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Öl!

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Öl!

Manesse,

15 Minuten Lesezeit
10 Take-aways
Text verfügbar

Was ist drin?

Ein Epos über Glanz und Elend des American Dream.


Literatur­klassiker

  • Epos
  • Moderne

Worum es geht

Glanz und Elend des amerikanischen Traums

Bohrtürme schießen aus dem Boden, Grundstückspreise steigen in die Höhe, einst friedliche Nachbarn verwandeln sich in gierige Egoisten, die nur noch das schnelle Geld im Sinn haben. Upton Sinclairs monumentaler Roman Öl! führt eindringlich vor Augen, welche Konsequenzen der Fund reicher Ölvorkommen haben kann. In zahlreichen Details und überaus realistisch zeichnet Sinclair das Bild der amerikanischen Gesellschaft in den Roaring Twenties – hier die glamourösen Jazzpartys der Reichen und Schönen, dort das Elend der Arbeiter, die auf den Feldern der Ölmillionäre zu Hungerlöhnen schuften. Sinclairs junger Held Bunny, Sohn eines Ölbarons, liebt seinen Vater zwar, lehnt aber dessen kapitalistische Methoden ab. Wie sein Freund und großes Vorbild Paul Watkins setzt er sich für bessere Arbeitsbedingungen und gerechte Löhne ein. Bei allem Idealismus erkennt er jedoch auch die Sachzwänge der Unternehmer. Über weite Strecken verzichtet Sinclair auf Schwarz-Weiß-Malerei, gegen Ende allerdings gleitet der Roman in klassenkämpferisches Pathos ab und erhält einen moralisierenden Unterton.

Take-aways

  • Upton Sinclairs Roman Öl! ist ein monumentales Epos über die Anfänge der amerikanischen Ölindustrie.
  • Inhalt: Der junge Bunny erlebt den Aufstieg seines Vaters J. Arnold Ross zu einem der größten Ölmagnaten Südkaliforniens. Einerseits verehrt er den Vater, dem er nachfolgen soll, andererseits lehnt er dessen kapitalistische Geschäftsmethoden ab. Am Ende siegt sein sozialistischer Idealismus über Geschäftssinn und Pragmatismus.
  • Obgleich Öl! auf Tatsachen beruht, handelt es sich laut Sinclair nicht um einen Schlüsselroman.
  • Der Roman zeigt ein Panorama der amerikanischen Gesellschaft Anfang der 20er-Jahre.
  • Trotz offener Propaganda für den Sozialismus verzichtet Sinclair zumindest im ersten Teil weitgehend auf Schwarz-Weiß-Malerei.
  • Öl! zeichnet sich durch großen Detailreichtum und eine enzyklopädische Faktenfülle aus.
  • Sinclairs Stil ist schlicht und direkt, die Dialoge wirken realitätsnah.
  • In den USA und auch in Deutschland wurde der Roman schnell zu einem Bestseller.
  • Öl! diente Paul Thomas Anderson als Vorlage für seinen oscarprämierten Film There Will Be Blood (2007).
  • Zitat: „Genau so war das Ölgeschäft – eine Welt voller menschlicher Raubvögel!“

Zusammenfassung

Der Traum vom schnellen Geld

Der 13-jährige J. Arnold Ross junior, genannt Bunny, findet es herrlich: Statt zur Schule zu gehen, reist er an der Seite seines Vaters J. Arnold Ross senior durch Südkalifornien. Dieser hält Verkehrsvorschriften für überflüssig und macht sich als meisterhafter Autofahrer, als den er sich sieht, seine Regeln selbst. Mit 50 Meilen pro Stunde fahren sie über frisch betonierte Straßen steile Berge hoch, rasen ohne Rücksicht auf Gegenverkehr durch die Kurven, immer auf der Suche nach neuen Grundstücken, auf denen es Öl geben könnte. Während der Junge sich ins Märchenland versetzt fühlt und das grandiose Bergpanorama bewundert, hat der überaus vernunftorientierte und zielstrebige Vater, der es vom Maultiertreiber zum Ölunternehmer gebracht hat, für solche Romantik nichts übrig. Ihm geht es um das große Geld. Er weiß: Irgendwann wird all das Bunny gehören, und je früher der Junge das Leben so kennenlernt, wie es ist, desto besser. Anstatt ihn zur Schule zu schicken, nimmt er Bunny deshalb mit auf Reisen. Dieser erfreut sich an der faszinierenden Welt mit ihren Straßen und Städten, Häusern und Menschen, Schildern und Reklametafeln.

