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Winnetou I

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Winnetou I

Karl-May-Verlag,

15 Minuten Lesezeit
10 Take-aways
Text verfügbar

Was ist drin?

Der Zauber ist bis heute nicht verflogen: Karl Mays berühmter Wildwestroman.


Literatur­klassiker

  • Abenteuerroman
  • Moderne

Worum es geht

Ewige Indianerfreundschaft

Wenige Romanfiguren haben es zu ähnlicher Berühmtheit gebracht wie Karl Mays Winnetou. Seit der Erstveröffentlichung des Romans prägt der Häuptling der Apachen mit seinem edlen Charakter das Indianerbild der meist jugendlichen Leserschaft. Die Fantasiewelt der Karl-May-Romane ist verlockend: Das Böse ist hier noch richtig hundsgemein, kann es aber selbstverständlich nie mit den Helden Winnetou und Old Shatterhand aufnehmen, die in wunderbarer Freundschaft verbunden sind. Karl May behauptete, höchstpersönlich als Old Shatterhand an der Seite Winnetous durch den Wilden Westen geritten zu sein, und obwohl er Deutschland zur Zeit der Niederschrift noch kein einziges Mal verlassen hatte, glaubte er zeitweise wohl selbst daran. Die Faszination der Geschichte hat sich bis heute erhalten. Es ist noch immer ein großes Leseabenteuer, mitzuerleben, wie sich das deutsche Greenhorn an der Seite seines indianischen Freundes durch die amerikanische Steppe schießt und prügelt und dabei stets die abendländisch-christlichen Werte hochhält.

Take-aways

  • Winnetou ist das berühmteste Werk des Abenteuerschriftstellers Karl May.
  • Inhalt: Der Deutsche Karl reist erstmals in den amerikanischen Westen und wird wegen seiner Heldentaten dort bald Old Shatterhand genannt. Er freundet sich mit dem Apachenhäuptling Winnetou an und wird in den Stamm aufgenommen. Als der Bandit Santer aus Goldgier Winnetous Schwester und Vater erschießt, machen sich die beiden Freunde und Blutsbrüder an die Verfolgung des Mörders.
  • Der Roman ist eine Mischung aus fantasievoller Abenteuergeschichte und detailreichem Reisebericht.
  • Die literarische Qualität kann nicht allzu hoch veranschlagt werden. Der Text ist ein Vergnügen für Leser, die sich auf seine Naivität einlassen können.
  • Winnetou übernimmt im Romanverlauf christliche Werte, während Old Shatterhand sich der indianischen Lebensweise annähert.
  • Karl May war zum Zeitpunkt der Niederschrift selbst noch nie in die USA gereist.
  • Der Autor behauptete vor seinem Publikum, mit seiner Erzählerfigur Old Shatterhand identisch zu sein.
  • Die Darstellung des edlen Apachenhäuptlings Winnetou prägte das Indianerbild der deutschen Leser wesentlich.
  • Mays Bücher wurden in mehr als 40 Sprachen übersetzt; viele wurden verfilmt.
  • Zitat: „Ihr werdet nicht nur Brüder, sondern ein einziger Mann und Krieger mit zwei Körpern sein. Howgh!“

Zusammenfassung

Ein Greenhorn im Wilden Westen

Nach dem Abschluss seines Studiums fährt der Deutsche Karl erstmals in die Vereinigten Staaten von Amerika. Auf dem Weg von der Ostküste in Richtung Westen kommt er als Hauslehrer bei einer deutschen Familie in St. Louis unter. Er lernt den alten Büchsenmacher Mr. Henry kennen und wird von ihm damit aufgezogen, dass er ein Greenhorn sei: ein unerfahrener Jüngling, der im Wilden Westen noch nichts tauge. Mr. Henry fühlt sich von Karl an seinen verstorbenen Sohn erinnert. Nachdem sich bei einem Probeschießen herausstellt, dass Karl ein talentierter Schütze ist, vermacht ihm Henry sein bestes Gewehr: den Bärentöter. Bei einer weiteren Probe zähmt Karl, der auch ein hervorragender Reiter ist, einen wilden Rotschimmel. Mr. Henry vermittelt ihm daraufhin einen spannenden Job: Als Feldvermesser soll er den möglichen Verlauf der Eisenbahn durch das Indianergebiet erforschen.

