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Lady Chatterleys Liebhaber

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Lady Chatterleys Liebhaber

Artemis & Winkler,

15 Minuten Lesezeit
12 Take-aways
Text verfügbar

Was ist drin?

Ein Skandalbuch der Literaturgeschichte: Der Roman Lady Chatterleys Liebhaber war mehr als 30 Jahre lang verboten.


Literatur­klassiker

  • Erotik
  • Moderne

Worum es geht

Die skandalöse Liebe der Lady Chatterley

David Herbert Lawrence’ Roman schlug wie eine Bombe ein. Großbritannien befand sich nach dem Ersten Weltkrieg in einer wirtschaftlichen Krise. Viele Arbeiter hatten mit zunehmender Verarmung zu kämpfen. Dazu kam die Orientierungslosigkeit vieler Menschen, die sich nach dem Krieg nicht mehr zurechtfanden. Das „gute alte England“ existierte nicht mehr, und die Gesellschaft hatte noch keinen neuen Weg gefunden. Impulse von der Oberschicht des Landes blieben aus. Und dann dieser Roman, der wegen seiner erotischen Freizügigkeit sofort berüchtigt wurde: Das Buch erzählt die Geschichte von Lady Chatterley, die ihren kriegsversehrten Mann verlässt, um mit einem Wildhüter aus der Arbeiterklasse zusammenzuleben. D. H. Lawrence löste damit einen der größten Skandale der Literaturgeschichte aus; dies gleich aus zwei Gründen: zum einen, weil die junge Frau ihren Stand verrät und Klassenschranken missachtet, zum anderen, weil sie zu einer erfüllten Sexualität findet, was im puritanischen England verpönt war. Die freizügigen erotischen Szenen führten zu einem Veröffentlichungsverbot, das erst nach über 30 Jahren aufgehoben wurde. Die anderen Leitmotive des Romans – beispielsweise die Kritik an ungebremster Industrialisierung und am Kapitalismus – wurden zunächst kaum wahrgenommen.

Take-aways

  • Der Roman Lady Chatterleys Liebhaber war einer der größten Skandale der Literaturgeschichte. Das Buch wurde als pornografisch gebrandmarkt.
  • D. H. Lawrence erzählt die Liebesgeschichte einer Frau aus der englischen Oberschicht und eines Mannes aus dem einfachen Volk – freizügige sexuelle Szenen inklusive.
  • Die Handlung spielt kurz nach dem Ersten Weltkrieg in einer britischen Bergbauregion.
  • Die junge Constance heiratet den wenige Jahre älteren Adligen Clifford Chatterley. Dieser wird im Krieg verwundet, worauf er impotent und an den Rollstuhl gefesselt ist.
  • Das Leben an der Seite ihres Gatten wird für Constance zur Qual. Der Wildhüter Oliver Mellors wird ihr Liebhaber.
  • Als sie schwanger wird und für den Geliebten ihren Mann verlassen will, kommt es zu einem gesellschaftlichen Skandal.
  • Lawrence bricht im Roman sprachliche und inhaltliche Tabus, besonders im Bereich der Sexualität. Noch immer haftet ihm daher der Nimbus eines Skandalautors an.
  • Die Wirkungsgeschichte des Werks ist fast spannender als der Roman selbst.
  • Das Buch erschien 1928 in Florenz als Privatdruck. Er wurde gleich darauf vom englischen Staat wegen des Vorwurfs der Pornografie verboten.
  • Das Publikationsverbot wurde erst 1960 aufgehoben, nach einem spektakulären Prozess.
  • Lawrence tritt für eine freie Entfaltung der Persönlichkeit ein, was auch die Sexualität mit einschließt. Er gilt als Vorreiter der sexuellen Revolution der 60er und 70er Jahre.
  • Lady Chatterleys Liebhaber ist trotz seines teilweise pathetischen Stils eines der wichtigsten Werke der erotischen Literatur.