„Warum waren manche Leute arm, und niemand half ihnen? Weil man sich in dieser Welt selbst weiterhelfen muss, lautete Dads Erklärung.“ (S. 24)

Seit in der Gegend vor einigen Monaten Öl entdeckt wurde, boomt der Immobilienhandel. Äcker werden plötzlich von Spekulanten umlagert, kleinste Parzellen zu schwindelerregenden Preisen verkauft, Bohrtürme errichtet. Aus den Bohrlöchern schießen Fontänen aus Öl, das sich über den Boden ergießt und Häuser und Straßen mit einer schwarzen, glitschigen Schicht bedeckt. Die Nachricht bewegt das ganze Land. Menschenmassen strömen herbei. Auf dem Feld Prospect Hill ist der größte südkalifornische Ölfund aller Zeiten gemacht worden. Das lockt Geschäftsleute an. Pachtverträge werden geschlossen, Firmen gegründet, während die ölverschmierten Arbeiter unter Einsatz all ihrer Kräfte, ja ihres Lebens, versuchen, die sprudelnde Ölflut unter Kontrolle zu bekommen.

Zwei Welten treffen aufeinander

In Prospect Hill kommt es zum Streit zwischen Pächtern von kleinen und größeren Parzellen, örtlichen Geschäftsinhabern und Handwerkern, die sich zusammengeschlossen haben, um mit den großen Ölfirmen über Bohrrechte verhandeln zu können und mehr Profit zu machen. Jeder will, was Gewinnanteile und die Fläche der Grundstücke betrifft, so gut wie möglich wegkommen. Die Frauen vergessen alle Regeln, die sie in Benimmbüchern gelesen haben. Die Menschen vernachlässigen ihre Arbeit und ihren Haushalt. Wozu sollen sie auch noch schuften, bald werden sie ja reich sein. Das beste Angebot kommt von dem bekannten Ölunternehmer J. Arnold Ross, in den Augen der Leute ein richtiger Amerikaner, der sich hochgearbeitet und die Chancen genutzt hat, die das Land der unbegrenzten Möglichkeiten bietet.

„Später wurde unter homerischem Gelächter erzählt, die Frauen hätten rumgejammert, weil ihre Kleider und Vorhänge ruiniert seien – von dieser Millionen Dollar schweren Flut aus schwarzem Gold!“ (S. 37)

Als Ross mit seinem Sohn auf einer ihrer Versammlungen vorbeikommt, um ihnen seinen Vorschlag zu unterbreiten, geraten sich die Leute wieder einmal in die Haare. Bunny, der selbst keine Geldsorgen kennt, verachtet ihr kleinliches Gezänk und ihre Gier. Umso beeindruckter ist er, als er den jungen Paul Watkins kennenlernt, den Sohn eines fanatischen Pfingstpredigers. Wegen der strengen religiösen Vorschriften und Praktiken ist Paul von zu Hause weggelaufen. Er bittet Bunny um Hilfe bei der Suche nach etwas Essbarem. Als Bunny ihm Geld anbietet, lehnt er ab, weil er kein Schmarotzer sein will, und zieht weiter. Im Vergleich zu diesem stolzen, armen Tramp kommt sich Bunny schäbig vor.