„Immer fällt mir, wenn ich an den Indianer denke, der Türke ein.“ (S. 5)

Das Greenhorn bricht auf, in Begleitung eines komischen Kauzes namens Sam Hawkens. Der kleine Mann macht einen drolligen Eindruck, zumal er von einem Indianer skalpiert worden ist und seitdem eine Perücke trägt. Ihm eilt allerdings der Ruf eines erfahrenen „Westmanns“ voraus. Außerdem mit von der Partie sind die Freunde Dick Stone und Will Parker. Die übrigen Männer, die am Flussbett des Canadian River den Schienenverlauf vermessen sollen, sind leider allesamt Trunkenbolde und Taugenichtse. Seinem fleißigen deutschen Naturell entsprechend übernimmt Karl fast die ganze Arbeit allein und beschwert sich nicht. Doch eines Tages versuchen die Trunkenbolde ihn anzuschwärzen und erzählen dem Ingenieur eines benachbarten Camps, Karl sei schuld an dem langsamen Fortschritt der Vermessungen. Das ist zu viel für Karl: Er schlägt den lautesten und stärksten seiner Kollegen, Rattler, mit einem einzigen Schlag nieder. Unter den Männern wird er daraufhin Old Shatterhand genannt.

Mord an Klekih-petra

Mit Sam Hawkens trainiert Old Shatterhand seine Fähigkeiten als Westmann. Sie widmen sich dem Fährtenlesen und entdecken die Spur eines Indianers, die erst zwei Tage alt ist. Bei der Büffeljagd erlegt Shatterhand mit zwei gezielten Schüssen den größten Bullen der ganzen Herde. Bei der Mustangjagd entdeckt er ein Maultier in der Herde. Während Sam Hawkins aus dem Sattel gerissen wird, als er versucht, das wilde Tier zu fangen, ist Shatterhand erfolgreich und reitet es anschließend sogar noch zu. Am nächsten Morgen schließlich besteht er die schwierigste Westmannsprobe überhaupt: Er tötet einen riesigen Grizzlybären, und zwar nur mit einem Messer und zwei Revolvern bewaffnet. Als es um das Fleisch des Tieres geht, kommt es wieder zu einem Streit mit Rattler. Die Auseinandersetzung wird jedoch unterbrochen, als ein seltsames, buckliges Männchen auftaucht: Klekih-petra.

„Aber er soll nur körperlich gestorben sein und hier in diesen Blättern fortleben, wie er in meiner Seele lebt, er, Winnetou, der große Häuptling der Apatschen.“ (S. 9)

Der Mann ist ursprünglich Deutscher, lebt aber bei den Apachen vom Stamm der Mescaleros. Für die von der Vernichtung bedrohten Indianer fungiert Klekih-petra als Lehrer, der zwischen der abendländischen und der indianischen Kultur zu vermitteln versucht. In seiner Begleitung befinden sich der Häuptling des Stamms, Intschu tschuna, und dessen Sohn Winnetou. Die Indianer sind nicht damit einverstanden, dass die Eisenbahnstrecke über ihr Land verlegt werden soll, und fordern den sofortigen Abzug der Weißen. Statt darauf einzugehen, erschießt Rattler im Suff Klekih-petra. Sterbend nimmt dieser Shatterhand das Versprechen ab, er möge sich künftig um Winnetou kümmern.

Ein Hinterhalt für die Apachen

Intschu tschuna und Winnetou sind wortlos davongeritten, den Landvermessern ist jedoch klar, dass sie wiederkommen und sich rächen werden. Sam Hawkens und Shatterhand beschließen, die Lage auszukundschaften, während die restlichen Männer den Auftrag haben, so schnell wie möglich weiterzuarbeiten. An der Spur der Indianer ist zu erkennen, dass Winnetou eilig losgeritten ist, um Verstärkung zu holen. Der Angriff der Apachen steht also bald bevor.

