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Mario und der Zauberer
Buch

Mario und der Zauberer

Ein tragisches Reiseerlebnis

Berlin, 1930
Diese Ausgabe: S. Fischer, 2004 Mehr

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Literatur­klassiker

  • Novelle
  • Moderne

Worum es geht

Ein dämonischer Verführer

Die Novelle Mario und der Zauberer wurde 1930 veröffentlicht und entwirft, ohne direkt darauf hinzuweisen, ein bedrückendes Bild der Gefahr des Faschismus – noch vor der Machtergreifung Hitlers. Eine deutsche Familie macht Ferien in Italien und findet sich in einer merkwürdig gereizten, patriotisch aufgeladenen Atmosphäre wieder, die in mehreren Eklats gipfelt. Der schlimmste wird durch den Zauberkünstler Cipolla provoziert. Seine Bühnenkunststücke entpuppen sich dem Eingeweihten als Hypnosenummern, in denen einzelne Zuschauer bloßgestellt werden. Er lässt sie die Zunge rausstrecken, sich vor Schmerzen krümmen oder tanzen wie Hampelmänner, und sie wissen nicht, wie ihnen geschieht. Alles zielt auf den Entzug des eigenen und das Aufdrängen eines fremden Willens – der sich unter der Hypnose aber anfühlt wie frei gewählt. Der Kellner Mario bereitet dem Schrecken schließlich das gewaltsame Ende, auf das die Erzählung von Anfang an zusteuert: Von Cipolla gedemütigt, erschießt er ihn. Ein spannendes, atmosphärisch starkes Stück Weltliteratur vom „Zauberer“ Thomas Mann, das in der Frage nach der Verführbarkeit des Menschen und nach den Grenzen der Willensfreiheit ungebrochen aktuell ist.

Zusammenfassung

Erinnerung an eine angekündigte Katastrophe

Ein Urlaub, den der Erzähler mit seiner Familie in Italien verbracht hat, ist ihm in unangenehmer Erinnerung. Von vornherein war die Atmosphäre in dem Ferienort am Meer gereizt und aggressiv, eine Grundstimmung, die dann in einer einzigen unheilvollen Person, einem Zauberkünstler, ihren Höhepunkt fand. Es kam zur Katastrophe – tröstlich war letztlich nur, dass wenigstens die Kinder das Unglück nicht von dem Spektakel unterscheiden konnten, das der Zauberer veranstaltete.

Auszug aus dem Grand Hôtel

Torre di Venere ist ein Küstenort in der Nähe der Urlaubsstadt Portoclemente, einem touristischen Zentrum, in dem im Sommer monatelang rummelartige Überfüllung herrscht. Torre selbst, einst ein Rückzugsort für diejenigen, die die Stille suchten, ist inzwischen fast genauso bevölkert, obwohl es immer noch im Ruf steht, die feinere, leisere Adresse zu sein. Neben zahlreichen Pensionen ist längst auch ein Grand Hôtel entstanden. Dort logiert der Erzähler mit seiner Familie. Es ist Mitte August, Hauptsaison.

Gleich bei der Ankunft im Grand Hôtel kommt leichtes Unbehagen auf. Die deutsche Familie fühlt ...

Über den Autor

Thomas Mann wird am 6. Juni 1875 in Lübeck geboren. Er ist der zweite Sohn einer großbürgerlichen Kaufmannsfamilie, sein älterer Bruder Heinrich wird ebenfalls Schriftsteller. Thomas hasst die Schule und verlässt das Gymnasium ohne Abitur. Nach dem Tod des Vaters zieht die Familie 1894 nach München, dort arbeitet Mann kurzfristig als Volontär bei einer Feuerversicherung. Als er mit 21 Jahren volljährig ist und aus dem Erbe des Vaters genug Geld zum Leben erhält, beschließt er, freier Schriftsteller zu werden. Er reist mit Heinrich nach Italien, arbeitet in der Redaktion der Satirezeitschrift Simplicissimus und schreibt an seinem ersten Roman Buddenbrooks, der 1901 erscheint und ihn sofort berühmt macht. Der Literaturnobelpreis, den er 1929 erhält, beruht vor allem auf diesem ersten Buch – Mann, nicht uneitel, erwartet die Auszeichnung allerdings schon 1927. Trotz seiner homoerotischen Neigungen heiratet er 1905 die reiche Jüdin Katia Pringsheim. Sie haben sechs Kinder, darunter Klaus, Erika und Golo Mann, die ebenfalls als Schriftsteller bekannt werden. Weil Thomas den Ersten Weltkrieg zunächst befürwortet, kommt es zwischen ihm und seinem Bruder Heinrich zum Bruch, der mehrere Jahre andauert. 1912 erscheint die Novelle Der Tod in Venedig, 1924 der Roman Der Zauberberg. In den 1930er Jahren gerät er ins Visier der Nationalsozialisten, gegen die er sich in öffentlichen Reden ausspricht; seine Schriften werden verboten. Nach der Machtergreifung Hitlers kehrt er von einer Vortragsreise nicht mehr nach Deutschland zurück. Zunächst leben die Manns in der Schweiz, 1938 emigrieren sie in die USA, 1944 nimmt Mann die amerikanische Staatsbürgerschaft an. 1947 erscheint Doktor Faustus, eine literarische Auseinandersetzung mit der Naziherrschaft. Nach dem Krieg besucht Thomas Mann Deutschland nur noch sporadisch; die von ihm vertretene Kollektivschuldthese verschafft ihm nicht nur Anhänger. Als die Manns 1952 nach Europa zurückkehren, gehen sie wieder in die Schweiz. Thomas Mann stirbt am 12. August 1955 in Zürich.


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