Lügen, Bestechung und religiöser Wahn

Mit einem der Bewohner kommt der alte Ross ins Geschäft. Mithilfe von Schmiergeldern lassen sich Probleme mit den Straßenbaubehörden beseitigen. Es sei keine Bestechung, versichert Ross dem Jungen, nur ein kleines Dankeschön. Er mietet ein Haus in der Gegend. Nach Jahren in Hotelzimmern ist es das erste richtige Zuhause für den Jungen. Wie seine ältere Schwester Bertie, ein snobistisches und vergnügungssüchtiges Mädchen, wird er bald die Highschool besuchen. Der alte Ross kümmert sich neben der Büroarbeit selbst um die Bohrarbeiten, kennt seine Arbeiter persönlich, lässt sich notfalls auch nachts wecken. Bunny begleitet ihn auf die Ölfelder und lernt die Leute aus der Nachbarschaft kennen. Insgeheim wartet er auf eine Nachricht von Paul. Bald ist Ross noch reicher als zuvor und wird von den Leuten auf der Straße bewundert. Doch er ermahnt seinen Sohn, sich nichts darauf einzubilden: Schon morgen kann das Geld wieder weg sein.

„Das war ihre Chance, jetzt wurde Amerika auch für sie zum Land der unbegrenzten Möglichkeiten!“ (über die Bewohner von Prospect Hill, S. 49)

Vorerst läuft alles wie geschmiert. Kaum stößt man auf Öl, wird schon wieder in neue Geschäfte investiert, denn die Konkurrenz schläft nicht. Von Pauls Tante erfährt Bunny, dass die siebenköpfige Watkins-Familie die Zinsen für die Hypothek auf ihrem Haus nicht mehr aufbringen kann. Er versucht, seinen Vater zu überreden, der Familie zu helfen, indem er ihre Ranch im Dorf Paradise kauft und sie ihnen dann verpachtet. Gemeinsam fahren sie in die Gegend. Als Ross dort Öl wittert, beschließt er, das Grundstück zu dem niedrigen Preis zu kaufen – nicht um der Familie zu helfen, sondern um dort vielleicht einmal zu bohren. Bei den Verhandlungen mit Pauls Vater, dem frommen Abel Watkins, gibt er sich als strenggläubig aus und kauft das Land unter dem Vorwand, dort bei der Wachteljagd zelten zu wollen. Nur Paul, der kurz für einen Besuch da ist, durchschaut die Absichten des Ölbarons.

„Ja, wer in einem bequemen Auto vorbeifuhr, konnte es fälschlicherweise für ein Märchenland halten. Er musste sich schon vergegenwärtigen, dass dort ein Heer von Männern arbeitete – schwer arbeitete, in Zwölfstundenschichten und unter Gefahr für Leib und Leben.“ (S. 150)

Eines Tages – Bunny ist inzwischen 16 – gerät der alte Ross mit Eli Watkins aneinander, einem anderen Sohn von Abel. Eli betrachtet sich als vom Heiligen Geist auserwählt und gibt vor, über heilende Kräfte zu verfügen. Als Ross gegenüber Abel Watkins mehr zum Spaß behauptet, eine dritte Offenbarung neben dem Alten und Neuen Testament empfangen zu haben, sieht Eli sich in seiner Position bedroht und beschimpft ihn. Inzwischen ist Paul zurückgekehrt. Ross stellt ihn als Verwalter der Ranch ein, auf der Paul mit seiner Schwester Ruth lebt. Auf Ross’ harmlos wirkenden Vorschlag hin werden Grabungen gemacht. Man findet tatsächlich Öl. Ross besticht den Beamten der Bezirksverwaltung, damit man eine Straße zur Ranch baut. Das Bohrloch wird „Ross junior“ genannt, nach Bunny also, der nebenbei lernt: Was ihm in der Schule im Fach Staatsbürgerkunde über demokratische Ideale erzählt wurde, hat nichts mit der Realität zu tun.

Zwischen Arbeitskampf, Liebes- und Kriegsrausch

Amerika tritt in den Ersten Weltkrieg ein. Die Massen sind begeistert. Derweil tobt in Paradise der Krieg zwischen Unternehmern und Gewerkschaften. Während der sozial eingestellte Paul, mittlerweile Bauleiter auf Ross’ Ölfeldern, Gewerkschaften befürwortet, ist Bunnys Vater gegen jegliche Einschränkung des Unternehmergeists. Als ein Streik ausbricht, verhält der alte Ross sich gegenüber seinen Arbeitern aber fair und stellt im Unterschied zu den anderen Unternehmern keine Streikbrecher ein. Stattdessen schließt er seine Bohrlöcher unter großen finanziellen Einbußen. Der inzwischen 18-jährige Bunny befindet sich in einem inneren Zwiespalt: Einerseits will er die Arbeiter in ihrem Kampf für den Achtstundentag und eine Lohnerhöhung unterstützen, andererseits hat er – sehr zu Pauls Ärger – Verständnis für seinen Vater, der sich nicht gegen die anderen Unternehmer stellen kann, ohne ruiniert zu werden. Der Konflikt löst sich friedlich, als die Regierung in Washington den Ölarbeitern einen Achtstundentag und angemessenen Lohn zubilligt.