„Man sollte Euch wahrhaftig Shatterhand nennen, weil Ihr einen baumlangen und baumstarken Menschen mit einem einzigen Fausthieb niederschmettert.“ (ein Ingenieur, S. 49)

Auf dem Rückweg treffen Hawkens und Shatterhand auf ein Grüppchen von Kiowa-Indianern. Wie sich herausstellt, steht ihr Stamm mit den Apachen im Krieg. Die Motive der Kiowas sind allerdings wenig edel: Sie wollen Pferde stehlen. Sam Hawkens schlägt vor, gemeinsame Sache zu machen: Intschu tschuna und Winnetou sollen gefangen genommen werden, wenn sie das Lager der Landvermesser stürmen. Die Kiowas stimmen zu. Shatterhand ist alles andere als begeistert von dem Plan, lässt sich dann jedoch von Hawkens beruhigen: Sie werden die beiden Apachen später wieder aus der Hand der Kiowas befreien.

Winnetous Befreiung

Am Abend zünden Sam Hawkens und die restlichen Männer ein Lagerfeuer an, das weit über die Savanne hinaus sichtbar ist und die Apachen anlocken soll. Als das Feuer fast erloschen ist, schleichen sich die Männer in die Dunkelheit davon. Die Apachen fallen in das verlassene Lager ein und werden von den bereitstehenden Kiowas gefangen genommen. Old Shatterhand und Sam Hawkens geben dabei acht, dass Winnetou und sein Vater nicht verletzt werden. Nach dem Kampf werden die Apachen an die Bäume neben dem Lager gebunden, wo Old Shatterhand sie heimlich befreit: Er schleicht sich unbemerkt von hinten an, durchtrennt die Fesseln und schneidet zudem eine von Winnetous Haarsträhnen ab, um später beweisen zu können, dass er der Retter gewesen ist.

„Wie lange wird es dauern, so gibt es keinen Büffel und dann nach kurzer Zeit auch keinen Indianer mehr! Gott sei’s geklagt!“ (Sam Hawkens, S. 56)

Nachdem die beiden Häuptlinge entkommen sind, ist die Stimmung bei den Kiowas nicht sonderlich gut. Die restlichen gefangenen Apachen sollen zum Entsetzen von Hawkens und Shatterhand umgebracht werden, weshalb Letzterer sich auf einen Deal einlässt: Er soll gegen einen der Kiowas im Messerkampf auf Leben und Tod antreten. Überlebt er, so sind die Apachen frei. Shatterhand sticht seinen hünenhaften Gegner im ersten Versuch nieder – kurz darauf wird das Lager von den Apachen überfallen.

Am Marterpfahl der Apachen

Im Kampfgetümmel trifft Old Shatterhand auf Intschu tschuna. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als den Häuptling niederzuschlagen. Anschließend rettet er den Bewusstlosen vor den Angriffen der Kiowas, wird dann aber von einem Messerstich Winnetous schwer verletzt. Er fällt in ein Wundfieber und wacht erst drei Wochen später im Dorf der Apachen wieder auf. Auch die anderen Landvermesser sowie Sam Hawkens sind Gefangene – und sollen gemeinsam mit Rattler wegen des Mordes an Klekih-petra hingerichtet werden.

„Wir betrachteten einander mit einem langen, forschenden Blick und dann glaubte ich zu bemerken, dass in seinem ernsten dunklen Auge, das einen samtartigen Glanz hatte, für einen kurzen Augenblick ein freundliches Licht aufleuchtete, wie ein Gruß, den die Sonne durch eine Wolkenöffnung auf die Erde sendet.“ (über Winnetou, S. 100)