Zusammenfassung

Heirat im Krieg

Die Eltern der jungen Constance, genannt Connie, haben ihre Tochter sehr liberal erzogen. Die Familie gehört zur wohlhabenden intellektuellen Elite des Landes; Connie kam auf Reisen durch Europa früh mit den künstlerischen und politischen Ideen ihrer Zeit in Berührung. In Dresden, wo sie zusammen mit ihrer Schwester Hilda eine Zeit lang gelebt hat, machte sie ihre ersten sexuellen Erfahrungen. Nachdem sie nun zurückgekehrt ist, bei Kriegsausbruch 1914, lernt sie in Cambridge den sechs Jahre älteren Clifford Chatterley kennen. Die beiden heiraten im Jahr 1917, mitten im Weltkrieg, während er, längst Soldat, vier Wochen Heimaturlaub hat. Connie und Clifford verzichten in diesen Wochen auf Sex, denn dieser ist einfach kein wichtiges Element ihrer Beziehung. Sechs Monate später wird Clifford in Flandern lebensgefährlich verwundet. Zwei Jahre lang ist er schwer krank und wird mehrfach operiert. Sein großer Lebenswille rettet ihn, doch er bleibt von der Hüfte abwärts ge-lähmt und wird niemals Kinder zeugen können. Eine prekäre Lage für Connie: Sie ist zu diesem Zeitpunkt 23 Jahre alt. Nach dem Tod seines Vaters wird ihr Mann zu Sir Clifford und sie zu Lady Chatterley. 1920 zieht das Ehepaar nach Wragby Hall, dem Landsitz der Chatterleys.

Leben in Wragby Hall

Welch kümmerlicher Empfang erwartet sie dort: Im Dorf Tevershall neben dem Gutsitz der Chatterleys scheint niemand von der Ankunft der beiden jungen Leute Notiz zu nehmen. Wragby Hall liegt inmitten der Midlands, auf einer Anhöhe neben der Zeche von Tevershall. Das Haus ist ein Backsteinbau aus dem 18. Jahrhundert, gleich hinter dem Park beginnt das Dorf mit den schmutzig-grauen Häusern der Arbeiter. Kohle und Stahlförderung haben die Landschaft geprägt. Connie nimmt die neue Umgebung zunächst nur gleichmütig wahr. Eine unüberbrückbare Kluft trennt die Bergleute von den Gutsherren. Connie bemüht sich zunächst, auf die Dorfbewohner zuzugehen, doch sie gibt schnell auf. Clifford, der wegen seiner Behinderung ganz auf seine junge Frau angewiesen ist, stürzt sich mit großem Ehrgeiz darauf, Geschichten zu schreiben. Er und Connie leben schon bald in einer völlig durchgeistigten Welt. Das macht die junge Gutsherrin ruhelos und matt. Als die beiden von dem erfolgreichen irischen Dramatiker Michaelis besucht werden, beginnt sie eine leidenschaftliche Affäre mit ihm, die jedoch nicht von Dauer ist. Andere junge Intellektuelle besuchen Clifford und sprechen gelegentlich über Liebe und Sex. Bei den sehr intimen Gesprächen sitzt Connie dabei, niemand erwartet, dass sie sich einmischt. Die jungen Männer ziehen alle ein geistiges Leben der gelebten Sexualität vor. Erfolg und Geld sind das Wichtigste für sie.

Schicksalhafte Begegnung

Auf einem Spaziergang im Park, bei dem Clifford mit seinem motorbetriebenen Rollstuhl unterwegs ist, erklärt er Connie, wie sehr er an dem alten England und an den damit verbundenen Traditionen hänge. Er könne sich durchaus vorstellen, dass seine Frau ein Kind von einem anderen Mann bekäme, um einen Erben für Wragby Hall zu haben. Wichtiger als eine sexuelle Beziehung sei nämlich die lebenslange Gemeinschaft in der Ehe. Connie überlegt sich, ob sie ihr Leben wirklich ganz und gar an seines binden möchte. Da kommt der Wildhüter Oliver Mellors hinzu. Connie ist verschreckt, gleichzeitig aber auch angezogen von dem einsamen Mann, der ihr mit offener Missachtung entgegentritt und sie kaum grüßt. Clifford erzählt ihr, dass Mellors aus dem Dorf Tevershall stammt und als Soldat in Indien war. Eines Tages sieht Connie zufällig, wie Mellors sich draußen wäscht, und ist von seinem nackten Körper fasziniert.