„Was steckte dahinter? Nur eins – die Gier einer kleinen herrschenden Sippschaft von Unternehmern, die ihren Arbeitern keinen ausreichenden Lohn zahlen wollten und sie zwölf Stunden am Tag schuften ließen.“ (S. 251)

Zum ersten Mal in seinem Leben ist Bunny verliebt. Seine Freundin Eunice macht ihm klar, dass Sex auch ohne eine lästige Heirat möglich ist. Wie Bunnys Schwester Bertie gehört auch Eunice einer schicken, leichtlebigen Clique reicher Highschool-Schüler an und liebt Jazzpartys in den Luxushotels von Angel City. Der prüde Bunny missbilligt die durchtanzten Nächte. Lieber möchte er, wie Paul, an der Front kämpfen. Pauls Bruder Eli ist inzwischen Prediger in einem riesigen, mit Spendengeldern erbauten Tempel in Angel City. Zu seinen Predigten strömen die Menschen massenweise herbei.

„All dies war Teil von Bunnys Ausbildung; er hörte zu und lernte. Von seinem ruhigen, unerschütterlichen alten Vater lernte er, die Schwächen der menschlichen Natur freundlich zu belächeln und im Übrigen Dollars anzuhäufen.“ (S. 269)

Bunnys Vater bezieht eine Luxusvilla in Angel City und gründet zusammen mit Vernon Roscoe, einem unabhängigen Unternehmer, den Großkonzern Ross Consolidated. Noch ehe Bunny seine Militärausbildung beendet hat, ist der Erste Weltkrieg vorbei. Ross will Bunny in seiner Firma anstellen, doch der entscheidet sich, an der Southern Pacific University zu studieren. Wie schon so oft ist er auch jetzt hin- und hergerissen: Einerseits ein glühender Patriot, begeistert er sich andererseits – beeinflusst durch den von der russischen Front heimgekehrten Paul – für bolschewistische Ideen und hält deren Verteufelung in seiner Heimat für Propaganda. In Paradise lesen seine Arbeiter offen sozialistische Schriften, an der Uni nennt man Bunny den „roten Millionär“, und er gibt sich unter anderem mit der radikal sozialistischen Kommilitonin Rachel Menzies ab.

Die Macht der Dollars

Nach einigen Enttäuschungen in Sachen Liebe beginnt Bunny eine Affäre mit der schönen Schauspielerin Vee Tracy – zur Freude seines Vaters, der hofft, Vee werde Bunny von seinen sozialistischen Flausen abbringen. Vees Geständnis, sie habe sich im Filmgeschäft hochgeschlafen, verdeutlicht Bunny seine privilegierte Lage. Ihm wird bewusst, dass der Reichtum seines Vaters ihm in jeder Branche die Türen öffnen kann. Stets ist er den Weg des geringsten Widerstands gegangen, sei es auf den glanzvollen Partys von Hollywood oder auf den sozialistischen Versammlungen in Paradise. Mit dem Geld seines Vaters, begreift er, kann man alles erreichen. So überzeugt er den alten Ross, die Kaution für Rachels Vater, der fälschlicherweise als sowjetischer Agent verhaftet wurde, zu bezahlen.