Gepflegt wird Old Shatterhand von Winnetous Schwester Nscho-tschi. Die beiden verstehen sich gut und kommen sich näher. Als Shatterhand genesen ist, wird er mit Sam Hawkens und den anderen an den Marterpfahl gebunden. Dank geschickter Verhandlung kann er einen Wettkampf erwirken: Er soll durch einen Fluss schwimmen und eine Zeder am anderen Ufer erreichen, bevor Intschu tschuna ihn einholt und in der Lage ist, ihn zu erschlagen. Shatterhand wendet eine List an. Er taucht ab, schleicht sich dann unbemerkt zu der Zeder, empfängt den Häuptling dort und schlägt ihn vor aller Augen bewusstlos. Anschließend zeigt er Winnetou die Haarlocke, die er ihm bei seiner Befreiung abgeschnitten hat, und beweist damit, dass er von Anfang an auf der Seite der Apachen gestanden hat.

Christliche Indianer

Old Shatterhand, Sam Hawkens, Dick und Will bekommen als Gäste der Apachen nun eigene Zimmer im Pueblo zugewiesen und dürfen die Friedenspfeife rauchen. Rattler soll für den Mord an Klekih-petra zu Tode gemartert werden, benimmt sich unter der Folter aber dermaßen jämmerlich, dass die Indianer ihn angewidert in den Fluss werfen und ihn erschießen. Old Shatterhand erzählt Winnetou von Klekih-petras letztem Willen: dass er dessen Nachfolger werden und Winnetou die Treue halten solle.

„Ich hatte während der letzten Tage so viel an Winnetou gedacht, dass er mir innerlich immer näher getreten war. Und sonderbar, ich habe später von ihm erfahren, dass er sich damals ebenso oft mit meiner Person beschäftigt hat wie ich mich mit ihm.“ (S. 199)

Bei Klekih-petras Beerdigung, die halb christlichen, halb indianischen Charakter hat, wird Shatterhand daher mit dem Status eines Häuptlings in den Stamm aufgenommen. Winnetou und er schließen Blutsbrüderschaft. Später am Abend unterhalten sich die beiden über das Christentum. Winnetou kann nicht verstehen, warum viele weiße Männer von sich selbst behaupten, sie seien Christen, sich dann aber dem roten Volk gegenüber ganz und gar unchristlich verhalten. Würden die Apachen nicht vorher ausgerottet werden, meint Winnetou, so könnten sie womöglich gute Christen werden.

Die Folgen der Goldgier

Mit Winnetou und dessen Schwester Nscho-tschi trainiert Shatterhand die indianischen Fähigkeiten des Spurenlesens. Dabei belauscht er ein Gespräch der Geschwister: Nscho-tschi hat sich in Shatterhand verliebt und würde gern seine Frau werden. Als dieser aufbricht, um nach St. Louis zurückzukehren, begleiten ihn Intschu tschuna, Winnetou und Nscho-tschi. Sie möchte lernen, was es braucht, um eine gute weiße Ehefrau zu sein.

„Nachher kämpfte ich mit Indianern, Büffeln und Bären, machte Todesritte durch die ausgedörrte Steppe, schwamm monatelang über uferlose Meere – es war im Wundfieber, worin ich lange, lange mit dem Tod rang. Zuweilen sah ich zwei dunkle, samtene Augen vor mir, die Augen Winnetous.“ (S. 266)

Auf dem Weg begegnen ihnen der Cowboy Santer und dessen Männer. Sam erklärt freundlich, um wen es sich bei den beiden stolzen Häuptlingen in seiner Begleitung handelt. Winnetou jedoch hat ein schlechtes Gefühl: Die Indianer wollen später für die Reise etwas Gold aus den Bergen holen, und er fürchtet, dass Santer ihnen dabei auflauern könnte. Das passiert tatsächlich und hat dramatische Folgen: Intschu tschuna und Nscho-tschi werden aus dem Hinterhalt erschossen. Nur mit Mühe kann Shatterhand den zornigen Winnetou von einem Schwur abhalten, durch den es zum großen Krieg zwischen Rot und Weiß gekommen wäre.