„Das war ungefähr die Lage, in der Lady Chatterley sich befand. Der Krieg hatte das Dach über ihrem Kopf zusammenbrechen lassen, und sie hatte erkannt, dass einem nichts weiter blieb, als zu leben und zu lernen.“ (S. 5)

Connies Zustand verschlechtert sich zusehends, sie wird blasser und dünner. Nachdem sie ihrer Schwester Hilda eine Nachricht geschickt hat, fährt diese sofort nach Wragby und ist erschüttert darüber, wie Connie aussieht. Sie gibt Clifford die Schuld, dessen aufwändige Pflege Connie übernommen hat. Obwohl Clifford zunächst dagegen ist, wird die Gemeindeschwester Mrs. Bolton engagiert, um sich um ihn zu kümmern.

Die Hütte im Wald

Lady Chatterley befreit sich innerlich mehr und mehr von Clifford. Da Mrs. Bolton jetzt für ihn sorgt, ist sie nur noch am Abend mit ihrem Mann zusammen. Tagsüber geht sie spazieren. Es ist Frühling, die ersten Blumen blühen. Sie entdeckt eine kleine Blockhütte im Wald. Hier zieht der Wildhüter Fasane auf. Er ist nicht gerade begeistert davon, als Connie diese Hütte als ihren Zufluchtsort im Wald ansieht und gerne einen Schlüssel von ihm hätte. Mellors widersetzt sich diesem Wunsch vehement, weil er befürchtet, dass er in seiner selbst gewählten Einsamkeit gestört werden könnte. Connie ist darüber sehr ungehalten und verwirrt. Clifford schließt sich derweil immer mehr seiner neuen Pflegerin an. Er lässt sich von ihr waschen und umhegen wie ein kleines Kind. Mrs. Bolton versorgt ihn auch mit Klatschgeschichten aus dem Dorf, die er wiederum für seine Erzählungen verwendet. Und sie weckt noch eine andere Seite in ihm: Er beginnt Bücher über Bergbau zu studieren, besucht sogar eine Zeche und lädt Experten zu sich ein. Clifford denkt über Methoden nach, wie man den Kohleabbau in der Region retten und den Bergleuten Arbeit geben könnte.

Die Liebesbande werden enger

Mellors und Connie treffen sich erneut bei der kleinen Hütte. Die ersten Fasanenküken sind geschlüpft. Mellors gibt ihr eines in die Hand, und Connie beginnt bei der Berührung mit dem zarten Küken zu weinen. Der Wildhüter streicht sanft über ihren Rücken. Die beiden kommen sich näher und schlafen zum ersten Mal miteinander, Connie ist dabei noch recht teilnahmslos. Nach ein paar Tagen treffen sie sich wieder. Mellors hat Bedenken, dass die Leute ihr Verhältnis entdecken könnten. Denn nach den schlechten Erfahrungen, die er mit seiner Ehefrau, von der er getrennt lebt, gemacht hat, will er sich eigentlich nicht mehr an eine Frau binden. Connie ist verwirrt, und sie versucht sich eine Zeit lang von ihm fernzuhalten, doch das gelingt ihr nicht. Mellors weckt eine tiefe Leidenschaft ihn ihr und gemeinsam mit ihm erlebt sie einen Orgasmus. Clifford bemerkt die Verwandlung seiner Frau nicht. Mrs. Bolton aber vermutet, dass sie einen Liebhaber hat. Und als eines Nachts der Wildhüter vor dem Herrenhaus steht, weiß sie auch, wer es ist.