„Die Arbeiterschaft musste sich organisieren, die Wirtschaft übernehmen und sie zu einer Art Versorgungsdienst umbauen. Die Formel war einfach und verdiente volles Vertrauen; nur musste Bunny leider zugeben, dass die Realität komplizierter war.“ (S. 414)

Senator Harding, der mit den Millionen der Banken und Ölbosse unterstützte republikanische Kandidat, wird zum Präsidenten der USA gewählt. Als Gegenleistung erhält Vernon Roscoe von der Regierung Pachtverträge für große Ölreserven der Marine zum Vorzugspreis. In der Firma hat der zynische Vernon das Ruder übernommen. Im Unterschied zum alten Ross gibt er den Forderungen der Arbeiter keinen Millimeter nach. Dem alten, kranken Vater zuliebe hält sich Bunny aus dem Ölstreik heraus und reist mit ihm und seiner Freundin Vee an die Ostküste, um dort Urlaub zu machen. Als ihn ein Telegramm mit der Nachricht erreicht, Paul und sieben andere aus ihrer sozialistischen Gruppe seien festgenommen worden, weiß er Bescheid: Dahinter steckt Vernon. Weil Bunny von seinem Vater nicht verlangen kann, sich gegen Vernon zu stellen, beschafft Vee die 10 000 Dollar Kaution für Pauls Freilassung. Das Geld will sie nicht wiederhaben, sie verlangt lediglich Bunnys Liebe. Doch der spürt, dass sie sich nur körperlich nahe sind; in geistiger Hinsicht fühlt er sich mit der völlig unpolitischen, ungebildeten Vee nicht verbunden.

„,Mein Gott!‘, rief Bunny. ‚Was Besitz mit den Menschen anstellt!‘“ (S. 449)

Als er nach seiner Rückkehr an die Westküste den vom Gefängnisaufenthalt sichtlich mitgenommenen Paul trifft, quält ihn das schlechte Gewissen: Während er im Luxusurlaub war, saß Paul drei Monate im Gefängnis, weil er den Streik unterstützt hatte. Nun versteht er, warum Paul ihm oft vorgeworfen hat, zu lasch zu sein: Er ist stets hin- und hergerissen zwischen der Liebe zu seinem Vater und dem Wunsch nach Gerechtigkeit.

Tod und Neubeginn

Nach dem Abschluss seines Studiums beschließt Bunny gegen den Willen des Vaters, aus dem Ölgeschäft auszusteigen und Arbeiter zu werden. Sein ater bietet ihm 1000 Dollar Unterhalt pro Monat an. Bunny nimmt das Angebot an und investiert das Geld in die Gründung einer sozialistischen Zeitung, mit Rachel als Redakteurin. Als der Senat in Washington nach dem Tod von Präsident Harding einen Untersuchungsausschuss wegen möglicher Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe der Pachtverträge einsetzt, flieht Vernon Roscoe nach Europa. Ross, begleitet von Bunny, reist zu seiner Tochter Bertie nach Paris. Dort pflegt Bunny weiterhin sozialistische Kontakte. Der Alte bekommt indes spiritistische Anwandlungen. Nachdem Paul, inzwischen überzeugter Kommunist, bei einem heimlichen Parisbesuch verhaftet worden ist, setzt Vee Bunny ein Ultimatum: Entweder er entscheidet sich für sie oder für seine kriminellen roten Freunde. Es ist das Ende der Beziehung.

„Armer Bunny, er bemühte sich so ernsthaft und hingebungsvoll, auf zwei Rössern gleichzeitig zu reiten! Doch die Rösser liefen immer weiter auseinander und rissen ihn fast entzwei.“ (S. 470)

Wegen einer Explosion auf dem Ölfeld in Paradise reist Bunny nach Amerika zurück. Bald erfährt er, dass sein Vater an einer Lungenentzündung gestorben ist, was ihn in tiefen Kummer stürzt. Zugleich fragt er sich, ob der Stil, in dem sein Vater Geschäfte gemacht hat, sich weiterführen lässt; ob eine Gesellschaft, die auf Bestechung gründet, dauerhaft existieren kann. Seinen Erbteil möchte der „rote Millionär“ in ein Arbeitercollege investieren, wo junge Menschen studieren und im Sinne des Sozialismus beeinflusst werden sollen – eine Art Trainingslager für den Klassenkampf. Paul stirbt gewaltsam nach einem Überfall durch einen antikommunistischen Mob – Bunnys Vorbild ist damit Opfer des kapitalistischen Systems geworden. Die Nachricht rüttelt Bunny noch einmal auf und führt ihm die Nichtigkeit eines vergnügungssüchtigen Lebens vor Augen. In der Liebe erhält er eine neue Chance: Gegen alle gesellschaftlichen Konventionen heiratet er das jüdische Arbeitermädchen Rachel. Immerhin ist er ja auch selbst nur der Sohn eines Maultiertreibers.