Wechselseitiges Auskundschaften

Winnetou bleibt bei den Verstorbenen, während Shatterhand und Hawkens die Verfolgung der Mörder aufnehmen. Die Spur führt ausgerechnet ins Lager der Kiowas. Sam Hawkens ist über den Tod von Winnetous Vater und Schwester so aufgebracht, dass er sich unvorsichtig anschleicht und von den Kiowas gefangen genommen wird. Shatterhand gelingt es nicht, ihn zu befreien. Er kann jedoch ein Gespräch belauschen: Santer und die Indianer wollen zu den Goldbergen reiten; Santer, um sich zu bereichern, die Kiowas, um Winnetou zu töten. In der Absicht, seinen roten Bruder zu warnen, reitet Shatterhand eilig zurück.

„Die Bleichgesichter sind zu allen bösen Taten fähig, aber wenn es gilt, Mut zu zeigen, dann heulen sie vor Angst wie die Hunde, die Schläge bekommen sollen.“ (Intschu tschuna, S. 359)

Gemeinsam mit Winnetou fasst Shatterhand den Plan, die Kiowas in eine enge Schlucht zu locken und sie dort gefangen zu nehmen. Allerdings belauscht Santer dieses Vorhaben und kann die Kiowas warnen – was wiederum von Shatterhand belauscht wird. Die Kiowas ziehen sich zurück und machen sich auf den Weg in ihr Dorf, in das inzwischen auch Sam Hawkens verschleppt worden ist. Winnetou, Shatterhand und die Apachen folgen ihnen.

Auf verschiedenen Pfaden

Die Apachen nähern sich dem Dorf der Kiowas so vorsichtig wie möglich und verstecken sich schließlich auf einer Insel in einem nahe gelegenen Fluss. Winnetou und Old Shatterhand treffen auf zwei Händler, die gerade aus dem Dorf der Indianer kommen. Die beiden Reisenden berichten, wo genau Sam Hawkens gefangen gehalten wird und in welchem Zelt Santer schläft. In der Nacht schwimmen Winnetou und Old Shatterhand bis ans Lager heran und trennen sich dann. Der Apache will den Mörder fangen, Shatterhand seinen Freund Sam befreien. Winnetou wird entdeckt und kann fliehen, worauf Sams Bewachung verschärft wird. Shatterhand fasst einen neuen Plan: Er nimmt Pida, den Sohn des Häuptlings der Kiowas, gefangen, um ihn später gegen Sam einzutauschen.

„Ihr werdet nicht nur Brüder, sondern ein einziger Mann und Krieger mit zwei Körpern sein. Howgh!“ (Intschu tschuna zu Winnetou und Old Shatterhand, S. 361)

Als Winnetou und Shatterhand den Häuptlingssohn zum Versteck auf der Insel bringen wollen, werden sie von Santer überrascht. Der Schurke kommt zufällig in einem Kanu vorbeigepaddelt. Winnetou schwimmt sofort in seine Richtung, erwischt ihn jedoch nicht. Dann gehen die Freunde getrennte Wege: Winnetou will mit den Apachen dem Mörder seines Vaters und seiner Schwester nachreiten, während Old Shatterhand, Dick Stone und Will Parker vor Ort bleiben, um Sam aus den Händen der Kiowas zu befreien.

„Wenn uns die Christen nicht verdrängten und ausrotteten, würden wir sie für gute Menschen und auch ihre Lehre für gut halten.“ (Winnetou, S. 373)

Shatterhand wagt sich persönlich in das Lager der Indianer und erzwingt einen Tausch: Sam Hawkens gegen den Häuptlingssohn Pida. Anschließend geben die Westmänner ihren Pferden die Sporen. Die Kiowas werden sich an ihre Verfolgung machen – und Sam Hawkens hat überhaupt keine Lust, sich noch einmal gefangen nehmen zu lassen.