Das alte England stirbt

Schon kursiert im Dorf das Gerücht, dass Lady Chatterley schwanger sei. Selbst Clifford erfährt davon. Connie gibt sich distanziert. Bei einer Autofahrt durch die Midlands wird Connie klar, aus welchem Elend Mellors stammt: die düsteren kleinen Häuser der Arbeiterklasse, der fehlende Sinn für Ästhetik. Gleichzeitig wird ihr klar, dass die Industrialisierung das alte und ländliche England völlig auslöschen wird. Immer mehr Schlösser und Herrensitze verschwinden. Neue Anlagen für den Kohleabbau werden errichtet, Siedlungen für die Bergarbeiter geschaffen. Connies Beziehung zu Clifford wird immer distanzierter; nur beim Wildhüter, den sie jetzt auch in der Hütte im Wald besucht, fühlt sie sich lebendig und sexuell erfüllt. Die Schönheit, die sie in der Landschaft nicht finden kann, entdeckt sie an ihrem eigenen Körper, der von Mellors so begehrt wird.

Clifford hat kein Mitleid

Bei einem Spaziergang durch den Wald fällt Connie auf, dass Clifford die frühlingshafte Natur nur für seine dichterischen Sprachspiele benutzt. Alles scheint ausschließlich für seine Zwecke zu existieren, selbst der Wildhüter Mellors. Der muss den Gelähmten aus einer schwierigen Situation befreien, als dessen Rollstuhl stecken bleibt, weil Clifford die Leistung des Motors überschätzt hat. Connie ist erschrocken und befürchtet, dass sich Mellors bei dem komplizierten Bergungsmanöver eine Verletzung zugezogen haben könnte. Denn auch die Gesundheit des Wildhüters ist seit seiner Zeit in Indien angeschlagen. Wieder zu Hause kommt es zu einem Streit zwischen den Eheleuten: Connie wirft ihrem Mann Schikane und mangelndes Mitleid vor. Am Abend verlässt sie zum ersten Mal das Haus, um eine ganze Nacht mit dem Wildhüter im Forsthaus zu verbringen. Mellors erzählt ihr, wie sehr ihn seine Ehefrau gehasst und gedemütigt hat. Eine befriedigende Beziehung mit ihr sei nicht möglich gewesen. Immer habe sie Macht ausüben müssen. Er leide unter Frauen, die sexuell zu dominant seien. Connie bekennt, dass sie immer mit ihm zusammenleben möchte. Ungesehen gelangt sie am Morgen in ihr Haus zurück.

Männer sind Arbeitstiere

Beim nächsten Besuch im Forsthaus – draußen wütet ein Gewitter – erklärt Mellors Connie, er wolle mit wenig Geld und Gut auskommen, um sich nicht an die Bosse und Herrschaften verkaufen zu müssen. Nur wenn die Männer nicht mehr als Arbeitstiere dem Geld hinterherrennen müssten, wären sie wieder richtige Männer. Connie gesteht Mellors, dass sie ein Kind von ihm will. Als es aufhört zu donnern, läuft sie nackt nach draußen, Mellors folgt ihr. Die beiden tanzen im Regen und schlafen im Freien miteinander. Clifford vermisst Connie, er fürchtet, ihr sei etwas passiert, und lässt sie suchen. Connie aber ist erbost, dass man ihr nachspioniert. Ein paar Tage später kommt Hilda, um ihre Schwester für eine Italienreise mit dem Auto abzuholen. Sie ist entsetzt, als Connie ihr von ihrem Verhältnis mit dem Wildhüter berichtet, vor allem weil dies ganz und gar nicht standesgemäß ist. Connie ist nur bereit, mit Hilda wegzufahren, wenn sie noch einmal vor der Reise eine Nacht mit Mellors im Forsthaus verbringen darf. Hilda stimmt widerwillig zu, gibt sich aber sehr kühl, als sie den Wildhüter kennen lernt.