Zum Text

Aufbau und Stil Upton Sinclairs monumentaler Roman Öl! ist in 21 etwa gleich lange Kapitel unterteilt, in denen chronologisch die Jugend und das Erwachsenwerden von Bunny Ross erzählt wird. Der Roman zeichnet sich durch einen genauen Blick für Details und durch eine große Faktenfülle aus – ob es nun um technische Einzelheiten von Bohrverfahren oder um Vertragsabschlüsse, um die Landschaft Südkaliforniens oder um wilde Jazzpartys geht. Während der Junge seine Umwelt anfangs noch ohne Scheuklappen in ihrer Schönheit und Absonderlichkeit wahrnimmt, schleicht sich mit der Zeit ein moralisierender Unterton ein – erkennbar allein schon an den vielen Ausrufezeichen. Sinclairs Stil ist schnörkellos und direkt. Er zeichnet seine Figuren mit viel Humor und Ironie, manchmal überzeichnet er sie auch ins Groteske. In den zahlreichen Dialogen lässt er sie in ihrem jeweils eigenen Jargon sprechen, indem er etwa das Lallen eines Betrunkenen oder die jiddisch eingefärbte Sprache eines Arbeiters imitiert. Gelegentliche Einwürfe des Erzählers wie „Herrgott noch mal“ und „oh“ ebenso wie Anleihen bei der Comicsprache, zum Beispiel „tupf tupf“ oder „peng peng“, verleihen dem Roman etwas Lebendiges, Unmittelbares, Mündliches.

Interpretationsansätze

  • Im Zentrum von Upton Sinclairs Roman steht zwar das Ölgeschäft in Südkalifornien. Gleichzeitig entwirft der Autor aber ein Panorama der amerikanischen Gesellschaft in den 1920er-Jahren: Das Universitätsleben findet in dem Werk ebenso Platz wie die aufstrebende Filmindustrie Hollywoods; der religiöse Fundamentalismus ebenso wie Gewerkschaftskämpfe; der Erste Weltkrieg ebenso wie die Reaktionen in den USA auf die Russische Revolution.
  • Auch wenn manche Figuren reale Vorbilder haben – etwa Edward Doheny für die Figur des Vernon Roscoe, oder Aimee Semple McPherson für den Prediger Eli Watkins –, betont Sinclair im Vorwort, es handle sich bei Öl! nicht um einen Schlüsselroman. Er habe sich zwar von Personen und Vorkommnissen inspirieren lassen, die Karten aber „neu gemischt“.
  • Trotz offener Propaganda für den Sozialismus, trotz klassenkämpferischem Pathos und trotz plakativen Gegenüberstellungen von guten Arbeitern und bösen Kapitalisten ist vor allem das erste Drittel des Romans keine bloße Schwarz-Weiß-Malerei. So ist der alte J. Arnold Ross ein vielschichtiger Charakter: Er ist kein Zerrbild eines Kapitalisten, sondern ein einfühlsamer, wohlmeinender Mensch, der von seinen Arbeitern respektiert wird.
  • Kennzeichnend für Öl! ist das ständige Nebeneinander ganz verschiedener Sphären. Effektvoll kontrastiert Sinclair beispielsweise die Highschool als Bildungsfabrik für Reiche, die allein an Prestige und Geld, an Football und Tanzen interessiert sind, mit der grausamen Realität auf den europäischen Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs und den amerikanischen Ölfeldern – für ihn die Schule des wirklichen Lebens.
  • Der Vorwurf der Obszönität, dem sich Öl! gleich nach seinem Erscheinen in den USA ausgesetzt sah, ist umso absurder, als der puritanisch und lustfeindlich erzogene Sinclair sich in seinem Buch ausdrücklich gegen die lockere Sexualmoral der eleganten Kreise wendet.