Zum Text

Aufbau und Stil

Old Shatterhand versichert als Ich-Erzähler der Geschichte immer wieder, dass alles genauso passiert sei wie von ihm beschrieben. Dem Buch vorangestellt ist zudem ein Vorwort von Karl May, in dem dieser behauptet, selbst im Wilden Westen gewesen zu sein und Freundschaft mit Winnetou geschlossen zu haben. Ganz bewusst wird dem Leser der Eindruck vermittelt, dass Karl May und Old Shatterhand – der mit Vornamen ja ebenfalls Karl heißt – identisch sind. Damit wird die Glaubwürdigkeit der Geschichte erhöht. Ebenfalls zur realistischen Atmosphäre trägt das eigentümliche Vokabular der Westmänner und Indianer bei: Kaum ein Dialog, in dem nicht jemand „Uff!“, „Bounce!“, „Howgh!“ oder „Pshaw!“ ausruft. Der Roman entwickelt so seinen ganz eigenen Witz und eine drollige Coolness, die von Generationen junger Leser beim nachmittäglichen Indianerspiel problemlos imitiert werden konnte. Allerdings scheint auch der Aufbau des Romans zuweilen dieser Bubenmentalität entsprungen: Über weite Strecken der Geschichte kriechen die Helden und Bösewichte aufgeregt im Präriegebüsch hin und her, um sich gegenseitig zu belauschen. Winnetou ist vor allem dann ein Lesevergnügen, wenn man sich auf die Naivität des Textes einlassen kann.

Interpretationsansätze

  • Winnetou ist eine Lichtgestalt, die das Beste zweier Kulturen in sich vereinen soll. Als Indianer hat er sich seine Naturverbundenheit und Geschicklichkeit, seine körperliche Stärke und Schönheit erhalten. Die Wildheit und Brutalität anderer Indianer jedoch hat er abgelegt und vertritt stattdessen christlich-abendländische Ideale: Gerechtigkeit, Menschlichkeit, Wahrheit.
  • Winnetou und Old Shatterhand verschmelzen zu einer einzigen Persönlichkeit. So wie der Indianer „weiße“ Charaktereigenschaften annimmt, verliert der Landvermesser seine rein europäische Identität: Old Shatterhand trägt bald die Kleider eines Indianers und handelt stets im Sinne der Apachen. Als sie Blutsbrüder werden, verschmelzen die beiden zu „einer Seele“ und verstehen sich sogar wortlos.
  • Die Beziehung zwischen Winnetou und Shatterhand wirkt latent homoerotisch. Immer wieder ist von Liebe die Rede, die beiden küssen und umarmen sich, Old Shatterhand ist begeistert vom langen Haar seines Freundes. Für das andere Geschlecht hingegen interessieren sich die beiden Männer nur wenig.
  • Auffallend ist die narzisstische Selbstinszenierung des Autors. Karl May deutet an, selbst als Shatterhand gelebt zu haben. Diesen beschreibt er als schlausten, schnellsten, mutigsten und stärksten aller Westmänner, der zudem binnen kürzester Zeit den Rang eines Häuptlings erlangt.
  • Karl May macht den Verlust der christlichen Werte für die Ausrottung der Indianerstämme verantwortlich. Die Ideale, die für Winnetou und Old Shatterhand so wichtig sind, zählen für die anderen weißen Männer im Wilden Westen nicht. Die Siedler sind stattdessen getrieben von Gier und Mordlust, denen am Ende Mensch, Tier und Landschaft zum Opfer fallen.
  • Trotz der ideologisch strengen Aufteilung in Gut und Böse, bietet der Wilde Westen im Roman genügend Platz für seltsame Freidenker und anarchistische Gestalten. Klekih-petra etwa hat sich als politischer Revolutionär in Europa betätigt, um später als Weißer bei den Apachen zu leben. Sam Hawkens trägt eine Perücke und einen langen Mantel und ist eher ein schrulliges Hexenweibchen als ein kraftstrotzender Macho-Cowboy.

