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Sodom und Gomorrha
Buch

Sodom und Gomorrha

Auf der Suche nach der verlorenen Zeit, Band 4

Paris, 1921
Diese Ausgabe: Suhrkamp, 2004 Mehr

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Literatur­klassiker

  • Roman
  • Moderne

Worum es geht

In der Höhle des Lasters

Sodom und Gomorrha ist Teil von Prousts Lebenswerk Auf der Suche nach der verlorenen Zeit, in dem der Ich-Erzähler vom Versuch berichtet, seine lebenslange Schreibblockade zu überwinden und so seinem müßigen Leben einen Sinn zu verleihen. In diesem vierten von sieben Bänden erzählt er von einer schockierenden Entdeckung: Der Baron von Charlus, sein guter Bekannter, ist schwul. Und nicht nur er: In der lasterhaften Welt der besseren Gesellschaft gibt es kaum einen braven Familienvater, der nicht verstohlene Blicke auf hübsche Jünglinge wirft; rassige Mädchen wirbeln Brust an Brust über die Tanzfläche, und unser Held stolpert von einem fieberhaften Eifersuchtsdrama ins andere. Nach drei Romanbänden voll verschämter Andeutungen lässt der Autor seine Figuren endlich die Homosexualität ausleben, zu der er sich selbst nie offen bekannte. Das Ergebnis ist nach heutigen Maßstäben nahezu prüde, löste im Frankreich der 1920er Jahre aber einen Skandal aus, zumal Proust das Romanepos aus Mosaiksteinen seiner eigenen Biografie und der seiner Bekannten zusammensetzte. Der heutige Leser steht fasziniert vor einem einzigartigen Sittengemälde.

Zusammenfassung

Ein Blick ins Reich Sodoms

Durch ein Fenster im Treppenhaus des Stadtpalais der Guermantes beobachtet Marcel fasziniert, wie eine seltene Orchidee der Befruchtung durch eine Hummel harrt. Gleichzeitig sieht er, wie der Baron von Charlus sich an den Westenmacher Jupien herantänzelt. Die beiden verschwinden in der Kammer über Jupiens Laden. Marcel vernimmt spitze Schreie, die sich anhören, als würden die Männer einander erwürgen. Plötzlich geht ihm ein Licht auf: Die beiden Männer sind schwul. Nun begreift er Charlus’ rätselhaftes Verhalten ihm gegenüber. Marcel verabscheut dessen Neigung und verspürt doch Mitleid: Er ahnt, mit wie vielen Lügen, Verfolgungsängsten und unerfüllten Leidenschaften die Angehörigen dieser „Rasse“ leben müssen. Vor allem die Einzelgänger unter ihnen, glaubt er, haben es schwer: Je stärker sie ihre Neigungen unterdrücken und ein sittenstrenges Leben führen, desto weiblicher und tuntiger werden sie. Marcel vergleicht das Schicksal der Homosexuellen mit dem der Juden: So sehr sie sich auch bemühen, ihr Wesen zu verleugnen – früher oder später holt die einen ihr Laster und die anderen ihre Herkunft wieder ein.

Die Creme der...

Über den Autor

Marcel Proust wird am 10. Juli 1871 in Auteuil bei Paris geboren. Sein Vater ist ein berühmter Arzt, die Mutter stammt aus einer wohlhabenden jüdischen Bankiersfamilie. Ab 1878 verbringt er die Ferien in dem Dorf Illiers bei Chartre, das später als Vorbild für das fiktive Combray dienen wird. 1881 erleidet der kränkliche Proust seinen ersten Asthmaanfall. Ab dem Folgejahr besucht er das Lycée Condorcet, wo er zusammen mit Schulkameraden verschiedene literarische Zeitschriften herausbringt. Nach dem Abitur dient Proust trotz seiner schwachen Gesundheit für ein Jahr in der Armee in Orléans. Anschließend studiert er Politik und Jura, bricht ab und macht in Philosophie und Literatur einen Abschluss. Auf Druck seines Vaters nimmt er 1895 eine unbezahlte Stelle als Bibliothekar an, lässt sich aber bald darauf krankschreiben. Sein nach außen hin müßiges Leben, die exzellenten Verbindungen zum Adel sowie die Besuche in den schicksten Pariser Salons verschaffen ihm den Ruf eines Snobs und gesellschaftlichen Emporkömmlings. Der Autor kämpft zeitlebens mit seiner Homosexualität, die sein Vater ihm während seiner Jugend noch durch einen Bordellbesuch hat austreiben wollen. Proust hat zahlreiche Liebhaber, bekennt sich aber nie offen zu seiner sexuellen Orientierung. 1896 erscheint sein erstes Buch, die Kurzgeschichtensammlung Les plaisirs et les jours (Freuden und Tage). Mit einem Kritiker, der sich abschätzig darüber äußert, duelliert er sich. 1903 stirbt sein Vater und zwei Jahre darauf die über alles geliebte Mutter. Proust erbt ein Vermögen, das ihm ein arbeitsfreies Leben im Luxus ermöglicht. Doch seine Gesundheit verschlechtert sich zusehends. Er zieht sich mehr und mehr in das Schlafzimmer seiner Pariser Wohnung zurück und arbeitet an seinem Lebenswerk À la recherche du temps perdu (Auf der Suche nach der verlorenen Zeit). Den ersten der sieben Bände gibt er 1913 auf eigene Kosten heraus. Die letzten drei veröffentlicht sein Bruder posthum bis 1927. Marcel Proust stirbt am 18. November 1922 an einer Lungenentzündung.


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