Historischer Hintergrund

Südkalifornien zwischen Geldrausch und Depression

Die sogenannten Roaring Twenties waren in den USA eine Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs und der Beschleunigung aller Lebensbereiche. Technisierung und Elektrifizierung drangen bis in Kleinbetriebe und private Haushalte vor. Der Markt für Konsumgüter wie Kühlschränke, Radiogeräte und Telefone wuchs stetig, angeheizt durch steigende Löhne und die allgegenwärtige Werbung. Insbesondere die Autoindustrie erlebte einen Boom: Während man sich andernorts noch in Kutschen vorwärtsbewegte, gab es in Los Angeles bereits mehrspurige Fahrbahnen. Das Autofahren gehörte hier zur Normalität und entwickelte sich schon bald zum Symbol des amerikanischen Aufbruchs.

Durch die Industrialisierung und den Siegeszug des Automobils stieg die Nachfrage nach Öl rasant an. In den 1920er-Jahren wurde Südkalifornien, insbesondere die Gegend um Los Angeles, für kurze Zeit zu einem der weltweit größten Zentren der Ölproduktion. Überall schossen Ölbohrtürme aus dem Boden, selbst in Vorgärten und Hinterhöfen wurde nach Öl gebohrt, und die Ölindustrie entwickelte sich zum wichtigsten wirtschaftlichen Sektor der kalifornischen Wirtschaft. Der Ölboom beförderte auch die Spekulation mit Immobilien und zog immer neue Zuwanderer an. Man kaufte Grundstücke zu niedrigen Preisen, in der Hoffnung, durch Ölfunde über Nacht reich zu werden.

Unternehmer wie John D. Rockefeller, Jean Paul Getty oder Edward L. Doheny verdienten durch das Ölgeschäft Millionen und begründeten Familiendynastien. Zugleich beeinflussten sie die lokale und auch die nationale Politik. Doheny, Gründer der Pan American Petroleum and Transport Company, war von 1920 bis 1923 in einen Korruptionsskandal, den sogenannten Teapot-Dome-Skandal, verwickelt, der in den USA hohe Wellen schlug und der das Ansehen der Regierung unter Präsident Warren G. Harding schwer beschädigte. Ein hoher Regierungsbeamter hatte unter der Hand zu niedrigen Preisen Bohrrechte an private Firmen, darunter an diejenige von Doheny, vergeben. Er wurde wegen Bestechlichkeit angeklagt und landete im Gefängnis.

Als Nebenprodukt des rasanten Wirtschaftswachstums und der Zuwanderung stiegen in Los Angeles auch Armut und Kriminalität an. Viele der aus ländlichen Gegenden stammenden und eher traditionellen Werten verhafteten Neuankömmlinge sahen sich in ihrem Traum vom großen Geld enttäuscht, was den Boden für religiöse Eiferer bereitete. Die Bekannteste unter diesen „neuen Evangelisten“ war Aimee Semple McPherson. Tausende Menschen strömten zu mit Showelementen angereicherten Gottesdiensten in die riesige, von ihr gegründete International Church of the Foursquare Gospel. Wegen ihrer Profitgier und auch wegen rassistischer Äußerungen hatte die Heilspredigerin allerdings einen zweifelhaften Ruf.

Entstehung

Seit dem Erfolg seines Romans Der Dschungel, der die katastrophalen hygienischen Zustände und Arbeitsbedingungen in den Chicagoer Schlachthöfen offengelegt und der zur Verabschiedung des ersten nationalen Gesetzes zur Lebensmittelreinheit in den USA geführt hatte, war Sinclair überzeugt, mit Büchern die Welt verändern zu können. Nachdem er mit seiner zweiten Ehefrau Mary Craig Kimbrough nach Kalifornien gezogen war, bekam Sinclair die Folgen des dortigen Ölbooms in den 1920er-Jahren am eigenen Leib zu spüren. Seine wohlhabende Frau besaß nahe ihrem Wohnort Signal Hill ein Grundstück in Long Beach, wo 1921 gewaltige Ölvorkommen entdeckt wurden. Sinclair begleitete sie zu lokalen Versammlungen, auf denen Landbesitzer über Bohrrechte diskutierten. Er beobachtete, wie einst friedliche Nachbarn, die nun auf Reichtum hofften, zu gierigen Egoisten wurden und sich bis aufs Messer stritten. Das brachte ihn auf die Idee, sich intensiv mit der Ölindustrie zu beschäftigen und einen Roman darüber zu schreiben, den er 1925 begann und bereits im Sommer 1926 abschloss. Die ersten Kapitel erschienen von Juni bis September 1925 als Fortsetzungsroman im Daily Worker, einer von der Kommunistischen Partei der USA herausgegebenen Zeitung. In Buchform wurde Öl! erstmals 1927 in New York veröffentlicht.