Lady Chatterley ist schwanger

Auf der Fahrt nach Italien ist Lady Chatterley schweigsam, nichts scheint sie zu berühren, auch nicht die schöne Schweizer und Tiroler Landschaft, die sie durchqueren. In Venedig treffen die Schwestern viele Bekannte und Freunde, alle Vergnügungen lassen die verliebte Connie jedoch gleichgültig. Sie ist sich sicher, dass sie ein Kind bekommt. Noch hat sie niemandem von ihrer Schwangerschaft erzählt. Briefe von Clifford und Mrs. Bolton treffen ein, denn auf Wragby überschlagen sich die Ereignisse: Mellors’ Exfrau hat von seinem Verhältnis Wind bekommen. Sie ist in die Forsthütte eingedrungen und hat sich dort sogar niedergelassen. Mellors hat seine Arbeit verloren und ist nun gezwungen, sich eine neue Bleibe zu suchen. Clifford weiß noch nicht, dass niemand anderer als seine eigene Gattin die Geliebte des Wildhüters ist. Auch Mellors schickt einen Brief an Connie. Er teilt ihr in kühlem Ton mit, dass er nach London gehen wird. Daraufhin fährt Lady Chatterley mit ihrem Vater im Zug nach England zurück. Sie beichtet ihm ihre Schwangerschaft. Auch der alte Sir ist enttäuscht darüber, dass das Verhältnis seiner Tochter nicht standesgemäß ist.

Pläne und Trennung

Zurück in England trifft Connie Mellors wieder, später wird der Wildhüter Connies ganzer Familie vorgestellt. Ihr Vater akzeptiert Mellors nun trotz der Standesunter-schiede. Hilda schlägt Connie vor, Duncan Forbes, einen Mann aus ihren Kreisen, einzuweihen. Dieser soll Lord Chatterley als Vater des Kindes präsentiert werden, um den Skandal zu verringern. Außerdem soll Clifford dadurch eher in die Scheidung einwilligen. Mellors und Connie wollen zusammenbleiben, die Zeit bis zur Scheidung jedoch getrennt verbringen. Duncan Forbes ist bereit, die Vaterschaft pro forma auf sich zu nehmen – unter der Bedingung, dass Connie sich nackt von ihm malen lässt. Das erzürnt Mellors sehr. Connie willigt jedoch in die Abmachung ein.

„Die Zeit verstrich. Was auch immer geschah, es geschah nichts, weil sie von allem so wunderbar unberührt war. Sie und Clifford lebten in ihren Gedanken und in seinen Büchern.“ (S. 26)

In einem Brief teilt sie ihrem Mann mit, dass sie sich in einen anderen verliebt hat, nicht zurückkehren wird und die Scheidung möchte. Clifford ist bis ins Mark getroffen, vor allem weil Connie ihr Versprechen gebrochen hat, auf jeden Fall wieder nach Wragby zurückzukommen. Er bricht in Tränen aus, Mrs. Bolton nimmt ihn in die Arme und tröstet ihn wie ein kleines Kind. Als er sich beruhigt hat, schreibt er seiner Frau, dass er sie auf jeden Fall persönlich sehen will. Lady Chatterley willigt ein, sie und Hilda fahren nach Wragby. Doch Clifford nimmt seiner Frau die Liebe zu Duncan Forbes nicht ab. Sie bekennt, dass tatsächlich der Wildhüter Mellors ihr Liebhaber ist und dass sie von ihm ein Kind erwartet. Clifford ist schockiert und erklärt, seine Frau sei pervers und verrückt und er werde sich aus Prinzip niemals von ihr scheiden lassen. Noch in derselben Nacht packt Lady Chatterley ihre Sachen und verlässt Wragby für immer. Mellors geht nach Schottland und arbeitet dort auf einem Bauernhof. In einem Brief an Connie schreibt er, wie gern er später mit ihr zusammenleben möchte und dass er im Grunde nur für sie lebe. Die Bergleute, mit denen er jetzt Kontakt habe, seien abgestumpft und würden nur über Geld und Verdienst reden. Er werde ja jetzt 40 Jahre alt, und Connies Liebe zu ihm sei das Einzige auf der Welt, was ihm noch etwas bedeute. Und er sei hoffnungsvoll, dass sie eine gemeinsame Zukunft haben werden.