Historischer Hintergrund

Das Ende der Indianer

Mitte des 19. Jahrhunderts hatten sich an der amerikanischen Ostküste so viele europäische Emigranten angesiedelt, dass es im Land der Freiheit allmählich eng wurde. Es gab nicht genug Arbeit in den neu gegründeten Städten, und auf dem Land waren die Grundstückspreise für die einfachen Farmer kaum noch erschwinglich. Als 1848 in Kalifornien Gold gefunden wurde, setzte eine erste große Wanderbewegung in den Westen ein. Am 20. Mai 1862 unterzeichnete Präsident Abraham Lincoln den „Homestead Act“, der jeder Person über 21 Jahre erlaubte, sich auf einem bis dahin unbesiedelten Stück Land niederzulassen. Nach fünf Jahren sollte das Land dann automatisch in den Besitz seiner Bewohner übergehen. Tausende Farmer und Rancher machten sich auf den Weg, um in den westlichen Staaten ein neues Leben zu beginnen. Bis 1910 war die Landnahme in den USA aufgrund dieses Gesetzes im Wesentlichen abgeschlossen.

Für die amerikanischen Ureinwohner war diese Entwicklung eine Katastrophe. Zum einen hatten die europäischen Siedler bereits im 16. Jahrhundert neue Infektionskrankheiten eingeschleppt, gegen die die indianische Bevölkerung keine natürliche Abwehr besaß, sodass ein regelrechtes Massensterben einsetzte. Zum anderen war das Land nicht, wie es der Homestead Act formulierte, „unbesiedelt“ gewesen: Stattdessen vertrieben die weißen Einwanderer die ursprüngliche Bevölkerung systematisch. Viele Indianer kamen bei den Umsiedlungsaktionen ums Leben, Tausende wurden in den so genannten Indianerkriegen ermordet. Als Ende und Höhepunkt der Verbrechen gegen die amerikanischen Ureinwohner wird oftmals das Massaker von Wounded Knee genannt, bei dem die US-Armee im Dezember 1890 zwischen 200 und 300 unbewaffnete Lakota-Indianer umbrachte.

Entstehung

Als gescheiterter Hauslehrer geriet Karl May auf die schiefe Bahn, dies aber immerhin auf sehr fantasievolle Art und Weise: Er zog ab 1864 als Landstreicher umher und gab sich wahlweise als Dr. med. Heilig, Seminarlehrer Lohse oder Hermes Kupferstecher aus. May erschlich sich das Vertrauen der Leute und hielt sich mit kleinen Betrügereien über Wasser; schließlich wurde er steckbrieflich gesucht und zu mehreren Jahren Zuchthaus verurteilt. Anfang 1870 wurde er als angeblicher Plantagenbesitzer aus Dominica in einer Scheune verhaftet. Nach der sich anschließenden vierjährigen Haftstrafe gelang es ihm endlich, seine überbordende Fantasie auf legalem Weg zu kanalisieren: May begann zu schreiben.

Ab Ende der 1870er Jahre veröffentlichte er seine Texte in der katholischen Wochenzeitung Deutscher Hausschatz. Es handelte sich um Reiseberichte aus fernen Ländern, in denen er selbst niemals gewesen war – was May jedoch nicht zugab. Der junge Verleger Friedrich Ernst Fehsenfeld wurde 1891 auf ihn aufmerksam und bot ihm an, seine Texte in Buchform zu publizieren. Die Reiseerzählungen, die später als Orientzyklus bekannt wurden, waren so erfolgreich, dass sie Karl May erstmals eine gewisse finanzielle Sicherheit gaben. Neben dem Orient wurde der amerikanische Westen zu seinem bevorzugten geistigen Reiseziel, sodass er einer seiner Indianerfiguren, dem Apachenhäuptling Winnetou, schließlich ein eigenes Buchprojekt widmete. 1893 veröffentlichte er seinen bekanntesten Roman: Winnetou.

