gehen vermutlich auf keltisch-irische Erzählungen zurück, deren zumeist grobschlächtige Details Thomas von Britannien bereits höfisch verfeinert hatte. Das zentrale Bild des Grottenidylls findet sich sehr ähnlich auch in älteren französischen Texten, einzelne Motive lassen sich auch in älteren persischen Texten verorten.

Die Vielzahl der Einflüsse aus den unterschiedlichsten Sprachen und Kulturkreisen sowie deren offensichtliche Berücksichtigung in Gottfrieds Fassung lassen auf einen umfangreichen Bildungshintergrund des Autors schließen. Sein Tristan und Isold war wahrscheinlich eine Auftragsarbeit für einen Fürsten: Die Anfangsbuchstaben einiger Strophen im Prolog bilden den Namen Dieterich. Der Entstehungszeitraum kann nur indirekt erschlossen werden. In einem literaturgeschichtlichen Exkurs nennt Gottfried lebende und bereits verstorbene Autoren. Hieraus und aus einem Vergleich mit anderen Texten der Epoche schließt man darauf, dass das Werk um 1210 entstanden ist. Gottfrieds Tristan und Isold ist ein Fragment. In Thomas’ Vorlage wird die Geschichte zu Ende erzählt: Die beiden Liebenden wollen zwar nochmals zusammenkommen, aber Tristan stirbt vor Isoldes Eintreffen. Wahrscheinlich ist, dass Gottfried starb, bevor er seine Version entsprechend vollenden konnte.

Gottfrieds Tristan und Isold ist in mehrfacher Hinsicht eine besondere Fassung des Stoffs. Trotz der engen Orientierung an den Vorlagen ist sein Text stilistisch und streckenweise auch inhaltlich neu. Zahlreiche Exkurse, erzähltheoretische Anmerkungen und seine Einlassungen zur zeitgenössischen Literatur markieren einen hohen Grad an Selbstreflexion, der sich in früheren mittelalterlichen Texten nicht findet.

Wirkungsgeschichte

Gottfrieds Fragment wurde von anderen zu Ende gedichtet. Die bekanntesten Fortsetzer, Ulrich von Türheim und Heinrich von Freiberg, konnten Gottfried stilistisch nicht folgen, sie brachten die Geschichte aber jeweils zu ihrem Ende, dem unausweichlichen Liebestod der Protagonisten. Bis Anfang des 15. Jahrhunderts war Gottfrieds Versepos vermutlich die einflussreichste Tristan-Version im deutschsprachigen Raum. Seine bewunderte Stilistik wurde vielfach kopiert. Ende des 18. Jahrhunderts wurde das Werk wiederentdeckt und ins Neuhochdeutsche übersetzt, z. B. durch Hermann Kurz 1844. Diese Übertragung war eine wichtige Quelle für Richard Wagners Oper Tristan und Isolde. Wagner folgte Gottfrieds inhaltlichem Schwerpunkt, den inneren Zerwürfnissen der Protagonisten, weniger dem detaillierten Handlungsablauf. Durch die erfolgreiche Oper erlangte der Tristan-Stoff insgesamt ein neues Interesse. Es reicht von den Tristan-Bildern, die Ludwig II. für Schloss Neuschwanstein malen ließ, über Günter de Bruyns Nacherzählung Tristan und Isolde (1975) bis hin zu musikalischen Verarbeitungen in der Heavy-Metal-Szene.

Über den Autor

Gottfried von Straßburg gilt als einer der bedeutendsten Dichter des Mittelalters. Er lebte um die Wende vom zwölften zum 13. Jahrhundert. Über ihn als historische Person weiß man nur, was von seinem Werk und dessen Wirkung abzuleiten ist, und das einzige Werk, das man ihm definitiv zuschreiben kann, ist das Fragment Tristan und Isold. Sicher ist, dass Gottfried hervorragende Bildung genießt, möglicherweise wird er als Geistlicher ausgebildet. Seine soziale Stellung ist aber unklar – adlig ist er nicht, weil die Zeitgenossen seinem Namen keinen Adelstitel vorausschicken; Ritter wohl auch nicht, weil ihm kein Wappen zugewiesen ist. Er ist am ehesten in den intellektuellen Patrizierkreisen der Stadt Straßburg zu verorten; vielleicht steht er als Kleriker im Dienst des Straßburger Hofes. An einigen Stellen in Tristan und Isold scheint hinter dem Erzähler der Autor selbst aus der Deckung zu treten und eigene Liebeserfahrungen anzudeuten. Selbst Gottfrieds Tod kann man nur ungefähr datieren, auf 1210 Gottfried war ein Zeitgenosse von Walther von der Vogelweide, Wolfram von Eschenbach und Hartmann von Aue.

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