Zum Text

Aufbau und Stil

„Pornografisch“ nannten die prüden englischen Kritiker David Herbert Lawrence’ Roman Lady Chatterleys Liebhaber kurz nach seinem Erscheinen im Jahr 1928. Und wirklich war das Vokabular für die damalige Zeit sehr freizügig und vor allem sehr eindeutig. Aufgeklärte Leser von heute werden von den erotischen Finessen des Buches kaum noch schockiert sein, eher wirkt der stellenweise allzu pathetische Stil unfreiwillig komisch. Der Autor schwankt zwischen Naturphilosophie, Sozialromantik und gesellschaftlichem Realismus. Er wird nicht müde, die Natur zu verherrlichen und die Industrie zu verdammen. Lawrence hat seine Geschichte der Lady Chatterley in 19 kurze Kapitel aufgeteilt. Das Ende bleibt offen, der Leser erfährt nicht, wie die nicht standesgemäße Romanze ausgeht. Dialoge und Briefe unterbrechen häufig den Erzählfluss und deuten wichtige Veränderungen an. Der Radius der Hauptfiguren ist begrenzt, die Handlung beschränkt sich auf wenige Orte. Heute ist der Roman vor allem als literaturhistorisches Dokument interessant, weil er wie kaum ein anderes belletristi-sches Buch in den Giftschrank gesperrt worden ist und von der staatlichen Zensur betroffen war.

Interpretationsansätze

  • Mit der sehr offenen Darstellung von Gefühlen und Sexualität schuf D. H. Lawrence ein Gegengewicht zur Übermacht des rationalen Denkens, das seit der Aufklärung die abendländische Kultur dominierte.
  • Erotik erscheint bei Lawrence als die Urkraft des Lebens. Er war stark von Sigmund Freuds Thesen über Sexualität und Verdrängung beeinflusst.
  • Lawrence kritisiert auch die Entfremdung des Menschen von sich selbst durch die Übermacht des Kapitalismus. Mit seinem Roman setzte er einen Kontrapunkt gegen die zerstörerische Kraft der Industrialisierung. Er kann somit auch als Vorreiter der Umweltschutzbewegung gelten.
  • Manchen Kritikern wie etwa James Joyce galt Lawrence’ Werk als trivial: Er habe die englische Sprache zwar von Tabus befreit, ihr aber keine neue erzählerische Dimension hinzugefügt.
  • Lady Chatterley ist eine der imponierendsten Frauengestalten der Literatur. In einer männlich-kapitalistisch dominierten Gesellschaft emanzipiert sie sich und lebt nur für ihre Liebe. Dies bewahrte Lawrence nicht davor, von Feministinnen kritisiert zu werden: Er habe die sexuelle Unterwerfung der Frau propagiert und eine Kampagne gegen die moderne Frau geführt.
  • Oliver Mellors, der Wildhüter, ist ein Naturbursche und ein klares Gegenbild zu den vergeistigten Literaten der englischen Oberschicht. Ähnliche Figuren wie Mellors spielen auch in anderen Erzählungen von Lawrence eine Rolle.
  • Clifford Chatterley steht stellvertretend für die vielen Männer, die nach dem Ersten Weltkrieg seelisch wie körperlich deformiert waren.
  • Lawrence trat für die Einheit von Mensch und Kosmos ein und ist darum heute noch bei Anhängern der New-Age- und Esoterik-Bewegung populär.