Wirkungsgeschichte

Ohne sich selbst je im Wilden Westen aufgehalten zu haben, prägte Karl May das Indianerbild der Deutschen und sorgte dafür, dass Ausdrücke wie „Howgh!“ in den Sprachgebrauch Einzug hielten. Nicht ohne Wirkung blieb der große Erfolg für den Menschen Karl May. Der Autor konnte immer weniger zwischen der Fantasiewelt seiner Romane und der Wirklichkeit unterscheiden und hielt sich zeitweise wohl selbst für seinen Ich-Erzähler. May ließ sich Henrystutzen und Bärentöter nachbauen und posierte im Old-Shatterhand-Kostüm. Auf Lesungen zeigte er dem Publikum die Narben, die er sich bei seinen Abenteuern zugezogen haben wollte. Die zeitgenössische Leserschaft nahm diese Inszenierung für bare Münze, was letztlich zur Glaubwürdigkeit der Romane und damit zu ihrem Erfolg beigetragen haben dürfte.

Karl Mays schriftstellerischer Erfolg schlägt bis heute alle Rekorde. Die Auflage seiner Bücher liegt weltweit bei 200 Millionen, allein in Deutschland wurden etwa 100 Millionen Exemplare verkauft, wovon über 4 Millionen auf Winnetou I entfallen – eines von mehr als 90 Büchern. Übersetzt worden sind die Romane in über 40 Sprachen, womit Karl May nach einer Untersuchung der UNESCO aus den 1960er Jahren der meistübersetzte deutsche Autor ist. Allein von 1962 bis 1968 wurden 17 Karl-May-Filme gedreht (Winnetou 1. Teil hatte 1963 Premiere), die so erfolgreich waren, dass ein regelrechter Kult um den Indianerhäuptling entstand und die Verkaufszahlen der Bücher erneut in die Höhe schossen. Der Franzose Pierre Brice verkörperte Winnetou nicht nur in elf Filmen, sondern auch jahrelang bei den Karl-May-Festspielen, u. a. im sauerländischen Elspe.

Über den Autor

Karl May wird am 25. Februar 1842 im sächsischen Hohenstein-Ernstthal geboren. Als fünftes von 14 Kindern wächst er in einer bettelarmen Familie auf und leidet aufgrund der Mangelernährung bis zu seinem fünften Lebensjahr an Sehstörungen. Er studiert am Lehrerseminar in Waldenburg, wird jedoch 1859 entlassen, als er um die Weihnachtszeit sechs Kerzen stiehlt. Wegen eines Uhrendiebstahls kommt er 1861 erstmals in Haft, anschließend schlägt er sich unter verschiedenen Namen als Trickbetrüger durch. Er sitzt mehrere Haftstrafen ab, bis er 1874 zurück zu seinen Eltern zieht und ernsthaft zu schreiben beginnt. Eine erste Erzählung, Die Rose von Ernstthal, wird noch im selben Jahr veröffentlicht. May wird vom Dresdner Verleger Heinrich Gotthold Münchmeyer als Verlagsredakteur angestellt und gibt die Zeitschrift Schacht und Hütte heraus. Ab 1880 veröffentlicht er fiktionale Reiseerzählungen in der katholischen Wochenzeitung Deutscher Hausschatz, woraufhin der Verleger Friedrich Ernst Fehsenfeld auf ihn aufmerksam wird. Ab 1892 erscheint die Buchreihe Carl May’s Gesammelte Reiseromane. 1893 wird Winnetou publiziert, eines seiner erfolgreichsten Bücher. May ist nun finanziell unabhängig und heiratet die zuweilen geistig verwirrte Emma Pollmer, von der er sich 1903 scheiden lässt, um Klara Plöhn zur Frau zu nehmen. Er hat nun die Mittel, um erstmals die Originalschauplätze seiner Romane zu besuchen, jedoch kann er seine Fantasiewelt nur schwer mit der Wirklichkeit in Einklang bringen. Die Legende, die May aufgebaut und wohl auch selbst geglaubt hat und der zufolge er die Abenteuer seiner Figuren Old Shatterhand und Kara Ben Nemsi persönlich erlebt hat, wird von Journalisten demontiert. Karl May stirbt am 30. März 1912 in Radebeul. Sein Werk umfasst in der historisch-kritischen Ausgabe 120 Bände. Zu den bekanntesten Romanen zählen Durch die Wüste, Der Schatz im Silbersee und Der Ölprinz.

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