Wirkungsgeschichte

Öl!, von Sinclair selbst als sein bestes Buch bezeichnet, traf den Nerv der 1920er-Jahre und stand 1927 mehrere Wochen auf den Bestsellerlisten. Wegen angeblich obszöner Stellen wurde der Roman noch im selben Jahr in Boston verboten, woraufhin Sinclair persönlich auf der Straße eine sogenannte „Feigenblatt-Edition“ mit neun geschwärzten Seiten verkaufte. In Deutschland erschien Öl! 1927 – damals unter dem Titel Petroleum und mit Collagen von John Heartfield auf dem Schutzumschlag. Auch hier verkaufte sich das Buch gut, bis es 1933 der Bücherverbrennung zum Opfer fiel. Öl! diente Paul Thomas Anderson als Vorlage für seinen mit acht Oscars ausgezeichneten Film There Will Be Blood aus dem Jahr 2007, in dem Daniel Day-Lewis die Hauptrolle spielte. Der Regisseur blendete allerdings die sozialkritischen Teile des Romans bewusst aus.

Über den Autor

Upton Sinclair wird am 20. September 1878 in Baltimore, Maryland geboren. Sein Vater, ein Vertreter für Spirituosen, ist Alkoholiker. Upton Sinclair ist ein Einzelkind und wächst in Armut auf. Da seine strenggläubige puritanische Mutter aber aus einem reichen Elternhaus stammt, lernt er bei häufigen Besuchen der Großeltern auch gehobenere Verhältnisse kennen. Sinclair betrachtet die Sucht des Vaters und den rigiden Puritanismus der Mutter gleichermaßen mit Abscheu. Schon als 14-Jähriger beginnt er zu schreiben. Nach der Schule studiert er eine Weile an der Columbia University. Mit 21 Jahren heiratet er die drei Jahre jüngere Meta Fuller. Die beiden haben einen Sohn, die Ehe scheitert aber bald. Sinclairs Bemühungen, durch Groschenromane und andere Unterhaltungsliteratur zu Wohlstand zu gelangen, bleiben erfolglos. In Chicago arbeitet er 1904 wochenlang im Schlachthaus, um für den Roman Der Dschungel (The Jungle, 1906) zu recherchieren, der ihm endlich den ersehnten literarischen Durchbruch bringt. Mit Teilen des Gewinns finanziert er eine sozialistisch-utopische Kommune in New Jersey namens Helicon Hall, die jedoch abbrennt. Bei den Wahlen zum Repräsentantenhaus 1920 kandidiert er erfolglos für die Sozialisten. Nebenbei schreibt er Kinderbücher, Theaterstücke und unzählige journalistische Beiträge. Mit seiner zweiten Frau Mary Craig Kimbrough zieht Sinclair während des Ersten Weltkriegs nach Kalifornien; 1926/27 veröffentlicht er seinen Roman Öl! (Oil!). Bei den Gouverneurswahlen 1934 scheitert er als Kandidat der Demokraten nur knapp. Mit Welt-Ende (World’s End, 1940) beginnt der Autor eine erfolgreiche Romanserie, für deren dritten Teil Drachenzähne (Dragon Harvest) er 1943 den Pulitzerpreis erhält. Prominente Schriftsteller wie George Bernard Shaw schlagen ihn wegen seines politisch engagierten Schreibens für den Nobelpreis vor. Nach dem Tod seiner Frau 1961 heiratet Sinclair erneut. Er stirbt am 25. November 1968 in Bound Brook in New Jersey.

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