Historischer Hintergrund

England in den 20er Jahren

Lady Chatterleys Liebhaber spielt in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts. Der Erste Weltkrieg hatte viele britische Soldaten das Leben gekostet, andere waren schwer verwundet worden und für immer gezeichnet. Mehrere englische Schriftsteller brachten das Lebensgefühl der verlorenen Generation (Lost Generation) zum Ausdruck, z. B. T. S. Eliot in The Waste Land (1922). Andere, wie etwa James Joyce, Gertrude Stein und auch D. H. Lawrence, wandten sich gegen die überkommenen Wert- und Moralvorstellungen des viktorianischen Englands. Denn das „gute alte England“ existierte schon lange nicht mehr, die Industrialisierung hatte seit dem 19. Jahrhundert nicht nur ganze Landstriche, sondern auch die gesellschaftlichen Strukturen verändert. Dennoch hielten viele Menschen, vor allem die Vertreter der Oberschicht, an den alten Ritualen und der Tradition fest. Für die Arbeiter gab es kaum eine Chance zum gesellschaftlichen Aufstieg; dazu kam die Massenarbeitslosigkeit, die vielen gar keine Perspektive mehr ließ. Die Deformationen reichten bis in die Familien hinein, zwischen Männern und Frauen lag vieles im Argen: Beziehungen, die auf eine Gleichberechtigung der Geschlechter zielten, sprengten noch das Vorstellungsvermögen der Mehrheit der Bevölkerung.

Entstehung

David Herbert Lawrence besuchte 1919 noch einmal seinen englischen Geburtsort, nachdem er bereits lange im Ausland gelebt hatte. Auf einem Spaziergang nahm er die Plätze seiner Kindheit ein letztes Mal in sich auf: das Dorf, den Herrensitz, den Wald. Diese Eindrücke flossen auch in seinen Roman Lady Chatterleys Liebhaber ein. Zurück in Italien verfasste er nacheinander drei Versionen des Buches. In allen drei Fassungen steht eine junge Frau im Mittelpunkt, die durch gesellschaftliche Konventionen eingeschränkt wird und sich den Erwartungen ihres Umfeldes radikal widersetzt. Die erste Version schrieb er von Oktober 1926 bis März 1927 nieder. Dann ließ er diese Skizze liegen und machte einen neuen Anfang. Die zweite Fassung, die er im Sommer 1927 beendete, nannte er später John Thomas and Lady Jane. Sie ist wesentlich umfassender als die erste, und erst hier hat Lawrence die sexuell freizügigen Szenen eingebaut. Diese zweite Fassung diente Lawrence als Grundlage der endgültigen Version von Lady Chatterleys Liebhaber, die er 1928 fertigstellte. Er straffte die Szenen und gestaltete die letzten Kapitel neu. Vorbild für die Figur der Lady Chatterley war seine Frau Frieda Lawrence. Sie stammte aus der deutschen Familie von Richthofen und hatte ihren ersten Mann, einen Englischprofessor, und ihre drei Kinder wegen Lawrence verlassen. Lawrence war sich bewusst, dass seine puritanischen Landsleute Probleme mit Stil und Inhalt seines Romans haben würden. In einem Brief an eine Freundin bezeichnete er sein Buch als so unsittlich, dass es, „wenn es nach den armen Dummköpfen geht, nie gedruckt werden würde“.

Wirkungsgeschichte

Man kann sich den Sturm der Entrüstung, der über D. H. Lawrence hereinbrach, nur noch schwer vorstellen. Von Verherrlichung des Ehebruchs über Pornografie bis Nestbeschmutzung reichten die Vorwürfe, als 1928 das Buch erschien. Lawrence, der in Italien lebte, hatte in Florenz einen Privatdruck in kleiner Auflage herausgebracht, nachdem sein englischer und sein amerikanischer Verleger eine Veröffentlichung abgelehnt hatten. Fraglich ist, wie die Kritiker das Buch damals überhaupt rezensieren konnten, denn die meisten Exemplare, die nach England gelangten, wurden von Zoll und Polizei gleich einkassiert und vernichtet. Bald kursierten nur noch Raubdrucke. Lawrence hat später u. a. in dem Essay A Propos of Lady Chatterley’s Lover (1930) selbst versucht, die Wogen zu glätten. Ohne Erfolg. Der Fokus der Kritiker war ganz klar auf die erotischen Szenen ausgerichtet. Während die einen die Sprache obszön fanden, lobten die anderen Lawrence’ freiheitliche Einstellung zur Sexualität. Später durfte der Roman gedruckt werden – in einer gekürzten Fassung. Die erste ungekürzte Ausgabe erschien in Großbritannien 1961, 33 Jahre nach der Erstausgabe. Die Publikation wurde erst durch einen der spektakulärsten Prozesse der Literaturgeschichte möglich: 35 prominente Zeugen aus Medien, Kirche und Literatur unterstützten den englischen Penguin-Verlag. Der Verlag, der die Herausgabe des Romans plante, war zuvor wegen des Vorwurfs der beabsichtigten Verbreitung pornografischer Schriften angeklagt worden. Es folgte ein Freispruch, der das Publikationsverbot aufhob. Darin sahen Anhänger des Buchs nicht nur die Zensur beseitigt, sondern auch die Kunst von bürgerlichen und moralischen Zwängen befreit. In Deutschland und in den USA waren die ersten frei zugänglichen Ausgaben schon ein Jahr zuvor erschienen. Die Fokussierung der Kritik auf die Sexszenen hat nicht nur dem Roman, sondern auch dem Autor geschadet. Dessen gesamtes Werk stand immer im Schatten der Lady Chatterley. Zahlreiche Verfilmungen des Stoffes, die erste wurde schon 1955, also noch vor der Veröffentlichung der ungekürzten Buchausgabe produziert, trugen dazu bei, dass Lawrence’ Lady Chatterley noch berühmter wurde.

Über den Autor

David Herbert Lawrence wird am 11. September 1885 in Eastwood in Nottinghamshire geboren. Er ist das vierte Kind von Arthur und Lydia Lawrence, einem Grubenarbeiter und einer ehemaligen Lehrerin. Er besucht die Highschool, verlässt die Schule jedoch mit 15 Jahren und findet Arbeit in einer Fabrik. Wegen seines schlechten Gesundheitszustands muss er dort bald wieder aufhören. 1905 beginnt er zu schreiben. Von 1906 bis 1908 wird Lawrence in Nottingham zum Lehrer ausgebildet. Er unterrichtet an der Grundschule in Croydon, muss seine Stelle aber nach seiner Erkrankung an Tuberkulose wieder aufgeben. 1912 lernt der schmächtige Lawrence, der kaum sexuelle Kontakte hat, die sinnliche Deutsche Frieda Weekley, geborene von Richthofen, kennen. Sie ist die Frau seines ehemaligen Professors. Frieda verlässt für den Dichter ihren Mann und ihre drei Kinder. Sie wird Lawrence’ Muse, und er heiratet sie 1914. Während des Ersten Weltkriegs dürfen sie das Land wegen Spionageverdachts nicht verlassen. Lawrence leidet weiter an Tuberkulose und wird von Frieda immer wieder aufopferungsvoll gepflegt. Von 1919 an leben die beiden in Italien, den USA und Südfrankreich. Sie reisen nach Australien und Mexiko. Dort scheitert Lawrence damit, seinen Traum von einer idealen Kommune zu realisieren. Sein Gesundheitszustand verschlechtert sich. Ungeachtet dessen ist er literarisch äußerst produktiv: Neben zehn Romanen schreibt er Gedichte, Essays und Reiseberichte. Viele seiner Werke haben einen autobiografischen Bezug. In den Romanen Söhne und Liebhaber (Sons and Lovers, 1913), Der Regenbogen (The Rainbow, 1915), Liebende Frauen (Women in Love, 1920) und Lady Chatterleys Liebhaber (Lady Chatterley’s Lover, 1928) thematisiert er den Konflikt zwischen Tradition und Moderne und die Macht des Sexuellen. Am 2. März 1930 stirbt er im Alter von 44 Jahren in einem Sanatorium in der Nähe von Cannes. Seine Witwe lässt später seine Asche auf Lawrence’ Farm in Taos in New Mexico bringen.

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